Deutscher Bundestag Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in Deutschland Loyalitätspflichten kirchlicher Arbeitnehmer und Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2011 Deutscher Bundestag WD 6 – 3000-186/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 2 Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in Deutschland Loyalitätspflichten kirchlicher Arbeitnehmer und Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen Aktenzeichen: WD 6 – 3000-186/11 Abschluss der Arbeit: 24. Januar 2012 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) 5 3. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) 8 3.1. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Beschwerde Obst gegen Deutschland 10 3.2. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Beschwerde Schüth gegen Deutschland 11 3.3. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Beschwerde Siebenhaar gegen Deutschland 13 4. Folgerungen aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte 14 5. Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen 16 5.1. Rechtliche Grundlagen der Leiharbeit 16 5.2. Entscheidung des Kirchengerichtshof der evangelischen Kirche 17 5.3. Leiharbeit und Dienstgemeinschaft 17 5.4. Outsourcing, Ausgründungen und Leiharbeit 19 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 4 1. Einleitung Beiden großen Kirchen in Deutschland wird gemäß Art. 140 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung (WRV) ein Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungsrecht garantiert. Dies ist die Rechtsgrundlage für ein kirchliches Arbeitsrecht, das kirchlichen Arbeitnehmern individuelle Loyalitätspflichten auferlegen kann und im kollektiven Arbeitsrecht einen Sonderweg, den so genannten „Dritten Weg“ geht. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen ist insbesondere wegen der großen Anzahl abhängiger Beschäftigungsverhältnisse in den Kirchen und ihren Einrichtungen bedeutsam. Die Gewerkschaft ver.di schätzte die Zahl der Beschäftigten im Jahr 2005 auf gut 1,3 Millionen bei den beiden großen Kirchen Deutschlands.1 Von besonderer Bedeutung für den Dienst in der Kirche ist das christliche Leitbild der so genannten Dienstgemeinschaft. Im Mitarbeitervertretungsgesetz (MVG.EKD), in den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) und in der Loyalitätsrichtlinie der evangelischen Kirche heißt es: „Kirchlicher Dienst ist durch den Auftrag bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen. Alle Frauen und Männer, die beruflich in Kirche und Diakonie tätig sind, wirken als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Erfüllung dieses Auftrages mit. Die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche und ihrer Diakonie verbindet Dienststellenleitungen und Mitarbeiter wie Mitarbeiterinnen zu einer Dienstgemeinschaft und verpflichtet sie zu vertrauensvoller Zusammenarbeit“2 und: „Alle in einer diakonischen Einrichtung tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bilden eine Dienstgemeinschaft. Von den Mitgliedern dieser Dienstgemeinschaft wird erwartet, dass ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Verantwortung für die Nächste und den Nächsten entspricht“.3 Für die Mitarbeitenden gilt gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 der Loyalitätsrichtlinie, dass sie sich loyal gegenüber der evangelischen Kirche verhalten müssen. Es wird von ihnen erwartet, dass sie Schrift und Bekenntnis anerkennen und, sofern sie in der Verkündigung, Seelsorge, Unterweisung oder Leitung tätig sind, eine inner- und außerdienstliche Lebensführung haben, die der übernommenen Verantwortung entspricht.4 In der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) und der Grundordnung (GrO) der katholischen Kirche heißt es wörtlich: „Grundlage und Ausgangspunkt für den kirchlichen Dienst ist die Sendung der Kirche. Diese Sendung umfasst die Verkündigung des Evangeliums, den Gottesdienst und die sakramentale Verbindung der Menschen mit Jesus Christus sowie den aus dem Glauben 1 Vgl. VER.DI, Arbeitsplatz Kirche, Die unbekannten Giganten, Sonderausgabe vom 16. Dezember 2005, S. 1. https://drei.verdi.de/archiv/data/drei-Sonderausgabe-Arbeitsplatz-Kirche-dezember-2005.pdf (zuletzt abgerufen am 20. Januar 2012). 2 Präambel im Kirchengesetz über Mitarbeitervertretung in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Mitarbeitervertretungsgesetz -MVG) vom 6. November 2003 (Abl.EKD 2004 S. 414). http://www.ekd.de/MAV_EKD_2010.pdf (letzter Abruf am 19. Januar 2012). 3 § 1 Abs. 2 der Allgemeinen Grundsätze der Arbeitsvertragsrichtlinie für Einrichtungen, die dem Diakonischen werk der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen sind (AVR.EKD), Stand 1. Mai 2011. http://www.diakonie.de/avr-dwekd-aktuell20110701.pdf (letzter Abruf: 19. Januar 2012). 4 Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Diakonischen Werkes der EKD vom 1. Juli 2005 (Loyalitätsrichtlinie). http://www.ekd.de/EKD-Texte/loyalitaetsrichtlinie.html (letzter Abruf am 19. Januar 2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 5 erwachsenden Dienst am Nächsten. Daraus ergibt sich als Eigenart des kirchlichen Dienstes seine religiöse Dimension. Als Maßstab für ihre Tätigkeit ist sie Dienstgebern und Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vorgegeben, die als Dienstgemeinschaft den Auftrag der Einrichtung erfüllen und so an der Sendung der Kirche mitwirken“5 und: „Alle in einer Einrichtung der katholischen Kirche Tätigen tragen durch ihre Arbeit ohne Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Stellung gemeinsam dazu bei, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag der Kirche erfüllen kann (Dienstgemeinschaft)“.6 Gemäß Art. 4 Abs. 1 und 4 GrO wird von den katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwartet, dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten und mit ihrer persönlichen Lebensführung und ihrem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtungen, in der sie beschäftigt sind, nicht gefährden. 2. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) Das BVerfG hat in einem Beschluss7 festgestellt, dass nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen unabhängig von ihrer Rechtsform Objekte sind, bei deren Ordnung und Verwaltung die Kirche grundsätzlich frei ist. Voraussetzung ist, dass diese Einrichtungen nach dem kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen. In dieser sogenannten „Goch-Entscheidung“, in der es um die Frage ging, ob das Wilhelm-Anton-Hospital in Goch eine Einrichtung der katholischen Kirche ist, weist das BVerfG explizit darauf hin, dass die Regelungs- und Verwaltungsbefugnis gemäß Art. 137 Abs. 3 WRV den Kirchen auch hinsichtlich ihrer Vereinigungen zusteht, die sich nicht die allseitige, sondern nur die partielle Pflege des religiösen oder weltanschaulichen Lebens ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt haben.8 Das BVerfG hat dann am 4. Juni 1985 in einem maßgebenden Grundsatzurteil9 zum kirchlichen Arbeitsrecht und staatlichen Kündigungsschutz Stellung genommen, auf das die Arbeitsgerichte bis heute in ständiger Rechtsprechung Bezug nehmen. Gegenstand der vom BVerfG zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren war die Frage, ob Kündigungen, die kirchliche Einrichtungen wegen Verletzung so genannter Loyalitätsobliegenheiten gegen in ihren Diensten stehende Arbeitnehmer ausgesprochen hatten, wirksam sind. In beiden Fällen hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Revisionen der Beschwerdeführerinnen gegen die Urteile der Instanzgerichte, die die Kündigungen für unwirksam erklärt hatten , als unbegründet zurückgewiesen. In dem einen Fall ging es um einen Buchhalter, der bei 5 Präambel der Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung –MAVO-i. d. F. des einstimmigen Beschlusses der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen vom 25. Juni 2007. http://www.schiering.org/arhilfen/gesetz/070625-rahmenmavo.htm (letzter Abruf am 19. Januar 2012). 6 Art.1 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse idF vom 1. Januar 1994, zuletzt geändert am 20. Juni 2011 mit bischöflicher In-Kraft-Setzung zum 15. August 2011. http://www.zentralkoda.de/rechtsgrundlagen/2011-08-10-grundordnung.pdf (letzter Abruf am 19. Januar 2012). 7 BVerfGE 46, 73ff, Beschluss vom 11. Oktober 1977, 1. Leitsatz (Az: 2 BvR 209/76). 8 BVerfGE 46, 73ff, Rn 28. 9 BVerfGE 70, 138ff, Urteil vom 4. Juni 1985 (Az: 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 6 einer Kongregation der katholischen Kirche beschäftigt war. Diesem Arbeitnehmer war außerordentlich gekündigt worden. Im Laufe des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht trat der Arbeitnehmer aus der Kirche aus, was als weiterer Kündigungsgrund vom Arbeitgeber für eine betriebsbedingte Kündigung nachgeschoben wurde.10 Im anderen Fall hatte ein in einem katholischen Krankenhaus beschäftigter Assistenzarzt einen Leserbrief in der Wochenzeitschrift „stern“ unterschrieben , der die - von der katholischen Kirche abgelehnte - Regelung des § 218a StGB gegen öffentliche Kritik verteidigte. Nach Veröffentlichung des Leserbriefes kündigte der Arbeitgeber dem Arzt fristgemäß.11 Das BVerfG entschied, dass die beiden zur katholischen Kirche gehörenden Arbeitgeber zu Recht gegen die Entscheidungen des BAG klagten. Es kam zu dem Ergebnis, dass die vom BAG vorgenommene Interessenabwägung und Gewichtung der Obliegenheitsverletzungen im Rahmen der Anwendung von § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)12 und § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)13 nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügte. Die Abwägung habe nicht dem in Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht des Arbeitsgebers im gebotenen Umfang Rechnung getragen.14 Das BVerfG hat festgestellt, dass aufgrund der Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts nur die Kirchen selbst darüber befinden können, welche Dienste es in ihren Einrichtungen geben solle und in welchen Rechtsformen sie wahrzunehmen seien. Die Kirchen könnten sich dabei auch der Privatautonomie bedienen, um ein Arbeitsverhältnis zu begründen und zu regeln. Auf dieses Arbeitsverhältnis finde das staatliche Arbeitsrecht Anwendung, wobei das kirchliche Selbstbestimmungsrecht wesentlich bleibe.15 Konkret heißt das: – „Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt indessen deren Zugehörigkeit zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Kirche nicht auf. Sie darf deshalb die verfassungsrechtlich geschützte Eigenart des kirchlichen Dienstes, das spezifisch Kirchliche, das kirchliche Proprium, nicht in Frage stellen Die Verfassungsgarantie des Selbstbestimmungsrechts bleibt für die Gestaltung dieser Arbeitsverhältnisse wesentlich. Auch im Wege des Vertragsabschlusses können daher einem kirchlichen Arbeitnehmer besondere Obliegenheiten einer kirchlichen Lebensführung auferlegt werden. Werden solche Loyalitätspflichten in einem Arbeitsvertrag festgelegt, nimmt der kirchliche Arbeitgeber nicht nur die allgemeine Vertragsfreiheit für sich in Anspruch; er macht zugleich von seinem verfassungskräftigen Selbstbestimmungsrecht Gebrauch. Beides zusammen ermöglicht es den Kirchen erst, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und die spezifischen Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer zu umschreiben und verbindlich zu machen. Das schließt ein, dass die Kirchen der Gestaltung des kirchli- 10 BAGE 45, 250ff vom 23. März 1984 (Az: 7 AZR 249/81). 11 BAG-Urteil vom 21.10.1982, AP Nr. 14 zu Art. 140 GG (Az: 2 AZR 591/80). 12 Kündigungsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1317), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) geändert worden ist. 13 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Juli 2011 (BGBl. I S. 1600) geändert worden ist. 14 BVerfGE 70 138ff, Rn 69. 15 BVerfGE 70 138ff, Leitsatz 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 7 chen Dienstes auch dann, wenn sie ihn auf der Grundlage von Arbeitsverträgen regeln, das besondere Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft aller ihrer Mitarbeiter zugrunde legen können. Dazu gehört weiter die Befugnis der Kirche, den ihr angehörenden Arbeitnehmern die Beachtung jedenfalls der tragenden Grundsätze der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre aufzuerlegen und zu verlangen, dass sie nicht gegen die fundamentalen Verpflichtungen verstoßen, die sich aus der Zugehörigkeit zur Kirche ergeben und die jedem Kirchenglied obliegen.“16 Allerdings dürfe, so das BVerfG, die Rechtsstellung des kirchlichen Arbeitnehmers keineswegs „klerikalisiert“ werden. Aus dem bürgerlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis werde kein kirchliches Statusverhältnis, das die Person total ergreife und auch ihre private Lebensführung voll umfasse .17 Die Gestaltungsfreiheit des kirchlichen Arbeitgebers stehe unter dem Vorbehalt des für alle geltenden Gesetzes – es gelten für sie also auch die kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 1 KSchG und 626 BGB. Aber: – „Damit ist jedoch nicht gesagt, dass diese staatlichen Regelungen in jedem Fall dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht vorgehen. Die inkorporierten Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung bilden mit dem Grundgesetz ein organisches Ganzes.“ 18 Damit bleibe es, so das BVerfG, grundsätzlich den verfassten Kirchen überlassen, zu bestimmen, was „die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung“ erfordere, was „spezifisch kirchliche Aufgaben“ seien, was „Nähe“ zu ihnen bedeute, welches die „wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre“ seien und was als – gegebenenfalls schwerer – Verstoß gegen diese anzusehen sei. Es bleibe auch alleinige Angelegenheit der Kirchen darüber zu entscheiden, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine Abstufung der Loyalitätspflichten eingreifen solle.19 Die Arbeitsgerichte sind nach der Entscheidung des BVerfG an die anerkannten Maßstäbe der verfassten Kirche gebunden, es sei denn, sie begäben sich dadurch in Widerspruch zu Grundprinzipien der Rechtsordnung, wie sie im allgemeinen Willkürverbot nach Art. 3 Abs. 1 GG sowie in dem Begriff der „guten Sitten“ gemäß § 138 Abs. 1 BGB und dem ordre public nach Art. 30 EGBGB geregelt sind.20 – „Es bleibt in diesem Bereich somit Aufgabe der staatlichen Gerichtsbarkeit sicherzustellen, dass die kirchlichen Einrichtungen nicht in Einzelfällen unannehmbare Anforderungen (…) an die Loyalität ihrer Arbeitnehmer stellen. Im übrigen obliegt es den Arbeitsgerichten, den Sachverhalt festzustellen und 16 BVerfGE 70 138ff, Rn 59. 17 BVerfGE 70 138ff, Rn 59 18 BVerfGE 70 138ff, Rn 61. Vgl. auch BVerfGE 53, 366ff vom 25. März 1980, Leitsatz 1 (Az: 2 BvR 208/76). 19 BVerfGE 70 138ff, Rn 63. 20 BVerfGE 70 138ff, Rn 64. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 8 unter die kirchlicherseits vorgegebenen, arbeitsrechtlich abgesicherten Loyalitätsobliegenheiten zu subsumieren. Kommen sie hierbei zur Annahme einer Verletzung solcher Loyalitätsobliegenheiten, so ist die weitere Frage, ob diese Verletzung eine Kündigung des kirchlichen Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigt, nach den kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 1 KSchG, 626 BGB zu beantworten . Diese unterliegen als für alle geltendes Gesetz im Sinne des Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV umfassender arbeitsgerichtlicher Anwendungskompetenz.“21 Das BAG hatte in seiner Begründung noch festgestellt, dass die dem Arbeitnehmer im kirchlichen Dienst auferlegten Loyalitätspflichten der übertragenen Aufgabe entsprechen müssten. Nicht jede Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis zur Kirche habe eine solche Nähe zu spezifisch kirchlichen Aufgaben, dass der Arbeitnehmer mit der Kirche identifiziert und deshalb die Glaubwürdigkeit der Kirche berührt werde. Für die Frage, inwieweit die Kirche ihren Arbeitnehmern die Beachtung der wesentlichen Grundsätze ihrer Glaubens- und Sittenlehre zur Pflicht machen könne, komme es somit auf die dem Arbeitnehmer übertragene Tätigkeit und ihre Nähe zu den spezifisch kirchlichen Aufgaben an.22 Das BVerfG hat mit seiner Leitentscheidung von 1985 klargestellt, dass es aufgrund des verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungsrechts der Kirchen allein Angelegenheit der Kirchen und nicht der staatlichen Gerichte sei, festzulegen, welche Tätigkeiten den Loyalitätspflichten in welcher Weise unterliegen. Die staatlichen Gerichte haben die von den Kirchen vorgenommenen Anforderungen und gegebenenfalls vorgenommenen Abstufungen anzuerkennen, soweit sie nicht Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung widersprechen.23 Die Leitentscheidung des BVerfG hat in Lehre und Rechtsprechung zu der Auffassung geführt, dass im Rahmen der Interessenabwägung durch die Arbeitsgerichte bei Anwendung von § 1 KSchG und § 626 BGB ein Vorrang der kirchlichen Interessen - hergeleitet aus dem Selbstbestimmungs - und Selbstverwaltungsrecht der Kirchen - gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers bestehe. Diese Auffassung hat das BVerfG jedoch in zwei Nichtannahmebeschlüssen nicht bestätigt.24 3. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)25 Der EGMR hat sich in den Verfahren Obst gegen Deutschland26 und Schüth gegen Deutschland27 zum ersten Mal mit Kündigungen von kirchlichen Mitarbeitern aufgrund ihrer privaten Lebens- 21 BVerfGE 70 138ff, Rn 64, 65b). 22 BAG-Urteil vom 21. Oktober 1982, AP Nr. 14 zu Art. 140 GG, Leitsatz 1, Rn 35a), 36b). Vgl. auch BAGE 34, 195ff vom 14. Oktober 1980, Leitsatz 2 (Az. 1 AZR 1274/79). 23 Vgl. auch RICHARDI, Reinhard (2009). Arbeitsrecht in der Kirche, S. 90, Rn 32, 33. 24 Vgl. JOUSSEN, Jacob (2011). Die Folgen des Mormonen- und des Kirchenmusikerfalls für das kirchliche Arbeitsrecht in Deutschland, S. 175. Vgl. auch HAMMER, Ulrich (2011). Europäische Wende im Kirchlichen Arbeitsrecht? S. 281. 25 Im Rahmen der Erläuterung dieser höchstrichterlichen Entscheidungen wird auch auf die Rechtsprechung des BAG und anderer Arbeitsgerichte mit Bezug auf die Leitentscheidung des BVerfG vom 4. Juni 1985 eingegangen. 26 EGMR-Urteil vom 23. August 2010, EuGRZ 2010, 571ff (Az: 425/03). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 9 führung befasst. Im Kern ging es um die Frage, welche Loyalitätsanforderungen der kirchliche Arbeitgeber an seine Mitarbeitenden stellen darf.28 In beiden Fällen hatte der kirchliche Arbeitgeber - die katholische Kirche im Fall Schüth und die Mormonenkirche im Fall Obst - wegen eines außerehelichen Verhältnisses gekündigt. Die Gekündigten klagten unter Berufung auf Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)29 gegen die Weigerung der deutschen Arbeitsgerichte, die Kündigung aufzuheben. In beiden Fällen hatte der Gerichtshof darüber zu entscheiden, ob die von den deutschen Arbeitsgerichten vorgenommene Abwägung zwischen dem Recht der Beschwerdeführer auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK einerseits und den Konventionsrechten der katholischen Kirche und der Mormonenkirche andererseits den Beschwerdeführern einen ausreichenden Kündigungsschutz gewährt hatte.30 – „Was die Schlussfolgerungen der Arbeitsgerichte anbelangt, wonach die Kündigung angesichts der Grundordnung gerechtfertigt war, so erinnert der Gerichtshof daran, dass es in erster Linie den innerstaatlichen Gerichten obliegt, das innerstaatliche Recht auszulegen und anzuwenden (…). Der Gerichtshof ruft aber in Erinnerung, es sei zwar nicht seine Aufgabe, an die Stelle der innerstaatlichen Gerichte zu treten, dennoch habe er zu prüfen, ob die Auswirkungen der von innerstaatlichen Gerichten ergangenen Schlussfolgerungen mit der Konvention in Einklang stehen.“31 Der EGMR hat zunächst in beiden Fällen festgestellt, dass Deutschland mit seinen Arbeitsgerichten und einem für die Überprüfung von deren Entscheidungen zuständigen Verfassungsgericht im Grundsatz die positive Verpflichtung des Staates gegenüber Klägern in arbeitsrechtlichen Streitfällen erfülle Der EGMR kam jedoch in der Prüfung über die Auswirkungen der Schlussfolgerungen der deutschen Gerichte in den Fällen Obst und Schüth zu unterschiedlichen Ergebnissen. 27 EGMR-Urteil vom 23. August 2010, EuGRZ 2010, 560ff (Az. 1620/03). 28 JOUSSEN, Jacob (2011). Die Folgen des Mormonen- und Kirchenmusikerfalls für das kirchliche Arbeitsrecht in Deutschland, S. 174. 29 Art. 8 Abs. 1 EMRK lautet: Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. 30 Pressemitteilung des Kanzlers vom 23. September 2010, Nr. 688, S. 1ff. http://www.gamav.de/archiv/2010/pressemitteilung_europaeischer_menschengerichtshof_1620_02.pdf (letzter Abruf am 12. Januar 2012). 31 EGMR-Urteil vom 23. August 2010, Az. 1620/03, Rn 65. (Gemeint ist die Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse der katholischen Kirche). Vgl. auch Fn 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 10 3.1. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Beschwerde Obst gegen Deutschland Im Fall Obst gegen Deutschland hat der EGMR festgestellt, dass die deutschen Arbeitsgerichte alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt und eine sorgfältige Abwägung der Interessen vorgenommen haben. Die Schlussfolgerung der Arbeitsgerichte sei nachvollziehbar, dass die Mormonenkirche dem Beschwerdeführer keine unannehmbaren Verpflichtungen auferlegt hatte. Da er als Mormone aufgewachsen war, hätte ihm klar gewesen sein müssen, welche Bedeutung die eheliche Treue für seinen Arbeitgeber hatte, und dass sein außereheliches Verhältnis mit den erhöhten Loyalitätspflichten als Direktor Öffentlichkeitsarbeit für Europa unvereinbar gewesen war.32 Das BAG hatte in seinem Urteil im Streitfall Obst festgestellt, dass die Kündigung des Arbeitnehmers durch die Mormonenkirche wirksam sei und ein „wichtiger Grund“ für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 BGB gegeben sei, da er gegen Verpflichtungen seines Arbeitsvertrages verstoßen habe. 33 Eine vorherige Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung sei nicht notwendig gewesen, da sie bei einer verhaltensbedingten Kündigung dann entbehrlich sei, wenn es sich um eine besonders grobe Pflichtverletzung handele, dem Arbeitnehmer die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens ohne weiteres erkennbar sei und er mit der Billigung seines Verhaltens durch den Arbeitgeber nicht hätte rechnen können.34 Das BAG nahm an mehreren Stellen ausdrücklich auf die Leitentscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1985 Bezug. Es erklärte unter anderem: – „Die Arbeitsgerichte sind bei der Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zum Kündigungsrecht an die Vorgaben der Religionsgesellschaften gebunden, soweit diese Vorgaben den anerkannten Maßstäben der verfassten Kirchen Rechnung tragen und sich die Gerichte durch die Anwendung dieser Vorgaben nicht in Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung (…) begeben. Die Arbeitsgerichte haben sicher zu stellen, dass die Religionsgesellschaften nicht in Einzelfällen unannehmbare Anforderungen an die Loyalität ihrer Arbeitnehmer stellen. (…) Die Vorgaben der Beklagten gegenüber dem Kläger hinsichtlich der ehelichen Treue tragen den anerkannten Maßstäben der verfassten Kirchen Rechnung und stehen nicht in Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung. Die Ehe hat in den verfassten Kirchen und in den Weltreligionen eine herausragende Bedeutung.(…) Das (…) Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften dient unter anderem dazu, ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, grundsätzlich alles aus ihrer Sicht Erforderliche zu tun, um ihre Glaubwürdigkeit zu gewährleisten (…). Die Bewahrung der Glaubwürdigkeit ist für jede Glaubensgemeinschaft von elementarer Bedeutung.“35 32 EGMR-Urteil vom 23. August 2010, Az. 425/03, Orientierungssatz 3. 33 BAG-Urteil vom 24. April 1997, AP Nr. 27 zu § 611 BGB Kirchendienst, Az: 2 AZR 268/96, Rn 22 bb, 37b. 34 BAG-Urteil vom 24. April 1997, Az. 2 AZR 268/96, Rn 36a. 35 BAG-Urteil vom 24. April 1997, Az. 2 AZR 268/96, Rn 25 (2), 34. Vgl. BVerfGE 70 138ff vom 4. Juni 1985, Rn 59, 63, 64. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 11 Der EGMR folgt damit der Auffassung des BAG. Er bezieht sich dabei wieder auf das Grundsatzurteil des BVerfG und erklärt: – „Der Gerichtshof hält die Schlussfolgerungen der Arbeitsgerichte, denen zufolge der Beschwerdeführer keinen unannehmbaren Verpflichtungen unterworfen wurde, für nicht unangemessen. Der Gerichtshof vertritt nämlich die Auffassung, dass dem Betroffenen, der in der Mormonenkirche aufgewachsen war, bei der Unterzeichnung des Anstellungsvertrags (…) bewusst war oder bewusst hätte sein müssen, welche Bedeutung sein Arbeitgeber der ehelichen Treue beimisst (…) und dass seine außereheliche Beziehung , die er eingegangen war, mit den gesteigerten Loyalitätsobliegenheiten, zu denen er sich gegenüber der Mormonenkirche als Gebietsdirektor Europa in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit verpflichtet hatte, unvereinbar ist.“36 Die deutschen Gerichte haben nach Auffassung des Gerichtshofs mit ihren Entscheidungen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht verletzt. 3.2. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Beschwerde Schüth gegen Deutschland In diesem Streitfall gelangte der EGMR zu der Auffassung, dass die deutschen Arbeitsgerichte die Abwägung zwischen den Rechten des Beschwerdeführers und denen des kirchlichen Arbeitgebers nicht in Übereinstimmung mit der Konvention vorgenommen haben, also eine Verletzung von Art. 8 EMRK vorliegt.37 Der Beschwerdeführer war seit Mitte der 80er Jahre Organist und Chorleiter bei einer katholischen Gemeinde, als er sich 1994 von seiner Frau trennte. Von 1995 an lebte er mit seiner neuen Partnerin zusammen, mit der er auch ein gemeinsames Kind hat. Daraufhin führte der Dekan der Gemeinde im Juli 1997 ein Gespräch mit ihm, dessen Verlauf zwischen den Parteien streitig war. Wenige Tage später sprach ihm die Gemeinde die fristgemäße ordentliche Kündigung mit der Begründung aus, er habe sich nicht nur des Ehebruchs, sondern auch der Bigamie schuldig gemacht . 38 Das Arbeitsgericht (ArbG) Essen und das Landesarbeitsgericht (LAG) Nordrhein- Westfalen erklärten die Kündigung für unwirksam. Das LAG erklärte, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt im Sinne § 1 KSchG, da der Gekündigte nicht zu den Mitarbeitern gehöre, denen gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Art. 5 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 der Grundordnung (GrO) gesteigerte Loyalitätspflichten oblägen. 39 Das BAG bemängelte im Revisionsverfahren, dass das LAG sein Urteil damit begründet habe, dass nicht - wie in Art. 5 Abs. 1 GrO vorgesehen – ein klärendes Gespräch mit dem Gekündigten stattgefunden habe. Der Dekan sei jedoch nicht von den Richtern angehört worden. Das BAG hob das Urteil des LAG auf und verwies den Streitfall zurück.40 Über die Frage, ob die Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt 36 EGMR-Urteil vom 23. August 2010, Az. 425/03, Rn 50. 37 EGMR-Urteil vom 23. August 2010, Az. 1620/03, Orientierungssatz 3. 38 Pressemitteilung des Kanzlers vom 23. September 2010, S. 2. 39 BAG-Urteil vom 16. September 1999, AP Nr. 1 zu Art. 4 GrO kath. Kirche, Az: 2 AZR 712/98, Rn 31 I. 40 BAG-Urteil vom 16. September 1999, Az. 2 AZR 712/98, Rn 34. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 12 war, konnte der 2. Senat des BAG mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht nicht abschließend entscheiden.41 Wie im bereits geschilderten Fall Obst bezog sich das BAG auch im Fall Schüth auf das Grundsatzurteil des BVerfG von 1985 und unterstrich, dass die von der katholischen Kirche geforderte Pflicht zur ehelichen Treue nicht der Rechtsordnung widerspreche. – „Die Vorstellungen der katholischen Kirche über die eheliche Treue stehen nicht in Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung, der Bruch einer bestehenden (bürgerlichen) Ehe, die nach Art. 6 Abs. 1 GG unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht, wird auch vom bürgerlichen Recht als schwerwiegendes Fehlverhalten betrachtet (…).“42 Der EGMR kommt in seinem Urteil43 zu dem Ergebnis, dass die Arbeitsgerichte in ihren Folgerungen weder auf das tatsächliche Familienleben des Beschwerdeführers noch auf den damit gewährten Rechtsschutz eingegangen seien. Die Interessen des kirchlichen Arbeitgebers seien infolgedessen mit dem nach Art. 8 EMRK zugesicherten Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens nicht abgewogen worden, sondern nur mit seinem Interesse auf Wahrung seines Arbeitsplatzes.44 Das LAG habe die Frage der Nähe der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit zum Verkündigungsauftrag der Kirche nicht geprüft, sondern offenbar ohne weitere Nachprüfungen den Standpunkt des kirchlichen Arbeitgebers übernommen. Wörtlich heißt es: – „Da es sich aber um eine Kündigung handelte, die im Anschluss an eine Entscheidung des Beschwerdeführers hinsichtlich seines nach der Konvention geschützten Privat- und Familienlebens erfolgt ist, vertritt der Gerichtshof die Auffassung, dass bei der Abwägung der im Spiel befindlichen konkurrierenden Rechte und Interessen eine eingehendere Prüfung nötig gewesen wäre (…).“45 Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass der Beschwerdeführer sich mit Unterzeichnung des Arbeitsvertrages nicht verpflichtet habe, im Falle der Trennung oder Scheidung abstinent zu leben. Eine solche Auslegung würde den Kern des Rechts auf Achtung des Privatlebens des Betroffenen berühren, besonders deshalb, weil der Beschwerdeführer nach Feststellung der Arbeitsgerichte keinen gesteigerten Loyalitätsobliegenheiten unterworfen gewesen sei.46 Das LAG habe zudem die Folgen der Kündigung für den Betroffenen verkannt. Nach Ansicht des EGMR habe aber die Tatsache besondere Bedeutung, dass der Gekündigte mit seiner spezifischen Qualifikation nur 41 BAG-Urteil vom 16. September 1999, Az. 2 AZR 712/98, Rn 59. 42 BAG-Urteil vom 16. September 1999, Az. 2 AZR 712/98, Rn 63 bb) und 65 cc). 43 Ergänzend zum Verfahrensgang NZA 2011, 279. Das LAG hatte nach der Entscheidung des BAG vom 16. September 1999 der Berufung der Kirchengemeinde stattgegeben. Die Beschwerde von Herrn Schüth gegen die Nichtzulassung der Revision wies das BAG am 29. Mai 2000 als unzulässig zurück. Das BverfG lehnte es am 8. Juli 2002 ab, die Verfassungsbeschwerde von Herrn Schüth zur Entscheidung anzunehmen. 44 EGMR-Urteil vom 23. August 2010, Az. 1620/03, Rn 67. 45 EGMR-Urteil vom 23. August 2010, Az. 1620/03, Rn 69. 46 EGMR-Urteil vom 23. August 2010, Az. 1620/03, Rn 71. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 13 begrenzte Möglichkeiten habe, einen Arbeitsplatz außerhalb des kirchlichen Arbeitgebers zu finden . Nach Ansicht des EGMR haben die deutschen Arbeitsgerichte im Fall Schüth nicht hinlänglich dargelegt, warum den Folgerungen des LAG zufolge die Interessen der Kirchengemeinde diejenigen des Beschwerdeführers bei weitem übertroffen hätten und sie die Rechte des Beschwerdeführers und diejenigen des kirchlichen Arbeitgebers nicht im Einklang mit der Konvention abgewogen hätten. Demzufolge stellt der EGMR fest, dass der deutsche Staat dem Beschwerdeführer nicht den notwendigen Schutz gewährt habe und Art. 8 EMRK verletzt worden sei.47 3.3. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Beschwerde Siebenhaar gegen Deutschland Einer katholische Gruppenleiterin eines evangelischen Kindergartens war aufgrund ihrer Mitgliedschaft und ihrer aktiven Werbung für die „Universale Kirche“ nach § 626 BGB außerordentlich gekündigt worden. Die Beschwerdeführerin beklagte vor dem EGMR, das BAG habe das Selbstbestimmungsrecht der evangelischen Kirche zum Nachteil ihres Rechts auf Religionsfreiheit gemäß Art. 9 EMRK bevorzugt.48 Dieser Auffassung folgte der EGMR nicht und erklärte, dass eine Erzieherin und Gruppenleiterin, die in der Kindertagesstätte einer evangelischen Kirchengemeinde tätig und zugleich aktives Mitglied der „Universalen Kirche“ sei, ihre arbeitsvertraglichen Loyalitätspflichten nicht erfülle. Das BAG habe auf vertretbare Weise die Interessen der Arbeitnehmerin mit denjenigen des kirchlichen Arbeitgebers abgewogen.49 Das BAG hatte erklärt, dass das Verhalten der Erzieherin keine hinreichende Gewähr mehr dafür biete, dass sie der arbeitsvertraglich übernommenen Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der evangelischen Kirche nachkomme. Sie trete öffentlich werbend für eine Glaubensgemeinschaft auf, deren Glaubenssätze erheblich von denen der evangelischen Kirche abwichen. Das BAG entschied , dass ein solches Verhalten eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB rechtfertige .50 Die Richter des BAG bezogen sich auch in dieser Entscheidung auf die Leitentscheidung des BVerfG von 1985 und betonen, dass es Angelegenheit der Kirchen sei, festzulegen, welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand des Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können. Dies richte sich ausdrücklich nach den Maßstäben der verfassten Kirchen. Die Arbeitsgerichte hätten im Streitfall die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung vertraglicher Loyalitätspflichten zugrunde zu legen. Liege eine Verletzung von Loyalitätspflichten vor, so sei die weitere Frage, ob sie eine Kündigung des kirchlichen Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertige, nach den kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften gemäß § 1 KSchG und § 626 BGB zu beantworten .51 47 EGMR-Urteil vom 23. August 2010, Az. 1620/03, Rn 73 und 74. 48 EGMR-Urteil vom 3. Februar 2011, EzA § 611 BGB 2002 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 17 (Az: 18136/02). 49 EGMR-Urteil vom 3. Februar 2011, Az. 18136/01, Fn 34 und Orientierungssatz 1 und 2. 50 BAG-Urteil vom 21. Februar 2001, AP Nr. 29 zu § 611 BGB Kirchendienst, Az: 2 AZR 139/00, Leitsatz. 51 BAG-Urteil vom 21. Februar 2001, Az. 139/00, Rn 53. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 14 Das BAG bewertete die Tatsache, dass die Erzieherin Einführungskurse für die „Universale Kirche “ durchführte und damit die Lehren dieser Organisation aktiv werbend verbreitete, als einen erheblichen und groben Loyalitätsverstoß, denn die Lehren dieser Organisation stünden im Widerspruch zu den Lehren der evangelischen Kirche. Das BAG begründete seine Entscheidung auch mit dem starren Verhalten der Erziehern in einem klärenden Gespräch mit dem Dienstgeber . Dieser hätte davon ausgehen können, dass auch in Zukunft weitere derartige Verhaltensverstöße vorkommen könnten.52 Im Sinne des § 626 BGB sei die Weiterführung eines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unter diesen Umständen unzumutbar und eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt.53 Die Erzieherin sei zudem noch nicht allzu lange bei der Kirche beschäftigt gewesen und hätte aufgrund ihres jungen Alters gute Chancen, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.54 Der EGMR folgt unter Bezugnahme auf das BVerfG-Urteil von 1985 der Auffassung der deutschen Arbeitsgerichte. Er hält die Schlussfolgerungen der Gerichte nicht für unangemessen und verweist darauf, dass der Erzieherin hätte klar sein müssen, dass ihre Mitgliedschaft und Tätigkeit für die „Universale Kirche“ mit ihrem Einsatz für die evangelische Kirche unvereinbar sei.55 4. Folgerungen aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte In der wissenschaftlichen Literatur werden die Urteile des EGMR zu den Fällen Obst und Schüth kontrovers diskutiert. Die Positionen reichen von der Auffassung, der Gerichtshof habe lediglich eine Klarstellung der bereits gegebenen Rechtslage herbeigeführt56 bis hin zu der Einschätzung eines „Paradigmenwechsels“ in der bisherigen deutschen Rechtsprechung.57 Für JOUSSEN, HAMMER und GRABENWARTER/PABEL liegt der zentrale Gehalt im Fall Schüth in dem Vorwurf eines Abwägungsdefizits bei den deutschen Arbeitsgerichten. Die Gerichte hätten vor allem das Recht der Kirche betont, Loyalitätspflichten zu verlangen, ohne ausreichend die Rechte des Arbeitnehmers zu beachten. Damit deute der EGMR aber letztlich auf das Erfordernis einer Abwägung kollidierender Verfassunsgüter hin, was ohnehin Grundprinzip deutschen Verfassungsrechts sei. Das Abwägungserfordernis sei zudem im Kündigungsrecht mit § 626 BGB geregelt. Der Fall Obst, in dem der EGMR den Schlussfolgerungen der deutschen Arbeitsgerichte gefolgt sei, zeige, dass auch eine Interessenabwägung zugunsten der kirchlichen Interessen nicht automatisch eine Verletzung der Konvention darstelle. 52 BAG-Urteil vom 21. Februar 2001, Az. 139/00, Rn 59 a). 53 BAG-Urteil vom 21. Februar 2001, Az. 139/00, Rn 69. 54 BAG-Urteil vom 21. Februar 2001, Az. 139/00, Rn 65 b). 55 EGMR-Urteil vom 3. Februar 2011, Az. 18136/02, Rn 46. 56 Vgl. JOUSSEN, Jacob (2011). Die Folgen des Mormonen- und des Kirchenmusikerfalls, 173ff; HAMMER, Ulrich (2010). Europäische Wende in kirchlichen Arbeitsrecht?, 178ff; GRABENWARTER, Christoph; PABEL, Katharina (2011). Das kirchliche Arbeitsrecht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. 178ff. 57 Vgl. MAYER, Udo R. (2010). Menschenrechte vor Gottesrecht. Zu dem Verhältnis des kirchlichen Arbeitsrechts zu den universellen Menschenrechten, S. 19ff Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 15 Demnach folge aus den Urteilen zu Schüth und Obst, dass die Umstände des Einzelfalls von den Arbeitsgerichten stets zu berücksichtigen seien und § 626 BGB mit seinem Abwägungsgebot eben auch für die Kirchen gelte. Neu an den beiden Urteilen sei lediglich die Mahnung und Erinnerung daran, dass die Gerichte auch in kirchlichen Fällen Abwägungen vorzunehmen hätten. Damit würden Kirchen zwar stärker zu einem „normalen“ Arbeitgeber, aber sie blieben dennoch besonders, weil sie aufgrund des verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrechts deutlich höhere Loyalitätsanforderungen an ihre Mitarbeiter stellen könnten als andere Arbeitgeber. Die häufige Auslegung des maßgeblichen BVerfG-Urteils von 1985 werde durch die EGMR-Urteile gerade gerückt. Für den EGMR gebe es bei der Interessenabwägung keinen Vorrang zugunsten der Kirchen . Die Gerichte würden nun genauer und präziser argumentieren müssen, ohne dass dabei zwangsläufig das Ergebnis anders ausfalle.58 GRABENWARTER, der Verfahrensbevollmächtigter des Bistums Essen vor dem EGMR im Fall Schüth war, und PABEL betonen, dass der EGMR weder die gesetzlichen Regelungen noch die zentrale Entscheidung des BVerfG zum kirchlichen Arbeitsrecht grundsätzlich in Frage stelle.59 Der EGMR nehme in seinen Urteilsbegründungen ausdrücklich Bezug auf das Grundsatzurteil des BVerfG von 1985. Damit unterstreiche der Gerichtshof, dass nach der Entscheidung des BVerfG die Arbeitsgerichte nicht schrankenlos an die Vorgaben des kirchlichen Arbeitgebers für die Dienstverhältnisse gebunden seien. Entscheidend für den EGMR sei gewesen, dass die deutsche verfassungsgerichtliche Rechtsprechung eine Überprüfung ermögliche, ob bei der Anwendung der kirchlichen Vorgaben ein Widerspruch zu grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien auftrete und ob die Kirchen ihren Angestellten unangemessene Loyalitätspflichten auferlegten. Auch mit dem Urteil im Fall Schüth, in dem der EGMR eine Verletzung der EMRK feststellte, habe der Gerichtshof die Leitentscheidung des BVerfG nicht prinzipiell in Frage gestellt. Die vom Gerichtshof verlangte Abwägungspflicht der deutschen Arbeitsgerichte passe sich in das bestehende Rechtsschutzsystem ein.60 Allerdings könnte sich aus dem Fall Schüth ein Anknüpfungspunkt für kommende Gerichtsentscheidungen ergeben. Der EGMR sah in der Anforderung der Kirche an ihre Angestellten, nach einer Trennung oder Scheidung enthaltsam zu leben, Art. 8 EMRK in seinem Kerngehalt getroffen. Diese Anforderung könnte nun wegen ihrer Bedeutung für das Privat- und Familienleben kirchlicher Arbeitnehmer als unangemessen angesehen werden.61 Grundsätzlich rügt GRABENWARTER, dass der EGMR sich mit den Urteilen zu Obst, Schüth und Siebenhaar wie eine „(Super-)Revisionsinstanz“ verhalten und quasi als Arbeitsgericht entschieden habe. Es stehe zu befürchten, dass betroffene Arbeitnehmer, die vor den staatlichen Gerichten unterliegen, in Zukunft die Möglichkeit einer Individualbeschwerde in Straßburg in Anspruch nehmen. Es sei aber letztlich nicht Aufgabe des EGMR, fachgerichtliche Entscheidungen, 58 JOUSSEN, Jacob (2011). Die Folgen des Mormonen- und des Kirchenmusikerfalls, S. 175ff. HAMMER, Ulrich (2011). Europäische Wende im Kirchlichen Arbeitsrecht? S. 283. 59 GRABENWARTER, Christoph; PABEL, Katharina (2011). Das kirchliche Arbeitsrecht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. 70. 60 GRABENWARTER, Christoph; PABEL, Katharina (2011). Das kirchliche Arbeitsrecht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. 66. 61 GRABENWARTER, Christoph; PABEL, Katharina (2011). Das kirchliche Arbeitsrecht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. 67. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 16 die in einem rechtsstaatlichen Verfahren ergangen seien und einer Grundrechtskontrolle unterliegen , nachzuprüfen.62 MAYER führt an, dass der EGMR in seinen Urteilen von einer abgestuften Loyalitätspflicht abhängig von der jeweiligen Funktion der Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen ausgehe. Die Entscheidungen würden demzufolge weitreichende Auswirkungen auf die zukünftige Behandlung von Loyalitätspflichten bei kirchlichen Beschäftigten haben und auch eine Klarstellung hinsichtlich § 9 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)63 bewirken, der den Kirchen generell erlaube, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses zu verlangen. „Diesem weiten Sanktionsrecht der Kirchen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (…) einen Riegel vorgeschoben.“64 Einig sind sich die hier zitierten Arbeitsrechtsexperten, dass die deutschen Arbeitsgerichte nach den Entscheidungen des EGMR zu Obst, Schüth und Siebenhaar den Einzelfall bei Kündigungen gegen kirchliche Mitarbeiter, die Loyalitätspflichten unterliegen, sehr viel genauer prüfen und die Interessen beider Seiten sehr viel ausführlicher abwägen müssen. 5. Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen 5.1. Rechtliche Grundlagen der Leiharbeit Leiharbeit ist in Deutschland im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)65 geregelt. Bei der Leiharbeit – als Synonym wird auch der Begriff der Zeitarbeit verwandt – verleiht ein Unternehmen (Leiharbeitsunternehmen) bei ihm regulär angestellte Arbeitskräfte (Leiharbeitnehmer ) an andere (entleihende) Unternehmen auf Basis eines Überlassungsvertrages. Zwischen dem entleihenden Unternehmen, welches für die Überlassung das Weisungsrecht zum Einsatz der Arbeitskraft besitzt, und dem Leiharbeitnehmer existiert keinerlei Vertragsbindung. Die Entlohnung erfolgt durch das Leiharbeitsunternehmen, welches auf Basis der von dem Leiharbeitnehmer gelisteten Arbeitszeit entsprechende Zahlungen des entleihenden Unternehmens erhält.66 Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist in § 9 Abs. 2 AÜG geregelt, wobei Abweichungen durch Tarifvertrag ausdrücklich zugelassen sind. Auch für den Einsatz von Leiharbeitnehmern im kirchlichen Dienst gilt das AÜG. Es gehört zu den für alle geltenden Gesetzen, die im Sinne von 62 GRABENWARTER, Christoph; PABEL, Katharina (2011). Das kirchliche Arbeitsrecht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. 69. 63 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das zuletzt durch Artikel 15 Absatz 66 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) geändert worden ist. 64 MAYER, Udo R. (2010). Menschenrechte vor Gottesrecht. Zu dem Verhältnis des kirchlichen Arbeitsrechts zu den universellen Menschenrechten, S. 20. 65 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 26 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 28554) geändert worden ist. 66 BUG, Arnold; POSMANN, Wiebke (2009). Die Leiharbeitsrichtlinie, S. 1. http://www.bundestag.btg/ButagVerw/W/Ausarbeitungen/Einzelpublikationen/ (letzter Abruf am 19. Januar 2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 17 Art. 137 Abs. 3 WRV dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht Schranken setzen. Allerdings gelten „kirchenrechtliche Modifikationen“.67 5.2. Entscheidung des Kirchengerichtshof der evangelischen Kirche Für die Evangelische Kirche in Deutschland hat der Kirchengerichtshof (KGH.EKD) am 9. Oktober 2006 eine Entscheidung zur Leiharbeit im diakonischen Dienst getroffen, die im Grundsatz auch für die Regelung der Leiharbeit in der katholischen Kirche und ihren Einrichtungen bedeutsam ist.68 Nach den Leitsätzen dieser Entscheidung ist das Institut der Leiharbeit den diakonischen Dienstgebern nicht verschlossen und kann zur Überbrückung kurzzeitigen Beschäftigungsbedarfs , z.B. in Vertretungsfällen infolge Urlaub, Krankheit und bei kurzfristigem Spitzenbedarf genutzt werden. Aber die auf Dauer angelegte Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, die Substituierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ihr Ersatz durch Leiharbeiternehmer und Leiharbeitnehmerinnen ist mit dem Kirchenarbeitsrecht nicht vereinbar, denn sie widerspricht dem kirchlichen Grundsatz des Leitbildes von der Dienstgemeinschaft.69 5.3. Leiharbeit und Dienstgemeinschaft Nach der Leitentscheidung des BVerfG von 1985 bleibt es grundsätzlich den Kirchen selbst überlassen , was „die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung erfordert“, was „spezifisch kirchliche Aufgaben“ sind, was „Nähe“ zu ihnen bedeutet und welches die „wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre“ sind.70 Die Kirche kann der Gestaltung des kirchlichen Dienstes das besondere Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft zugrunde legen und ihren Mitarbeitenden bestimmte Loyalitätsobliegenheiten auferlegen.71 Folglich müsse es ihr nach THÜSING auch selbst überlassen bleiben, welche Arbeitnehmer sie zu ihrer Dienstgemeinschaft zähle. So wie die Kirche berechtigt sei, in den Loyalitätspflichten zu differenzieren, also eine Abstufung bei ihren Mitarbeitenden vorzunehmen, sei sie ebenso berechtigt, Leiharbeitnehmer an andere Loyalitätspflichten zu binden als die Stammbelegschaft. Voraussetzung sei aber, dass eine solche Differenzierung nach dem kirchlichen Selbstverständnis gerechtfertigt ist und nicht allein aus ökonomischen Gründen vorgenommen wird. Ein weltliches Gesetz oder der weltliche Gesetzgeber könne nicht darüber entscheiden, ob Leiharbeitnehmer einer kirchlichen Dienstgemeinschaft angehören.72 67 RICHARDI, Reinhard (2009). Abspaltung der Kirche durch Ausgründung und Leiharbeit, S. 865. 68 RICHARDI, Reinhard (2009). Abspaltung der Kirche durch Ausgründung und Leiharbeit, S. 866. 69 KGH.EKD vom 9. Oktober 2006 - II-0124/M35-06. In: Arbeit und Recht 10/2007, S. 361ff. http://www.ekd.de/mitarbeitervertretungsrecht/mitarbeitervertretungsrecht_II-0124-M36-06.html (zuletzt abgerufen am 19. Januar 2012). Vgl. zum Aspekt der kurzfristigen Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auch AN- DELEWSKI, Utz; STÜTZLE, Nils (2007). Die Einstellung von Leiharbeitnehmern und das kirchliche Arbeitsrecht , S. 726. 70 BVerfGE 70 138, Rn 63 a). 71 BVerfGE 70 138, Rn 59 d). 72 THÜSING, Gregor (2007). Leiharbeitnehmer in Caritas und Diakonie – Rechtliche Grundlage und personelle Grenzen der kirchlichen Dienstgemeinschaft, S. 995. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 18 In den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) für das diakonische Werk der EKD ist in § 1 Abs. 5 die Zulässigkeit der Leiharbeit geregelt. Diese Regelung besteht seit dem 1. Juli 2007 und sie stellt eine Öffnungsklausel dar, nach der Leiharbeitnehmer nach dem AÜG zur Überbrückung von Personalengpässen eingesetzt werden dürfen. Allerdings gibt es eine Begrenzung, denn in Einrichtungen mit mehr als 50 beschäftigten Personen dürfen nicht mehr als fünf Prozent der im Jahresdurchschnitt beschäftigten Vollzeitkräfte Leiharbeitnehmer im Sinne des AÜG sein. Diese Vorschrift toleriert den Einsatz von Leiharbeitnehmern ausdrücklich nur bei Personalengpässen und betont somit den Ausnahmecharakter von Leiharbeit.73 Nach §§ 41, 42a des Mitarbeitervertretungsgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG.EKD) handelt sich bei der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern um eine Einstellung, wonach die Mitarbeitervertretung ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht hat, wie es gemäß § 14 Abs. 3 AÜG und § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)74 auch in der Privatwirtschaft geregelt ist. In der katholischen Kirche wird Leiharbeit weder in der AVR Caritas noch in der Grundordnung (GrO) explizit erwähnt. Die Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) ist durch einen Beschluss der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands am 22. Oktober 2010 dahingehend geändert worden, dass gemäß dem neu eingefügten § 34 Abs. 2 Nr. 3 die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers verweigern kann, wenn der Dienstgeber ihn mehr als sechs Monate einstellen will. Diese Regelung muss von den einzelnen Bistümern umgesetzt werden.75 Gemäß § 3 Abs. 1 MAVO sind Leiharbeitnehmer im Sinne des AÜG keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sinne dieser Ordnung. In beiden Kirchen ist Leiharbeit nach dem AÜG also rechtlich in gewissen Grenzen zulässig. BITTER/KIEL verweisen in diesem Zusammenhang kritisch darauf, dass es eine Frage der Kirchenpolitik sei, wie insbesondere in den Einrichtungen der Diakonie und der Caritas mit dem Instrument der Leiharbeit in der Praxis umgegangen werde. Ihrer Ansicht nach sei auch ein längerfristiger Leiharbeitseinsatz in kirchlichen Einrichtungen rechtlich durchaus möglich. Wenn allerdings die von den Kirchen vorgegebenen Schwellenwerte überschritten würden, deute dies auf eine „Flucht aus dem Dritten Weg“ hin. Das aber gefährde nicht nur dessen Plausibilität, sondern „die Glaubwürdigkeit der Postulate der Grundordnungen beider Kirchen“.76 Bleibt die Frage zu klären, ob Leiharbeitnehmer der Dienstgemeinschaft zugehörig sind und damit den selben Pflichten und Rechten wie die unmittelbar angestellten Mitarbeiter unterliegen. In den katholischen und evangelischen Regelungen, die sich explizit auf die Dienstgemeinschaft beziehen (Grundordnung und Loyalitätsrichtlinie), gibt es keine ausdrücklichen Bezüge zu Leiharbeitnehmern . Deshalb erscheint die Auffassung von THÜSING folgerichtig, dass sowohl die kirchlichen Normen als auch das Verständnis der Leiharbeit nach weltlichem Recht dagegen 73 BITTER, Walter; KIEL, Heinrich (2011). Gestaltungsgrenzen der Leiharbeit in Unternehmen und kirchlichen Einrichtungen, S. 70. 74 Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2424) geändert worden ist. 75 Vgl. zum Beispiel Amtsblatt des Erzbistums Köln vom 30. September 2011, Stück 11, 151. Jg., Nr. 145-146, S. 237-263. 76 BITTER, Walter; KIEL, Heinrich (2011). Gestaltungsgrenzen der Leiharbeit in Unternehmen und kirchlichen Einrichtungen, S. 73ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 19 sprechen, Leiharbeitnehmer der kirchlichen Dienstgemeinschaft in gleicher Weise zuzuordnen wie die Stammarbeitnehmer.77 Da der Leiharbeitnehmer ein arbeitsvertragliches Verhältnis mit dem Verleiher und nicht mit dem Entleiher habe und er in der Regel – so wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat – nur kurzzeitig in einem Unternehmen oder einer kirchlichen Einrichtung beschäftigt werde, führt dies, THÜSING folgend, zu einer weniger engen Einbindung in den kirchlichen Dienst, als die unmittelbar beim kirchlichen Dienstgeber beschäftigten Mitarbeiter.78 Das wiederum habe Auswirkungen sowohl auf die Loyalitätsanforderungen an den Leiharbeitnehmer als auch auf seine Entlohnung . Voraussetzung bleibe, wie es der KGH.EKD entschieden hat, dass der Leiharbeitnehmer nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend beschäftigt sei und somit keinen in der Dienstgemeinschaft dauerhaft Tätigen ersetze.79 Doch auch wenn der Leiharbeitnehmer der Dienstgemeinschaft nicht (voll) zugehörig und somit nicht umfassend an die Loyalitätsrichtlinien gebunden sei, soll die Kirche nach THÜSING aus ihrem Selbstverständnis heraus bestimmte Loyalitätspflichten von ihm verlangen können. Denn hierbei gehe es vor allem um die Glaubwürdigkeit der Kirche und die Eignung des Mitarbeiters, den kirchlichen Auftrag zu erfüllen. Ein Beispiel: Nach § 3 Abs. 3 der Loyalitätsrichtlinie der evangelischen Kirche und nach Art. 3 Abs. 4 Grundordnung der katholischen Kirche ist für den Kirchendienst ungeeignet, wer aus der Kirchen ausgetreten ist. Das, so THÜSING, müsse auch für Leiharbeitnehmer gelten. Wer mit einem offenen Akt der Lossagung deutlich gemacht habe, dass er die Ziele der Kirche und ihren Auftrag nicht als seine eigenen empfindet, der sei ungeeignet, Dienst in einer christlichen Einrichtung zu tun. Das gebiete auch die Glaubwürdigkeit der Kirche, die ansonsten in Widerspruch zu den Anforderungen an die unmittelbar beschäftigten Arbeitnehmer geraten würde. Jedoch dürfte es nicht unbedingt erforderlich sein, dass die überlassenen Arbeitnehmer bei Beginn ihrer Tätigkeit einer christlichen Kirche angehörten.80 5.4. Outsourcing, Ausgründungen und Leiharbeit JOUSSEN unterscheidet drei Fallgruppen kirchlicher Ausgründungen81: – Die dauerhafte Ausgründung von bisher im eigenen Unternehmen erbrachten Dienstleistungen oder Produktionen auf völlig fremde Unternehmen (externes Outsourcing). Neben der Kostensenkung spielen hier die Konzentration auf das Kerngeschäft und die Hoffnung auf eine flexiblere Anpassung an Kapazitäts- und Auslastungsschwankungen eine Rolle. Bis 77 THÜSING, Gregor (2007). Leiharbeitnehmer in Caritas und Diakonie, S. 996. 78 THÜSING, Gregor (2007). Leiharbeitnehmer in Caritas und Diakonie, S. 997ff. 79 THÜSING, Gregor (2007). Leiharbeitnehmer in Caritas und Diakonie, S. 998. 80 THÜSING, Gregor (2007). Leiharbeitnehmer in Caritas und Diakonie, S. 1000. 81 JOUSSEN, Jacob (2009). Outsourcing und Ausgründungen in kirchlichen Einrichtungen, S. 2ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 20 zu den umfassenden Arbeitsmarktreformen im Jahr 2003 wurde dieses Modell häufig praktiziert .82 – Die Ausgründung durch Zusammenschluss kirchlicher Einrichtungen mit nichtkirchlichen Gesellschaften, bei der in der Regel die Kirche Mehrheitsgesellschafter ist. – Die Bildung einer eigenen Service- oder Arbeitnehmerüberlassungsfirma (internes Outsourcing ). Bestimmte Funktionsbereiche werden in rechtlich selbständige Einheiten ausgelagert, was auf mehreren Wegen stattfinden kann. Eine kirchliche Einrichtung gründet alleine oder mit mehreren anderen Einrichtungen zusammen eine eigene Servicegesellschaft, die noch der Kirche zugeordnet ist und von der sie Arbeitnehmer ausleiht. Die kirchliche Einrichtung kann aber auch eine eigene Servicegesellschaft außerhalb der Kirche gründen. Hier darf der Gesellschaftervertrag keinen Hinweis auf die Zuordnung zum kirchlichen Dienst enthalten. Diese neu gegründete Gesellschaft darf sich nicht als Wesens- oder Lebensäußerung der Kirche darstellen, sondern muss ausschließlich oder überwiegend wirtschaftliche Zwecke verfolgen. Eine solche Servicegesellschaft kann ausschließlich einrichtungsintern, also an die Mutter, vermitteln oder auch an andere kirchliche und weltliche Einrichtungen. Dieses Modell wurde auch schon vor der umfassenden Änderung des AÜG im Jahr 2003 im Zuge der Arbeitsmarktreform genutzt, allerdings war es wegen der Befristungsregelung und des Synchronisationsverbotes wenig beliebt.83 Eine Bewertung dieser Modelle der Fremdvergabe und Auslagerung nimmt JOUSSEN mit Blick auf das christliche Leitbild der Dienstgemeinschaft und auf die Motive bzw. Ziele solcher Maßnahmen vor. Beim externen Outsourcing sei eine klare Abgrenzung zur Dienstgemeinschaft möglich: externe, nicht dem kirchlichen Dienst zuzuordnende Tätige unterfielen nicht der Dienstgemeinschaft, denn die Dienstgemeinschaft könne nur zwischen denen gebildet werden, die am Sendungsauftrag der Kirche mitwirkten. Solches externes Personal können Handwerker oder Fensterreiniger sein, die aufgrund eines Werkvertrages bei der kirchlichen Einrichtung beschäftigt seien. 84 Bei Ausgründungen und Gründung einer neuen Gesellschaft gelte weiterhin das kirchliche Arbeitsrecht , wenn die Gesellschaft der Kirche zuzuordnen sei.85 Das bedeute prinzipiell auch, dass den Arbeitsverträgen die Arbeitsbedingungen zugrunde gelegt würden, die auf dem „Dritten Weg“ verabredet worden seien. Aber es kann nach JOUSSEN zulässig sein, gegen diese Anforderung zu verstoßen, wenn eine Situation entstünde, die die Erfüllung des Auftrags der Kirche - zum Beispiel Hilfe zugunsten derjenigen, die sie benötigen - unmöglich werde. JOUSSEN unterscheidet hier eine interne und eine externe Dimension der Dienstgemeinschaft, die in solchen 82 JOUSSEN, Jacob (2007). Formen der Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen und das Selbstverständnis kirchlicher Arbeitnehmer, S. 25. 83 JOUSSEN, Jacob (2007). Formen der Arbeitnehmerüberlassung in kirchlichen Einrichtungen und das Selbstverständnis kirchlicher Arbeitnehmer, S. 26. 84 JOUSSEN, Jacob (2009). Outsourcing und Ausgründungen in kirchlichen Einrichtungen, S. 7. 85 Vgl. auch BVerfGE 47, 73, Leitsatz 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-186/11 Seite 21 Konfliktfällen zu einem Ausgleich gebracht werden müssten. In solch einer Situation könne auf säkulare Tarifverträge Bezug genommen werden.86 „Es geht nicht um eine Aushöhlung der Dienstgemeinschaft, doch kann diese nicht dazu herhalten, für jeden Fall (der Auslagerung) ausschließlich ein bestimmtes Lohnmodell anzuwenden.“87 Eine solche Situation könne sich nach JOUSSEN zum Beispiel ergeben, wenn eine kirchliche Einrichtung in ihrer Existenz bedroht sei und zu ihrer Rettung eine Regelung angewandt werde, die nicht auf dem „Dritten Weg“, sondern durch Lohnabsprachen auf tarifvertraglicher Ebene erzielt worden seien.88 Beim internen Outsourcing werde in der Regel eine Zeitarbeitsfirma gegründet. Es finde eine Auslagerung von Aufgaben, die bislang die Mutter durchgeführt hat, auf die Tochtergesellschaft statt. Eine solche Gesellschaft, die mehrheitlich einer kirchlichen Einrichtung gehört, könne der Kirche zugeordnet werden. Die dort tätigen Mitarbeiter wirkten folglich am kirchlichen Auftrag mit, auch als (kirchliche) Leiharbeitnehmer. Hier aber sei die zentrale Frage, ob es zulässig sei, dass sich die kirchlichen Einrichtungen weltlich organisierten und nach weltlichem Recht agierten , um das kirchliche Arbeitsrecht bewusst zu vermeiden und zu umgehen. JOUSSEN sagt deutlich , dass ein solches Vorgehen gegen das Selbstverständnis der Kirchen verstoße, denn sie verlasse dann ihr eigenes Recht. Die Arbeitnehmer würden insgesamt nicht mehr von kirchlichen Rechtsbeziehungen erfasst, auch individualrechtlich nicht. Damit aber mache sich ein kirchlicher Arbeitgeber unglaubwürdig.89 Es müsse demzufolge differenziert werden, ob die Tochterfirma weiterhin der Kirche zugeordnet sei oder nicht. Hieran entscheide sich die Frage, ob der Leiharbeitnehmer der Dienstgemeinschaft angehöre und dann auch an der Lohngestaltung, die auf dem „Dritten Weg“ getroffen wurde, teilnehme. Literaturliste ANDELEWSKI, Utz; STÜTZLE, Nils (2007). Die Einstellung von Leiharbeitnehmern und das kirchliche Arbeitsrecht : Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) 2007, S. 723-730. BITTER, Walter; KIEL, Heinrich (2011). Gestaltungsgrenzen der Leiharbeit in Unternehmen und kirchlichen Einrichtungen . In: BADER, Peter (Hrsg.). Festschrift für Gerhard Etzel zum 75. Geburtstag. Luchterhand: Köln, S. 57-75. BUG, Arnold; POSMANN, Wiebke (2009). Die Leiharbeitsrichtlinie. Aktueller Begriff Europa der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Nr. 03/09, Stand: 24. Februar 2009. GRABENWARTER, Christoph; PABEL, Katharina (2011). Das kirchliche Arbeitsrecht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: Kirche und Recht (KuR), Heft 1, 2011, S. 55-70. HAMMER, Ulrich (2011). Europäische Wende im Kirchlichen Arbeitsrecht?: Arbeit und Recht (AuR), Heft 7, 2011, S. 278-285. 86 JOUSSEN, Jacob (2009). Outsourcing und Ausgründungen in kirchlichen Einrichtungen, S. 16ff. 87 JOUSSEN, Jacob (2009). 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