Deutscher Bundestag Rentenpolitische Entscheidungen mit größerer Tragweite seit 1949 Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2012 Deutscher Bundestag WD 6 – 3000-164/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 2 Rentenpolitische Entscheidungen mit größerer Tragweite seit 1949 Aktenzeichen: WD 6 – 3000-164/12 Abschluss der Arbeit: 4. Dezember 2012 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Die gesetzliche Rentenversicherung als lebensstandardsichernde Altersvorsorge 4 2.1. Situation im Nachkriegsdeutschland 4 2.2. Einführung der bruttolohnbezogenen dynamischen Rentenversicherung 5 2.3. Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts 6 2.4. Übergang zum reinen Umlageverfahren 6 2.5. Rentenreformgesetz 1972 6 2.6. Versorgungsausgleich bei Ehescheidung 7 2.7. Einführung der Künstlersozialversicherung 7 2.8. Haushaltsbegleitgesetz 1984 7 2.9. Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz 8 3. Anpassung an die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen 8 3.1. Rentenreform 1992 8 3.2. Die Rentenversicherung im Zuge der deutschen Wiedervereinigung 9 3.3. Weitere Änderungen der gesetzlichen Rentenversicherung in den 1990er Jahren 10 3.4. Erste rentenrechtliche Maßnahmen der rot-grünen Koalition 10 3.5. Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit 11 4. Abkehr von der Lebensstandardsicherung zugunsten einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik 11 4.1. Absenkung des Rentenniveaus und Einführung einer staatlich geförderten zusätzlichen Alterssicherung 11 4.2. Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors in der Formel für die Rentenanpassung 12 4.3. Organisationsreform der gesetzlichen Rentenversicherung 13 4.4. Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre 14 Literaturverzeichnis 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 4 1. Einleitung Die gesetzliche Rentenversicherung ist mit über 50 Millionen Versicherten und fast 20 Millionen Leistungsempfängern das wichtigste Alterssicherungssystem in Deutschland und aufgrund ihrer Bedeutung häufig Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Bis Ende der 90er Jahre wurden wesentliche Änderungen im Allgemeinen im Konsens beschlossen. Dieser Arbeit liegt die umfangreiche Aufstellung sämtlicher die gesetzliche Rentenversicherung betreffender Regelungen zugrunde, die die Deutsche Rentenversicherung Bund zusammengestellt hat.1 Eine kurze tabellarische Übersicht über die wesentlichen Änderungen ist als Anlage beigefügt. 2. Die gesetzliche Rentenversicherung als lebensstandardsichernde Altersvorsorge Die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung hatten nach ihrer Einrichtung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lediglich die Funktion als Unterhaltszuschuss. Die ältere Generation war zur Sicherung ihres Lebensstandards damit weiterhin auf eigene Ersparnisse oder familiale Zuwendungen angewiesen.2 Zur Finanzierung der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung war wie bei privaten Lebensversicherungsunternehmen die Bildung eines Kapitalstocks vorgesehen. Infolge der Wirtschaftskrisen und Kriegswirren waren die Rücklagen der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Zweiten Weltkrieg nahezu vollständig entwertet.3 2.1. Situation im Nachkriegsdeutschland In den vier Besatzungszonen haben die Alliierten jeweils eine rasche Wiederaufnahme der Arbeit der Rentenversicherung veranlasst. Hinsichtlich der Leistungsvoraussetzungen und der Leistungshöhe wurde vorerst weitgehend in allen Ländern nach dem vorherigen Recht verfahren.4 Danach setzte sich die Rentenzahlung aus einem Grundbetrag und einem von der Beitragszahlung abhängigen Steigerungsbetrag zusammen. Die Renten wurden in mehreren Schritten jeweils durch einzelne Gesetze erhöht und zwangsläufig aus den eingezahlten Beiträgen finanziert.5 Zunächst regelten Landesgesetze, in welcher Form Vertriebene und Flüchtlinge hinsichtlich verloren gegangener Rentenanwartschaften in der DDR und den Vertreibungsgebieten zu entschädigen waren. Mit dem Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz (FAG) vom 7. August 1953 folgte eine bundeseinheitliche Regelung hinsichtlich der Rentenversicherung der in Westdeutschland 1 Chronik in: Rentenversicherung in Zeitreihen, DRV-Schriften Band 22, Deutsche Rentenversicherung Bund, Oktober 2011, abrufbar im Internet unter http://forschung.deutsche-rentenversicherung.de/ForschPortalWeb/ ressource?key=chronik, zuletzt abgerufen am 28. November 2012. 2 Schmähl (2012a). 3 Hüfken, Rd. 64. 4 Reidegeld, S. 295. 5 Krause-Brewer, S. 23. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 5 zu integrierenden ca. 16 Millionen Menschen. Das FAG beruhte auf dem Entschädigungsprinzip. Der Rente lagen grundsätzlich die in der DDR und den Vertreibungsgebieten versicherten Entgelte zugrunde.6 2.2. Einführung der bruttolohnbezogenen dynamischen Rentenversicherung Nachdem die Beschäftigten in Westdeutschland vom einsetzenden Wirtschaftswunder profitieren konnten, wurde offenbar, dass die Rentenberechtigten mit den bisherigen Rentenberechnungsmodalitäten trotz mehrerer Rentenerhöhungen nicht am wachsenden Wohlstand teilnahmen. Die Rentenberechnung aus Grund- und Steigerungsbeträgen wurde der Lebensleistung nicht gerecht, weil die geleisteten Beiträge nur nach ihrem nominalen Betrag zum Zeitpunkt der Beitragszahlung in die Rentenhöhe einflossen. Der während der Erwerbsphase gezahlte Rentenversicherungsbeitrag war in der späteren Rentenbezugsphase gemessen an der Kaufkraft weniger wert. Deshalb sahen die Reformvorschläge vor, den relativen Wert der Beitragszahlung während der gesamten Versicherungszeit für die Rentenhöhe heranzuziehen und an die Lohnentwicklung anzupassen .7 Hierfür war der der Beitragszahlung zugrunde liegende individuelle Verdienst ins Verhältnis zum Durchschnittsverdienst aller Versicherten zu setzen. Mit diesem nach langer politischer Debatte 1957 eingeführten System der bruttolohnbezogenen dynamischen Rentenversicherung konnten die Rentenberechtigten an der wirtschaftlichen Entwicklung entsprechend den Beschäftigten teilhaben. Im Prinzip gilt dieses System bis heute. Zur Finanzierung wurde der Beitragssatz mit dem so bezeichneten Abschnittsdeckungsverfahren zunächst so festgesetzt, dass die Renten durch die laufenden Beiträge gedeckt waren, jedoch sollte nach Ablauf von zehn Jahren darüber hinaus eine Kapitalrücklage von einer Jahresausgabe vorliegen.8 Eine Altersrente war weiterhin in der Regel ab Vollendung des 65. Lebensjahres vorgesehen. Arbeitslose Versicherte und Frauen konnten bei Erfüllung besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen eine vorgezogene Altersrente bereits mit dem 60. Lebensjahr beanspruchen.9 Mit dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte wurde zum 1. Oktober 1957 ein eigenständiges Alterssicherungssystem für selbständige landwirtschaftliche Unternehmer und ihre mitarbeitenden Familienangehörigen geschaffen, das nach der Hofabgabe den zusätzlichen Bargeldbedarf neben dem Altenteil abdecken soll.10 6 Grotzer, Rd. 111 ff. 7 Schmähl (2012a). 8 Hüfken, Rd. 65. 9 U. a. § 1248 Reichsversicherungsordnung (RVO)i. d. F. Art. 1 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz. 10 Wirth (2007), S. 96. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 6 2.3. Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts Mit dem rückwirkend zum 1. Januar 1959 in Kraft getretenen Fremdrenten- und Auslandsrenten- Neuregelungsgesetz (FANG) vom 25. Februar 1960 erfolgte eine grundlegende Reform des Fremdrentenrechts : Anstelle eines Lastenausgleichs im Sinne einer Entschädigung für entgangene Rentenleistungen nicht mehr erreichbarer Versicherungsträger wurde mit dem durch Art. 1 FANG eingeführten Fremdrentengesetz (FRG) nunmehr ausschließlich das Eingliederungsprinzip für die Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten in der DDR und in den Vertreibungsgebieten maßgeblich. Demzufolge wurden die berechtigten Personen stets so gestellt, als hätten sie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit in Westdeutschland gezahlt . Hierzu wurden sie in eine auf dem westdeutschen Lohnniveau beruhenden Leistungsgruppe eingestuft und Tabellenentgelte nach den Anlagen zum FRG berücksichtigt.11 2.4. Übergang zum reinen Umlageverfahren Aufgrund der Mitte der 60er Jahre einsetzenden wirtschaftlichen Rezession enthielt das Finanzänderungsgesetz vom 21. Dezember 1967 mehrere Regelungen, die zu Einsparungen der gesetzlichen Rentenversicherung führten. So wurde unter anderem die bis dahin mögliche Beitragserstattung auf Grund einer Eheschließung abgeschafft und die Jahresarbeitsverdienstgrenze, ab der Angestellte nicht mehr der Rentenversicherungspflicht unterlagen, aufgehoben. Dennoch endete der erste Zehnjahreszeitraum des 1957 eingeführten Abschnittsdeckungsverfahrens in einer wirtschaftlich angespannten Situation. Die Aufrechterhaltung des bis dahin angesparten Kapitalvermögens hätte zu einer noch stärkeren Erhöhung des Beitragssatzes geführt, als ohnehin nötig. Dies hätte die wirtschaftliche Erholung gefährdet. Deshalb wurde mit dem Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz vom 28. Juli 1969 notgedrungen das reine Umlageverfahren eingeführt und nur noch eine geringe Rücklage vorgesehen.12 2.5. Rentenreformgesetz 1972 Mit dem Rentenreformgesetz (RRG) vom 16. Oktober1972 erfolgte eine Öffnung der gesetzlichen Rentenversicherung für bis dahin nicht versicherte Personengruppen. Seitdem können beispielsweise selbständig Tätige auf Antrag versicherungspflichtig werden. Eine freiwillige Versicherung war nun nicht mehr von besonderen Voraussetzungen abhängig. Außerdem waren großzügige Nachzahlungsmöglichkeiten vorgesehen, nach denen Zeiten ab 1956 günstig rentenwirksam mit Beiträgen belegt werden konnten. Auf der Leistungsseite wurde die Altersrente für langjährig Versicherte, die mindestens 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt hatten, als flexibles Altersruhegeld ab dem 63. Lebensjahr eingeführt. Für Schwerbehinderte, Berufs- oder Erwerbsunfähige wurde der Bezug einer Altersrente bereits ab dem 62. Lebensjahr ermöglicht. Ferner erfolgte eine Anhebung von geringen Renten, soweit 25 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorlagen. Durch die Rente nach Mindest- 11 Grotzer, Rd. 113. 12 Krause-Brewer, S. 73 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 7 einkommen wurden Rentner so gestellt, als hätten sie Beiträge für mindestens 75 Prozent des durchschnittlichen Verdienstes gezahlt.13 2.6. Versorgungsausgleich bei Ehescheidung Mit dem 1. Eherechtsreformgesetz wurde zum 1. Juli 1977 der Versorgungsausgleich bei Ehescheidung eingeführt. Danach werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte im Sinne der Zugewinngemeinschaft auf beide Eheleute gleichmäßig verteilt und damit jeweils eine eigenständige Alterssicherung ermöglicht. Ein Unterhaltsersatz für Hinterbliebene kommt nur noch in Frage, wenn die Ehe vor dem 1. Juli 1977 aufgelöst worden ist. Im Falle der Erziehung eines Kindes besteht für nach dem 30. Juni 1977 geschiedene Versicherte unter Umständen ein Anspruch auf Erziehungsrente aus eigener Versicherung, ggf. unter Berücksichtigung der aus dem Versorgungsausgleich übertragenen oder begründeten Versorgungsanrechte.14 2.7. Einführung der Künstlersozialversicherung Seit dem Inkrafttreten des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) zum 1. Januar 1983 gehören Künstler und Publizisten, soweit sie keinen anderweitigen ausreichenden sozialen Schutz haben, zum versicherten Personenkreis der gesetzlichen Rentenversicherung. Besonderheiten bestehen gegenüber anderen versicherten Selbständigen insbesondere beim Beitragseinzug, den die Künstlersozialkasse (KSK) mit Sitz in Wilhelmshaven durchführt. Künstler ist in diesem Zusammenhang, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt; Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist. Die Versicherung setzt unter anderem gewisse Mindesteinnahmen aus der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit voraus. Die Mittel für die Künstlersozialversicherung werden zur einen Hälfte durch Beitragsanteile der versicherten Künstler und Publizisten und zur anderen Hälfte durch die so genannte Künstlersozialabgabe und einen Zuschuss des Bundes aufgebracht . Bei der Künstlersozialabgabe handelt es sich um eine Umlage, die die KSK bei bestimmten Verwertern von Kunst und Publizistik erhebt.15 2.8. Haushaltsbegleitgesetz 1984 Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 wurde die Wartezeit (Mindestversicherungszeit ) für eine Altersrente ab dem 65. Lebensjahr von 15 auf fünf Jahre mit Beitragsbzw . Ersatzzeiten herabgesetzt. Zugleich wurden die Anspruchsvoraussetzungen für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erschwert. Als zusätzliche versicherungsrechtliche Voraussetzung neben der Erfüllung der Wartezeit von fünf Jahren müssen nunmehr in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit drei Jahre mit Pflichtbeiträgen vorliegen.16 13 Schmähl (2012b), Rd. 45, 46. 14 Wagner, Rd. 1. 15 Wirth (2012), Rd. 1 ff. 16 U. a. §§ 1248 Abs. 7 Satz 3, 1246 Abs. 2a, 1247 Abs. 2a RVO i. d. F. Haushaltsbegleitgesetz 1984, BGBl. I S. 1532. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 8 2.9. Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz Mit dem Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz (HEZG) vom 11. Juli 1985 wurde der zehn Jahre zuvor vom Bundesverfassungsgericht erteilte Auftrag umgesetzt, gleiche Anspruchsvoraussetzungen für Witwen- und Witwerrenten zu schaffen.17 Bis dahin war der Rentenanspruch eines Witwers - im Gegensatz zu dem einer Witwe - davon abhängig, dass die verstorbene Versicherte den überwiegenden Familienunterhalt bestritten hat. Die finanzielle Mehrbelastung aus der Gleichstellung von Männern und Frauen bei den Hinterbliebenenrenten wird durch die neu eingeführte Einkommensanrechnung ausgeglichen. Danach werden 40 Prozent des einen Freibetrag übersteigenden eigenen Einkommens der Hinterbliebenen auf die Witwen und Witwerrente angerechnet.18 Ebenfalls neu eingeführt wurde mit dem HEZG die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese wurden zunächst für ein Jahr angerechnet und der Elternteil so gestellt, als hätte er mindestens ein Entgelt in Höhe von mit 75 Prozent des durchschnittlichen Verdienstes erzielt.19 3. Anpassung an die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen Die Diskussion über erforderliche Einschnitte in der umlagefinanzierten Rentenversicherung aufgrund der demographischen Entwicklung mit gesunkener Geburtenrate und längerer fernerer Lebenserwartung wurde bereits seit Mitte der 1980er Jahre geführt.20 Zeitgleich mit der Öffnung der innerdeutschen Grenzen hat der Deutsche Bundestag am 9. November 1989 nach jahrelanger Diskussion das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) verabschiedet, dessen Regelungen im Wesentlichen zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten sind.21 3.1. Rentenreform 1992 Das RRG 1992 sah mit seinen Änderungen die gesetzliche Rentenversicherung zunächst weiterhin als leistungsdefiniertes Rentensystem vor.22 Nach einem erfüllten Arbeitsleben wurde das seinerzeitige Nettorentenniveau von 65 bis 70 vom Hundert als angemessen angesehen.23 Die bisher für die Rentenversicherung der Arbeiter in der Reichsversicherungsordnung und die Rentenversicherung der Angestellten im Angestelltenversicherungsgesetz geltenden weitgehend identischen gesetzlichen Regelungen wurden im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vereinheit- 17 Urteil vom 12. März 1975, Az. 1 BvL 15, 19/71 und 32/73; 1 BvR 297, 315/71, 407/72 und 37/73. 18 Künzler, Rd. 94. 19 Försterling, Rd. 19. 20 Clemens. Rd. 1. 21 BGBl. I, S. 2261. 22 Schmähl (2012a). 23 Thiede, S. 151/152. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 9 licht. Das SGB VI enthält auch besondere Vorschriften für die die zuvor im Reichsknappschaftsgesetz geregelte knappschaftliche Rentenversicherung.24 Inhaltlich bedeutete die Rentenreform 1992 unter anderem eine geänderte Bewertung beitragsfreier Zeiten, deren Höhe nunmehr von der im Erwerbsleben insgesamt erbrachten Beitragsleistung abhing. Lücken in der Erwerbsbiographie wirken sich damit verstärkt ungünstig auf die Rentenberechnung aus. Aus diesem Grunde erfolgt durch die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten für die Erziehung eines Kindes bis zu dessen zehnten Lebensjahr ein entsprechender Nachteilsausgleich. Zugleich wurde die Anrechnung von Kindererziehungszeiten für Geburten nach 1991 auf drei Jahre verlängert. Ferner waren Neuregelungen des Fremdrentenrechts vorgesehen , welche in der folgenden Zeit wegen des Umbruchs in Mittel- und Osteuropa mehrfach modifiziert worden sind. Die 1972 eingeführte Rente nach Mindesteinkommen wurde auf Beitragszeiten vor 1992 begrenzt. Die Rentenanpassung richtet sich seit dem RRG 1992 nicht mehr wie zuvor nach der Entwicklung der Brutto-, sondern nach der der Nettolöhne. Für Altersrenten vor Erreichung des 65. Lebensjahren wurde das Teilrentenmodell eingeführt. Altersrenten können unter Beachtung individueller Hinzuverdienstgrenzen seitdem als Teilrente in Höhe von einem Drittel, der Hälfte oder zwei Drittel der Vollrente bezogen werden. Weiterhin war vorgesehen, die Altersgrenzen für vorzeitig in Anspruch genommene Altersrenten stufenweise in der Zeit von 2001 bis 2013 auf das 65. Lebensjahr anzuheben. Eine vorzeitige Inanspruchnahme sollte weiterhin unter Inkaufnahme von versicherungsmathematischen Rentenabschlägen möglich sein. Die stufenweise Anhebung der Altersgrenzen wurde später mit dem Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25. September 1996 vorgezogen.25 3.2. Die Rentenversicherung im Zuge der deutschen Wiedervereinigung Grundsätze und Maßgaben für die Rentenüberleitung sind bereits mit den zwischen beiden deutschen Staaten geschlossenen Staatsverträgen vorgegeben worden. Artikel 20 des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990 sah die Angleichung der in der DDR geltenden Regelungen zur Alterssicherung an das in der Bundesrepublik bestehende Rentenrecht vor. Die Umsetzung erfolgte unter anderem mit dem Rentenangleichungsgesetz vom 28. Juni 1990, so dass zum 1. Juli 1990 die Renten in der DDR in DM ausgezahlt werden konnten. Artikel 30 Abs. 5 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 enthält die Aufforderung an den gesamtdeutschen Gesetzgeber, die erforderlichen Vorschriften für die Überleitung des SGB VI auf die neuen Länder zu schaffen. Dieser Aufforderung hat der Gesetzgeber mit dem Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 Folge geleistet. Durch Artikel 1 RÜG ist das zum 1. Januar 1992 in Kraft getretene SGB VI um besondere Regelungen, die Sachverhalte in Ostdeutschland betreffen, ergänzt worden. Artikel 2 RÜG enthält besondere Vertrauensschutzregelungen für ostdeutsche Versicherte, deren Rente in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1996 begann. In Artikel 3 RÜG wurde das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) geregelt, das die Überführung der 24 Flecken, Rd. 2. 25 BGBl. I, S. 1461. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 10 Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung beinhaltet . Mit der Zielsetzung, ein einheitliches Rentenrecht in ganz Deutschland zu schaffen, sollte sich die Berücksichtigung von in Ostdeutschland zurückgelegten Zeiten für die Rente unabhängig vom Wohnort nach denselben Kriterien richten. Für Übersiedler und Flüchtlinge aus der DDR findet das Fremdrentenrecht deshalb auch für in der Vergangenheit liegende Zeiten keine Anwendung mehr.26 3.3. Weitere Änderungen der gesetzlichen Rentenversicherung in den 1990er Jahren Seit der Einführung der Sozialen Pflegeversicherung im Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zum 1. April 1995 besteht in der Zeit der nicht erwerbsmäßigen Pflege für die Pflegeperson Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Pflichtbeiträge werden in voller Höhe von den Pflegekassen getragen.27 Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes28 wurden die familienbezogenen Elemente in der Rentenversicherung mit dem Rentenreformgesetz 1999 (RRG 1999) weiter ausgebaut . Die Bewertung der Kindererziehungszeiten wurde von 75 auf 100 Prozent des durchschnittlichen Einkommens aller Versicherten angehoben und nunmehr eine gleichzeitig vorliegende Beschäftigung bis zur Beitragsbemessungsgrenze additiv bewertet. Ansprüche auf die vorzeigen Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit und Altersrenten für Frauen wurden mit dem RRG 1999 auf vor 1952 geborene Versicherte begrenzt.29 3.4. Erste rentenrechtliche Maßnahmen der rot-grünen Koalition Weitere zentrale Regelungen des RRG 1999 - wie die Einführung eines demographischen Faktors in die Formel für die Rentenanpassung - sind nach dem Regierungswechsel mit dem Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 ausgesetzt worden.30 Zugleich wurde die Rentenversicherungspflicht von Selbständigen mit einem Auftraggeber eingeführt. Das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999 regelte die Pauschalbeitragzahlung des Arbeitgebers bei geringfügig entlohnten versicherungsfreien Beschäftigungen, den so genannten Mini-Jobs, mit der Möglichkeit zum Verzicht auf die 26 Zur Rentenüberleitung vgl Ritter. 27 §§ 3 Nr. 1a, 170 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI. 28 Urteil vom 7. Juli 1992, Az: 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91, Beschluss vom 12. März 1996, 1 BvR 609, 692/90. 29 §§ 237, 237a SGB VI. 30 BGBl. I, S. 3853. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 11 Rentenversicherungsfreiheit und legte die monatliche Geringfügigkeitsgrenze in der Sozialversicherung auf zunächst 630,-DM fest.31 32 3.5. Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Mit dem zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-Reform G) sind die bisherigen Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit durch teilweise oder volle Renten wegen Erwerbsminderung abgelöst worden. Ein Berufsschutz ist nur noch für vor dem 2. Januar 1961 geborene Versicherte gegeben. Jüngere Versicherte werden im Rahmen ihres Leistungsvermögens auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verwiesen. Vor dem 63. Lebensjahr bezogene Renten wegen Erwerbsminderung werden wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme um einen Abschlag gemindert.33 4. Abkehr von der Lebensstandardsicherung zugunsten einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik Nach Aussetzung des ursprünglich mit dem RRG 1999 vorgesehenen demographischen Faktors wurden neue Regelungen zur Begrenzung des Beitragssatzes erforderlich. Das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz, AVmEG) vom 21. März 2001 und das Altersvermögensgesetz (AVmG) vom 26. Juni 2001 sahen zu diesem Zweck erstmals Beitragssatz- und Sicherungsniveauziele und damit einen Paradigmenwechsel in der gesetzlichen Rentenversicherung hin zu einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik vor: Durch eine modifizierte Rentenanpassung sollte das Rentenniveau zugunsten eines stabilen Beitragssatzes allmählich gesenkt werden. In der Formel für die Rentenanpassung wirken sich daher seit dem 1. Juli 2003 auch Änderungen der Höhe der Aufwendungen für die Altersvorsorge aus.34 4.1. Absenkung des Rentenniveaus und Einführung einer staatlich geförderten zusätzlichen Alterssicherung Die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung orientierten sich nicht mehr wie zuvor an den zu erwartenden Ausgaben, vielmehr bestimmt seitdem der den Beitragszahlern zumutbare Beitragssatz die Rentenhöhe. Zur Schließung der hierdurch neu entstehenden Versorgungslücke wird seitdem eine über die bisherigen Alterssicherungssysteme hinausgehende betriebliche und private Altersvorsorge durch die Zahlung einer Zulage bzw. steuerlich gefördert und insoweit eine zusätzliche kapitalgedeckte Alterssicherung aufgebaut.35 Der Abschluss einer zusätzlichen betrieblichen oder privaten Altersvorsorge ist jedoch nicht obligatorisch. Die Zulage beträgt für einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag jährlich 154 Euro und erhöht sich für jedes Kind um 31 BGBl. I, S. 388. 32 Im April 2003 Anhebung auf 400,- Euro. 33 §§ 43, 77 Abs. 1, 241 SGB VI. 34 Schmähl (2012a). 35 Hüfken. Rd. 40. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 12 185 Euro, soweit hierfür mindestens vier vom Hundert des Bruttoeinkommens aufgewendet werden . Altersvorsorgeverträge müssen zur Zertifizierung bestimmte Kriterien erfüllen. Damit soll das mit der staatlichen Förderung verfolgte Ziel, die Rente aus den umlagefinanzierten Alterssicherungssystemen durch eine zusätzliche monatliche und lebenslänglich laufende Altersvorsorge zu ergänzen, erreicht werden.36 Die Versicherten erhalten zur Vermögens- und Einkommensdisposition regelmäßig eine Information über die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaften.37 Nach den gesetzlich festgelegten Beitragssatz- und Niveausicherungszielen soll der Beitragssatz bis zum Jahr 2020 nicht über 20 vom Hundert und bis zum Jahr 2030 nicht über 22 vom Hundert hinausgehen. Das aus dem Verhältnis aus der um einen Altersvorsorgeanteil verminderten verfügbaren Standardrente eines Versicherten, der 45 Jahre Beiträge aus einem durchschnittlichen Verdienst gezahlt hat, zum Durchschnittseinkommen ermittelte Nettorentenniveau sollte 67 vom Hundert nicht unterschreiten.38 Gleichzeitig wurde der Nachteilsausgleich für die Erziehung von Kindern erhöht, das freiwillige Rentensplitting unter Eheleuten nach dem Vorbild des Versorgungsausgleichs eingeführt und Änderungen im Hinterbliebenenrecht vorgenommen. Ferner wurde zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und bei Erwerbsminderung die bedarfsorientierte Grundsicherung ohne Rückgriff auf die Kinder geregelt.39 4.2. Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors in der Formel für die Rentenanpassung Mit dem Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21. Juli 2004 wurde in der Formel für die Rentenanpassung im Rahmen der Agenda 2010 ein Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt und die Rentendynamik an der beitragspflichtige Bruttolohn- und Gehaltsumme orientiert. Bei der jährlichen Rentenanpassung wird seitdem neben der Veränderung der Bruttolöhne und der Aufwendungen für die Altersvorsorge auch ein Nachhaltigkeitsfaktor berücksichtigt, der die Relation von Rentnern zu Beitragszahlern wiedergibt. Damit wird die Entwicklung der Lebenserwartung , der Geburtenrate und der Erwerbstätigkeit bei der Rentenanpassung berücksichtigt. Eine Zunahme der Anzahl der Rentenberechtigten im Verhältnis zu den Beitragszahlern führt zu geringeren Rentenanpassungen. Dagegen fallen die Rentenanpassungen höher aus, wenn durch einen Anstieg der Beschäftigung die Anzahl der Rentenberechtigten im Verhältnis zu den Beitragszahlern abnimmt.40 36 Wernsmann, Rd. 16. 37 Rische, Rd. 46. 38 § 154 Abs. 3 SGB VI in der Fassung des AVmG. 39 Vgl. AVmG vom 21. März 2001, BGBl. I, S. 1310. 40 § 68 Abs. 4 SGB VI. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 13 Das bisherige Niveausicherungsziel, wonach ein Nettorentenniveau von 67 vom Hundert nicht unterschritten werden sollte, war aufgrund des gleichzeitig mit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz im Deutschen Bundestag beratenen Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz) neu zu formulieren. Wegen des aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts41 erfolgten Übergangs zur nachgelagerten Besteuerung von Alterseinkommen war das Nettorentenniveau als Sicherungsziel für die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr bestimmbar, da sich der Steuersatz nunmehr nach dem Jahr des Rentenzugangs richtet und somit keine einheitliche Besteuerung aller Rentenbezieher mehr erfolgt. Für das Sicherungsniveau wird deshalb seit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz die um den allgemeinen Beitragsanteil zur Krankenversicherung und den Beitrag zur Pflegeversicherung geminderte Standardrente ohne Berücksichtigung der auf sie entfallenden Steuern herangezogen. Diese verfügbare Standardrente vor Steuern ist ins Verhältnis zum Durchschnittsentgelt zu setzen, das ohne Berücksichtigung der darauf entfallenden Steuern um den Arbeitnehmersozialbeitrag einschließlich des Aufwands zur zusätzlichen Altersvorsorge zu mindern ist. Bis zum Jahr 2020 soll das so bezeichnete Sicherungsniveau vor Steuern 46 vom Hundert und 43 vom Hundert bis zum Jahr 2030 nicht unterschreiten.42 Mit den neu formulierten Sicherungszielen ist eine nochmalige deutliche Niveausenkung verbunden . Das zuvor gebräuchliche Nettorentenniveau ist mit dem Sicherungsniveau vor Steuern nicht vergleichbar. Die mit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz neu geregelten Beitragssatz- und Sicherungsniveauziele bedeuten eine noch stärkere Orientierung an der Beitragssatzstabilität im Sinne der mit der Agenda 2010 beabsichtigten Begrenzung der Lohnnebenkosten.43 4.3. Organisationsreform der gesetzlichen Rentenversicherung Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9. Dezember 2004 ersetzt ein einheitlicher Arbeitnehmerbegriff die bisherige rentenrechtliche Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten. Zum 1. Oktober 2005 sind aus der bisherigen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger die Deutsche Rentenversicherung Bund und aus der Bundesknappschaft , der Bahnversicherungsanstalt und der Seekasse die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft -Bahn-See entstanden. Die bisherigen Landesversicherungsanstalten ändern ihren Namen in Deutsche Rentenversicherung mit einem Regionalzusatz. Auf der Regionalebene reduziert sich Anzahl der Rentenversicherungsträger durch Fusionen.44 41 Urteil vom 6. März 2002, Az. 2 BvL 17/99. 42 § 154 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI. 43 Vgl. Regierungserklärung zur Agenda 2010, Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 15/32, S. 2489 (C, D). 44 Keck, Rd. 42 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 14 4.4. Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre Vor dem Hintergrund der weiter steigenden Lebenserwartung und sinkender Geburtenzahlen war zur Stabilisierung und Einhaltung der Beitragssatz- und Sicherungsniveauziele eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters notwendig geworden. Das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz ) vom 20 April 200745 regelt daher unter anderem die stufenweise Anhebung der Altersgrenze für die Regelaltersrente von bisher 65 Jahren auf das 67. Lebensjahr. Die Anhebungsphase dauert von 2012 bis 2029 und betrifft die Geburtsjahrgänge 1947 bis 1963. Wer mindestens 45 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung zurückgelegt hat, kann weiterhin abschlagsfrei ab dem 65 Lebensjahr in den Ruhestand gehen und eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte beziehen. 45 BGBl. I, S. 554. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-164/12 Seite 15 Literaturverzeichnis Clemens, Johannes (2012): Die gesetzliche Rentenversicherung im Prozess einer veränderten Alterssicherungspolitik . In: Eichenhofer-Rische-Schmähl (Hrsg.). 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