Deutscher Bundestag Der Begriff „vorübergehend“ im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2012 Deutscher Bundestag WD 6 – 3000-153/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 2 Der Begriff „vorübergehend“ im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Aktenzeichen: WD 6 – 3000-153/12 Abschluss der Arbeit: 19. Dezember 2012 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Gesetzgeberische Entwicklung 4 2. Der Begriff „vorübergehend“ 4 2.1. Literaturmeinungen 5 2.2. Rechtsprechung 8 2.3. Übersicht über die bisher bekannten Gerichtsentscheidungen 10 2.4. Weitere Rechtsfolgen bei Verstoß 11 2.4.1. Arbeitsvermittlung und Fiktion eines Arbeitsverhältnisses 12 2.4.2. Gewerberechtliche Sanktionen 13 3. Fazit und Ausblick 13 4. Literaturverzeichnis 14 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 4 1. Gesetzgeberische Entwicklung Die genehmigte Arbeitnehmerüberlassung sowie Voraussetzungen und Rechtsfolgen der illegalen Arbeitnehmerüberlassung sind im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) 1 geregelt. Die im Gesetz ursprünglich vorgesehene Höchstdauer der Arbeitnehmerüberlassung, die im Zeitverlauf immer wieder Veränderungen unterlag und zuletzt 24 Monate2 betrug, wurde durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt3 mit Wirkung vom 1. Januar 2003 ersatzlos aufgehoben. Mit Wirkung vom 1. Dezember 2011 wurde durch das Erste Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung4 § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG eingefügt, in dem es heißt: „Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend.“ Die Einfügung erfolgte zur Umsetzung der EU-Leiharbeitsrichtlinie5. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu: „(…) erfasst der Anwendungsbereich der Leiharbeitsrichtlinie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit einem Leiharbeitsunternehmen einen Arbeitsvertrag geschlossen haben oder ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen sind und die entleihenden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, um vorübergehend unter deren Aufsicht und Leitung zu arbeiten. Dementsprechend definiert die Leiharbeitsrichtlinie auch die Überlassung als vorübergehend (Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e der Leiharbeitsrichtlinie). Die Einfügung in § 1 Absatz 1 dient der Klarstellung , dass das deutsche Modell der Arbeitnehmerüberlassung dieser europarechtlichen Vorgabe entspricht. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz regelt ein auf vorübergehende Überlassungen angelegtes Modell der Arbeitnehmerüberlassung , bei dem die Überlassung an den jeweiligen Entleiher im Verhältnis zum Arbeitsvertragsverhältnis zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer vorübergehend ist. Dabei wird der Begriff „vorübergehend“ im Sinne der Leiharbeitsrichtlinie als flexible Zeitkomponente verstanden und insbesondere auf genau bestimmte Höchstüberlassungsfristen verzichtet.“6 2. Der Begriff „vorübergehend“ In der Folge dieser Ergänzung hat sich eine lebhafte Diskussion darüber entwickelt, wie der Begriff „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG auszulegen ist. Da der Gesetzgeber bewusst auf Höchstüberlassungsgrenzen verzichtet hat, erscheint nach wie vor unklar, welcher Zeitraum mit 1 Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG) vom 7. August 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 26 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) geändert worden ist. 2 Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3443). 3 Gesetz vom 30. Dezember 2002, BGBl. I S. 4607. 4 Gesetz vom 28. April 2011, BGBl. I S. 642. 5 Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit, ABl. EU L 327 vom 5. Dezember 2008, S. 9. 6 BT-Drs. 17/4804, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 5 dem Begriff „vorübergehend“ gemeint sein kann und wann eine vorübergehende in eine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung umschlägt.7 2.1. Literaturmeinungen Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum orientiert man sich bei der Bewertung zum Teil an der Auslegung des früheren § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG a.F.8 (sog. Konzernprivileg), wonach das AÜG nicht galt „zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend nicht bei seinem Arbeitgeber leistet“. Eine Arbeitnehmerüberlassung sei demnach nur dann nicht vorübergehend, wenn sie dauerhaft erfolge, also eine Rückkehr zum Arbeitgeber nicht vorgesehen sei. Selbst mehrjährige Überlassungen könnten danach noch vorübergehend sein.9 Jede weitere zeitliche oder sachliche Einschränkung entspreche nicht der Intention des Gesetzes und den Vorgaben der Leiharbeitsrichtlinie.10 Eine andere Auslegung der Norm messe dem Begriff eine Bedeutung bei, die keinen Ansatzpunkt in der Richtlinie habe.11 Teilweise wird die Formulierung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG mangels entsprechender sanktionierender Rechtsfolgen für den Fall der Nichtbeachtung als bloß deskriptiver Programmsatz verstanden , der lediglich auf das Phänomen hinweist, dass Arbeitnehmerüberlassung typischerweise vorübergehend stattfinde.12 Eine entsprechende Anwendbarkeit des AÜG auf Fälle der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung sei mangels planwidriger Regelungslücke sehr zweifelhaft.13 Es handele sich danach selbst bei dauerhafter Überlassung nicht um einen Fall der Arbeitsvermittlung .14 Das neue AÜG statuiere gerade kein Verbot der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung.15 Die vorgenannten Ansichten werden vielfach kritisiert. Eine direkte Übertragung der Rechtsprechung zum Begriff „vorübergehend“ nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG a.F. in Fällen der Konzernüberlassung erscheine nicht sachgerecht. Grund hierfür sei, dass die vom Bundesarbeitsgericht16 7 ROSENAU/MOSCH in: NJW-Spezial, 2011, S. 242. 8 Bis 30. November 2011. 9 HAMANN in: NZA 2011, S. 72. 10 THÜSING/STIEBERT in: DB 2012, S. 632. 11 THÜSING/STIEBERT in: DB 2012, S. 633. 12 LEMBKE in: DB 2011, S. 415. 13 THÜSING/STIEBERT in: DB 2012, S. 634. 14 HUKE/NEUFELD/LUICKHARDT in: BB 2012, S. 964. 15 HUKE/NEUFELD/LUICKHARDT in: BB 2012, S. 965. 16 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. März 1990 – 7 AZR 198/89; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. Mai 1988 – 2 AZR 795/87. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 6 entwickelte weite Auslegung ausdrücklich damit begründet wurde, dass in diesen Fällen der Konzernüberlassung in der Regel keine Gefährdung des arbeits- und sozialrechtlichen Status der Leiharbeitnehmer bestehe.17 Es sollte lediglich verhindert werden, dass ausschließlich konzernintern agierende Verleihunternehmen von den Regelungen des AÜG befreit werden.18 Für ein unterschiedliches Verständnis des Begriffs „vorübergehend” in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG a. F. und § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG n. F. spreche schließlich auch, dass der Begriff im Rahmen der konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr verwendet werde. Stattdessen werde in der neuen Fassung der Begriff „vorübergehend” durch die Formulierung „nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird” ersetzt. Hieran werde deutlich, dass auf das bisherige Verständnis von „vorübergehend” zur Bestimmung der zeitlichen Dimension nicht zurückgegriffen werden könne.19 Andere Stimmen erwägen, eine Anlehnung an diejenigen Rechtskonstitute vorzunehmen, bei denen ein sachlicher Grund bereits gesetzlich vorgegeben ist. Denkbar sei zunächst, eine Wertung anhand des Teilzeit- und Befristungsgesetzes20 (TzBfG) vorzunehmen. Es sei möglich, eine Überlassungshöchstgrenze in Anlehnung an § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG anzunehmen, wonach eine Befristung für die Dauer von zwei Jahren zulässig ist.21 In diesem Zusammenhang wird jedoch darauf hingewiesen, dass das arbeitsmarktpolitische Instrument der Leiharbeit dann erheblich an Flexibilisierungspotential einbüßen würde.22 Auch eine Orientierung an den Sachgründen des § 14 Abs. 1 TzBfG wird für möglich erachtet.23 Danach sei die Arbeitnehmerüberlassung „vorübergehend“, wenn die Einstellung eines Leiharbeitnehmers aus einem der dort genannten Sachgründe gerechtfertigt sei. Diese Ansicht verfolgt mithin eine zweckorientierte Sichtweise, indem sie nach dem konkreten Zweck der Einstellung fragt. ZIMMER erblickt in § 7 S. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG)24 und den Wertungen des Kündigungsrechts Anknüpfungspunkte des deutschen Arbeitsrechts, die zur Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ heranzuziehen seien.25 Nach § 7 S. 2 BetrVG besteht eine aktive Wahlbe- 17 BARTL/ROMANOWSKI in: NZA 2012, S. 846. 18 HAMANN in: NZA 2011, S. 72. 19 KRANNICH/SIMON in: BB 2012, S. 1416 f. 20 Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG) vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1966), das zuletzt durch Artikel 23 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) geändert worden ist. 21 GIESEN/MÜLLER in: KSzW 2012, S. 22. 22 KRANNICH/SIMON in: BB 2012, S. 1417. 23 HAMANN in: NZA 2011, S. 73 f.; GIESEN/MÜLLER in: KSzW 2012, S. 22. 24 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2424) geändert worden ist. 25 ZIMMER in: AuR 2012, S. 89. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 7 rechtigung von Leiharbeitnehmern im Entleihbetrieb bei einem Einsatz von mehr als drei Monaten . Die Autorin verweist in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts 26, bei der das Gericht Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt waren, bei der Berechnung der Schwellenwerte im Entleihbetrieb in § 111 S. 1 BetrVG mitzählte. Der persönliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)27 ist nach sechs Monaten eröffnet. Darin liege die Wertung des Gesetzgebers, dass Beschäftigte ab diesem Zeitpunkt zum festen Stammpersonal gehörten, da sie danach nicht mehr ohne weiteres entlassen werden könnten.28 SCHÜREN/WANK fordern, dass das Leiharbeitsverhältnis entweder über den Überlassungszeitraum hinausgehen oder von vornherein zeitlich begrenzt werden müsse.29 Zum Teil wird auf eine konkrete zeitliche Vorgabe gänzlich verzichtet, da eine Auslegung analog § 14 TzBfG die Zeitarbeitsbranche zu stark einschränke, was wiederum der Intention des Gesetzgebers zuwiderliefe.30 Es sei eine extensivere Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ geboten, da dies der Intention des Gesetzes entspreche, die Arbeitnehmerüberlassung als flexibles arbeitsmarktpolitisches Instrument31 zu stärken und ihre positiven Beschäftigungseffekte zu erhalten .32 Dem Ziel des Gesetzes – die Missbrauchsverhinderung der Arbeitnehmerüberlassung – werde man bereits dadurch ausreichend gerecht, dass man den Begriff „vorübergehend“ im Sinne einer allgemeinen Missbrauchskontrolle verstehe.33 Es müsse grundsätzlich dem Arbeitgeber überlassen bleiben, wie er sein Unternehmensziel möglichst zweckmäßig und kostengünstig am Markt verfolgt.34 Im Rahmen dieser allgemeinen Missbrauchsprüfung wäre lediglich danach zu fragen, ob der Einsatz des Leiharbeitnehmers im konkreten Fall offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich erfolgt. Dies wäre dann zu bejahen, wenn es für den Einsatz von Leiharbeitnehmern kei- 26 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Oktober 2011 – 1 AZR 335/10. 27 Kündigungsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1317), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) geändert worden ist. 28 ZIMMER in: AuR 2012, S. 89. 29 SCHÜREN/WANK in: RdA 2011, S. 3. 30 REISERER/CHRIST in: MOLL, Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, § 66 Rn. 9 mit Verweis auf BT-Drs. 17/4804, S. 7. 31 BT-Drs. 17/4804, S. 8. 32 HAMANN in: NZA 2011, S. 73. 33 REISERER/CHRIST in: MOLL, Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, § 66 Rn. 9; HAMANN in: NZA 2011, S. 74. 34 HAMANN in: NZA 2011, 70, 74; HAMANN in: RdA 2011, S. 326. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 8 nen plausiblen, nachvollziehbaren Grund gibt.35 Die genauen Anknüpfungspunkte einer solchen Missbrauchskontrolle bleiben allerdings unklar.36 2.2. Rechtsprechung Innerhalb der Rechtsprechung zeichnen sich auf untergerichtlicher Ebene im Wesentlichen zwei entgegengesetzte Strömungen ab. Höchstrichterliche Rechtsprechung fehlt hierzu bisher. Hintergrund der bisherigen Entscheidungen ist stets die Frage, ob dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht hinsichtlich des längerfristigen Einsatzes von Leiharbeitnehmern zusteht . Dies wäre der Fall, wenn dieser Einsatz als nicht vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 1 Abs. S. 2 AÜG zu qualifizieren wäre und einen Gesetzesverstoß im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG darstellen würde. Drei Kammern des Arbeitsgerichts Leipzig hatten in mehreren gleichgelagerten Fällen zu entscheiden . Dabei war die die Frage, was konkret unter „vorübergehend“ im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG zu verstehen ist und ob jeweils eine nicht nur vorübergehende Überlassung vorlag, als nicht entscheidungserheblich offengeblieben. In den Urteilen wird hervorgehoben, dass § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG keine Verbotsnorm im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG sei, mit der Folge, dass der Betriebsrat – selbst bei einer mehr als nur vorübergehenden Überlassung – nicht berechtigt sei, seine Zustimmung zu diesen Einstellungen nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zu verweigern. Aus einem Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG folge nicht, dass die nicht vorübergehende Einstellung als solche untersagt sei.37 Weder sei die Vorschrift als Verbotsgesetz formuliert, noch ergebe sich aus Sinn und Zweck der Vorschrift ein gesetzliches Verbot. Mit § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG werde nicht die Absicht verfolgt, die mehr als nur vorübergehende Beschäftigung von Leiharbeitnehmern zu unterbinden.38 Der Gesetzgeber habe lediglich verhindern wollen, dass Arbeitnehmer entlassen und anschließend zu schlechteren Arbeitsbedingungen auf ihren Arbeitsplatz zurückverliehen werden. Als Argument gegen den Verbotsgesetzcharakter führt das Arbeitsgericht Leipzig auch die frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Verstoß gegen die Überlassungshöchstgrenze nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG a.F. an. Dort hatte das Bundesarbeitsgericht angenommen , dass eine die Höchstgrenze überschreitende Arbeitnehmerüberlassung den Betriebsrat zur Verweigerung der Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG berechtige, da die Überlassung als solche gegen ein gesetzliches Verbot verstoße.39 Das Verbot sei durch die zeitliche Höchstgrenze 35 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. April 2008 – 2 AZR 1110/06; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. März 2008 – 2 AZR 1037/06. 36 Vgl. THÜSING/STIEBERT in: DB 2012, S. 633. 37 Arbeitsgericht Leipzig, Beschluss vom 23. März 2012 – 5 BV 85/11; Arbeitsgericht Leipzig, Beschluss vom 23. März 2012 – 3 BV 84/11; Arbeitsgericht Leipzig, Beschluss vom 15. Februar 2012 – 11 BV 79/11; offengelassen von: Arbeitsgericht Mönchengladbach, Beschluss vom 29. März 2012 – 1 BV 14/12; Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 2. Oktober 2012 – 17 TaBV 38/12. 38 Arbeitsgericht Leipzig, Beschluss vom 23. März 2012 – 3 BV 84/11. 39 Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. September 1988 – 1 ABR 85/87. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 9 konkretisiert worden, was für die Annahme eines Verbotsgesetzes gesprochen habe. Vorliegend sei aber die dauerhafte Einstellung von Leiharbeitnehmern nicht mit hinreichender Deutlichkeit untersagt. Demgegenüber vertritt das Arbeitsgericht Cottbus den Standpunkt, dass dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht zustehe, wenn die Überlassung von Leiharbeitnehmern nicht vorübergehend im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG erfolge, in diesem Fall mithin ein Gesetzesverstoß im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG vorliege. Zwar handele es sich bei § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG nicht um eine Verbotsnorm im technischen Sinn. Der Zweck der Norm, die Einstellung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen zu verhindern, komme jedoch hinreichend zum Ausdruck. Die Unzulässigkeit der nicht nur vorübergehenden Überlassung zeige sich mittelbar auch in Artikel 5 Abs. 5 der Leiharbeitsrichtlinie. Danach ergreifen die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen gemäß ihren nationalen Vorschriften, um eine missbräuchliche Anwendung dieses Artikels und um insbesondere aufeinanderfolgende Überlassungen zu verhindern . Damit sollten nicht nur Kettenbefristungen mit einzelnen Arbeitnehmern, sondern auch der Einsatz wechselnder Arbeitnehmer auf einem Dauerarbeitsplatz ausgeschlossen werden. Hieraus sei letztlich die Wertung des Richtliniengebers zu entnehmen, dass Entleiher einen bestehenden Dauerbeschäftigungsbedarf nicht durch Arbeitnehmerüberlassung abdecken können sollen.40 Zur Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ könne § 14 Abs. 1 TzBfG (Befristung mit Sachgrund ) herangezogen werden.41 Dafür sprächen auch die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts 42 zur Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG a.F. Ein wichtiges Indiz für eine vorübergehende Arbeit eines Leiharbeitnehmers (bei der Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen) sah das Gericht hierbei in der Art der beim Entleiher wahrzunehmenden Aufgaben. Handelte es sich dabei um solche, die bei einer Direktanstellung des Arbeitnehmers dazu geeignet wären, eine Befristung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der jeweiligen Überlassung sachlich zu rechtfertigen, so sprach dies nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts gegen eine Wertung dieses Tatbestandes im Sinne einer unzulässigen privaten Arbeitsvermittlung . Nahm der überlassene Arbeitnehmer beim Entleiher dagegen Daueraufgaben wahr, die bei einer direkten Anstellung des Arbeitnehmers eine Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich nicht rechtfertigen könnten, so sprach dies gegen eine nur vorübergehende Arbeitsleistung . Das Bundesarbeitsgericht orientierte sich im Rahmen der Auslegung des Begriffs „vorübergehend “ ebenfalls an den Befristungsgründen des § 14 Abs. 1 TzBfG.43 Das Arbeitsgericht Offenbach44 hält jedenfalls eine einjährige Überlassung für vorübergehend, betont aber zugleich, dass der Begriff „vorübergehend“ nicht nur ein zeitliches, sondern auch ein sachliches Element beinhalte. In sachlicher Hinsicht enthalte der Begriff die Notwendigkeit, dass 40 Arbeitsgericht Cottbus, Beschluss vom 22. August 2012 – 4 BV 2/12. 41 Arbeitsgericht Cottbus, Beschluss vom 25. April 2012 – 2 BV 8/12. 42 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. März 1990 – 7 AZR 198/89. 43 Arbeitsgericht Cottbus, Beschluss vom 26. September 2012 – 2 BV 36/12; Arbeitsgericht Cottbus, Beschluss vom 26. September 2012 – 2 BV 43/12. 44 Arbeitsgericht Offenbach, Urteil vom 1. August 2012 – 10 BV 1/12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 10 der überlassene Arbeitnehmer die Möglichkeit habe, in den Verleihbetrieb zurückzukehren. Fehle es für den Leiharbeitnehmer an einer Rückkehrmöglichkeit zum Verleiher, stelle die Einstellung des betroffenen Arbeitnehmers jedenfalls in sachlicher Hinsicht keine vorübergehende Überlassung dar. Der Begriff „vorübergehend“ sei nicht nur im Hinblick auf den einzelnen Einsatz des Leiharbeitnehmers zu beurteilen, sondern gerade auch im Verhältnis von einzelnem Einsatz und bestehendem Vertragsverhältnis zum Leiharbeitgeber. Dies ergebe sich sowohl aus der Gesetzesbegründung als auch aus den europarechtlichen Grundlagen der Vorschrift. Dementsprechend bestehe auch hier vom Konzept her eine Differenz zwischen dem Arbeitsvertrag und der Tätigkeit beim entleihenden Unternehmen; die Überlassung müsse im Verhältnis zum Arbeitsvertrag mit dem Leiharbeitsunternehmen vorübergehend sein. Diese Auslegung werde ferner bestärkt durch andere europarechtliche Vorschriften, die den Terminus „vorübergehend“ verwenden. Sowohl Artikel 57 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) als auch Artikel 8 Abs. 2 Satz 2 der ROM-I-Verordnung, die sich jeweils mit Problemen beschäftigen, die auftreten, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend in einem anderen Staat verrichtet, schlössen die Annahme einer vorübergehenden Beschäftigung aus, wenn eine Rückkehrmöglichkeit oder ein Rückkehrwille nicht besteht. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen ließ in seiner Entscheidung vom 16. November 2011 noch offen, ob der Betriebsrat nach der ab dem 1. Dezember 2011 geltenden Fassung des AÜG berechtigt ist, dem dauerhaften Einsatz eines Leiharbeitnehmers gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zu widersprechen.45 In einer späteren Entscheidung stellte es jedoch klar, dass der Dauerverleih von Arbeitnehmern im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit unzulässig sei. Beabsichtige der Arbeitgeber die unbefristete Einstellung einer Zeitarbeitnehmerin auf einem Dauerarbeitsplatz, könne der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern . Dies sei ein angemessenes und wirksames Sanktionsinstrument, mit dem der Arbeitgeber mittelbar gezwungen werde, Arbeitsplätze, für die ein Arbeitnehmer dauerhaft benötigt wird, mit eigenen Arbeitnehmern zu besetzen.46 2.3. Übersicht über die bisher bekannten Gerichtsentscheidungen Über die Zahl derzeit anhängiger Verfahren, in denen die Auslegung des Begriffs „vorübergehend “ in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG von Bedeutung ist, lässt sich keine Aussage treffen, da entsprechende Erhebungen nicht vorgenommen werden. Die folgende chronologische Auflistung enthält die in juristischen Datenbanken verfügbaren Entscheidungen von Arbeitsgerichten sowie Landesarbeitsgerichten , die sich mit der Frage beschäftigen, was unter „vorübergehend“ im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG zu verstehen ist. – Arbeitsgericht Leipzig, Beschluss vom 15. Februar 2012 – 11 BV 79/11 – Arbeitsgericht Leipzig, Beschluss vom 23. März 2012 – 5 BV 85/11 45 Landesarbeitsgericht Niedersachen, Beschluss vom 16. November 2011 – 17 TaBV 99/11. 46 Landesarbeitsgericht Niedersachen, Beschluss vom 19. September 2012 – 17 TaBV 124/11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 11 – Arbeitsgericht Leipzig, Beschluss vom 23. März 2012 – 3 BV 84/11 – Arbeitsgericht Mönchengladbach, Beschluss vom 29. März 2012 – 1 BV 14/12 – Arbeitsgericht Cottbus, Beschluss vom 25. April 2012 – 2 BV 8/12 – Arbeitsgericht Offenbach, Urteil vom 1. August 2012 – 10 BV 1/12 – Arbeitsgericht Cottbus, Beschluss vom 22. August 2012 – 4 BV 2/12 – Landesarbeitsgericht Niedersachen, Beschluss vom 19. September 2012 – 17 TaBV 124/11 – Arbeitsgericht Cottbus, Beschluss vom 26. September 2012 – 2 BV 36/12 – Arbeitsgericht Cottbus, Beschluss vom 26. September 2012 – 2 BV 43/12 – Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 2. Oktober 2012 – 17 TaBV 38/12 – Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2012 – 7 Sa 1182/12 Mehrere Entscheidungen des Bundesarbeitsarbeitsgerichts sowie des Landesarbeitsgerichts befassen sich mit der Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ im Rahmen des Konzernprivilegs nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG a.F. Die folgende Aufzählung ist beispielhaft: – Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. Mai 1988 – 2 AZR 795/87 – Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. März 1990 – 7 AZR 198/89 – Landesarbeitsgericht Niedersachen, Beschluss vom 16. November 2011 – 17 TaBV 99/11 – Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Juli 2012 – 7 AZR 451/11 2.4. Weitere Rechtsfolgen bei Verstoß Unabhängig davon, ob man den Begriff „vorübergehend” als starres Zeitmoment im Sinne einer Höchstüberlassungsdauer oder als flexiblen Begriff versteht, der lediglich einen missbräuchlichen Einsatz von Leiharbeitnehmern anstelle eigener Arbeitnehmer verhindern will, stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen an eine nicht nur vorübergehende Überlassung anknüpfen. Weder das Gesetz selbst noch die Gesetzesbegründung oder die Leiharbeitsrichtlinie enthalten Aussagen über Rechtsfolgen und mögliche Sanktionen bei einer nicht nur vorübergehenden, also dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung. Allerdings fordert Art. 10 Abs. 2 RL 2008/104/EG, dass bei Verstößen gegen die Richtlinie bzw. die nationalen Gesetze wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen festgelegt wer- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 12 den. Vor diesem Hintergrund wird vielfach – im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung des AÜG – versucht, Rechtsfolgen aus den bestehenden Regelungen herzuleiten.47 2.4.1. Arbeitsvermittlung und Fiktion eines Arbeitsverhältnisses Im Schrifttum wird vereinzelt angenommen, dass in analoger Anwendung des § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher entstehe. Ein Verstoß gegen das Verbot der dauerhaften Überlassung dürfe europarechtlich nicht sanktionslos bleiben. Die Fiktion der Begründung des Arbeitsverhältnisses müsse jedoch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 613 a BGB mit einem Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers verbunden sein.48 Diese Ansicht wird mit Blick auf den Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens häufig abgelehnt. Der Referentenentwurf vom 2. September 2010 sah noch vor, § 1 Abs. 2 AÜG dahingehend zu ergänzen , dass die nicht nur vorübergehende Überlassung die Vermutung der Arbeitsvermittlung auslöse . Diese Änderung wurde jedoch im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen. Dies zeige, dass gerade keine Vermutung für eine Arbeitsvermittlung gelten solle. Die gesetzliche Fiktion eines Arbeitsverhältnisses stelle einen Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Vertragsfreiheit dar. Insoweit bedürfe es einer eindeutigen gesetzlichen Regelung, falls ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande kommen soll. Hieran fehle es für den Fall der nicht nur vorübergehenden Überlassung. Auch eine analoge Anwendung von § 10 Abs. 1 AÜG komme nicht in Betracht, denn es fehle bereits an einer planwidrigen Regelungslücke: Obwohl schon während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens darauf hingewiesen wurde, dass die Neufassung des AÜG keine Rechtsfolge für den Fall einer nicht nur vorübergehenden Überlassung anordnet,49 habe der Gesetzgeber von einer Regelung abgesehen.50 Diese ablehnende Ansicht teilt auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg51, dessen Entscheidung bisher nur als Pressemitteilung52 vorliegt. Das Gericht ließ offen, ob es sich bei einer vierjährigen Arbeitnehmerüberlassung an denselben Entleiher um eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung handele. Jedenfalls komme auch bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung kein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zustande. Der Gesetzgeber habe diese Rechtsfolge nicht vorgesehen. 47 KRANNICH/SIMON in: BB 2012, S. 1418. 48 BARTL/ROMANOWSKI in: NZA 2012, S. 846. 49 DÜWELL am 21. März 2011 im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Protokoll 17/56, S. 900. 50 KRANNICH/SIMON in: BB 2012, S. 1418. 51 Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2012 – 7 Sa 1182/12. 52 http://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/archiv/20121016.0950.376704.html (zuletzt abgerufen am 18. Dezember 2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 13 Dass die nicht widerlegte Vermutung von Arbeitsvermittlung nicht zu einem Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes mit dem Entleiher führt, hat auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Grundsatzentscheidung vom 28. Juni 2000 festgestellt.53 2.4.2. Gewerberechtliche Sanktionen Die Bundesagentur für Arbeit ist allgemein zuständig für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des AÜG (§ 17 S. 1 AÜG), worunter insbesondere die gewerberechtliche Zuverlässigkeitskontrolle der Erlaubnisinhaber fällt. Als Folge einer entgegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG vorgenommenen dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung wird vielfach eine Versagung der Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG wegen Unzuverlässigkeit für möglich gehalten. Ferner könnten bereits erteilte Erlaubnisse nach § 5 Abs. 1 Nr. 3, 4 AÜG widerrufen werden.54 3. Fazit und Ausblick Das Merkmal „vorübergehend“ ist von entscheidender Bedeutung für die zukünftige Organisation der Arbeitnehmerüberlassung. Vor diesem Hintergrund ist es unbefriedigend, dass der Gesetzgeber eine im Gesetzgebungsverfahren als dringend regelungsbedürftig erkannte Rechtsfrage bewusst nicht geregelt hat. Weder das AÜG noch die Leiharbeitsrichtlinie bestimmen eine Höchstüberlassungsfrist. Mit der Regelung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass das deutsche Modell der Arbeitnehmerüberlassung den europarechtlichen Vorgaben entspricht. Die Substitution von Stammarbeitsplätzen durch eine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung soll verhindert werden.55 Ob eine darüber hinausgehende inhaltliche Bedeutung, insbesondere die Wiedereinführung einer Überlassungshöchstdauer für rechtlich begründbar gehalten wird, bleibt umstritten. Davon unberührt bleibt eine allgemeine Missbrauchskontrolle durch die Bundesagentur für Arbeit als Aufsichtsbehörde, die gewerberechtliche Sanktionen wie Versagung, Rücknahme oder Widerruf der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis aussprechen kann. Letztlich ist bislang noch nicht mit Bestimmtheit abzusehen, wo die Grenze zwischen vorübergehender und dauerhafter Arbeitnehmerüberlassung verläuft und welche Rechtsfolgen mit einer dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung einhergehen. 53 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Juni 2000 – 7 AZR 100/99. 54 Vgl. GERDOM in: öAT 2011, S. 152; KRANNICH/SIMON in: BB 2012, S. 1419. 55 GIESEN/MÜLLER in: KSzW 2012, S. 22. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-153/12 Seite 14 4. Literaturverzeichnis BARTL, Ewald; ROMANOWSKI, Roman (2012): Keine Leiharbeit auf Dauerarbeitsplätzen! In: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, S. 845-847. GERDOM, Thomas (2011): Neue Spielregeln bei der Personalgestellung. In: Zeitschrift für das öffentliche Arbeitsund Tarifrecht, S. 150-153. GIESEN, Tom; MÜLLER, Marcel (2012): Neue Spielregeln für die Leiharbeit – Wesentliche Neuerungen des AÜG und deren Auswirkungen auf die Praxis. In: Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht, S. 20-27. HAMANN, Wolfgang (2011): Kurswechsel bei der Arbeitnehmerüberlassung? In: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, S. 70-77. HAMANN, Wolfgang (2011): Die neue Leiharbeitsrichtlinie und ihr Umsetzung in deutsches Recht. In: Recht der Arbeit, S. 321-341. HUKE, Rainer; NEUFELD, Tobias; LUICKHARDT, Vera (2012): Das neue AÜG: Erste Praxiserfahrungen und Hinweise zum Umgang mit den neuen Regelungen. In: Betriebs-Berater, S. 961-969. KRANNICH, Daniel; SIMON, Regina (2012): Das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – zur Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 AÜG n.F. In: Betriebs-Berater, S. 1414-1420. LEMBKE, Mark (2011): Die geplanten Änderungen im Recht der Arbeitnehmerüberlassung. In: Der Betrieb, S. 414- 420. REISERER, Kerstin; CHRIST, Florian (2012): § 66 Arbeitnehmerüberlassung. In: MOLL, Wilhelm (Hrsg.): Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 3. Auflage, München: C.H. Beck. ROSENAU, Marc Tobias; MOSCH, Ulrich (2011): Neue Regelungen für die Leiharbeit. In: Neue Juristische Wochenschrift -Spezial, S. 242-243. SCHÜREN, Peter; WANK, Rolf (2011): Die neue Leiharbeitsrichtlinie und ihre Umsetzung in deutsches Recht. In: Recht der Arbeit, S. 1-12. THÜSING, Gregor; STIEBERT, Tom (2012): Zum Begriff „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. In: Der Betrieb, S. 632-635. ZIMMER, Reingard (2012): Leiharbeit – aber nur vorübergehend! In: Arbeit und Recht, S. 89.