© 2020 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 152/19 Berücksichtigung von Pflegezeiten in der Beamtenversorgung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Verfassungsrechtliche Beurteilung 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 152/19 Seite 4 1. Einleitung Als im Jahr 1995 die soziale Pflegeversicherung als fünfter Zweig des Sozialversicherungssystems in Deutschland eingeführt wurde, galt es nicht nur, pflegebedürftige Menschen besser zu unterstützen , sondern auch pflegende Angehörige sollten gefördert und ihre Leistungen anerkannt werden. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für Pflegepersonen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) eingeführt. Unter bestimmten Voraussetzungen werden seit April 1995 von den Pflegekassen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für pflegende Angehörige entrichtet, die einen Pflegebedürftigen im häuslichen Umfeld nicht erwerbsmäßig pflegen. Pflegepersonen sind gemäß § 19 SGB XI Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Nicht alle Pflegepersonen erhalten allerdings Leistungen zur sozialen Sicherung. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung werden nur gezahlt, wenn die Pflegeperson eine oder mehrere pflegebedürftige Personen wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche , pflegt und gemäß § 44 SGB XI regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.1 Die Versicherungspflicht der nicht erwerbsmäßigen Pflegepersonen in der gesetzlichen Rentenversicherung wird konkret in § 3 Satz 1 Nr. 1a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) geregelt und erfasst auch Beamte. Eine nichterwerbsmäßige Pflege setzt voraus, dass die Pflegeperson selbst nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbständig tätig ist. Bei einer weitergehenden Tätigkeit kann eine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nach Satz 3 der Vorschrift grundsätzlich nicht neben einer Versicherungspflicht nach §§ 1, 2 oder 4 Abs. 2 SGB VI bestehen. Die Vorschrift soll Personen ausgrenzen, die bei typischer Betrachtungsweise im Allgemeinen keine Zeit für eine qualifizierte Pflegetätigkeit haben und sicherstellen, dass die Vorteile der rentenversicherungsrechtlichen Absicherung von Pflegepersonen nur Personen zugute kommen, die nicht schon aus anderen Gründen ausreichend abgesichert sind.2 Die Feststellung der Beitragspflicht und die Beitragsentrichtung erfolgt durch die Pflegekasse, bei der die pflegebedürftige Person ihre Leistungen erhält. Die Höhe der Beiträge der Pflegekassen für Pflegepersonen bestimmt sich nach dem Umfang der Pflegebedürftigkeit und der geleisteten Pflege. Bis Ende 2016 waren die maßgeblichen Kriterien die Pflegestufe und die von der Pflegeperson in der Woche aufgewendete Pflegezeit. Die Höhe der Beitragszahlungen bemisst sich nach der Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV). Die Bezugsgröße des aktuellen Kalenderjahres bestimmt sich nach dem durchschnittlichen Jahresarbeitsentgelt der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das im Jahr 2017 in Kraft getretene Pflegestärkungsgesetz sieht eine veränderte Bewertung der Rentenanwartschaften von Pflegepersonen vor. Gleichzeitig kam es zu einer Neubestimmung der 1 Czaplicki, Espeter, Keck in: Pflegezeiten in der Rentenversicherung, RVaktuell März 2018, S. 39. 2 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 6/2004, Vorbemerkungen zu §§ 50a bis 50e BeamtVG, Rn. 27. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 152/19 Seite 5 Pflegebedürftigkeit. Die früheren Pflegestufen wurden in Pflegegrade überführt. Der Pflegeaufwand wird nicht mehr in Stunden bewertet, sondern er bemisst sich nach der Art der über die Pflegeversicherung in Anspruch genommenen Pflegeleistungen.3 Für Beamte, die die allgemeine Wartezeit für den Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen, erfolgt der „pflegebedingte Ausgleich“ durch die Rentengewährung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Wird die Wartezeit für eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung nach den Vorschriften des SGB VI nicht erfüllt, werden die Leistungen der nicht erwerbsmäßigen Pflege des Bundesbeamten bei der späteren Altersversorgung durch die Gewährung eines Pflegezuschlags nach § 50d Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (BeamtVG) in der Beamtenversorgung ausgeglichen (Subsidiarität der Beamtenversorgung ).4 Für Landes- und Kommunalbeamte sind die jeweiligen Rechtsgrundlagen der einzelnen Bundesländer maßgeblich. 2. Pflegezuschläge nach § 50d BeamtVG 2.1. Allgemeines Ein Pflegezuschlag nach dem Beamtenversorgungsgesetz kann nur nachrangig gewährt werden, und zwar nur dann, wenn der Beamte zwar Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen der Pflege von Angehörigen erworben hat, eine Rente jedoch wegen des Nichterfüllens der Wartezeit von fünf Jahren nicht erhält. Mit der Vorschrift des § 50d Abs. 1 BeamtVG wurde im Beamtenversorgungsgesetz ab 1. Januar 2002 ein – dem Rentenrecht entsprechender – Pflegezuschlag zum Ruhegehalt eingeführt . Diese Leistung erhält der Beamte, der einen Pflegebedürftigen im Sinne des SGB XI nicht erwerbsmäßig mindestens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat. Ausgeschlossen ist die Zahlung eines Pflegezuschlags jedoch dann, wenn die Pflege zu Ansprüchen in der gesetzlichen Rentenversicherung führt. Einen weiteren Regelungsbereich enthält § 50d Abs. 2 BeamtVG: Die Vorschrift überträgt den pflegerechtlichen Inhalt des § 70 Abs. 3a SGB VI (rentenrechtliche Berücksichtigung von Zeiten der nichterwerbsmäßigen Pflege pflegebedürftiger Kinder) in den Bereich der Beamtenversorgung . Mit dem neben einem Ruhegehalt zu zahlenden Kinderpflegeergänzungszuschlag werden die rentenrechtlichen Regelungen über die kindbezogene pflegebedingte Höherbewertung von Beitragszeiten in die Beamtenversorgung übernommen. Ein Kinderpflegeergänzungszuschlag kann für die Zeit der Pflege auch neben die Gewährung eines Pflegezuschlags treten. Wie bei den anderen kindbezogenen Zuschlägen (§§ 50a und b BeamtVG) wird auch der Kinderpflegeergänzungszuschlag nicht für Zeiten gewährt, für die der Beamte Anspruch auf eine diesem Zuschlag entsprechende Leistung nach den Vorschriften des SGB VI hat. 3 Czaplicki, Espeter, Keck in: Pflegezeiten in der Rentenversicherung, RVaktuell März 2018, S. 40. 4 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 8/2010, § 50d BeamtVG, Rn. 9. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 152/19 Seite 6 Die Höhe der Pflegezuschläge ergibt sich jeweils aus den Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung in Verbindung mit der gesetzlichen Pflegeversicherung.5 Die pflegebedingten Zuschläge nach § 50d BeamtVG gelten nicht als Sozialleistung, sondern gehören zur Versorgung. Sie sind aber kein eigenständiger Versorgungsbezug, sondern Bestandteil des Ruhegehalts. 2.2. Pflegezuschlag nach § 50d Abs. 1 BeamtVG Den Pflegezuschlag nach § 50d Abs. 1 BeamtVG erhalten Ruhestandsbeamte mit Anspruch auf Ruhegehalt, wenn sie nach dem 31. März 1995 eine andere Person nicht erwerbsmäßig gepflegt haben, sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Leistung erhält der Beamte nur dann, wenn er einen Pflegebedürftigen im Sinne des SGB XI nicht erwerbsmäßig mindestens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat und der Pflegebedürftige dem Grunde nach Anspruch auf entsprechende Leistungen nach den Vorschriften des SGB XI hat. Pflegebedürftig sind demnach Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem Maß der Hilfe bedürfen. Der Mindestumfang der häuslichen Pflege von 14 Stunden muss durch die Pflege eines – und nicht mehrerer – Pflegebedürftigen erreicht werden. Ist der Beamte als Pflegeperson neben der von ihm ausgeübten Pflegetätigkeit noch berufstätig, kann bei einer Teilzeittätigkeit von regelmäßig bis zu 30 Stunden wöchentlich eine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI bestehen. Bei einer Tätigkeit über 30 Stunden wöchentlich besteht keine Versicherungspflicht mehr nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI. Diese Zeit kann deshalb auch nicht zu einem Pflegezuschlag führen.6 2.3. Kinderpflegeergänzungszuschlag nach § 50d Abs. 2 BeamtVG Den Kinderpflegeergänzungszuschlag nach § 50d Abs. 2 BeamtVG erhalten Ruhestandsbeamte mit Anspruch auf Ruhegehalt, wenn sie nach dem 31. März 1995 ein Kind nicht erwerbsmäßig gepflegt haben, sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Leistung erhält der Beamte nur dann, wenn er ein pflegebedürftiges Kind im Sinne des SGB XI nicht erwerbsmäßig mindestens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat und das pflegebedürftige Kind dem Grunde nach Anspruch auf entsprechende Leistungen nach den Vorschriften des SGB XI hat. Der Begriff der nicht erwerbsmäßigen Pflege ist nach den gleichen Kriterien auszulegen wie beim Pflegezuschlag, wobei bei Kindern nur der krankheits- oder behinderungsbedingte Mehraufwand an Hilfe zu berücksichtigen ist.7 Der Kinderpflegeergänzungszuschlag wird längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des pflegebedürftigen Kindes gewährt. Für die Zeit 5 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 6/2004, Vorbemerkungen zu §§ 50a bis 50e BeamtVG, Rn. 44, 45. 6 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 8/2010, § 50d BeamtVG, Rn. 10 bis 19. 7 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 8/2010, § 50d BeamtVG, Rn. 37. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 152/19 Seite 7 nach der Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes kommt nur noch die Gewährung eines Pflegzuschlags nach § 50d Abs. 1 BeamtVG in Betracht.8 Der Kinderpflegeergänzungszuschlag steht nicht zu für Zeiten, für die der Beamte Anspruch auf eine entsprechende Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 70 Abs. 3a SGB VI hat. Hierin spiegelt sich die Subsidiarität der Beamtenversorgung wider. Wirkt sich die Kinderpflegezeit bereits rentensteigernd in der gesetzlichen Rentenversicherung aus, entfällt ein entsprechender Ausgleich in der Beamtenversorgung. Weiterhin wird das Ruhegehalt des Beamten dann nicht um einen Kinderpflegeergänzungszuschlag erhöht, wenn für dieses vom Beamten gepflegte Kind bereits ein Kindererziehungsergänzungszuschlag nach § 50b BeamtVG zusteht und die Pflegezeit bereits bei der Berechnung des Kindererziehungsergänzungszuschlags berücksichtigt wurde.9 2.4. Höhe und Begrenzung der Zuschläge nach § 50d BeamtVG Die Höhe der Pflegezuschläge nach § 50d Abs. 1 und 2 BeamtVG ergibt sich aus den Regelungen des § 50d Abs. 3 BeamtVG und richtet sich nach rentenrechtlichen Vorgaben des SGB VI. Die Höhe des Pflegezuschlags nach § 50d Abs. 1 BeamtVG ist abhängig von der Dauer der nichterwerbsmäßigen Pflege sowie dem Pflegegrad des Pflegebedürftigen. Die daraus ermittelten Entgeltpunkte (§ 166 Abs. 2 SGB VI) werden mit dem aktuellen Rentenwert (§ 68 SGB VI) vervielfältigt .10 Die Höhe des Kinderpflegeergänzungszuschlags nach § 50d Abs. 2 BeamtVG berechnet sich aus der Vervielfältigung der Entgeltpunkte für Pflege nach § 70 Abs. 3a SGB VI mit dem aktuellen Rentenwert. Auch hier ist die Zeit der nicht erwerbsmäßigen Pflege und der Grad der Pflegebedürftigkeit maßgebend.11 Nach § 50d Abs. 4 BeamtVG sind jedoch beide Pflegezuschläge zu kürzen, wenn die der Berechnung der Pflegezuschläge zugrunde liegende Zeit der nicht erwerbsmäßigen Pflege gleichzeitig auch als ruhegehaltfähige Dienstzeit der Berechnung des Ruhegehalts zugrunde liegt, sich also bereits ruhegehaltssteigernd auswirkt. Die pflegebedingte Versorgungssteigerung darf somit nicht höher sein als eine durch die Pflegetätigkeit erreichbare höchstmögliche Rentensteigerung. Ferner darf die Summe aus Ruhegehalt, Pflegezuschlag und Kinderpflegeergänzungszuschlag nicht die individuell erreichbare Höchstversorgung des Beamten überschreiten. Als erreichbare individuelle Höchstversorgung nach § 14 BeamtVG gelten 71,75 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechnet. 8 Reich in: Kommentar zum Beamtenversorgungsgesetz, 2. Auflage 2019, § 50d BeamtVG, Rn. 7. 9 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 8/2010, § 50d BeamtVG, Rn. 44. 10 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 8/2010, § 50d BeamtVG, Rn. 31. 11 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 8/2010, § 50d BeamtVG, Rn. 46. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 152/19 Seite 8 Übersteigt das um alle Zuschläge erhöhte Ruhegehalt diesen Betrag, werden die Zuschläge gekürzt oder kommen überhaupt nicht mehr zur Auszahlung. Daraus folgt, dass ein Beamter, der bereits den Höchstruhegehaltssatz erreicht hat, nur dann einen Pflegezuschlag ausgezahlt bekommt , wenn sich sein Ruhegehalt nicht aus der Endstufe seiner Besoldungsgruppe berechnet.12 3. Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung neben Versorgungsbezügen (§ 55 BeamtVG) 3.1. Allgemeines Ein Rentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung entsteht immer dann, wenn der Versicherte die persönlichen, versicherungsrechtlichen und wartezeitlichen Voraussetzungen erfüllt . Der Anspruch auf Regelaltersrente entsteht mit der Vollendung des 65. Lebensjahres und dem Erfüllen der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren (§§ 35, 50 SGB VI). Für die Wartezeiterfüllung werden vor allem Beitragszeiten berücksichtigt. Dies sind in erster Linie Zeiten, für die Pflichtbeiträge gezahlt worden sind. Zeiten der nichterwerbsmäßigen Pflege sind somit auch Pflichtbeitragszeiten. Die Pflichtbeiträge für diese Zeiten tragen die gesetzlichen oder privaten Pflegekassen. Da Zeiten der nichterwerbsmäßigen Pflege auch für die Wartezeit berücksichtigt werden, kann mit diesen Zeiten – soweit die fünfjährige allgemeine Wartezeit erfüllt ist – ein Rentenanspruch entstehen oder sich eine vorhandene Anwartschaft erhöhen.13 Die Alimentation von Ruhestandsbeamten erfolgt nach Maßgabe der Regelungen des BeamtVG. Geprägt wird die Alimentation von Ruhestandsbeamten vom Begriff des Ruhegehalts. Das System der Berechnung beamtenrechtlicher Ruhegehälter geht in seinen Grundzügen davon aus, dass ein Beamter sein gesamtes Arbeitsleben in Vollzeit gearbeitet hat und erst bei Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand tritt. Die Höhe seines Ruhegehalts richtet sich gemäß § 4 Abs. 3 BeamtVG nach der Höhe seiner ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§ 5 BeamtVG) und nach seiner ruhegehaltfähigen Dienstzeit (§ 6 BeamtVG). Das Ruhegehalt beträgt nach § 14 BeamtVG für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,79375 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, insgesamt jedoch höchstens 71,75 Prozent dieser Dienstbezüge. Das Zusammentreffen von beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen mit Renten wird in § 55 BeamtVG geregelt. Mit der Ruhensregelung des § 55 BeamtVG soll die Gesamtversorgung eines Beamten aus Rente und Ruhegehalt auf einen Betrag begrenzt bleiben, den er als Ruhegehalt erreicht hätte, wenn er sein gesamtes Arbeitsleben als Beamter verbracht hätte. 14 Der über die so gemäß § 55 Abs. 2 BeamtVG ermittelte Höchstgrenze („Kürzungsgrenze“) hinausgehende Teil der Versorgungsbezüge wird dann entsprechend gekürzt. Der Regelung liegt die Erwägung zugrunde, dass eine durch die Anrechnung gleicher Zeiten in beiden Alterssicherungssystemen und infolge der verschiedenartigen Systematik der Berechnung von Rente und Versorgung eintretende „Doppelversorgung “, welche die höchstmögliche Versorgung eines vergleichbaren „Nur-Beamten“ 12 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 8/2010, § 50d BeamtVG, Rn. 59, 60. 13 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 6/2004, Vorbemerkungen zu §§ 50a bis 50e BeamtVG, Rn. 35. 14 Stadler in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 13/2019, Vorbemerkungen zu §§ 53 bis 56 BeamtVG, Rn. 6. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 152/19 Seite 9 übersteigen würde, vermieden werden soll. Doppelzahlungen aus öffentlichen Kassen sowie eine Besserstellung von Systemwechslern sollen dadurch verhindert werden. Sind Rente und beamtenrechtliche Versorgung niedriger als die Kürzungsgrenze oder zusammen ebenso hoch wie diese, werden beide Bezüge in voller Höhe gezahlt. Ist die Rente für sich allein höher als die Kürzungsgrenze, ruht die Versorgung in voller Höhe. Dagegen wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe gezahlt. Nicht die Rente, sondern die Beamtenversorgung wird gekürzt. Der Ruhensberechnung unterliegen alle laufenden Versorgungsbezüge . 15 Bei den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich dem Grunde nach um Leistungen aus einer öffentlichen Kasse. Ausnahmen der anzurechnenden Renten sind in § 55 Abs. 3 und 4 BeamtVG abschließend festgelegt. 3.2. Höchstbetrag nach § 55 Abs. 2 BeamtVG Nach dem Grundsatz der Ruhensberechnung des § 55 BeamtVG werden als Gesamtversorgung Versorgungsbezüge neben einer anrechenbaren Rente (§ 55 Abs. 1 Satz 2 ff., Abs. 3 und 4 BeamtVG) nur bis zum Erreichen der in § 55 Abs. 2 BeamtVG bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. Die Höchstgrenze wird für den Ruhestandsbeamten gesondert ermittelt. Sie entspricht den fiktiv zu berechnenden Versorgungsbezügen, die einem sogenannten. „Nur-Beamten“ zustünden, der neben seiner Versorgung keine Rentenleistungen aufgrund weiterer rentenversicherungspflichtiger Zeiten erhält. Die Höchstgrenze ist somit ein fiktiver Versorgungsbezug des Ruhestandsbeamten , den dieser erhalten würde, wenn er seit dem vollendeten 17. Lebensjahr bis zum Eintritt in den Ruhestand nur Beamter gewesen wäre. Für die Berechnung des fiktiven Höchstbetrages werden grundsätzlich die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge der Endstufe der Besoldungsgruppe zugrunde gelegt, aus der sich das Ruhegehalt berechnet. Dabei ist von den Dienstbezügen des letzten Amtes auszugehen. Als ruhegehaltfähige Dienstzeit wird grundsätzlich die Zeit vom vollendeten 17. Lebensjahr bis zum Eintritt in den Ruhestand berücksichtigt.16 Eine Nachzeichnung einer „fiktiven Laufbahn“, wie zum Beispiel mögliche Beförderungen, erfolgt nicht. 17 4. Verfassungsrechtliche Beurteilung Der Dienstherr hat nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG) dem Beamten und seiner Familie im Rahmen des Alimentationsprinzips während des aktiven Dienstes in Form von Dienstbezügen und darüber hinaus in Form 15 Stadler in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 7/2007, § 55 BeamtVG, Rn. 5, 6, 9. 16 Reich in: Kommentar zum Beamtenversorgungsgesetz, 2. Auflage 2019, § 55 BeamtVG, Rn. 19 bis 21. 17 Stadler in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 3/2018, § 55 BeamtVG, Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 152/19 Seite 10 von Versorgungsbezügen nach Dienstrang, Bedeutung des Amtes und entsprechend der Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. In ihrer Höhe ist die Versorgung aber ebenso wenig gewährleistet wie die Besoldung, sofern nur der Grundsatz der angemessenen Alimentation gewahrt bleibt. Aus sachgerechten Gründen und unter Beachtung des Alimentationsgrundsatzes können die Versorgungsbezüge durch Gesetz gekürzt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht dem Gesetzgeber in der Ausgestaltung von Renten- und Versorgungsansprüchen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. 18 Es ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber bei der Regelung über die Berücksichtigung von Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege nach § 50d BeamtVG diesen Gestaltungsraum überschritten hat, zumal der Ausgleich entsprechender Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege im Rentenrecht und Beamtenversorgungsrecht gleich ausgestaltet ist. Auch die Begrenzungsregelungen beim Zusammentreffen von entsprechenden Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege mit einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit entsprechen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. 19 Ebenso verstößt auch die Regelung des § 55 BeamtVG nicht gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG. Ein Grundsatz, dass Renten auf die Versorgungsbezüge nicht angerechnet werden dürften, besteht nicht.20 Da der Versorgungsberechtigte insgesamt auch nach einer Kürzung der Versorgungsbezüge von der öffentlichen Hand noch eine „angemessene“ Versorgung erhält, wird auch der Alimentationsgrundsatz nicht verletzt. Die Alimentationspflicht besagt nicht, dass die Versorgungsbezüge auch dann ungekürzt gezahlt werden müssen, wenn der Versorgungsempfänger aus einer anderen öffentlichen Kasse Leistungen erhält, die ebenfalls dazu bestimmt sind, seinen und seiner Familie Lebensunterhalt zu sichern.21 Die hier in Rede stehenden Mittel können als Ganzes betrachtet werden, da der öffentliche Dienstherr die Renten ebenfalls durch Beiträge mitfinanziert.22 Auch die Höchstgrenzenregelung in § 55 Abs. 2 BeamtVG ist verfassungskonform. Sie verletzt nicht den Alimentationsgrundsatz, da dem Ruhestandsbeamten infolge der Vollzahlung der 18 BVerfG vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – juris Rn. 128, 139. 19 Strötz in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 8/2010, § 50d BeamtVG, Rn. 4. 20 BVerfG vom 21. Januar 1969 – 2 BvL 11/64 – juris Rn. 22. 21 BVerwG vom 10. Februar 1983– 2 C 27/81 – juris Rn. 22. 22 BVerwG vom 29. Mai 1980 – 6 C 43/78 – juris Rn. 27. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 152/19 Seite 11 Rente zusammen mit der nach § 55 BeamtVG gekürzten Versorgung mindestens so viele, wahrscheinlich sogar eher mehr, Mittel zur Verfügung stehen, als der amtsgemäßen Alimentation entspricht . 23 *** 23 Stadler in: GKÖD Bd. I, Kommentar Beamtenversorgungsrecht, Lieferung 8/2004, § 55 BeamtVG, Rn. 4.