WD 6 - 3000 - 148/16 (18. Januar 2017) © 2017 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Grundrecht auf Koalitionsfreiheit Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes gewährt Arbeitgebern und Arbeitnehmern das uneingeschränkte Grundrecht der Koalitionsfreiheit: „Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.“ Das Grundrecht umfasst nicht nur die positive und negative Koalitionsfreiheit, sondern schützt auch das Recht der Koalition selbst auf koalitionsmäßige Betätigung zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder. Hierzu gehört insbesondere die Tarifautonomie , für die Gewerkschaften aber auch die Wahrnehmung der Rechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz . 2. Betriebsverfassung Während Aufgabe der Gewerkschaften im Wesentlichen die Verhandlung und Durchsetzung von Tarifverträgen ist, obliegt die Mitwirkung bei der Gestaltung der innerbetrieblichen Angelegenheiten nach dem Betriebsverfassungsgesetz grundsätzlich den Organen der Betriebsverfassung. Die Betriebsverfassung bezeichnet die Organisation der Zusammenarbeit zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern bei der Gestaltung der innerbetrieblichen Ordnung in Betrieben des privaten Rechts. Sie ist im Wesentlichen im Betriebsverfassungsgesetz geregelt und ergänzt das Grundrecht der Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer. In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen Arbeitnehmern kann ein Betriebsrat gewählt werden, dessen Mitgliederzahl (1 bis 35) von der Gesamtzahl der Arbeitnehmer im Betrieb abhängig ist. Dem Betriebsrat kommen in innerbetrieblichen Angelegenheiten gegenüber dem Arbeitgeber Beteiligungsrechte zu, die von Informationsrechten über Vorschlags-, Anhörungs- und Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Rechte der Gewerkschaften in Betrieben Kurzinformation Rechte der Gewerkschaften in Betrieben Fachbereich WD 6 (Arbeit und Soziales) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Beratungsrechte bis zu Mitbestimmungsrechten reichen. Der Arbeitgeber kann mit dem Betriebsrat auch Betriebsvereinbarungen abschließen, die wie Tarifverträge schuldrechtliche und normative Bestimmungen zur Regelung der Arbeitsbedingungen einschließlich der Lohngestaltung im Betrieb enthalten. 3. Stellung der Gewerkschaften in der Betriebsverfassung Trotz der grundsätzlichen Aufgabentrennung zwischen Gewerkschaften und Betriebsrat sieht das Betriebsverfassungsgesetz vor, dass Arbeitgeber und Betriebsrat im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs vertrauensvoll zusammenarbeiten. Im Rahmen der Betriebsverfassung haben die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften eigene Aufgaben und Befugnisse, zu deren Ausübung ihnen der Arbeitgeber Zutritt zum Betrieb gewähren muss. Ihnen kommt ein erweitertes Initiativrecht bei der Bildung von Betriebsräten zu, das die Einleitung der Betriebsratswahl, die Bestellung eines Wahlvorstandes und die Einberufung einer Betriebsversammlung betrifft. Gegenüber dem Betriebsrat haben die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Informationsrechte über Betriebs- und Abteilungsversammlungen; bei Untätigkeit des Betriebsrats können sie eine Betriebsversammlung erzwingen. Bei Verstößen des Arbeitgebers gegen die Betriebsverfassung können sie Zwangsmaßnahmen gegen den Arbeitgeber beantragen. Beteiligungsrechte, die die Gestaltung der innerbetrieblichen Ordnung betreffen, stehen den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften demgegenüber nicht zu. Sie sind allein dem Betriebsrat vorbehalten . 4. Gewerkschaftspluralität Im Betrieb vertreten ist eine Gewerkschaft, wenn ihr mindestens ein Arbeitnehmer des Betriebes angehört, der nicht zu den leitenden Angestellten zählt. Eine Beschränkung auf eine oder mehrere Gewerkschaften gibt es nicht, so dass theoretisch eine Vielzahl von Gewerkschaften im Betrieb vertreten sein und die im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Rechte wahrnehmen kann. 5. Exkurs: Tarifpluralität Anderes gilt für den Fall, dass sich innerhalb desselben Betriebes die Geltungsbereiche verschiedener Tarifverträge überschneiden (sog. Tarifpluralität). Für diesen Fall sieht das Tarifeinheitsgesetz vor, dass nur der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft angewendet werden muss, die in diesem Betrieb die meisten Beschäftigten organisiert. ***