Deutscher Bundestag Möglichkeiten der Errichtung einer Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2011 Deutscher Bundestag WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 2 Möglichkeiten der Errichtung einer Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter Aktenzeichen: WD 6 – 3000-145/11 WD 3 – 3000-261/11 Abschluss der Arbeit: 25. November 2011 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Bearbeitung durch WD 6: Punkte 2 – 6 Bearbeitung durch WD 3: Punkte 7 – 12 Gemeinsame Bearbeitung: Punkte 1, 13 Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Mitbestimmungsrechtlicher Status der Abgeordnetenbüros 6 2.1. Betriebsverfassungsrecht oder Personalvertretungsrecht? 6 2.1.1. Vorliegende Gutachten 7 2.1.2. Praxis und Rechtsprechung 8 2.1.3. Rechtsprechung zum kollektivrechtlichen Status der Fraktionen 8 2.2. Zwischenergebnis 9 3. Mitbestimmungsgegenstände 9 3.1. Betriebsverfassungsrecht 9 3.2. Personalvertretungsrecht 10 4. Mitbestimmungsebenen 10 4.1. Abgeordnetenbüros 10 4.1.1. Betriebsverfassungsrecht 10 4.1.2. Personalvertretungsrecht 11 4.2. Arbeitsgemeinschaften mehrerer Abgeordneter 11 4.2.1. Zulässigkeit nach dem Abgeordnetengesetz 11 4.2.2. Betriebsverfassungsrecht 12 4.2.3. Personalvertretungsrecht 13 4.3. Fraktionsweite Arbeitsgemeinschaften 13 4.3.1. Zulässigkeit nach dem Abgeordnetengesetz 13 4.3.2. Betriebsverfassungsrecht 14 4.3.3. Personalvertretungsrecht 14 4.4. Fraktionsübergreifende Ebene 14 4.5. Zwischenergebnis 14 5. Schaffung einer abweichenden Mitarbeitervertretung durch Organisationstarifvertrag 15 5.1. Tarifvertragsparteien 16 5.1.1. Arbeitnehmerseite 16 5.1.2. Arbeitgeberseite 17 5.2. Form, Inhalt und Wirkung 17 6. Fazit 18 7. Vereinbarkeit einer Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter mit Art. 48 Abs. 2 GG 18 8. Vereinbarkeit einer überfraktionellen Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter mit Art. 38 GG 19 8.1. Der Schutzbereich des Art. 38 GG 19 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 4 8.2. Eingriff in den Schutzbereich durch die Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung der Mitarbeiter der Abgeordneten an einzelnen Entscheidungen 20 8.2.1. Fragen, die einzelne Abgeordnete betreffen, bspw. Begründung und Kündigung von Arbeitsverhältnissen 20 8.2.2. Festlegung des Gehaltsrahmens für die Mitarbeiter von Abgeordneten durch die Ausführungsbestimmungen des Ältestenrats 20 8.2.3. Beteiligung an Ausarbeitung des Fortbildungsprogramms, der Nutzungsordnung eines Eltern-Kind-Büros hinsichtlich des Arbeitsschutzes 21 8.2.4. Zwischenergebnis 22 8.3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der benannten Eingriffe in das freie Mandat 23 8.3.1. Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung bei Begründung oder Kündigung von Arbeitsverhältnissen 23 8.3.2. Beteiligung bei der Vergabe von Plätzen in Fortbildungsmaßnahmen im Einzelfall 23 8.4. Zwischenergebnis 24 9. Vereinbarkeit der Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung von Abgeordnetenmitarbeitern an der Festlegung des Gehaltsrahmens mit der Haushaltshoheit des Parlaments 24 10. Vereinbarkeit einer Interessenvertretung auf Fraktionsebene/Abgeordnetengemeinschaften mit der Freiheit des Mandats, Art. 38 GG 25 10.1. Beteiligung einer Interessenvertretung bei der Einstellung oder Kündigung von Mitarbeitern 25 10.2. Anordnung von Überstunden 26 10.3. Fortbildung 26 11. Kann durch eine Änderung des § 12 Abs. 3 AbgG eine überfraktionelle Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter sichergestellt werden? 27 12. Welches Gremium soll die Arbeitgeberseite vertreten? 27 13. Zusammenfassung - Beantwortung der gestellten Fragen 28 Literaturverzeichnis 31 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 5 1. Einleitung Die Mitglieder des Deutschen Bundestages können zur Unterstützung bei der Erledigung ihrer parlamentarischen Arbeit Mitarbeiter beschäftigen. Gemäß § 12 Abs. 3 des Abgeordnetengesetzes (AbgG)1 werden ihnen die Aufwendungen für diese Beschäftigten gegen Nachweis vom Deutschen Bundestag ersetzt. Die Mitarbeiter stehen in privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnissen mit den Abgeordneten. Sie erbringen im Rahmen eines Arbeitsvertrages nach den §§ 611 ff. BGB als Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung für den jeweiligen Abgeordneten als Arbeitgeber. Ein Arbeitsverhältnis besteht lediglich zwischen dem Abgeordneten und seinen Mitarbeitern; zwar erfolgt die Abrechnung der Gehälter und anderer Aufwendungen durch die Verwaltung des Bundestages , zwischen den Mitarbeitern der Abgeordneten und der Verwaltung des Bundestages bestehen aber keine arbeitsrechtlichen Beziehungen. Jedoch unterliegen die Abgeordnetenmitarbeiter hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen nicht nur den Maßnahmen und Entscheidungen ihres Arbeitgebers, sondern auch Entscheidungen, die von der Bundestagsverwaltung getroffen werden oder Gegenstand von Beschlüssen des Ältestenrats oder der Mitarbeiterkommission des Deutschen Bundestages sind. In dem zugrundeliegenden Auftrag werden als Beispiele solcher Entscheidungen genannt: – die Ausführungsbestimmungen des Ältestenrates im Hinblick auf die durch den Musterarbeitsvertrag festgelegten Mindestarbeitsbedingungen, insbesondere bezüglich des Entgeltrahmens , – die Einrichtung von Eltern-Kind-Büros und die dafür erlassene Nutzungsverordnung, – Fortbildungsmaßnahmen im Rahmen des dafür im Bundestag zur Verfügung stehenden Budgets, – Regelungen des Arbeits- und Brandschutzes in den Berliner Abgeordnetenbüros sowie – die Einsatzplanung und Fortbildung von Ersthelfern in den Berliner Abgeordnetenbüros. In diese und andere Entscheidungen werden die Abgeordnetenmitarbeiter bisher nicht formal eingebunden. Dieser Umstand wird dem Auftrag zufolge als unzureichend und unangemessen empfunden und es wird nach Möglichkeiten gesucht, eine institutionalisierte Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter zu errichten, die ein Mitbestimmungsrecht fraktionsübergreifend auch gegenüber der Verwaltung und vor allem gegenüber den Leitungs- und Lenkungsgremien des Deutschen Bundestages haben soll. Im Folgenden werden zunächst die Möglichkeiten und Grenzen einer Mitarbeitervertretung im bestehenden gesetzlichen Rahmen dargestellt (Punkt 2 - 6). Anschließend wird die Frage erörtert, welche Aufgaben einer Interessenvertretung mit dem Grundgesetz, insbesondere mit der Freiheit des Mandats, vereinbar wäre (Punkt 7 - 12). 1 Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz - AbgG) vom 18. Februar 1977 in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 1996 (BGBl. I S. 326), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. August 2011 (BGBl. I S. 1748). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 6 2. Mitbestimmungsrechtlicher Status der Abgeordnetenbüros Für die Mitbestimmung von Abgeordnetenmitarbeitern stehen nach der geltenden Rechtslage im Wesentlichen zwei denkbare Systeme zur Verfügung, die sich gegenseitig ausschließen: das Betriebsverfassungsrecht und das Personalvertretungsrecht. Das Betriebsverfassungsrecht ist im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)2 geregelt, das Personalvertretungsrecht im Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG)3 und den Personalvertretungsgesetzen der Bundesländer; für die Büros der Mitglieder des Deutschen Bundestages kommt insoweit allein das BPersVG in Betracht. 2.1. Betriebsverfassungsrecht oder Personalvertretungsrecht? Welches Gesetz vorliegend einschlägig ist, hängt „davon ab, ob der Arbeitgeber Bestandteil der (bundes)staatlichen Verwaltung ist oder nicht“4: In privatrechtlichen Betrieben beansprucht das BetrVG Geltung; nach § 130 BetrVG findet es keine Anwendung auf Verwaltungen und Betriebe von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. In den Verwaltungen des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie in den Gerichten des Bundes gilt stattdessen nach § 1 Satz 1 BPersVG das BPersVG. „Der größte Unterschied zwischen BetrVG und BPersVG ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und dem Spannungsverhältnis zwischen der Mitbestimmung der Beschäftigten und der Notwendigkeit demokratischer Legitimation im Bereich des Personalvertretungsrechts . Während nämlich nach dem BetrVG Mitbestimmung stets bedeutet, dass der Betriebsrat zwingend zu beteiligen ist und eine fehlende Einigung durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt wird, kann es im Personalvertretungsrecht trotz eines Mitbestimmungstatbestandes dazu kommen, dass der Spruch der Einigungsstelle keinen zwingenden Charakter hat, d. h. die Einigung nicht ersetzt, und zwar immer dann, wenn Fragen berührt werden, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind5 und deshalb von dem Parlament verantwortlichen Rechtsträger selbst entschieden werden müssen und nicht auf eine außerhalb der Regierungsverantwortung stehende (Einigungs-)Stelle übertragen werden dürfen.“6 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vom 15. Januar 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518), zuletzt geändert durch Art. 9 G v. 29. Juli 2009 I 2424. 3 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) vom 15. März 1974 (BGBl. I S. 693), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160). 4 SINGER in: NZA 2008, S. 792. 5 Vgl. die beispielhafte Aufzählung in § 104 S. 3 BPersVG. 6 PIEROTH/MEßMANN (2008), S. 25 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 7 2.1.1. Vorliegende Gutachten Zu der Frage, welchem dieser beiden Mitbestimmungssysteme die Büros der Bundestagsabgeordneten zuzuordnen sind und inwieweit deren Bestimmungen auf die Rechtsverhältnisse zwischen Bundestagsabgeordneten und deren Mitarbeitern Anwendung finden, liegen zwei Gutachten vor, die zu gegensätzlichen Ergebnissen gelangen.7 Die Auffassung, dass es sich bei den Abgeordnetenbüros um privatwirtschaftliche Betriebe im Sinne des BetrVG handelt, gründet im Wesentlichen auf der Annahme, dass Bundestagsabgeordnete ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Funktion und ihrer Eingliederung ins Verfassungsleben keine öffentliche Gewalt ausüben8 und daher nicht Teil der staatlichen Verwaltung sind, so dass sie nicht dem Ausschluss nach § 130 BetrVG unterfallen. Zwischen Mitarbeitern und Abgeordneten gelten privatrechtliche Arbeitsverträge und § 12 Abs. 3 Satz 8 AbgG bestimmt ausdrücklich , dass die Abgeordnetenmitarbeiter „nicht Angehörige des öffentlichen Dienstes“ sind. Demgegenüber wird die Überzeugung vertreten, das Personalvertretungsrecht werde dem Verhältnis des Abgeordneten zu seinen Mitarbeitern besser gerecht als das Betriebsverfassungsrecht. Der Abgeordnete übe bei Erfüllung seiner Aufgabe als Amtswalter und Verfassungsorgan(teil) sehr wohl öffentliche Gewalt aus. Diese Auffassung ordnet den Abgeordneten und seine Mitarbeiter unter ausdrücklicher Abkehr von dem Abgrenzungskriterium der „formellen Rechtsform“ des Rechtsträgers9 der öffentlichen Verwaltung zu10. § 12 Abs. 3 Satz 8 AbgG habe lediglich arbeitsvertragliche und tarifrechtliche Bedeutung. Danach wären die Abgeordnetenmitarbeiter „Verwaltung in Trägerschaft ihrer Abgeordneten als einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts“11. Gemeinsam ist den zitierten Gutachten die Grundannahme, dass Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG, der die Freiheit des Mandats garantiert, einer Mitbestimmung der Abgeordnetenmitarbeiter grundsätzlich nicht entgegensteht.12 7 Die Anwendbarkeit des BetrVG wird von (2007) vertreten; ebenso bereits VETTER (2001). Die Anwendung des BPersVG favorisiert PIEROTH (2008). 8 So für die Bundestagsfraktionen auch SINGER in NZA 2008, S. 792. 9 Vgl. dazu u.a. ANNUß in: RICHARDI, Betriebsverfassungsgesetz, § 130 Rn. 3 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts; ebenso: KANIA in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 130 BetrVG Rn. 2; DÜWELL, Betriebsverfassungsgesetz, § 130 Rn. 3. PRINZ in: HÜMMERICH/ BOECKEN/DÜWELL (2010) Arbeitsrecht. § 130 BetrVG Rn. 3; SINGER in NZA 2008, S. 790. 10 PIEROTH/MEßMANN (2008), S. 11 ff. 11 PIEROTH/MEßMANN (2008), S. 24. 12 (2007), S. 6 ff.; PIEROTH/MEßMANN (2008), S. 26 ff.; vgl. auch PIEROTH/MEßMANN in: ZParl 3/2010, S. 535-542. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 8 2.1.2. Praxis und Rechtsprechung Soweit ersichtlich, wurden in mehreren Abgeordnetenbüros, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BetrVG erfüllen, Betriebsräte errichtet; von der Errichtung von Personalräten in Abgeordnetenbüros ist nach Auskunft des Referats PM 2 (Mitarbeiter von Abgeordneten) nichts bekannt. Rechtsprechung gibt es zu dieser Frage nicht. 2.1.3. Rechtsprechung zum kollektivrechtlichen Status der Fraktionen Gegenstand einfachgerichtlicher Entscheidungen war lediglich der mitbestimmungsrechtliche Status der Mitarbeiter der Fraktionen des Deutschen Bundestages, bei denen zum Teil Betriebsräte nach dem BetrVG und zum Teil Personalräte nach dem BPersVG gewählt wurden. Die Ergebnisse sind allerdings nicht eindeutig. Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin vertritt in einem Urteil vom 17. Januar 200313 die Auffassung, dass das BetrVG Anwendung findet: „… für die Fraktionen des Deutschen Bundestages gilt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Zwar könnte auch das Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) anzuwenden sein oder keines von beiden. Für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche des Betriebsverfassungsgesetzes und des Bundespersonalvertretungsgesetzes kommt es aber ausschließlich auf die Rechtsform der Beklagten, nicht auf ihre Funktion an (BVerwG vom 13.6.2001 NZA 2003, 115 - 6 P 8/00 m.w.N.).“ Auch das ArbG Bonn ging bereits in einem Urteil aus dem Jahr 1987 von der Anwendbarkeit des BetrVG in den Bundestagsfraktionen aus.14 Demgegenüber vermied es das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem Beschluss vom 30. September 2008, „die Frage, ob für die bei einer Bundestagsfraktion beschäftigten Hilfskräfte ein Betriebsrat oder ein Personalrat zu wählen ist oder aber wegen der besonderen verfassungsrechtlichen Rechtsstellung einer Bundestagsfraktion jede Art von Beschäftigtenvertretung mit dem Demokratieprinzip unvereinbar ist, … nicht eindeutig in dem einen oder anderen Sinne zu beantworten “15, neigt aber in der Beschlussbegründung16 zur Anwendung des BPersVG: „Hält man daher ungeachtet fehlender Zugehörigkeit der Fraktionen (als „Teil“ der Legislative) einerseits zur öffentlichen Verwaltung und andererseits zu Betrieben der Privatwirtschaft die Bildung von Beschäftigtenvertretungen überhaupt für gesetzlich zulässig, dürfte die Anwendung des BPersVG wohl näher liegen als die des Betr VG. Denn in Anbetracht der verfassungsrechtlichen Ableitung von Aufgabe und Status einer Institution wie einer Bundestagsfraktion und der Entstehungsgeschichte des BPersVG (vgl. hierzu Ilbertz/Widmaier, BPersVG 10. Aufla- 13 ArbG Berlin, Urteil vom 17. Januar 2003 - 96 Ca 30440/02, Rn. 34 (juris); zustimmend ANNUß in: RICHARDI Betriebsverfassungsgesetz, § 130 Rn. 3 und SINGER in: NZA 2008, S. 789-795. 14 ArbG Bonn, Urteil vom 16. September 1987 - 4 Ca 1398/87. 15 VG Berlin, Beschluss vom 30. September 2008 - 72 A 5.08. 16 VG Berlin, Beschluss vom 30. September 2008 - 72 A 5.08, Rn. 22 (juris). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 9 ge 2004, Einl. C und D) trägt das BPersVG, das für den Bereich der öffentlichen Verwaltung i.S.v. § 1 Satz 1 BPersVG die gebotenen verfassungsrechtlichen Grenzen der Beteiligungsrechte einer Beschäftigtenvertretung innerhalb staatlicher Aufgabenerfüllung bewusst wahren soll, den auch für die Aufgabenerfüllung von Fraktionen geltenden verfassungsrechtlichen Verantwortlichkeiten von Fraktionen als Ganzes und ihrer einzelnen Mitglieder (Abgeordnete) eher Rechnung als ein für die Privatwirtschaft konzipiertes Gesetz wie das BetrVG.“ 2.2. Zwischenergebnis Zwischen Fraktionsbüros einerseits und Abgeordnetenbüros andererseits lassen sich im Hinblick auf die Anwendbarkeit des BetrVG oder des BPersVG Parallelen feststellen, auf einen Vergleich im Detail wird jedoch in Anbetracht der ambivalenten Feststellungen der Rechtsprechung an dieser Stelle verzichtet. Wie dargestellt, sprechen hinsichtlich des kollektivrechtlichen Status‘ der Abgeordnetenbüros gute Gründe sowohl für die Annahme, das Betriebsverfassungsrecht sei anwendbar, als auch für die Gegenansicht, dass das Personalvertretungsrecht gelte. Vor diesem Hintergrund wird hier offengelassen, welche der oben unter 2.1.1. skizzierten Auffassungen letztlich den Vorzug verdient . Die Prüfung wird daher im Folgenden für beide Mitbestimmungssysteme durchgeführt. 3. Mitbestimmungsgegenstände Die in der Einleitung erwähnten Regelungsgegenstände unterliegen sowohl nach den Bestimmungen des BetrVG als auch des BPersVG der Mitbestimmung durch den Betriebs- bzw. Personalrat , so dass diesbezüglich in beiden Systemen ein wirksames Mitspracherecht gegeben wäre. 3.1. Betriebsverfassungsrecht – Fragestellungen der betrieblichen Lohngestaltung sind - vorbehaltlich abschließender gesetzlicher oder tarifvertraglicher Regelung - nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig . – Die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit gehört zu den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 BetrVG. Ein Mitbestimmungsrecht über die Einrichtung eines Eltern-Kind-Büros und die Festlegung einer Nutzungsordnung dafür dürfte sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG ergeben. – Die Gestaltung eines Fortbildungskonzepts gehört zu den Mitbestimmungstatbeständen der §§ 96 ff. BetrVG. – Die Regelung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sowie der Unfallverhütung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ist Gegenstand der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gehört es zu den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates , darüber zu wachen, dass die geltenden Regelungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes eingehalten werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 10 3.2. Personalvertretungsrecht – Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle gehören nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG zu den mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten. – Ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats hinsichtlich von Einrichtungen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf dürfte sich aus § 75 Abs. 3 Nr. 5 BPersVG ergeben. – Der Personalrat hat nach § 76 Abs. 3 Nr. 6 ein Mitbestimmungsrecht bei allgemeinen Fragen der Fortbildung der Beschäftigten. Nach § 75 Abs. 3 Nr. 7 hat er auch bei der Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen für Arbeitnehmer mitzubestimmen. – Nach § 81 Abs. 1 BPersVG hat sich der Personalrat für die Durchführung der Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung in der Dienststelle einzusetzen und nimmt nach § 81 Abs. 2 und 3 BPersVG an Besichtigungen und Besprechungen in diesem Zusammenhang teil. 4. Mitbestimmungsebenen 4.1. Abgeordnetenbüros 4.1.1. Betriebsverfassungsrecht Das Betriebsverfassungsrecht regelt die Mitbestimmung der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber in einem Betrieb. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist darunter die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt.17 Die Arbeitgeberfunktion des Abgeordneten gegenüber seinen Mitarbeitern als Arbeitnehmern ist gegeben.18 Die Subsumtion der einzelnen Abgeordnetenbüros unter den Betriebsbegriff des Betr VG bereitet ebenfalls keine wesentlichen Probleme.19 Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann ein Betriebsrat in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern , von denen drei wählbar sind, errichtet werden. Die meisten Abgeordneten verfügen sowohl über ein Berliner Büro als auch über ein Büro in ihrem Wahlkreis. Berliner Büro und Wahlkreisbüros können dabei je nach Lage der Dinge im Einzelfall einen einheitlichen Betrieb darstellen oder die Wahlkreisbüros sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG als selbständige Kleinstbe- 17 Vgl. etwa BAG vom 25. Mai 2005, DB 2005, 1914-1916; BAG vom 14. Dezember 1994, AP Nr. 3 zu § 5 BetrVG 1972 mit weiteren Nachweisen; BAG vom 31. Mai 2000, AP Nr. 12 zu § 1 BetrVG 1972 Gemeinsamer Betrieb. 18 Vgl. (2007), S. 10 ff. 19 Vgl. (2007), S. 12 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 11 triebe oder - wie wohl zumeist - nach § 4 Abs. 2 BetrVG als Betriebsteile zu werten, die dem Berliner Büro als Hauptbetrieb zugeordnet werden können.20 4.1.2. Personalvertretungsrecht Das Personalvertretungsrecht regelt die Mitbestimmung der Beschäftigten in einer Dienststelle. Die Dienststelle im Sinne des § 6 BPersVG ist das personalvertretungsrechtliche Äquivalent zum Betrieb im Betriebsverfassungsrecht21 und lässt sich daher in Anlehnung an den Betriebsbegriff des BetrVG definieren. Das Büro eines Bundestagsabgeordneten erfüllt diese Definition.22 Auch können die Abgeordnetenmitarbeiter unter den Begriff der „Beschäftigten im öffentlichen Dienst“ im Sinne von § 4 Abs. 1 BPersVG subsumiert werden.23 Ähnlich der Regelung im BetrVG werden nach § 12 Abs. 1 BPersVG in Dienststellen mit in der Regel mindestens fünf wahlberechtigten Beschäftigten, von denen drei wählbar sind, Personalräte gebildet. Ansprechpartner des Personalrats ist der Abgeordnete als Dienstherr. Einen wesentlichen Unterschied zum BetrVG gibt es hinsichtlich der Einbeziehung der Wahlkreisbüros . Zwar können nach § 12 Abs. 2 BPersVG Dienststellen, die nicht die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 BPersVG erfüllen, im Einvernehmen mit der übergeordneten Dienststelle einer benachbarten Dienststelle zugeteilt oder zwei nicht personalratsfähige benachbarte Kleinstdienststellen zu einer Einheit zusammengefasst werden, so dass diese personalratsfähig wird. Da die Abgeordnetenbüros jedoch nicht in einen hierarchischen Verwaltungsaufbau eingebunden sind, sondern jedes einzelne Büro eine unabhängige Dienststelle bildet, ist die Anwendung von § 12 Abs. 2 BPersVG ausgeschlossen.24 Somit kann nach dieser Meinung kein Personalrat für Berliner Abgeordnetenbüros oder Wahlkreisbüros errichtet werden, in denen weniger als fünf Wahlberechtigte beschäftigt sind. 4.2. Arbeitsgemeinschaften mehrerer Abgeordneter 4.2.1. Zulässigkeit nach dem Abgeordnetengesetz Nach Nr. 9 der Ausführungsbestimmungen zu § 12 Abs. 3 AbgG25 können mehrere Mitglieder des Bundestages eine Arbeitsgemeinschaft bilden und einen oder mehrere Mitarbeiter gemeinsam 20 Dazu im Einzelnen (2007), S. 14 ff. 21 BENECKE in: RICHARDI/DÖRNER/WEBER Personalvertretungsrecht, § 6 Rn. 3 f. 22 Vgl. dazu auch PIEROTH/MEßMANN (2008), S. 20. 23 PIEROTH/MEßMANN (2008), S. 20 ff. 24 PIEROTH/MEßMANN (2008), S. 23. 25 Ausführungsbestimmungen vom 19. Januar 1978 in der Fassung vom 1. Juli 2011. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 12 unter Benennung eines Mitglieds als Geschäftsführer beschäftigen. Es handelt sich insoweit um eine Ausnahme des in § 12 Abs. 3 Satz 2 AbgG enthaltenen ausdrücklichen Verbots der Mittelübertragung 26. 4.2.2. Betriebsverfassungsrecht Nr. 9 der Ausführungsbestimmungen zu § 12 Abs. 3 AbgG eröffnet den Abgeordneten unter dem Betriebsverfassungsrecht die Bildung eines gemeinsamen Betriebes im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Danach wird ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen vermutet, wenn zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden. Als Unternehmen wird nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) die organisatorische Einheit bezeichnet, mit der ein Unternehmer seine wirtschaftlichen oder ideellen Zwecke verfolgt.27 Ein Abgeordnetenbüro verfolgt den ideellen Zweck der Unterstützung des Abgeordneten bei der Ausübung seines politischen Mandats und kann insofern als Unternehmen des Abgeordneten angesehen werden. Voraussetzungen für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes mehrerer Unternehmen sind nach der Rechtsprechung des BAG einheitliche Leitung, einheitliche Organisation und eine zumindest konkludente Führungsvereinbarung. Das BAG28 verlangt darüber hinaus einen gemeinsamen Einsatz von Arbeitnehmern.29 Ein bloß formaler Zusammenschluss von Abgeordneten dürfte diesen Erfordernissen nicht genügen, denn eine bloße unternehmerische Zusammenarbeit reicht nach der Rechtsprechung nicht aus. „Vielmehr müssen die Funktionen des Arbeitgebers einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden. Die einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstrecken.“30 Nach anderer Ansicht soll es für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes ausreichen, „wenn die Verfügungsmacht über die betrieblichen Infrastruktureinrichtungen weder dem einen noch dem oder den anderen Unternehmen allein zugerechnet werden kann“.31 Ob ein gemeinsamer Betrieb vorliegt, muss im Einzelfall unter Berücksichtigung der genannten strengen Kriterien entschieden werden. 26 BRAUN/JANTSCH/KLANTE Abgeordnetengesetz, § 12 Rn. 47. 27 BAG vom 7. August 1986 - 6 ABR 57/85. 28 Vgl. BAG vom 25. Mai 2005 - 7 ABR 38/04. 29 Vgl. zu den Voraussetzungen im Einzelnen z.B. TRÜMNER in: DÄUBLER/KITTNER/KLEBE Betriebsverfassungsgesetz , § 1 Rn. 74 ff. 30 BAG vom 17. August 2005 - 7 ABR 62/04 mit weiteren Nachweisen. 31 TRÜMNER in: DÄUBLER/KITTNER/KLEBE Betriebsverfassungsgesetz, § 1 Rn. 88. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 13 4.2.3. Personalvertretungsrecht Da im Personalvertretungsrecht eine Zusammenfassung von Dienststellen nach § 12 Abs. 2 BPersVG nur im Rahmen einer hierarchischen Verwaltungsorganisation, nicht aber durch Vereinbarung möglich ist (siehe oben 4.1.2), beurteilen sich auch Arbeitsgemeinschaften mehrerer Abgeordneter nach § 12 Abs. 1 BPersVG. „Es erscheint möglich, in der Vereinbarung über die Errichtung der Arbeitsgemeinschaft einen Organisationsakt zu sehen, durch den unter Aufhebung der bisherigen mehreren Dienststellen ‚Abgeordnetenbüro‘ eine neue Dienststelle ‚Arbeitsgemeinschaft ‘ als Dienststelle im Sinne des § 12 Abs. 1 BPersVG entsteht“, in der ein Personalrat gewählt werden könnte.32 Leiter der neuen Dienststelle und Ansprechpartner des Personalrats ist der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft. 4.3. Fraktionsweite Arbeitsgemeinschaften Vorstellbar ist die Bildung von Arbeitsgemeinschaften, die eine ganze Fraktion umfassen. 4.3.1. Zulässigkeit nach dem Abgeordnetengesetz Zu beachten ist zunächst, dass die Möglichkeit zur Bildung von Arbeitsgemeinschaften den Abgeordneten nicht schrankenlos eröffnet ist. So ist es unzulässig, wenn Abgeordnetenmitarbeiter, die aus Mitteln nach § 12 Abs. 3 AbgG bezahlt werden, für Fraktions- und Parteiaufgaben eingesetzt werden33. Ein Zusammenschluss sämtlicher Abgeordneter einer Fraktion zu einer Arbeitsgemeinschaft , die dann auch Fraktionsaufgaben wahrnimmt, ist damit nicht möglich. Durch die Bildung von Arbeitsgemeinschaften darf nicht das Verbot der Mittelübertragung (§ 12 Abs. 3 Satz 2 AbgG) umgangen werden.34 Es ist also auch hier stets eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. In der Praxis dürfte bei einer fraktionsweiten Arbeitsgemeinschaft die Abgrenzung von mandatsbezogenen Aufgaben einerseits und Fraktionsaufgaben andererseits schwer zu ziehen sein. Zur Vereinbarkeit einer Mitarbeitervertretung auf Fraktionsebene mit dem Grundgesetz siehe unten Punkt 10. 32 PIEROTH/MEßMANN (2008), S. 24. 33 BRAUN/JANTSCH/KLANTE Abgeordnetengesetz, § 12 Rn. 44; STOLZ in ZRP 1992, S. 374 f. So auch bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem „zweiten Diäten-Urteil“, BVerfG vom 5. November 1975, BVerfGE 40, 296, 316. 34 (2007), S. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 14 4.3.2. Betriebsverfassungsrecht Betriebsverfassungsrechtlich könnte eine fraktionsweite Arbeitsgemeinschaft einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG unter Beachtung der oben unter 4.2.2 genannten Kriterien bilden, der alle Abgeordnetenmitarbeiter der Fraktion umfasst. Allerdings könnte die Annahme eines gemeinsamen Betriebes auf Fraktionsebene aufgrund der von der Rechtsprechung entwickelten strengen Kriterien im Hinblick auf eine einheitliche Leitung und eine einheitliche Ausübung des Direktionsrechts in der Praxis auf Schwierigkeiten stoßen . Der Eintritt der Vermutungswirkung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG dürfte bei realistischer Betrachtung allenfalls unter Anwendung der abgeschwächten Auslegung dieses Kriteriums (siehe oben 4.2.2 und Fn. 31) möglich sein. 4.3.3. Personalvertretungsrecht Nach dem Personalvertretungsrecht könnte durch Vereinbarung einer fraktionsweiten Arbeitsgemeinschaft von Abgeordneten als Organisationsakt ebenfalls eine neue fraktionsweite Dienststelle im Sinne des § 12 Abs. 1 BPersVG unter eigener Leitung gebildet werden, die alle Mitarbeiter einer Fraktion umfassen könnte. 4.4. Fraktionsübergreifende Ebene Lediglich hypothetisch erscheint schließlich die Einrichtung eines gemeinsamen Betriebes oder die Bildung einer neuen Dienststelle durch Vereinbarung einer fraktionsübergreifenden Arbeitsgemeinschaft aller Bundestagsabgeordneten. Ein einheitlicher Leitungsapparat als Ansprechpartner eines Betriebsrats dürfte schwerlich vorstellbar sein. Im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne würde es überdies in Anbetracht der unterschiedlichen politischen Standpunkte und Programme der einzelnen Fraktionen fraglos bereits an der gemeinsamen Zielsetzung eines solchen Betriebes fehlen. Eine fraktionsübergreifende Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter lässt sich daher mit dem Instrumentarium des BetrVG und des BPersVG nicht verwirklichen. 4.5. Zwischenergebnis Eine Interessenvertretung der Mitarbeiter auf der Ebene der Abgeordnetenbüros ist sowohl nach den Bestimmungen des BetrVG als auch des BPersVG grundsätzlich unproblematisch. Die Zusammenfassung nicht mitbestimmungsfähiger Einheiten zu einer Einheit ist jedoch nach dem BPersVG nicht möglich. Ansprechpartner für den Betriebsrat sowie für den Personalrat wäre der jeweilige Abgeordnete als Arbeitgeber bzw. als Dienstherr. Sowohl das Personalvertretungsgesetz als auch das Betriebsverfassungsrecht ermöglichen unter bestimmten Voraussetzungen auch die Errichtung von Mitarbeitervertretungen in Büros von Arbeitsgemeinschaften mehrerer Abgeordneter. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 15 Grundsätzlich eröffnen mithin beide Mitbestimmungssysteme auch die Möglichkeit einer Zusammenfassung der Mitarbeiter einer ganzen Fraktion zu einer mitbestimmungsrechtlichen Einheit . Praktische Probleme könnten sich jedoch aus dem Verbot der Mittelübertragung nach § 12 Abs. 3 Satz 2 AbgG ergeben. Fraktionsübergreifende Mitarbeitervertretungen sind demgegenüber im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Regelungen nicht denkbar. Selbst die hypothetische Annahme eines gemeinsamen Betriebes aller Abgeordnetenmitarbeiter oder einer entsprechenden Dienststelle hätte für die darin gewählte Mitarbeitervertretung als Ansprechpartner auf der Arbeitgeberseite stets den Abgeordneten oder Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft. Eine überfraktionelle Vertretung gegenüber der Verwaltung des Deutschen Bundestages oder seiner Lenkungs- und Leitungsgremien und eine Einflussnahme auf deren Entscheidungen, soweit sie die Abgeordnetenmitarbeiter betreffen , ist im gegebenen gesetzlichen Rahmen nicht möglich. 5. Schaffung einer abweichenden Mitarbeitervertretung durch Organisationstarifvertrag § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ermöglicht die Schaffung vom BetrVG abweichender Arbeitnehmervertretungsstrukturen durch Tarifvertrag, soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens - oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient. Es handelt sich dabei um einen sog. Organisationstarifvertrag. Die Zusammenarbeit der Abgeordnetenbüros als Einzelunternehmen insbesondere innerhalb einer Fraktion, aber auch in der Gesamtheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages, kann das Bedürfnis einer gemeinsamen Wahrnehmung der Interessen der Abgeordnetenmitarbeiter begründen. Einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer kann es zum Beispiel dienen, durch Zusammenlegung betriebsbezogene Schwellenwerte zu überschreiten, die Organisation der Betriebsverfassung den Entscheidungsstrukturen auf Arbeitgeberseite anzupassen oder Betriebsratsgrößen zu schaffen, die dazu beitragen, die Interessenvertretung der Arbeitnehmer zu verbessern.35 Die Schaffung einer gemeinsamen Mitarbeitervertretung für die Büros aller tarifschließenden Abgeordneten könnte eine einheitliche Beteiligung der betroffenen Abgeordnetenmitarbeiter an Entscheidungen über ihre Arbeitsbedingungen ermöglichen und auch Mitarbeiter einbeziehen, die in nicht betriebsratsfähigen Büros beschäftigt sind. Dies ist am ehesten auf Ebene der Fraktionen vorstellbar, eine Lösung für alle Abgeordnetenmitarbeiter ohne Rücksicht auf die Fraktionszugehörigkeit ihrer Arbeitgeber muss an Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG gemessen werden. Im Personalvertretungsrecht ist demgegenüber eine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende tarifvertragliche Interessenvertretung der Beschäftigten durch § 3 BPersVG ausdrücklich ausgeschlossen. Die folgenden Ausführungen gelten daher nur unter der Annahme, dass auf die Abgeordnetenbüros Betriebsverfassungsrecht anwendbar ist. 35 Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 9. Juli 2008 - 3 TaBV 4/08; KOCH in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 3 BetrVG Rn. 4; TRÜMNER in: DÄUBLER/KITTNER/KLEBE Betriebsverfassungsgesetz, § 3 Rn. 32; für eine enge Auslegung ROSE in: HESS/SCHLOCHAUER/WORZALLA/GLOCK/NICILAI/ROSE BetrVG, § 3 Rn. 63. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 16 5.1. Tarifvertragsparteien Die Schaffung abweichender Arbeitnehmervertretungsstrukturen ist nur durch den Abschluss eines Tarifvertrages möglich. Damit ein Tarifvertrag wirksam ist, müssen die Voraussetzungen des Tarifvertragsgesetzes (TVG)36 erfüllt sein, das die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG konkretisiert. § 2 TVG zählt abschließend diejenigen Personen beziehungsweise Vereinigungen auf, die Tarifvertragsparteien sein können und umschreibt damit den Kreis derjenigen Rechtssubjekte, denen Tariffähigkeit zukommt: Tarifvertragsparteien sind danach Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern. Eine nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gebildete Interessenvertretung kann daher ihrerseits nicht Tarifvertragspartei sein.37 Eine Legaldefinition des Begriffs der Tarifvertragspartei fehlt. Nach der Rechtsprechung des BAG müssen tariffähige Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände frei gebildet, gegnerfrei, auf überbetrieblicher Grundlage organisiert und unabhängig sein sowie das geltende Tarifrecht als für sich verbindlich anerkennen; ferner müssen sie in der Lage sein, durch Ausüben von Druck auf den Tarifpartner zu einem Abschluss zu kommen.38 Weiterhin müssen sie von gewisser Dauer sein.39 Hinzu kommt nach der Rechtsprechung des BAG die Tarifwilligkeit, d.h. der Willen, Tarifverträge zur Regelung des Arbeits- und Wirtschaftslebens abzuschließen.40 5.1.1. Arbeitnehmerseite Als Tarifvertragspartei auf Arbeitnehmerseite kommt allein eine Gewerkschaft in Frage. Da der Zuständigkeitsbereich der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di betroffen ist, kommt sie als zuständige Tarifpartnerin in Betracht. Zumindest theoretisch denkbar wäre aber unter Beachtung der oben genannten Voraussetzungen auch die Gründung einer eigenen Gewerkschaft der Abgeordnetenmitarbeiter zum Zwecke der tariflichen Regelung ihrer Arbeitsbeziehungen. 36 Tarifvertragsgesetz (TVG) vom 9. April 1949 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1323), zuletzt geändert durch Artikel 88 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864). 37 FRANZEN in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 2 TVG Rn. 1. 38 FRANZEN in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 2 TVG Rn. 1. 39 SCHAUB (2002), § 187 Rn. 6. 40 Vgl. BAG vom 14. Dezember 2004 – 1 ABR 51/03. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 17 5.1.2. Arbeitgeberseite Auf Arbeitgeberseite kommen als Tarifpartner einerseits einzelne Abgeordnete als Arbeitgeber mit eigener Tariffähigkeit in Betracht oder aber ein Verband oder eine Tarifgemeinschaft von Abgeordneten des Deutschen Bundestages, denn es können sich auch mehrere tariffähige Parteien zur gemeinsamen Nutzung ihrer Tariffähigkeit verbinden, ohne dabei Arbeitgeberverband oder Spitzenorganisation mit eigener kollektiver Tariffähigkeit zu sein.41 Vertreten wird die Tarifgemeinschaft durch ihren satzungsgemäßen Vorstand. 5.2. Form, Inhalt und Wirkung Nach § 1 Abs. 2 TVG bedarf der Tarifvertrag der Schriftform. Der Abschluss richtet sich im Übrigen nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften (§§ 145 ff. BGB).42 Den Tarifvertragsparteien wäre es nach § 2 TVG möglich, einen Organisationstarifvertrag im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu schließen43. Aus § 3 Abs. 2 TVG ergibt sich, dass betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen des Tarifvertrages für alle Mitarbeiter gelten und auch die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer erfassen.44 § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ermöglicht nicht die Schaffung von Strukturen auf Arbeitgeberseite, allerdings können sich die Arbeitgeber gegenüber der tarifschließenden Gewerkschaft freiwillig im Tarifvertrag verpflichten, eine einheitliche Leitungsstruktur zu schaffen.45 Die Wirkungen eines Organisationstarifvertrages reichen allerdings nur soweit, wie sie zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbart werden können. Regelungsgegenstand sind die Arbeitsbeziehungen innerhalb der Abgeordnetenbüros. Nicht möglich ist daher die Einräumung eines Mitspracherechts der nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG geschaffenen überfraktionellen Interessenvertretung gegenüber der Bundestagsverwaltung oder bei den Entscheidungen des Ältestenrates oder der Mitarbeiterkommission. Die Arbeitgeberfunktion kann nicht auf Dritte verlagert werden. Ansprechpartner einer Mitarbeitervertretung wären daher weiterhin die Abgeordneten oder ein im Tarifvertrag vereinbarter oder von der Tarifgemeinschaft benannter Vertreter. 41 RIEBLE/KLUMPP in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 164 Rn. 72. 42 HÜMMERICH/BOECKEN/DÜWELL Arbeitsrecht, § 1 TVG Rn. 35. 43 Vgl. dazu im Einzelnen TEUSCH in: NZA 2007, S. 124-130 (129). 44 KOCH in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 3 BetrVG Rn. 1. 45 LÖWISCH/KAISER Betriebsverfassungsgesetz, § 3 Rn. 18. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 18 6. Fazit Sowohl nach Betriebsverfassungsrecht als auch nach Personalvertretungsrecht können Interessenvertretungen der Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten - unabhängig von der jeweiligen Ebene, in der sie errichtet werden - stets nur den Arbeitgeber bzw. Dienstherrn oder bei Arbeitsgemeinschaften den dazu bestimmten Geschäftsführer zum Ansprechpartner haben. Die Mitbestimmung regelt immer nur die Arbeitsbeziehungen in den einzelnen Abgeordnetenbüros. Auch ein - nur nach den Bestimmungen des BetrVG zulässiger - Organisationstarifvertrag (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) kommt letztlich über diese Ebene nicht hinaus, da der Ansprechpartner einer danach zu schaffenden Mitarbeitervertretung in Mitbestimmungsfragen nur die Arbeitgebergemeinschaft von Abgeordneten bzw. deren Vertreter sein kann. Regelungsebene ist auch hier letzten Endes immer nur die Ebene der Abgeordnetenbüros. In keinem Fall ermöglichen die vorhandenen Mitarbeitervertretungssysteme die Errichtung einer überfraktionellen Mitarbeitervertretung, die mit Mitbestimmungsrechten auch gegenüber der Verwaltung des Deutschen Bundestages oder seinen Leitungs- und Lenkungsgremien, insbesondere dem Ältestenrat und der Mitarbeiterkommission ausgestattet wäre. 7. Vereinbarkeit einer Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter mit Art. 48 Abs. 2 GG Zunächst ist zu prüfen, ob die Einführung einer Interessenvertretung von Abgeordnetenmitarbeitern auf Fraktionsebene oder darüber hinaus gegen das Behinderungsverbot des Art. 48 Abs. 2 GG verstößt. Art. 48 Abs. 2 GG lautet: „Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen und auszuüben. Eine Kündigung oder Entlassung aus diesem Grunde ist unzulässig.“ Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sind solche Verhaltensweisen verboten, die die Übernahme oder Ausübung des Abgeordnetenmandats behindern sollen.46 Diese Auslegung wird von der Literatur als zu eng kritisiert, da sie den Schutz des Art. 48 Abs. 2 GG nahezu leerlaufen lasse.47 Vielmehr handelt es sich nach Ansicht der Literatur um einen Sonderfall des Gleichbehandlungsgebots mit Drittwirkung, das Bewerber um ein Mandat und Abgeordnete vor einer Behinderung schützen soll, die aus ihrer beruflichen Sphäre stammt.48 Die Einrichtung einer Interessenvertretung der Mitarbeiter der Abgeordneten soll weder die Ausübung des Mandates behindern, noch handelt es sich um eine Behinderung aus ihrer beruflichen Sphäre außerhalb ihres Abgeordnetenmandats. Weder nach der Rechtsprechung noch nach der 46 BVerfGE 42, 312, 329; ihm folgend BVerwGE 94, 248, 251 m.w.N. 47 Vgl. die Nachweise bei KLEIN in: MAUNZ/DÜRIG, Grundgesetz Kommentar, Art. 48 Rn. 85 f. m.w.N. 48 KLEIN in MAUNZ/DÜRIG, Grundgesetz Kommentar, Art. 48 Rn. 87. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 19 Literatur würde eine Interessenvertretung damit gegen das Behinderungsverbot von Art. 48 Abs. 2 GG verstoßen. 8. Vereinbarkeit einer überfraktionellen Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter mit Art. 38 GG In Betracht käme aber eine Verletzung des freien Mandats des Abgeordneten. Nach einer Darstellung des Schutzbereiches wird für alle vorgeschlagenen Maßnahmen überprüft, inwieweit sie die freie Mandatsausübung beeinträchtigen. Danach wird eine mögliche Rechtfertigung eines Eingriffs geprüft. 8.1. Der Schutzbereich des Art. 38 GG Das Grundgesetz umschreibt die Rechtsstellung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages nur allgemein. Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG unterstreicht die Freiheit des Mandats und stellt klar, dass die Abgeordneten nicht an Aufträge und Weisungen gebunden sind (Mandatsfreiheit). Der Gewährleistungsbereich des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst die gesamte parlamentarische Tätigkeit des Abgeordneten im Plenum, den Ausschüssen, sonstigen parlamentarischen Gremien und den Fraktionen.49 Aus dem dort festgelegten Status ergeben sich eine Reihe von Rechten und Pflichten, die die Abgeordneten gegenüber dem Bundestag und seinen Organen haben. Zu diesen Statusrechten zählen:50 – das Anwesenheitsrecht bei allen Plenarsitzungen, – das Rederecht, – die Teilnahme an Abstimmungen, – das Frage- und Informationsrecht gegenüber der Bundesregierung, – Initiativrechte, – Assoziationsrechte, z.B. das Fraktionsbildungsrecht oder der Zusammenschluss einer Gruppe und – Kandidaturrechte. Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG garantiert eine von sachlichen und persönlichen Abhängigkeiten freie Mandatsausübung51 und gewährleistet damit die Grundbedingungen einer sachgerechten Wahr- 49 KLEIN in: MAUNZ/DÜRIG, Grundgesetz Kommentar, Art. 38 Rn. 196. 50 Vgl. BUTZER in: EPPING/HILLGRUBER, Grundgesetz Kommentar, Art. 38 Rn. 98 ff; TRUTE, in: VON MÜNCH/KUNIG, Grundgesetz Kommentar, Art. 38 Rn. 92; BVerfGE 80, 188, 218. 51 PIEROTH/MEßMANN, ZParl 2010, 535, 539. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 20 nehmung des freien Mandats.52 Einen Anspruch auf Unterstützung des Abgeordneten durch Mitarbeiter garantiert Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG hingegen nicht.53 8.2. Eingriff in den Schutzbereich durch die Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung der Mitarbeiter der Abgeordneten an einzelnen Entscheidungen Die Einrichtung einer überfraktionellen Interessenvertretung der Mitarbeiter der Abgeordneten greift dann in die Freiheit des Mandats ein, wenn dieser Interessenvertretung solche Mitentscheidungsrechte eingeräumt werden, die den Abgeordneten in seiner Mandatsausübung beeinträchtigen . Die Zulässigkeit der Beteiligung der Interessenvertretung ist für jede einzelne Fallgestaltung zu klären. 8.2.1. Fragen, die einzelne Abgeordnete betreffen, bspw. Begründung und Kündigung von Arbeitsverhältnissen Am stärksten wären die Rechte einer Mitarbeitervertretung ausgestaltet, wenn sie ein Beteiligungs - oder Mitwirkungsrecht bei der Begründung oder Beendigung von Arbeitsverhältnissen von Abgeordneten mit ihren Mitarbeitern hätte. Durch die Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung der Mitarbeiter in diesen Fragen bekämen die Mitarbeiter auch anderer Fraktionen Kenntnis von Entscheidungen des Abgeordneten in seinem persönlichen Arbeitsgebiet. Wenn eine andere Fraktion über deren Mitarbeiter aber Kenntnis von den Einstellungs- oder Kündigungsplänen eines Abgeordneten erlangt, lassen sich hieraus Rückschlüsse auf Tätigkeitsschwerpunkte und ähnliches ziehen. Dies berührt das freie Mandat des Abgeordneten erheblich. Ein Mitbestimmungsrecht der Vertretung wäre ein tiefgreifenderer Eingriff. 8.2.2. Festlegung des Gehaltsrahmens für die Mitarbeiter von Abgeordneten durch die Ausführungsbestimmungen des Ältestenrats Als Beispiel für die Beteiligung einer Interessenvertretung der Mitarbeiter wird die Festlegung des Gehaltsrahmens für den Ersatz von Aufwendungen für die Mitarbeiter der Abgeordneten in den vom Ältestenrat gemäß §§ 12 Abs. 3, 34 AbgG erlassenen Ausführungsbestimmungen genannt. Fragen der Lohngestaltung und die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen gehörten zu den sozialen Angelegenheiten, bei denen üblicherweise Mitarbeitervertretungen zu beteiligen seien. 52 ACHTERBERG/SCHULTE in: VON MANGOLDT et al., Kommentar zum Grundgesetz, Art. 38 Rn. 40. 53 So sind die Aufwendungen für Assistenten erst seit der Parlamentsreform 1969 erstattungsfähig, ACHTERBERG, Parlamentsrecht, S. 269. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 21 Derzeit beschließt der Gesetzgeber in Kapitel 411 03 -011 des Einzelplans 02 – Deutscher Bundestag des jährlichen Bundeshaushaltsplans den Gesamtbetrag für die Aufwendungen für die Beschäftigung von Mitarbeitern der Abgeordneten nach § 12 Abs. 3 AbgG. In den verbindlichen Erläuterungen werden ferner der Höchstbetrag für die Aufwendungen je Abgeordneten pro Jahr sowie weitere Leistungen ausgewiesen. Der Ältestenrat des Bundestages hat gemäß §§ 12 Abs. 3, 34 AbgG dazu Ausführungsbestimmungen erlassen und einen Gehaltsrahmen beschlossen, der die Beschäftigten in vier Gruppen unterteilt und eine Unter- und Obergrenze für ein monatliches Bruttogehalt bei einer 39-Stunden- Woche sowie für einen Stundenlohn festsetzt. Bei dieser Festlegung sind die Mitarbeiter in keiner Form beteiligt. Der zwischen dem einzelnen Abgeordneten und dem Mitarbeiter abgeschlossene Vertrag muss sich im Rahmen dieser Grenzen halten, damit der Abgeordnete den Ersatz der Aufwendungen für die Mitarbeiter bei der Bundestagsverwaltung geltend machen kann. Eine Beteiligung der Mitarbeitervertretung bei der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsvertrages zwischen einem Abgeordneten und seinem Mitarbeiter steht nicht in Rede. Fraglich ist, ob eine Beteiligung der Interessenvertretung bei der Festlegung des allgemeinen Gehaltsrahmens in das freie Mandat des Abgeordneten eingreift. Zwar könnte die Ausgestaltung des Gehaltsrahmens als solches einen Einfluss auf die Attraktivität des Berufes des Abgeordnetenmitarbeiters auf potentielle Bewerber haben. Eine zu geringe Entlohnung könnte abschreckend auf hochqualifizierte Bewerber wirken. Jedoch ist bereits fraglich, wie weit sich die Beteiligung von Mitarbeitern an der Ausgestaltung des Gehaltrahmens auf seinen Inhalt – und damit auf die Attraktivität der Entlohnung – auswirken könnte. Hinzu kommt, dass, wie bereits festgestellt, das Recht des freien Mandats zwar eine Amtsausstattung, jedoch keinen Anspruch auf die Vergütung eines Mitarbeiterstabes umfasst. Eine Beeinträchtigung des freien Mandats des Abgeordneten durch eine Beteiligung einer Interessenvertretung von Mitarbeitern bei der Aushandlung eines allgemeinen Gehaltrahmens für sämtliche Abgeordnetenmitarbeiter scheidet damit wohl aus. Anders wäre die Lage zu beurteilen, wenn die Interessenvertretung an der Ausgestaltung eines konkreten Arbeitsvertrages hinsichtlich Einordnung in eine Gruppe und konkreter Entlohnung des Mitarbeiters beteiligt werden sollte. Inwieweit haushaltsrechtliche Vorgaben einer Beteiligung entgegenstehen, wird unter Punkt 9 untersucht. 8.2.3. Beteiligung an Ausarbeitung des Fortbildungsprogramms, der Nutzungsordnung eines Eltern-Kind-Büros hinsichtlich des Arbeitsschutzes Ferner wird die Beteiligung einer Interessenvertretung der Mitarbeiter bei der Ausarbeitung einer Nutzungsordnung für ein Eltern-Kind-Büro als Beispiel für die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bei der Ausarbeitung eines Fortbildungskonzepts als Beispiel für die Förderung der Berufsbildung, bei der Organisation des Arbeits- und Brandschutzes und beim Erstellen des Einsatzplans der Ersthelfer gefordert. Derzeit werden Regelungen in diesen Bereichen durch Nutzungsbedingungen getroffen, die ein Referat der Bundestagsverwaltung unter der Oberhoheit der „Kommission des Ältestenrates für Angelegenheiten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abgeordneten“ vorbereitet. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 22 Generell ist auch für diesen Bereich fraglich, ob eine Beteiligung der Interessenvertretung der Mitarbeiter das freie Mandat der Abgeordneten betrifft. Auch hier ginge es um Regelungen, die der Ältestenrat für alle Abgeordneten und ihre Mitarbeiter trifft. Grundsätzlich scheinen die Regelungen zur Nutzung eines Eltern-Kind-Zimmers und des Einsatzplans für Ersthelfer keine Auswirkungen auf das freie Mandat zu entfalten, so dass die Mitarbeiter auch hier fraktionsübergreifend gehört werden könnten. Allerdings ist in dem Bereich der Fortbildung zu differenzieren. So könnte eine Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung bei der Frage, ob ein bestimmter Mitarbeiter eine beantragte Fortbildung erhält oder ob ein anderer Mitarbeiter bevorzugt wird, durchaus das freie Mandat des Abgeordneten berühren. Wie in der Konstellation der Einstellung und Kündigung von Mitarbeitern (s. 8.2.1) können diese Fragen, die einen einzelnen Abgeordneten und seinen Mitarbeiter konkret betreffen, in das freie Mandat eingreifen; so könnten Mitarbeiter der Abgeordneten anderer Fraktionen über die Notwendigkeit von Fortbildungsmaßnahmen im Büro eines Abgeordneten einer anderen Fraktion mitentscheiden – und damit zumindest mittelbar auch Einfluss auf die Arbeitsqualität der Mitarbeiter und damit auf die Vorbereitung der parlamentarischen Arbeit des Abgeordneten nehmen. Bei einer Mitentscheidung über die Bewilligung einer Fortbildung im Einzelfall wäre damit die Freiheit des Mandats berührt. Fraglich ist, ob auch im Bereich des Arbeitsschutzes ein Eingriff in das freie Mandat des Abgeordneten vorliegen könnte. Für die Aufgaben der Ersten Hilfe, der Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten hat der Arbeitgeber Beschäftigte zu benennen. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz ArbSchG ist – unbeschadet ggfls. weitergehender Beteiligungsrechte – vor deren Benennung zumindest die Anhörung des Betriebs- bzw. Personalrats erforderlich. Für die Überwachung der Einhaltung der Arbeitsschutzmaßnahmen sind hingegen in § 21 Abs. 5 ArbSchG genannten Behörden zuständig. Deren beauftragten Personen ist auch das Betreten von Betrieben und Verwaltungsgebäuden gestattet. Damit wäre lediglich die vorherige Anhörung einer überfraktionellen Interessenvertretung vor Benennung des Beauftragten beteiligungsfähig. Eine solche Anhörung würde aber nicht auf die Freiheit der Mandatsausübung einwirken, so dass auch hier eine Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung möglich wäre. 8.2.4. Zwischenergebnis Die Freiheit des Mandats ist durch die Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung der Mitarbeiter in solchen Fällen nicht berührt, in denen fraktionsübergreifend allgemeine Regelungen für alle Mitarbeiter aller Abgeordneten in den genannten Bereichen erlassen werden. Dies gilt also insbesondere für die Beteiligung bei der Ausarbeitung einer Nutzungsordnung für ein Eltern-Kind-Büro oder eines Fortbildungskonzepts sowie beim Erstellen des Einsatzplans der Ersthelfer. Auch die Anhörung von Interessenvertretern vor der Benennung der Beauftragten für den Arbeitsschutz stellt keinen Eingriff in die Rechte der Abgeordneten dar. Allerdings greift die Beteiligung in solchen Fällen möglicherweise in das freie Mandat ein, in denen den überfraktionellen Vertretungen ein Mitentscheidungsrecht bei der Vergabe von Fortbildungsplätzen an einzelne Mitarbeiter eingeräumt werden soll. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob die benannten möglichen Eingriffe in die Freiheit des Mandats verfassungsrechtlich zu rechtfertigen wären. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 23 8.3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der benannten Eingriffe in das freie Mandat Die Freiheit des Mandats gemäß Art. 38 GG kann durch andere Güter von Verfassungsrang begrenzt werden. Als Rechtsgüter in diesem Sinne sind die Repräsentations- und Funktionsfähigkeit des Parlaments sowie die Integrität und politische Vertrauenswürdigkeit des Bundestages anerkannt.54 Ferner kommen als verfassungsimmanente Schranken die Grundrechte Dritter in Betracht.55 8.3.1. Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung bei Begründung oder Kündigung von Arbeitsverhältnissen Die Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung bei der Begründung oder Kündigung von Arbeitsverhältnissen würde weder die Funktionsfähigkeit des Bundestages noch seine Integrität erhöhen. Als Rechtfertigung für einen Eingriff in die Freiheit des Mandats kämen allenfalls die Grundrechte Dritter in Betracht. Allerdings garantiert das Grundgesetz keinem Arbeitnehmer ein Recht auf Mitbestimmung oder Beteiligung an Entscheidungen des Arbeitgebers.56 Das BVerfG hat auch für den Bereich des öffentlichen Dienstes – worum es sich bei den Mitarbeitern von Abgeordneten nicht handelt – bereits mehrfach offen gelassen, ob die Grundrechte oder das Sozialstaatsprinzip den Gesetzgeber verpflichten, in gewissem Umfang Beteiligungsrechte eines gewählten Repräsentationsorgans zu schaffen.57 Damit mangelt es an einer grundrechtlich geschützten Rechtsposition Dritter, die zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Freiheit des Mandats herangezogen werden könnte. 8.3.2. Beteiligung bei der Vergabe von Plätzen in Fortbildungsmaßnahmen im Einzelfall Auch hier stellt sich bereits die Frage der Rechtfertigung einer entsprechenden Einschränkung durch Verfassungsgüter von gleichhohem Rang oder Grundrechte Dritter, die betroffen sein könnten . Jedenfalls würde eine entsprechende Regelung ebenfalls an dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit scheitern, da zur Erreichung des Ziels – der Wahrung der Interessen der Mitarbeiter bei der Fortbildung – auch eine Interessenvertretung auf der Ebene der Fraktion ausreichend wäre. Eine gleichmäßige Verteilung der Plätze auf alle Fraktionen könnte durch geeignete Maßnahmen auf Seiten der Bundestagsverwaltung gewährleistet werden. 54 BADURA in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 38 Rn. 61 m.w.N. 55 BUTZER in: EPPING/HILLGRUBER, Grundgesetz Kommentar, Art. 38, Rn. 114. 56 Vgl. VON HOYNINGEN-HUENE in: RICHARDI et al., Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 210 Einführung Rn. 2; BATTIS, NVwZ 1986, 884, 885. 57 BVerfGE 51, 43, 58; 93, 37, 69. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 24 8.4. Zwischenergebnis Die Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung von Abgeordnetenmitarbeitern an der Ausarbeitung von Nutzungsordnungen oder eines Fortbildungskonzepts greift nicht in die Freiheit des Mandats der Abgeordneten ein. Eine Beteiligung an Maßnahmen, die konkret einen Abgeordneten und dessen Mitarbeiter betreffen, wie die Beteiligung an der Kündigung von Mitarbeitern , stellt hingegen einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Freiheit des Mandats dar. 9. Vereinbarkeit der Beteiligung einer überfraktionellen Interessenvertretung von Abgeordnetenmitarbeitern an der Festlegung des Gehaltsrahmens mit der Haushaltshoheit des Parlaments Dem Deutschen Bundestag kommt bei der Feststellung des Haushaltsplans eine überragende verfassungsrechtliche Stellung zu. Gemäß Art. 110 Abs. 2 GG liegt die Kompetenz zur Feststellung des Haushaltsplans ausschließlich beim Gesetzgeber.58 Aus dieser Haushaltshoheit des Parlaments folgt, dass die Abgeordneten als Gesamtheit die grundlegenden Entscheidungen über Ausgaben behalten müssen. Wie bereits erläutert, wird die Gesamtsumme der für Abgeordnetenmitarbeiter zu zahlenden Entschädigung sowie die Höchstsumme je Abgeordneter im Einzelplan 02 des Bundeshaushaltsplans ausgewiesen. Über die grundsätzliche Ausgabe hat damit bereits der Bundestag entschieden. Die weitere Ausdifferenzierung beschließt die Mitarbeiterkommission des Ältestenrates. Damit ist den Anforderungen an die Spezialisierung des Haushalts, der aus Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG abgeleitet wird59, ausreichend genüge getan. Dieser verbietet lediglich Globalhaushalte, also Haushalte ohne weitere Aufschlüsselung in einzelne Titel. Um einen solchen Globalhaushalt handelt es sich aber nicht. Wie die Abgeordneten des Bundestages im Einzelnen die Mittel für die Abgeordnetenmitarbeiter aufteilen, bleibt in ihrem Verantwortungsbereich. Daher bleibt es ihnen auch verfassungsrechtlich unbenommen, eine interfraktionelle Interessenvertretung von Mitarbeitern an der generellen Aufstellung des Gehaltsrahmens zu beteiligen, solange die letzte Entscheidung über die Mittelverwendung noch bei den demokratisch legitimierten Abgeordneten verbleibt. Eine echte Mitbestimmung, die ein Vetorecht der Interessenvertretung beinhalten könnte, wäre daher verfassungsrechtlich nicht zulässig. 58 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, (Griechenland-Hilfe), Rn. 122, http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20110907_2bvr098710.html; bereits früher BVerfGE 45, 1, 32; 92, 130, 137. 59 Hierzu und zum Folgenden HEINTZEN in: ISENSEE/KIRCHHOF, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, § 120 Rn. 34. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 25 10. Vereinbarkeit einer Interessenvertretung auf Fraktionsebene/Abgeordnetengemeinschaften mit der Freiheit des Mandats, Art. 38 GG Fraglich ist, ob bei bestimmten Belangen die Beteiligung von Interessenvertretungen von Abgeordnetenmitarbeitern , die sich innerhalb einer Fraktion – etwa über Abgeordnetengemeinschaften – organsiert haben, auf verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der Freiheit des Abgeordnetenmandats stößt. Hier kommen nur solche Maßnahmen in Frage, die nicht bereits unter 8.2 selbst bei der Beteiligung einer überfraktionellen Mitarbeitervertretung keinen Eingriff in die Freiheit des Mandats darstellen. Geprüft werden daher die Zulässigkeit der Mitbestimmung bei der Einstellung oder Kündigung von Mitarbeitern durch Abgeordnete, die Anordnung von Überstunden sowie die Bewilligung von Fortbildungsmaßnahmen für einzelne Mitarbeiter. 10.1. Beteiligung einer Interessenvertretung bei der Einstellung oder Kündigung von Mitarbeitern Die Beteiligung von Interessenvertretern bei der Einstellung oder Kündigung könnte in die Freiheit des Mandats eingreifen, wenn dem Abgeordneten durch diese Beteiligung die Möglichkeit genommen wird, über die Einstellung ihn beratender Mitarbeiter frei zu entscheiden. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Befristung von Arbeitsverhältnissen von Fraktionsmitarbeitern60 könnte zunächst nach der Funktion der betroffenen Mitarbeiter differenziert werden. So sieht das BAG in der Unabhängigkeit der Mandatsausübung einen sachlichen Grund für eine Befristung nur für diejenigen wissenschaftlichen Mitarbeiter, die die Fraktion fachlich beraten und sie in ihrer politischen Bewertung unterstützt. Aufgrund ihrer Arbeit könnten diese Mitarbeiter die Arbeit der Fraktion – und der Abgeordneten – beeinflussen. Der Fraktion müsse es aber zu Beginn der Legislaturperiode freistehen, aufgrund neuer politischer Schwerpunktsetzung neu über die Mitarbeiter zu entscheiden. Bei Mitarbeitern im Verwaltungs - oder Bürobereich trage dieser Sachgrund hingegen nicht.61 Diese Ausführungen hinsichtlich der Bedeutung von wissenschaftlichen Mitarbeitern der Fraktion lassen sich auch auf die wissenschaftlichen Mitarbeiter von Abgeordneten anwenden.62 Soweit den Interessenvertretungen eine echte Mitbestimmung bei der Frage der Einstellung oder Kündigung von Mitarbeitern mit der in § 102 Abs. 5 BetrVG vorgesehenen Weiterbeschäftigungspflicht im Falle eines Widerspruchs der Interessenvertretung gegen die Kündigung eingeräumt werden sollte, wäre eine fremdbestimmte Einflussnahme auf den Abgeordneten möglich. Dies wäre ein Eingriff in die Freiheit des Mandats, das auch die Auswahl seiner Mitarbeiter umfasst.63 Sollte der Interessenvertretung hingegen nur ein Informations- und Beteiligungsanspruch ohne die Möglichkeit einer vorläufigen Weiterbeschäftigungspflicht eingeräumt werden – ähnlich wie etwa in §§ 75 und 79 60 BAG NZA 1999, 149, 150f. So auch PIEROTH/MEßMANN, S. 31 ff. 61 BAG NZA 1999, 149, 151. 62 So auch VETTER, S. 188 f.; PIEROTH/MEßMANN, S. 32 f. 63 Bei Anwendung des BetrVG wäre der in § 118 Abs. 1 BetrVG verankerte Tendenzschutz zu berücksichtigen; vgl. hierzu , S. 21 – 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 26 BPersVG – wäre lediglich eine Verzögerung des Verfahrens bis zur Kündigung durch diese Beteiligung um wenige Tage zu befürchten. Eine solche Verzögerung läge wohl unterhalb der Eingriffsschwelle für die Feststellung eines Eingriffs in das freie Mandat des Abgeordneten.64 Soweit durch die Einräumung echter Mitbestimmung im Falle einer Kündigung in die Freiheit des Abgeordnetenmandats eingegriffen würde, wäre hierfür auch keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung ersichtlich. Ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht würde unzulässig in die Freiheit des Mandats eingreifen. 10.2. Anordnung von Überstunden Die Festlegung der Arbeitszeiten und die Anordnung von Überstunden können für die sachgerechte Wahrnehmung des Mandats des Abgeordneten von erheblicher Bedeutung sein. So ist insbesondere in Sitzungswochen oder in unvorhersehbaren Situationen mit einem plötzlichen Arbeitsanfall zu rechnen; die Aktualität der Unterrichtung ist hier für den Abgeordneten wesentlich .65 Soweit lediglich Informations- und Beteiligungspflichten der Interessenvertretung bei der Festlegung der Arbeitszeiten oder bei der Anordnung von Überstunden eingeräumt werden, greift dies dann nicht erheblich in die Freiheit des Abgeordneten ein, wenn Ausnahmebestimmungen von der Beteiligung der Interessenvertretung für besonders eilbedürftige Fälle vorgesehen sind.66 Ein echtes Mitbestimmungsrecht der Vertretung hingegen stellt eine erhebliche Beschränkung des Abgeordneten in seiner Arbeit dar. Eine Rechtfertigung dieses Eingriffs durch die Grundrechte der Betroffenen würde wohl an der Verhältnismäßigkeit scheitern, da das Arbeitszeitgesetz67, das auch für die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter gilt, bereits den Rahmen für die Ausgestaltung der Arbeitszeit zur Gewährleistung der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer setzt. 10.3. Fortbildung Eine Einbindung in die Entscheidung über die Gewährung von Fortbildungsmaßnahmen im Einzelfall 68 wäre innerhalb einer Fraktion wohl unproblematisch, da die Arbeitsschwerpunkte der Abgeordneten innerhalb der Fraktion teilweise abgesprochen werden und auch bekannt sind. Eine Beeinträchtigung der Freiheit des Mandats ist hier wohl nicht zu befürchten. 64 Ähnlich PIEROTH/MEßMANN, S. 33; 36 – 39 mit Verweis auf die Möglichkeit vorläufiger Maßnahmen gemäß § 72 Abs. 6 BPersVG. 65 So auch , S. 21 f. 66 So auch PIEROTH/MEßMANN, S. 40. 67 Arbeitszeitgesetz vom 6.6.1994 (BGBl. I S. 1170, 1171), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 15.7.2009 (BGBl. I S. 1939) geändert worden ist. 68 Die Personalvertretung ist nach dem BPersV in solche Entscheidungen im öffentlichen Dienst nicht eingebunden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 27 11. Kann durch eine Änderung des § 12 Abs. 3 AbgG eine überfraktionelle Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter sichergestellt werden? In der derzeitigen Fassung enthält § 12 Abs. 3 AbgG die Rechtsgrundlage für die Erstattung von Aufwendungen von Abgeordneten für die Beschäftigung von Mitarbeitern zur Unterstützung bei der Erledigung ihrer parlamentarischen Arbeit. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 5 i.V.m. § 34 AbgG werden die Einzelheiten über die nicht abdingbaren Mindestvorschriften für den Arbeitsvertrag und sonstige Fragen im Haushaltsgesetz und in vom Ältestenrat zu erlassenden Ausführungsbestimmungen geregelt. Zur Einrichtung einer Interessenvertretung von Abgeordnetenmitarbeitern käme eine entsprechende Ergänzung des § 12 Abs. 3 AbgG in Betracht. Zwar könnte es sich bei der Einrichtung einer Interessenvertretung der Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten um eine Frage der innerparlamentarischen Organisation handeln; in diesen Fällen ist umstritten, ob eine Regelung durch Gesetz oder nur in der Geschäftsordnung zulässig wäre.69 Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist jedoch auch die Regelung parlamentsinterner Fragen durch ein Bundesgesetz zulässig, wenn das entsprechende Gesetz und seine Aufhebung nicht der Zustimmung des Bundesrates unterliegen.70 In diesen Fällen bestimme trotz aller Initiativ - und Beteiligungsrechte anderer Verfassungsorgane immer die Volksvertretung den Inhalt des Gesetzes. Da die Einrichtung einer Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter nicht zustimmungspflichtig wäre, wäre eine Regelung im AbgG formell mit der Verfassung vereinbar. Für eine gesetzliche Regelung spricht im vorliegenden Fall aber zwingend, dass mit der Einrichtung einer Interessenvertretung die Rechtsverhältnisse Dritter, dem Parlament nicht angehörender Personen, geregelt werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist eine gesetzliche Regelung daher notwendig. Auch wäre das AbgG der geeignete Ort für eine entsprechende Regelung, da es sich ausdrücklich mit den Rechtsverhältnissen der Abgeordneten auseinandersetzt. Die Interessenvertretung ihrer Mitarbeiter berührt ihr Arbeitsverhältnis. Aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit sollten auch der Umfang und die Art der Beteiligungsrechte – Anhörungs- oder auch Mitwirkungsrechte, zwingende oder disponible Teilnahme der Abgeordneten, Beteiligung bei welchen Maßnahmen – im Gesetzestext festgelegt werden. 12. Welches Gremium soll die Arbeitgeberseite vertreten? Sollte eine überfraktionelle Interessenvertretung eingerichtet werden, stellt sich die Frage eines geeigneten Ansprechpartners bzw. Vertreters der Arbeitgeberseite. 69 Hierzu KRETSCHMER in: SCHNEIDER/ZEH, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 9 Rn. 40 f. m.w.N. 70 BVerfGE 70, 324, 360. Kritisch ACHTERBERG, Parlamentsrecht, S. 326 m.w.N. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 28 Der Bundestag besitzt gemäß Art. 40 Abs. 1 S. 1 GG Organisationsautonomie. Er hat daher die Möglichkeit, verschiedene organisatorische Einrichtungen zu schaffen. In Betracht käme etwa die Einrichtung eines „Beauftragten für die Mitarbeiter der Abgeordneten“ oder einer weiteren Kommission des Ältestenrates. Da bislang aber die Kommission des Ältestenrates für Angelegenheiten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abgeordneten bereits mit den Angelegenheiten der Mitarbeiter befasst war, spricht dies für deren Beauftragung. 13. Zusammenfassung - Beantwortung der gestellten Fragen Frage 1 Auf welcher gesetzlichen Grundlage (Betriebsverfassungsgesetz oder Personalvertretungsgesetz) und unter welchen Voraussetzungen ist die Einrichtung einer überfraktionellen Interessenvertretung für Abgeordnetenmitarbeiter im Deutschen Bundestag möglich? Die grundlegende Frage, ob auf die Beschäftigungsverhältnisse zwischen Bundestagsabgeordneten und ihren Mitarbeitern Betriebsverfassungsrecht oder Personalvertretungsrecht Anwendung findet, kann nicht abschließend beantwortet werden; in der Literatur und den vorliegenden Gutachten werden beide Auffassungen mit guten Gründen vertreten. Vertreter der Arbeitgeberseite kann allerdings in beiden Systemen allein der Abgeordnete selbst oder im Falle von Arbeitsgemeinschaften der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft sein. Regelungsgegenstände können nur solche innerhalb der Abgeordnetenbüros oder der Arbeitsgemeinschaft als Ganzes sein. Eine überfraktionelle Vertretung gegenüber der Verwaltung des Deutschen Bundestages oder seiner Lenkungs- und Leitungsgremien und eine Einflussnahme auf deren Entscheidungen, die die Gesamtheit aller Abgeordnetenmitarbeiter betreffen, ist im gegebenen gesetzlichen Rahmen nicht möglich. Frage 2 Inwieweit könnten durch eine Änderung des § 12 Abs. 3 AbgG die Rechte einer überfraktionellen Interessenvertretung für Abgeordnetenmitarbeiter im Deutschen Bundestag geregelt und deren Mitwirkungsmöglichkeiten sichergestellt werden? In § 12 Abs. 3 AbgG könnte eingefügt werden, dass die Mitarbeiter der Abgeordneten eine Interessenvertretung bilden. Art und Umfang der Beteiligung der Interessenvertretung sollten im Gesetz geregelt werden. Die weiteren Ausführungsbestimmungen – z.B. die Wahlmodalitäten der Vertretung – hierzu könnten vom Ältestenrat erlassen werden. Frage 3 Welche untergesetzlichen Regelungen (beispielsweise in Form einer „Betriebsvereinbarung“ oder Tarifverträgen) wären gegebenenfalls geeignet, die Mitwirkungsmöglichkeiten einer über- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 29 fraktionellen Interessenvertretung für Abgeordnetenmitarbeiter im Deutschen Bundestag sicherzustellen ? Für den Fall der Anwendbarkeit von Betriebsverfassungsrecht bietet § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG aufgrund der gegebenen Besonderheiten im Deutschen Bundestag die Möglichkeit der Errichtung einer abweichenden Interessenvertretung der Abgeordnetenmitarbeiter. Der Ansprechpartner dieser Interessenvertretung wäre ein im Tarifvertrag benannter Vertreter der vertragsschließenden Tarifgemeinschaft. Auch diese Möglichkeit eröffnet nicht die Möglichkeit der Vertretung gegenüber der Verwaltung des Deutschen Bundestages oder seinen Lenkungs- und Leitungsgremien. Frage 4 Welches Gremium oder welche Person sollte die Arbeitgeberseite bei einer fraktionsübergreifenden Mitarbeitervertretung vertreten? Auf Grund seiner Organisationsautonomie aus Art. 40 Abs. 1 S. 1 GG kann der Deutsche Bundestag entscheiden, welches Gremium die Arbeitgeberseite vertreten soll. Dies könnte der Ältestenrat , seine Kommission für die Mitarbeiter der Abgeordneten oder ein neu zu schaffendes Gremium oder Beauftragter sein. Frage 5 Welche Angelegenheiten könnten unter Einbeziehung/Mitbestimmung einer überfraktionellen Interessenvertretung der Mitarbeiter geregelt werden? Gibt es Angelegenheiten, die zur Wahrung der Rechte des Bundestages (Haushaltshoheit) und zur Wahrung der Rechte des einzelnen Abgeordneten (Freiheit des Mandats) von der Mitbestimmung/Mitwirkung ausgenommen werden müssten? Eine überfraktionelle Interessenvertretung könnte bei der Ausarbeitung von allgemeinen Regelungen in den Bereichen Fortbildung, Einsatz von Ersthelfern, Nutzungsordnung eines Eltern- Kind-Büros und Festlegung des Gehaltsrahmens für die Mitarbeiter von Abgeordneten einbezogen werden. Allerdings muss bei der Festlegung des Gehaltsrahmens die letzte Entscheidung bei den Abgeordneten bleiben. Ausgenommen von einer Einbeziehung einer überfraktionellen Interessenvertretung sind Einzelfallentscheidungen über die Einhaltung der Arbeitsschutzordnung, über die Teilnahme an konkreten Fortbildungen und über die Einstellung oder Kündigung von Mitarbeitern. Frage 6 Wie könnte eine Interessenvertretung auch unterhalb einer interfraktionellen Interessenvertretung (z.B. auf Fraktionsebene) eingerichtet werden, damit auch die Belange, die in den einzelnen Büros geregelt werden, nicht vollkommen mitbestimmungsfrei bleiben? Gibt es Angelegenheiten, die zur Wahrung der Rechte des Bundestages (Haushaltshoheit) und Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 30 zur Wahrung der Rechte des einzelnen Abgeordneten (Freiheit des Mandats) von der Mitbestimmung /Mitwirkung ausgenommen werden müssten? Bei der Einstellung und Kündigung eines Mitarbeiters kann einer Interessenvertretung von Mitarbeitern auf Fraktionsebene zwar ein Beteiligungsrecht, nicht aber ein echtes Recht der Mitbestimmung eingeräumt werden. Eine Beteiligung dieser Vertretung bei der Festlegung von Arbeitszeiten oder der Anordnung von Überstunden wäre dann zulässig, wenn für Eilfälle Ausnahmen vorgesehen wären. Eine Einbindung in Einzelmaßnahmen zur Einhaltung von Arbeitsschutzbestimmungen , die ein Begehen der Räume des Abgeordneten enthalten, wäre hingegen unzulässig. Frage 7 Könnte bei der Bildung von Abgeordnetengemeinschaften ein gemeinsamer Betriebsrat für die Mitarbeiterinnen dieser Abgeordneten des Deutschen Bundestages gegründet werden? Gibt es Angelegenheiten, die zur Wahrung der Rechte des Bundestages (Haushaltshoheit) und zur Wahrung der Rechte des einzelnen Abgeordneten (Freiheit des Mandats) von der Mitbestimmung /Mitwirkung ausgenommen werden müssten? Arbeitsgemeinschaften von Abgeordneten können unter Bestimmung eines Geschäftsführers gemeinsame Betriebe einrichten, in denen dann ein einheitlicher Betriebsrat errichtet werden könnte. Es lassen sich dabei auch Arbeitsgemeinschaften vorstellen, die eine gesamte Fraktion umfassen, die jedoch praktischen Problemen im Hinblick auf das Verbot der Mittelübertragung nach § 12 Abs. 3 Satz 2 AbgG begegnen könnten. Tarifgemeinschaften von Abgeordneten können unter der Geltung des Betriebsverfassungsrechts nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG durch Tarifvertrag mit einer zuständigen Gewerkschaft eine die gesamte Tarifgemeinschaft erfassende Interessenvertretung vereinbaren. Im Personalvertretungsrecht ist eine derartige Lösung ausgeschlossen. Im Übrigen vgl. Antwort zu Frage 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-145/11 - WD 3 – 3000-261/11 Seite 31 Literaturverzeichnis ACHTERBERG, Norbert (1984): Parlamentsrecht. Tübingen: J.C.B. Mohr. BATTIS, Ulrich (1986): Personalvertretung und Verfassung. In: NVwZ 1986, 884 ff. BRAUN, Werner; JANTSCH, Monika; KLANTE, Elisabeth (2002): Abgeordnetengesetz des Bundes - unter Einschluß des Europaabgeordnetengesetzes und der Abgeordnetengesetze der Länder. Kommentar. Berlin: De Gruyter. (2007): Rechtliche Rahmenbedingungen für die Gründung von Betriebsräten durch Abgeordnetenmitarbeiter. Ausarbeitung vom 19. Juni 2007. WD 6 - 3000-045/07. 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