Deutscher Bundestag Ehemalige MfS-Mitarbeiter bei der Behörde des BStU Eine Darstellung und Bewertung des Gutachtens von Prof. Dr. Johannes Weberling Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2011 Deutscher Bundestag WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 2 Ehemalige MfS-Mitarbeiter bei der Behörde des BStU Eine Darstellung und Bewertung des Gutachtens von Prof. Dr. Johannes Weberling Aktenzeichen: WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Abschluss der Arbeit: 2. September 2011 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Kündigungsarten im deutschen Arbeitsrecht 4 3. Ordentliche Kündigung 5 3.1. Personenbedingte Kündigung 6 3.2. Verhaltensbedingte Kündigung 6 3.3. Betriebsbedingte Kündigung 7 4. Außerordentliche Kündigung 7 4.1. Fristlos 7 4.2. Mit Auslauffrist 8 5. Druckkündigung 8 5.1. Druckkündigung mit Kündigungsgrund („unechte“) 8 5.2. Druckkündigung ohne Kündigungsgrund („echte“) 9 6. Aufhebungsvertrag 9 7. Anfechtung des Arbeitsverhältnisses 9 8. Einigungsvertragliches Sonderkündigungsrecht 10 8.1. Außerordentliches Sonderkündigungsrecht 10 8.2. Ordentliches Sonderkündigungsrecht 11 9. Prüfung der Kündigungsmöglichkeiten im Gutachten 11 9.1. Außerordentliche Kündigung 11 9.2. Druckkündigung 13 9.3. Ordentliche Kündigung 13 10. Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Anfechtung 14 11. Andere Optionen des BStU zur Trennung von ehemaligen MfS- Mitarbeitern 14 12. Gesetzgeberische Handlungsoptionen 14 12.1. Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG 15 12.2. Art 33 Abs. 2 GG 17 12.3. Rückwirkungsverbot 17 13. Ergebnis 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 4 1. Einleitung Das Gutachten von Prof. Johannes Weberling „Arbeitsrechtliche Möglichkeiten zur Beendigung von Dienstverhältnissen zwischen der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) und ehemaligen Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)“ ist in die Teile A bis G gegliedert. In den Kapiteln C und D stellt der Gutachter die verschiedenen Kündigungsarten und ihre Verfahren im deutschen Arbeitsrecht dar und prüft, ob ehemalige MfS-Mitarbeiter danach kündbar sind. In den Kapiteln E und F werden Möglichkeiten der Versetzung, Abordnung oder Personalgestellung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und die ordnungsgemäßen Verfahren diskutiert und eine Ergänzung des § 37 Stasi-Unterlagengesetzes (StUG)1 vorgeschlagen. Im Ergebnis kommt Prof. Weberling zu dem Schluss, dass „eine Trennung der Behörde des BStU von ihren früher für das MfS tätigen Mitarbeitern durch Kündigung der bestehenden Arbeitsverhältnisse aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt mit Aussicht auf Erfolg möglich“ ist (S. 41). Eine Versetzung oder Personalgestellung ehemaliger MfS-Mitarbeiter in eine andere Behörde sei jedoch , so der Gutachter, grundsätzlich möglich (S. 42 ff.). Der Fachbereich WD 6, Arbeit und Soziales, stellt im Rahmen der vorliegenden Ausarbeitung die Kapitel C und D dar, der Fachbereich WD 3 Verfassung und Verwaltung beschäftigt sich mit den Abschnitten E und F. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass den Verfassern der vorliegenden Ausarbeitung lediglich das Gutachten, jedoch keine weiteren Unterlagen und Informationen zur Beschäftigung ehemaliger MfS-Mitarbeiter in der Behörde des BStU zur Verfügung standen. Dem Gutachter selbst müssen nach Durchsicht des Gutachtens weitergehende Informationen vorgelegen haben, denn es wird zum Beispiel auf die Schwerbehinderung einzelner Beschäftigter hingewiesen (S. 10). Zudem sind die Dienstorte und die jeweiligen Aufgabengebiete sowie die Dauer der Beschäftigungsverhältnisse dem Gutachter bekannt (S. 9ff.). Ob die Begutachtung allerdings in Kenntnis aller Personalakten durchgeführt wurde, teilt der Gutachter nicht mit. Zu beachten ist des Weiteren, dass Prof. Weberling ein nicht veröffentlichtes Gutachten über die Beschäftigung ehemaliger MfS-Mitarbeitern bei der Behörde des BStU zur Verfügung stand. 2. Kündigungsarten im deutschen Arbeitsrecht Rechtssystematisch unterscheidet man im deutschen Arbeitsrecht fünf Kündigungsarten: Die ordentliche Kündigung als reguläres Beendigungsmittel für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die außerordentliche Kündigung, die in der Regel fristlos ausgesprochen und als Ausnahmefall angesehen wird, die Kündigung vor Dienstantritt, die Änderungskündigung und die Teilkündigung. Alle genannten Kündigungsformen können von beiden Vertragsparteien – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – ausgesprochen werden.2 Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) unterscheidet zwischen der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung. Die außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB setzt einen „wichtigen 1 BGBl. I 2007, 162. 2 Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 3. Auflage 2007, Rn 1. Abrufbar unter: www.beck-online.de. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 5 Grund“ voraus, der unter Abwägung der Interessen beider Seiten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Die ordentliche Kündigung ist nach dem BGB nicht an eine inhaltliche Voraussetzung geknüpft, allerdings sieht das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) für die vom Arbeitgeber ausgehende Kündigung das Vorliegen bestimmter Gründe vor.3 Es gibt im deutschen Arbeitsrecht weder im Rahmen der ordentlichen noch der außerordentlichen Kündigung absolute Kündigungsgründe. Notwendig ist immer ein zweistufiges Verfahren, bei dem zunächst der Kündigungsgrund selbst geprüft wird und dann eine Abwägung der Interessen beider Vertragsseiten erfolgt. Die Kündigung muss unter Abwägung der Arbeitgeber- wie der Arbeitnehmerinteressen angemessen sein.4 3. Ordentliche Kündigung Die ordentliche Kündigung wird auch als befristete Kündigung bezeichnet, denn sie kann nur unter Einhaltung einer gesetzlichen, vertraglichen oder tarifvertraglichen Kündigungsfrist erklärt werden. Das Kündigungsrecht des Arbeitgebers ist zahlreichen Beschränkungen unterworfen, insbesondere dort, wo das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und andere Schutzvorschriften für bestimmte Arbeitnehmergruppen wie zum Beispiel Schwangere oder Schwerbehinderte gelten.5 In § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 KSchG6 heißt es: „Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betrieblich Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.“ Die Kündigung ist in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt, wenn „a) die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, b) der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebietes weiterbeschäftigt werden kann und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, dass die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.“ 3 Kittner/Däubler/Zwanziger, Kündigungsschutzrecht, 8. Auflage 2011, Rn 119. 4 Vgl. Fn 3, Rn 231. 5 Vgl. Fn 2, Rn 3-5. 6 BGBl. I S. 1317. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 6 3.1. Personenbedingte Kündigung Die personenbedingte Kündigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Fähigkeit und die Eignung verloren hat oder eventuell gar nicht hatte, die geschuldete Arbeitsleistung ganz oder teilweise zu erbringen. Es müssen für die personenbedingte Kündigung Umstände vorliegen, die auf einer in den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers liegenden „Störquelle “ beruhen. Sozial gerechtfertigt ist sie, wenn die schützenswerten Interessen des Arbeitgebers das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers überwiegen.7 Die fehlende Eignung eines Arbeitnehmers kann sich in objektiven Mängeln (z.B. ein fehlendes Gesundheitszeugnis etc.) oder in subjektiven Mängeln (Eigenschaften des Arbeitnehmers) ausdrücken , die dazu führen, dass die Arbeit nicht so verrichtet wird wie vorgesehen. Allerdings führen Eignungsmängel des Arbeitnehmers nicht immer und automatisch zur Kündigung, sondern können unterschiedliche Rechtsfolgen haben. Erfüllt der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht schuldhaft nicht, kann dies eine verhaltensbedingte oder sogar eine außerordentlich Kündigung zur Folge haben. Auch wenn den Arbeitnehmer kein Verschulden daran trifft, dass er die Arbeitsleistung nicht (vollständig) erbringt, kann eine personenbedingte Kündigung die Folge sein.8 Es gibt typische Fallgruppen, die die Frage nach der Berechtigung einer personenbedingten Kündigung nach sich ziehen. Darunter fallen graduelle Leistungsdefizite, häufige Kurzerkrankungen, eine lang anhaltende Krankheit, Fehlen der Eignung, Fehlen der fachlichen Qualifikation, tendenzbezogene und politische Unvereinbarkeit etc.9 Beantwortet der Arbeitnehmer in einem Personalfragebogen zum Beispiel die Frage nach einer früheren MfS-Tätigkeit und einer Verpflichtungserklärung wahrheitswidrig, so offenbart dies im öffentlichen Dienst die mangelnde persönliche Eignung. Die Fragestellung ist zulässig und daher wahrheitsgemäß zu beantworten. Ausnahmsweise können hier besondere Umstände die Eignung auch bei Falschbeantwortung bestätigen. Informiert der Arbeitnehmer den öffentlichen Arbeitgeber über seine frühere MfS-Tätigkeit zu einem Zeitpunkt, zu dem dies noch gar nicht erforderlich wäre, so kann dies im Rahmen der Prognose für eine künftige Loyalität des Arbeitnehmers sprechen .10 3.2. Verhaltensbedingte Kündigung Die verhaltensbedingte Kündigung ist nach der Rechtsprechung nur möglich, wenn gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen wurde. Dies kann die Hauptpflicht des Arbeitnehmers – 7 Vgl. Fn 3, Rn 80. 8 Vgl. Fn 3, Rn 81-82. 9 Vgl. Fn 3, Rn 86. 10 Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2009, § 1 KSchG Rn. 180. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 7 also die Erbringung der Arbeitsleistung – aber auch eine Nebenpflicht betreffen.11 Der Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten muss rechtwidrig und schuldhaft sein.12 Die frühere Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit ist nicht geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen, weil eine Pflichtverletzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses erforderlich ist.13 Im Zusammenhang mit der Frage nach früherer Stasi-Mitarbeit ist eine Kündigung wegen Falschbeantwortung im Fragebogen, aber auch im Gespräch als Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung anerkannt worden. Insbesondere im öffentlichen Dienst ist die Nachfrage nach einer Tätigkeit für das MfS gerechtfertigt. Das Fragerecht besteht dabei nicht nur im Einstellungsverfahren, sondern auch im bestehenden Arbeitsverhältnis. Es ist aber beschränkt durch das betriebliche Interesse und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Wird die Frage nach der Stasi-Tätigkeit – wie im Regelfall – im Rahmen der Begründung des Arbeitsverhältnisses gestellt und wahrheitswidrig beantwortet, kommt auch eine Anfechtung nach § 123 BGB in Betracht.14 3.3. Betriebsbedingte Kündigung Eine betriebsbedingte Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen , bedingt ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, er muss aber eine Sozialauswahl treffen (vgl. § 1 Abs. 3 KSchG). Wie bei den anderen Kündigungsarten auch ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anzustellen. In Betracht kommt vor allem das Umsetzen auf einen anderen Arbeitsplatz. 4. Außerordentliche Kündigung Die außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB erfolgt zumeist fristlos, aus sozialen oder sonstigen Gründen kann sie aber auch mit einer Auslauffrist erklärt werden. Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden (§ 626 Abs. 2 BGB). Diese Frist ist inzwischen abgelaufen, wenn die Behörde bei der Einstellung Kenntnis von der früheren MfS-Tätigkeit hatte. 4.1. Fristlos Ein Arbeitsverhältnis kann ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Dafür ist eine umfassende Abwägung der Interessen beider Vertragspartner nötig. 11 Vgl. Fn 3, Rn 228. 12 Vgl. Fn 3, Rn 230. 13 Vgl. Fn 10, Rn. 277. 14 Vgl. Fn 10, Rn. 250. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 8 Dafür genügt es zum Beispiel, wenn der Arbeitnehmer seine frühere MfS-Tätigkeit verschwiegen hat. Die Falschbeantwortung von Fragen nach einer MfS-Tätigkeit kann die fristgemäße Kündigung ebenso sozial rechtfertigen.15 4.2. Mit Auslauffrist Um die Härte der fristlosen, außerordentlichen Kündigung abzumildern, ist es auch denkbar, eine soziale Auslauffrist einzuhalten. Diese ist aber Ausnahmefällen vorbehalten. Müsste das Arbeitsverhältnis ohne eine Kündigungsmöglichkeit noch über Jahre hinaus aufrechterhalten werden, so kann dies dazu führen, dass dem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer außerordentlich mit notwendiger Auslauffrist gekündigt werden kann, obwohl bei einem vergleichbaren ordentlich kündbaren Arbeitnehmer mit einer kurzen Kündigungsfrist eine ordentliche Kündigung unwirksam wäre.16 Der Arbeitgeber hat alle zumutbaren Möglichkeiten unterhalb einer Kündigung auszuschöpfen. Möglich ist auch eine entsprechende Umorganisation, das Freimachen geeigneter gleichwertiger Arbeitsplätze und etwa der Versuch, eine Weiterbeschäftigung bei anderen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes zu erreichen.17 Diese Ausnahme bietet sich vor allem für solche Beschäftigten im öffentlichen Dienst an, welche aufgrund ihres Arbeitsvertrages oder aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit nur schwerlich oder gar nicht ordentlich kündbar sind. 5. Druckkündigung Die Druckkündigung ist eine durch die Rechtsprechung konkretisierte Form der sozial gerechtfertigten Kündigung nach § 1 KSchG bzw. der durch einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB getragenen außerordentlichen Kündigung. Es handelt sich hierbei um eine Kündigung, zu der der Arbeitgeber wesentlich durch einen Dritten oder mehrere Dritte unter Androhung wesentlicher Nachteile bestimmt worden ist, gleichgültig ob darüber hinaus noch ein gesetzlicher Kündigungsgrund vorliegt oder nicht. Dies ist allerdings für die rechtliche Bewertung von Druckkündigungen von erheblicher Bedeutung. Das Gesetz erwähnt die Druckkündigung nicht. Sowohl die ordentliche als auch die außerordentliche Druckkündigung werden für zulässig gehalten .18 5.1. Druckkündigung mit Kündigungsgrund („unechte“) Liegt aber ein Kündigungsgrund nach § 1 Abs. 2 KSchG oder ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vor und beruft sich der Arbeitgeber (neben dem Hinweis auf den ausgeübten 15 Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 13. Auflage 2009, § 127 Rn. 109. 16 Hümmerich/Boecken/Düwell, NomosKommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2010 Rn. 131. 17 Vgl. Fn 16, 2010 Rn. 128. 18 Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 3. Auflage 2009, § 118 Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 9 Druck) hierauf, so ist die Kündigung trotz des - wegen der Nähe zur Nötigung grundsätzlich zu missbilligenden - Drucks des Dritten wirksam.19. 5.2. Druckkündigung ohne Kündigungsgrund („echte“) Bei der Interessenabwägung einer Druckkündigung ohne anderen Kündigungsgrund müssen dringende betriebliche Erfordernisse gewürdigt werden.20 Eine solche Kündigung wird grundsätzlich anerkannt, jedoch wird vom Arbeitgeber verlangt, dass dieser sich zuerst schützend vor seinen Arbeitnehmer stellt. Dem BAG zufolge21 ist es möglich, dass der auf den Arbeitgeber ausgeübte Druck so stark ist, dass ihm trotz Ausschöpfung aller Abwendungsversuche als Alternative nur die Hinnahme eines nicht mehr zumutbaren Schadens für seinen Betrieb bleibt. Dann kann eine ordentliche oder auch eine außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers gerechtfertigt sein.22 Die Kündigung soll demnach “ultima ratio“ sein. Zu beachten ist allerdings, dass der Arbeitgeber sich nicht auf die Druckkündigung berufen kann, wenn er durch ein bestimmtes vorwerfbares Verhalten die Drucksituation durch den Dritten oder die Dritten selbst veranlasst hat.23 6. Aufhebungsvertrag Ein Vertragsverhältnis kann auf dem gleichen Wege, der zu seiner Entstehung geführt hat, auch beendet werden (§ 311 Abs. 1 BGB). Den Beendigungsvertrag nennt man im Arbeitsrecht Aufhebungsvertrag . Als Synonym ist der in § 623 BGB verwendete Begriff Auflösungsvertrag bekannt. Einziger notwendiger Inhalt des Aufhebungsvertrages ist die Einigung der Parteien über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses. Der Beendigungszeitpunkt kann frei vereinbart werden.24 Darüber hinaus können die Parteien die Zahlung einer Abfindung vereinbaren. 7. Anfechtung des Arbeitsverhältnisses Voraussetzung für die Anfechtung des Arbeitsverhältnisses ist, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses getäuscht hat oder dieser einem Irrtum unterlag. Die Anfechtung ist an die Frist des § 124 Abs. 3 BGB geknüpft, welche zehn Jahre nach Abschluss des Arbeitsvertrages endet. Ein Anfechtungsgrund ist zum Beispiel dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer bei der Ausfüllung eines Fragebogens in Bezug auf seine frühere Tätigkeit für das MfS lügt. Allerdings beginnt 19 Vgl. Fn 18, Rn. 6. 20 Vgl. Fn 3, Rn. 468. 21 Urteil des BAG vom 19. Juni 1986, NZA 1987, S. 21 (22). 22 Vgl. Fn 10, Rn. 245. 23 Vgl. Fn 10, Rn. 247. 24 Vgl. Fn 2, Rn. 39. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 10 mit Kenntnis von dieser Lüge seitens des Arbeitgebers die Anfechtungsfrist nach § 124 Abs. 1 BGB zu laufen, welche ein Jahr beträgt. Wie bereits erwähnt, ist die Anfechtung ohnehin nach Ablauf von zehn Jahren ausgeschlossen. 8. Einigungsvertragliches Sonderkündigungsrecht 8.1. Außerordentliches Sonderkündigungsrecht Gemäß Anlage I C Kap. XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. I Abs. 5 Einigungsvertrag (EinigV)25 ist ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung insbesondere dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit tätig war und deshalb ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint. Das außerordentliche Sonderkündigungsrecht gilt für Rechtsverhältnisse der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, die beim Wirksamwerden des Beitritts in der öffentlichen Verwaltung der Deutschen Demokratischen Republik einschließlich des Teils von Berlin, in dem das Grundgesetz zuvor nicht galt, beschäftigt waren.26 Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG27 handelt es sich um eine eigenständige und abschließende Regelung der Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung im öffentlichen Dienst, weshalb § 626 Abs. 1 und 2 BGB darauf nicht anzuwenden sind. Obwohl § 626 Abs. 2 BGB keine Anwendung findet, kann doch der sich aus der Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit ergebende wichtige Grund durch bloßen Zeitablauf entfallen, wenn der Kündigungsberechtigte die Kündigung trotz Kenntnis des wichtigen Kündigungsgrundes hinauszögert . 28 Der Fachbereich Verfassung und Verwaltung hat bereits 1995 in einer Ausarbeitung29 dargestellt, dass die bloße Tätigkeit für das MfS nicht zu einer außerordentlichen Kündigung reicht. Aber die Tätigkeit als Offizier in besonderem Einsatz für das MfS, als Passkontrolleur im Dienst des MfS bzw. ein jahrelanger Einsatz beim MfS wird als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung angesehen. Allerdings fordern die Arbeitsgerichte eine Einzelfallprüfung zu den Fragen nach Art, Dauer und Bedeutung des Einsatzes sowie zur Stellung beim MfS und zu Fragen zum aktuellen Aufgabengebiet und dessen Bedeutung für den öffentlichen Dienst und die Allgemeinheit. Das Recht zur fristlosen Kündigung ehemaliger MfS-Angehöriger ist verwirkt, wenn die Tätigkeit in den Bewerbungsunterlagen angegeben war und gleichwohl die Einstellung erfolgt ist oder die Kündigung trotz Kenntnis des Kündigungsgrundes hinausgezögert worden ist. Wird bei einer Neueinstellung in den öffentlichen Dienst eine Tätigkeit beim MfS verschwiegen, 25 BGBl. II S. 885, 1140. 26 Anlage I C Kap. XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 1 Einigungsvertrag 27 Urteil des BAG vom 11. Juni 1992, NZA 1993, 118. 28 Vgl. Fn 2, Rn. 378 ff. Vgl. auch Winkler, Kathrin (2001). Die Kündigung wegen Tätigkeit für das MfS in der Praxis. Dissertation an der Universität Jena, S. 85ff. 29 (1995). Rechtsprechung zur außerordentlichen Kündigung wegen Stasitätigkeit für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, WF III – 101/95. Stand: 30. Mai 1995, . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 11 kann dies ebenfalls einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB darstellen.30 8.2. Ordentliches Sonderkündigungsrecht Das einigungsvertragliche ordentliche Sonderkündigungsrecht galt nur bis zum 31. Dezember 1993, seitdem gelten die allgemeinen Normen zur Kündigung. 9. Prüfung der Kündigungsmöglichkeiten im Gutachten Im vorliegenden Gutachten „Arbeitsrechtliche Möglichkeiten zur Beendigung von Dienstverhältnissen zwischen der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) und ehemaligen Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)“ von Prof. Weberling werden die im deutschen Arbeitsrecht vorgesehenen Kündigungsmöglichkeiten umfassend dargestellt und im Hinblick auf die Kündigung ehemaliger MfS- Mitarbeiter in der Behörde des BStU intensiv geprüft. Sowohl die ordentliche Kündigung als auch die außerordentliche Kündigung, die Druckkündigung als eine spezielle Form der Kündigung und das Sonderkündigungsrecht im Einigungsvertrag für Personen im öffentlichen Dienst finden in dem Gutachten Berücksichtigung. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist ausführlich erfasst und in die Prüfung einbezogen worden. Im Ergebnis werden alle dargestellten Kündigungsoptionen als rechtlich nicht möglich angesehen, was in sich schlüssig und nachvollziehbar erläutert wird. 9.1. Außerordentliche Kündigung Die Gutachter beziehen sich bei der Prüfung der außerordentlichen Kündigung auch auf ein nicht veröffentlichtes Gutachten . Sie erklären, dass in Kenntnis dieses Gutachtens durchaus das für eine außerordentliche Kündigung unverzichtbare Kriterium der Unzumutbarkeit gegeben sei: „So sind in der Abteilung AR (Archivbestände) der Behörde des BStU beispielsweise ehemalige MfS-Mitarbeiter tätig, die einen hohen Verstrickungsgrad aufweisen. Die Geeignetheit von Mitarbeitern, die hauptberuflich für das MfS in dessen Archiveinheit tätig waren, die für die zentrale Nachweisführung und Auskünfte über erfasste Personen und registrierte Akten verantwortlich war, ist schon deshalb in Frage zu stellen, weil sie heute in einer Institution tätig sind, deren Ziel gerade die Aufarbeitung der Stasi-Tätigkeit ist. Ebenso erscheinen diese Mitarbeiter als nicht geeignet, Bürgern bei Auskünften gegenüberzutreten und Ersuchen im Interesse des betroffenen Bürgers nach den Rechtsvorschriften umzusetzen. Das Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Verwaltung kann dadurch gestört werden“ (S. 20 ff.). Dennoch kommt der Gutachter – auch aufgrund der bisherigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte – zu dem Schluss, dass die Frage, ob ein Festhalten am Arbeitsverhältnis für den BStU 30 Vgl. Fn 29, S. 1ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 12 unzumutbar ist, nur durch eine umfassende Analyse und Bewertung jedes einzelnen Sachverhalts zu beantworten sei (S. 21). Zudem könnten sich Zweifel an der Eignung eines Mitarbeiters abschwächen, denn über 20 Jahre nach Beendigung der MfS-Mitarbeit könne nicht mehr ohne weiteres angenommen werden, dass sich der betroffene Mitarbeiter weiter mit den Zielen und Methoden des MfS identifiziere und deshalb künftig nicht bereit sei, den verfassungsrechtlichen Grundprinzipien und seinen arbeitsvertraglichen und allgemeinen Pflichten nachzukommen (S. 21). Der Gutachter führt an, dass nach der Rechtsprechung ein Arbeitgeber in dem Moment, in dem er Kenntnis von der MfS-Tätigkeit eines Arbeitnehmers erhält, eine schnelle Entscheidung über Fortdauer oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu treffen hat. „Da eine feste Zeitgrenze, ab wann die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Arbeitsverhältnis wegfällt, nicht besteht, bedarf es einer Abwägung des Zeitablaufs mit dem Gewicht der Kündigungsgründe“ (S. 21). Prof. Weberling gelangt auch aufgrund der Darlegungen in dem Gutachten von Klein und Schroeder über die ehemaligen MfS-Mitarbeiter in der Behörde des BStU zu der Auffassung, dass eine außerordentliche Kündigung heute rechtlich nicht mehr möglich sei, denn „die langjährig unveränderte Weiterbeschäftigung der betroffenen Arbeitnehmer in Kenntnis eines ursprünglich vorhandenen Kündigungsgrundes macht die Fortsetzung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses zumutbar “ (S. 22). Weberling verweist explizit auf das Gutachten von Klein und Schroeder, demzufolge Mitarbeiter nicht nur in Kenntnis ihrer früheren Stasi-Tätigkeit, sondern teilweise gerade wegen ihrer besonderen Spezialkenntnisse bei der Behörde des BStU eingestellt worden seien (S. 22). Auch bei der außerordentlichen Kündigung mangels persönlicher Eignung gelangt der Gutachter zu dem Schluss, dass eine Kündigung ehemaliger MfS-Mitarbeiter nur dann möglich sei, wenn sich eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses ergebe. Liege diese vor, müsse die Unzumutbarkeit des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung geprüft werden. „Liegen keine besonderen zusätzlichen Faktoren vor, die eine Störung des bestehenden Arbeitsverhältnisses vermuten lassen, ist der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung (…) ohne Aussicht auf Erfolg“ (S. 24). Weberling verweist auf die ihm vorliegenden Unterlagen und erklärt, dass zwar die Hintergründe der Tätigkeit einzelner Mitarbeiter des MfS ersichtlich seien, eine konkrete nachweisbare Beeinträchtigung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses aber aktuell nicht ersichtlich sei (S. 24). Daher fehle allein schon der wichtige Grund als Grundvoraussetzung der außerordentlichen Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung wegen Vertrauensverlust wäre bei einer so genannten Fragebogenlüge möglich. Sie kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen. Nach Auskunft des Gutachters mussten alle Mitarbeiter im Rahmen ihrer Einstellung bei der Behörde des BStU einen Personalfragebogen ausfüllen. Ob ein Mitarbeiter möglicherweise wahrheitswidrige Angaben gemacht hat, müsste aber im Einzelfall geprüft werden. Allerdings, so Weberling , müsse auch hier die Dauer eines Arbeitsverhältnisses beachtet werden. Bei der Interessenabwägung wäre zu berücksichtigen, wie lange das Arbeitsverhältnis ohne Beanstandungen fortgesetzt wurde, bevor der Arbeitgeber von der Falschbeantwortung erfahren hat. „Längere beanstandungsfreie Zeiträume könnten auf Bewährung, innere Distanz, Abkehr von früheren Einstellungen und Taten hinweisen“ (S. 26). Auch die außerordentliche Verdachtskündigung schließt Weberling aus. „Eine Verdachtskündigung dürfte (…) in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle ausscheiden, da hier nicht nur ein Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 13 dringender Verdacht einer bewussten und gewollten Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit sondern – insbesondere bei den ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeitern – vielmehr positive Kenntnis über deren frühere Tätigkeit besteht. Wenn aber schon die tatsächliche Kenntnis über den Umstand einer früheren bewussten und gewollten MfS-Tätigkeit nicht ausreicht, um einen Kündigungsgrund zu begründen, rechtfertigt der bloße Verdacht erst recht nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ (S. 29). 9.2. Druckkündigung Eine unechte Druckkündigung als Sonderfall der außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB könnte nach Einschätzung des Gutachters dann gerechtfertigt sein, wenn „einerseits der selbst belastete Arbeitnehmer Archivunterlagen verfälscht, vernichtet, unterschlägt oder unberechtigt herausgeben würde und dadurch bereits einen Kündigungsgrund bietet sowie andererseits aufgrund dieses widerrechtlichen Verhaltens von Stasi-Opfern oder Opferverbänden Druck auf den Arbeitgeber dahingehend ausgeübt würde, sich von dem Arbeitnehmer zu trennen, da das Behördenziel der Aufklärungsarbeit durch solche Mitarbeiter vereitelt, eine wissenschaftliche Zusammenarbeit dadurch gefährdet und die Behördenarbeit als solche unglaubwürdig würde“ (S. 29). In diesem Fall habe der Arbeitnehmer den Kündigungsdruck selbst verursacht und im Falle einer Kündigung richte sich, so Weberling, die Kündigung nach den üblichen Regelungen des KSchG. Bei einer echten Druckkündigung, so der Gutachter, müsse eine echte Drucksituation vorliegen, die sich entweder aus Umständen innerhalb oder auch außerhalb der Behörde des BStU ergeben. Zwar stehe die Behörde unter „nicht unerheblichem öffentlichen Druck“ aufgrund der Beschäftigung ehemaliger MfS-Mitarbeiter, allerdings ergebe sich daraus seitens Dritter nicht die konkrete Forderung zur Entlassung bestimmter Arbeitnehmer. Es werde vielmehr die Beschäftigung einer bestimmten Personengruppe allgemein kritisiert (S. 31). Eine Druckkündigung könnte sich zudem als unverhältnismäßig erweisen, so Weberling, denn es gelte das Ultima-Ratio-Prinzip. „Als mildere Maßnahme wäre zumindest die Möglichkeit der Umsetzung, Versetzung oder Änderungskündigung zu prüfen und die diesbezügliche Prüfung durch den Arbeitgeber nachzuweisen “ (S. 32). Weberling führt abschließend aus, dass es dem Arbeitgeber zudem verwehrt sei, sich auf eine Drucksituation zu berufen, die er selbst herbeigeführt habe. „Die Tatsache, dass ehemalige MfS- Angehörige in der Behörde des BStU tätig sind, ist auf die Einstellungspolitik der Behörde Anfang der 90er Jahre zurückzuführen. Seinerzeit wurden bewusst ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter des MfS in den Aufbaustab der Behörde übernommen und in der Folgezeit ihre Weiterbeschäftigung über die ursprüngliche Befristung hinaus ausdrücklich befürwortet. Das Spannungsverhältnis , welches sich aus diesen Beschäftigungsverhältnissen zum Behördenauftrag sowie gegenüber den Opfern der SED-Diktatur und Opferverbänden ergeben hat, wurde arbeitgeberseitig provoziert und in der Folgezeit in Kauf genommen. (…) Da der Behörde des BStU die Entstehung der heutigen Situation zuzurechnen ist, würde es gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn diese sich diese Situation jetzt kündigungsrechtlich zu eigen machen würde“ (S. 32). 9.3. Ordentliche Kündigung Eine personenbedingte ordentliche Kündigung hat nach Einschätzung des Gutachters keine Aussicht auf Erfolg. Er bezieht sich auf die ihm vorliegenden Unterlagen und erklärt, dass nicht er- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 14 kennbar sei, dass „die Stasi-Belastungen des vorstehenden Personenkreises tatsächlich auf das heutige Arbeitsverhältnis durchschlagen“ (S. 34). Zudem müsste zusätzlich zum Fehlen einer persönlichen Eignung eine negative Prognose bezüglich der weiteren Arbeitspflichterfüllung und eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vorliegen. Auch die verhaltensbedingte Kündigung scheidet nach Einschätzung des Gutachters aus, weil das damalige Verhalten keinen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten des später begründeten Arbeitsverhältnisses mit der Behörde des BStU begründe. „Sollte sich im Einzelfall – entgegen dem bisherigen Kenntnisstand – herausstellen, dass Fragen zur früheren MfS-Tätigkeit wahrheitswidrig beantwortet wurden, müsste die konkrete falsche Antwort zur Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Kündigung geeignet sein, das Vertrauen des Arbeitgebers zu zerstören. In diesen Fällen dürfte aber vor Ausspruch einer Kündigung regelmäßig eine Abmahnung als milderes Mittel in Betracht kommen“ (S. 35). Eine verhaltensbedingte Kündigung komme nicht in Betracht, weil es, so der Gutachter, an einem Fehlverhalten des jeweiligen Arbeitnehmers im bestehenden Arbeitsverhältnis fehle (S. 37). Anders verhielte es sich, wenn die wahrheitswidrige Beantwortung der Frage nach früherer Tätigkeit für das MfS im Personalfragebogen erst im Zuge einer aktuell durchgeführten Prüfung der BStU-Unterlagen bekannt geworden wäre. Allerdings sei aus den ihm vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, ob ein solcher Fall gegeben sei, so Weberling (S. 37). 10. Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Anfechtung Eine Anfechtung der Arbeitsverträge schließt Weberling grundsätzlich aus, da seit Abgabe der Willenserklärung zum Abschluss der jeweiligen Arbeitsverträge zehn Jahre vergangen seien (S. 16). Diese Anfechtungsfrist wird in § 124 Abs. 3 BGB gesetzt. 11. Andere Optionen des BStU zur Trennung von ehemaligen MfS-Mitarbeitern Das Gutachten befasst sich unter anderem mit den in § 4 TVöD vorgesehenen Möglichkeiten der Versetzung von Personal; dieser Teil wurde auf Schlüssigkeit geprüft. Neben der Kündigung werden andere dienstrechtliche Mittel genannt, um sich von früher für das MfS tätigen Mitarbeitern, die nun für die Behörde des BStU tätig sind, zu trennen. Es werden die in § 4 TVöD genannten Möglichkeiten der Versetzung, Abordnung und Personalgestellung sehr ausführlich erläutert. Die Zuweisung wurde in dem Gutachten nicht behandelt. Eine Zuweisung gemäß der Protokollerklärung zu § 4 Abs. 2 TVöD ist - unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses - die vorübergehende Beschäftigung bei einem Dritten im In- und Ausland, bei dem der Allgemeine Teil des TVöD nicht zur Anwendung kommt. Sie kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da mit einer vorübergehenden Beschäftigung bei einem Dritten weder dem Arbeitnehmer (hier: ehemalige Mitarbeiter des MfS) noch dem Arbeitgeber (hier: BStU) gedient ist. 12. Gesetzgeberische Handlungsoptionen Das Gutachten schlägt eine Ergänzung des § 37 StUG vor, um künftig die Tätigkeit ehemaliger Mitarbeiter des MfS im BStU auszuschließen. Der Vorschlag lautet: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 15 „Eine Beschäftigung ehemaliger Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes im Sinne des § 6 Abs. 4 StUG beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ist unzulässig. Ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmung beim Bundesbeauftragten beschäftigt sind, sind ihren Tätigkeiten entsprechend unter Berücksichtigung sozialer Belange auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz in der Bundesverwaltung zu versetzen .“ Eine entsprechende Änderung wäre verfassungsgemäß. Insbesondere ist sie mit Art. 12 GG und Art 33 Abs. 2 GG vereinbar. 12.1. Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG Art. 12 Abs. 1 GG schützt grundsätzlich die Berufswahl- und die Berufsausübungsfreiheit. Allerdings wird nicht jeder Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG erfasst, sondern nur solche, die eine berufsregelnde Tendenz haben. Das Gutachten sieht in dem Vorschlag zu Recht eine berufsregelnde Tendenz und nimmt somit einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG an. Ob die Berufswahl oder Berufsausübung betroffen ist, lässt das Gutachten offen. Allerdings ist im vorliegenden Fall zu bedenken, dass es sich gerade um eine Arbeitsplatzwahl handelt, die in Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG der Berufswahl zuzuordnen ist. Die Berufswahl betrifft das „Feld“32, in welchem man sich betätigen will, der Arbeitsplatz ist die Entscheidung über den betrieblichen und konkreten (auch räumlichen) Zusammenhang.33 Dies gilt auch für den öffentlichen Dienst34. Vorliegend werden ehemalige MfS-Mitarbeiter gesetzlich daran gehindert, einen bestimmten Arbeitsplatz – nämlich in der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR – zu wählen (Satz 1 des Formulierungsvorschlages). Ehemalige MfS-Mitarbeiter, die sich bereits in einem Anstellungsverhältnis befinden, sind entsprechend ihren Fähigkeiten und unter Berücksichtigung sozialer Belange in die Bundesverwaltung zu versetzen (Satz 2 des Formulierungsvorschlages). Die Beibehaltung eines einmal erlangten Arbeitsplatzes wird jedoch ebenso von Art. 12 GG geschützt.35 In der vorliegenden Konstellation des Formulierungsvorschlages wird somit in die Berufswahl – nämlich die Arbeitsplatzwahl – eingegriffen . Trotz der Aufspaltung des Art. 12 Abs. 1 GG, die dem Wortlaut nach nur eine Einschränkung der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG) zulässt, entspricht es der allgemeinen Ansicht, dass es sich um einen einheitlichen Schutzbereich handelt und die Schranke in Abs. 1 S. 2 auch auf die Berufswahl anzuwenden ist36. Je stärker eine Regelung in die Berufsfreiheit eingreift, desto höher sind die Anforderungen an die Rechtfertigung dieser Regelung. Bei subjektiven Berufswahlregelungen , also Zugangsbeschränkungen, die an Eigenschaften der Personen (ehemalige MfS-Mit- 32 Manssen, Gerrit in: von Mangoldt, Herrmann/Klein, Friedrich/Starck, Christian, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Auflage 2010, Band 1, Art. 12, Art. 12 GG, Rn. 57. 33 BVerfG, Urteil vom 24.04.1991 - 1 BvR 1341/90, NJW 1991, S. 1667 ff., 1667; Manssen (Fn. 32), Art. 12, Rn. 57. 34 Manssen (Fn 32), Art. 12, Rn. 59. 35 BVerfG (Fn. 33) NJW 1991, S. 1667; Manssen (Fn. 32), Art. 12, Rn. 58. 36 Ruffert, Matthias in: Epping, Volker/Hillgruber, Christian, Beck’scher Onlinekommentar zum Grundgesetz, Stand vom 01.07.2011, Art. 12, Rn. 47. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 16 arbeiter) anknüpfen, müssen unter Anwendung der „Dreistufentheorie“37 des Bundesverfassungsgerichts wichtige Interessen des Gemeinwohls betroffen sein. Eine Rechtfertigung des Eingriffes ist somit unter den genannten Voraussetzungen möglich. Demnach müsste der Formulierungsvorschlag verhältnismäßig sein. Das Gutachten führt keine dogmatisch saubere und ausführliche Grundrechtsprüfung durch, geht jedoch vertretbar auf alle wesentlichen Fragen ein. Zunächst müsste der Formulierungsvorschlag ein legitimes Ziel verfolgen. Auf Grund der weiten Einschätzungsprärogative und der Zwecksetzungskompetenz des Gesetzgebers ist ein legitimer Zweck des Formulierungsvorschlages zu bejahen. Insbesondere die Glaubwürdigkeit der Behördentätigkeit und der Respekt vor Opfern des MfS sind Zweck der Regelung. Diese Zwecke werden auch hauptsächlich von dem Gutachten angeführt. Die beabsichtigte Regelung ist auch geeignet , diesen Zweck zu erreichen. Ob eine Gesetzesänderung wie die vorgeschlagene erforderlich ist, stellt das Gutachten in einem Absatz in Frage, bejaht jedoch diese im Ergebnis. Als milderes , aber dennoch gleich geeignetes Mittel nennt das Gutachten die „Versetzung“ ehemaliger MfS-Mitarbeiter innerhalb der BStU in Positionen, die für die Aufklärungsarbeit nicht unmittelbar relevant sind. Richtigerweise kommt das Gutachten dennoch zu dem Schluss, dass die Glaubwürdigkeit der Behörde durch eine solche Regelung nicht in gleichem Maße hergestellt werden könnte, zumal auch in diesem Fall ehemaliger Opfer des MfS zufällig auf ehemalige Mitarbeiter treffen können. Weiterhin müsste die Regelung verhältnismäßig im engeren Sinne sein. An dieser Stelle ist eine Abwägung der kollidierenden Interessen vorzunehmen. Als Besonderheit im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG als einheitlicher Schutzbereich ist zu beachten, dass die betroffene Berufswahl nur dann verhältnismäßig einschränkbar ist, wenn die Beschränkung wichtigen Gemeinwohlinteressen dient. Im Gutachten wird dabei etwas irreführend von „überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern “ gesprochen (S. 64, 2. Absatz). Diese sind jedoch für eine subjektive Berufswahlregelung (2. Stufe) nicht erforderlich, sondern nur für objektive Berufswahlregelungen (3. Stufe)38. Insofern reichen wichtige Gemeinwohlinteressen aus.39 Trotz des anderen (höheren) Maßstabes, kommt das Gutachten in überzeugender Weise zu dem Schluss, dass die vorgeschlagene Regelung angemessen ist. Dabei wird zurecht das große Gemeininteresse der glaubwürdigen und umfassenden politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Aufarbeitung des SED-Unrechts und im Speziellen des MfS als Hauptpunkt in die Abwägung einbezogen. Weiterhin wird von dem Gutachten der „Opferschutzcharakter“ des StUG genannt (S. 64, 2. Abs.). Dabei überwiegen diese wichtigen Gemeinwohlinteressen die Interessen der von der vorgeschlagenen Regelung Betroffenen . Diese haben zwar einen gewissen Vertrauensschutz erworben, jedoch wird die Härte der Regelung dadurch abgefedert, dass keine „Sonderkündigung“ erfolgen kann, sondern nur eine Versetzung innerhalb der Bundesverwaltung. Das Gutachten geht mit Recht auf das Argument ein, dass selbst die Interessen der ehemaligen MfS-Mitarbeiter, die „loyal“ bis heute in der BStU gearbeitet haben, auf Grund der sonst eintretenden politischen Unglaubwürdigkeit der Behörde 37 BVerfGE 7, 377 ff., 377. 38 Dieterich, Thomas/Schmidt, Ingrid in: Glöge-Müller, Rudi/Preis, Ulrich, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Auflage 2011, GG Art. 12, Rn. 27; Manssen (Fn. 32), Art. 12, Rn. 141. 39 Manssen in (Fn. 32) Art. 12, Rn. 141. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 17 und der Erschütterung des Vertrauens der Gesellschaft in die Rechtstaatlichkeit der Verwaltungstätigkeit , zurücktreten müssen. Insbesondere verdient das Argument Beachtung, dass es den Opfern des SED-Unrechts nicht zugemutet werden kann, in der Behörde, die ihre Rechte und Interessen unterstützen soll, auf Mitarbeiter desselben Systems zu stoßen. Insgesamt muss als Gegengewicht zu der Strenge der Regelung ins Auge gefasst werden, dass alle Entscheidungen „unter Berücksichtigung sozialer Belang“ zu treffen sind. Aus all diesen Überlegungen kommt auch das Gutachten zu dem Ergebnis, dass die vorgeschlagene Regelung auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist. 12.2. Art 33 Abs. 2 GG Art. 33 Abs. 2 GG gewährt allen Deutschen das gleiche Recht auf Zugang zu allen öffentlichen Ämtern. Dabei knüpft es an die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung an. Bei Art. 33 Abs. 2 GG handelt es sich um ein grundrechtsgleiches Recht.40 Dies könnte dadurch verletzt sein, dass der Regelungsvorschlag den Zugang zu dem speziellen öffentlichen Amt in der BStU für solche Bewerber ausschließt, die ehemalige Mitglieder des MfS sind. Sollte diese Eigenschaft unter keines der drei von Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien fallen, könnte eine Verletzung des grundrechtsgleichen Rechtes zu einer Verfassungswidrigkeit der Regelung führen. Allerdings werden unter dem Begriff „Eignung“ auch alle geistigen, körperlichen, psychischen und charakterlichen Eigenschaften gezählt, die für ein spezifisches Amt von Bedeutung sind.41 Das Gutachten kommt vertretbar – allerdings im Rahmen der Prüfung des Art. 12 Abs. 1 GG – zu dem Ergebnis, dass gerade für die BStU eine Eignung ausscheidet, wenn der betreffende Bewerber oder Mitarbeiter eine Stasi-Vergangenheit aufweist. Zweifel bestehen insoweit, als dass es umstritten ist, die Verfassungstreue überhaupt als Eignungskriterium zu bemühen.42 Gerade für das betreffende Amt ist es aus den zu Art. 12 Abs. 1 GG ausgeführten Argumenten vertretbar, aus der besonderen Situation heraus die Eignung auf die vergangene MfS-Mitarbeit zu erstrecken. Die Argumentation ist in soweit überzeugend, als dass die vom StUG festgesetzten Ziele des Gesetzes und der Behörde nur von denjenigen vermittelt und unterstützt werden können, die neben ihren fachlichen Fähigkeiten über eine unangetastete demokratische Zuverlässigkeit verfügen. Alles in allem ist das Ergebnis, die vorgeschlagene Neuregelung verstoße nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG, gut zu vertreten. 12.3. Rückwirkungsverbot Weiterhin geht der Verfasser des Gutachtens auf einen eventuellen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot ein. Dabei geht nicht ganz klar aus den Ausführungen hervor, worauf die Rückwirkung bezogen wird. Es kann dahin stehen, ob eine Rückwirkung nur bezüglich der Personengruppe besteht, die bereits bei der BStU beschäftigt ist, oder auch die Personen betrifft, denen der 40 Jachmann, Monika in: von Mangoldt, Herrmann/Klein, Friedrich/Starck, Christian, Kommentar zum Grundgesetz , Band 2, 6. Auflage 2010, Art. 33 Abs. 2, Rn. 12. 41 BVerfGE 92, 140 ff., 151. 42 Hense, Ansger in: Epping, Volker/ Hillgruber, Christian, Beck’scher Onlinekommentar zum Grundgesetz, Stand vom 01.07.2011, Art. 33 Abs. 2, Rn. 14. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 – 3000-141/11 WD 3 – 3000-262/11 Seite 18 Zugang zur BStU verwehrt wird. In jedem Fall handelt es sich um eine unechte Rückwirkung, die durch Gesetz grundsätzlich zulässig ist. Auch hier kommt das Gutachten in überzeugender Weise mit einer ähnlichen Abwägung wie innerhalb des Art. 12 Abs. 1 GG zu dem Ergebnis, dass die Gemeinwohlinteressen und die politische Notwendigkeit einer Änderung der Rechtslage das Ausmaß des Vertrauensschadens bei weitem überwiegen, vor allem unter Berücksichtigung einer Versetzung statt einer Kündigung. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot ist insofern aus vertretbaren Gründen abgelehnt worden . 13. Ergebnis Der Gutachter Prof. Dr. Johannes Weberling hat die im deutschen Kündigungsrecht möglichen Kündigungsformen umfassend geprüft und nachvollziehbar ausgeschlossen. Da den Wissenschaftlichen Diensten keine weiteren Unterlagen und Informationen über die betroffenen Mitarbeiter vorliegen und somit keine vertieften Kenntnisse über die jeweiligen Einzelfälle vorhanden sind, kann eine Prüfung anderer Kündigungsformen - zum Beispiel der auf Seite 32 des Gutachtens kurz erwähnten Änderungskündigung - vom Fachbereich Arbeit und Soziales nicht vorgenommen werden. Das Gutachten ist in den Teilen „E. Andere Optionen des BStU zur Trennung von ehemaligen MfS-Mitarbeitern“ und „F. Gesetzgeberische Handlungsoptionen“ in Bezug auf die Aufgabenstellung , die Herangehensweise/ Methode, Argumentation, Ergebnisse sowie Teilergebnisse stimmig, kommt zu vertretbaren Ergebnissen und macht einen verfassungsmäßigen Gesetzgebungsvorschlag .