WD 6 - 3000 - 140/19 (4. Dezember 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Aktuell liegen noch nicht konkret ausformulierte Vorschläge zur Einführung einer Kindergrundsicherung vor, mit der verschiedene familien- und sozialpolitische Leistungen zusammengefasst werden sollen.1 Dabei stellt sich die Frage der Exportpflicht von staatlichen Leistungen in den Europäischen Raum nach der VO (EG) 883/2004 vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Der Begriff der Familienleistungen umfasst gemäß Art. 1 lit. z VO (EG) 883/2004 alle Sach- und Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen. Die vorgeschlagene Kindergrundsicherung müsste insbesondere mit folgenden Regelungen vereinbar sein: Bereits der grundlegende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sieht in Art. 18 vor, dass unbeschadet besonderer Bestimmungen jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten ist. In der Europäischen Union haben Personen gemäß Art. 4 VO (EG) 883/2004 die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates wie die Staatsangehörigen dieses Staates. Eine Regelung, nach der eine staatliche Leistung an die Staatsangehörigkeit gebunden ist, würde diesem Grundsatz entgegenstehen. Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten der EU oder der Verordnung selbst zu zahlen sind, dürfen gemäß Art. 7 VO (EG) 883/2004 grundsätzlich nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat wohnen. Gemäß Art. 67 Satz 1 VO (EG) 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. 1 Unter anderem: Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Faire Chancen für jedes Kind – Kindergrundsicherung einführen“, Bundestagsdrucksache 19/14326, abrufbar im Internet unter https://dipbt.bundestag.de/doc/btd /19/143/1914326.pdf, zuletzt abgerufen am 4. Dezember 2019. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Europarechtliche Fragen zur Kindergrundsicherung Kurzinformation Europarechtliche Fragen zur Kindergrundsicherung Fachbereich WD 6 (Arbeit und Soziales) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Die Prüfung, ob und inwieweit die vorgeschlagene Kindergrundsicherung als Familienleistung der Exportpflicht unterliegen könnte, kann erst bei Vorlage konkreter Entwürfe geprüft werden. Auf die Ausarbeitung des Fachbereichs Europa „Kürzung des Kindergeldes im Lichte des EU- Rechts“ vom 29. April 2016 wird verwiesen.2 *** 2 Abrufbar im Internet unter https://www.bundestag.de/resource/blob/429050/023df0b56f93563e9ada791956a11538/ pe-6-071-16-pdf-data.pdf, zuletzt abgerufen am 4. Dezember 2019.