© 2016 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 135/16 Daten zum Regelbedarf, zur Rentenerhöhung und zu Beziehern von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 135/16 Seite 2 Daten zum Regelbedarf, zur Rentenerhöhung und zu Beziehern von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 135/16 Abschluss der Arbeit: 29. November 2016 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 135/16 Seite 3 Die Fortschreibung der Regelleistung nach den Vorschriften des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) war mit dessen Einführung im Jahr 2005 bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Februar 2010 an den jeweils aktuellen Rentenwert gekoppelt (§ 20 Absatz 4 SGB II a.F. gültig bis 31. Dezember 2010). Das BVerfG beanstandete in seiner Entscheidung, dass die Orientierung an der Entwicklung des aktuellen Rentenwerts nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) einen sachwidrigen Maßstabswechsel darstelle. Während die statistische Ermittlungsmethode der Regelleistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) auf Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten abstelle, setze eine Fortschreibung nach dem aktuellen Rentenwert nach § 68 SGB VI an den Faktoren der Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter, des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung, in der Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 1. Juli 2013 zusätzlich des Altersvorsorgeanteils (§ 255e SGB VI), und an einem Nachhaltigkeitsfaktor an. Der aktuelle Rentenwert diene zudem nicht dazu, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen zu quantifizieren und entsprechend der Veränderung des Bedarfs jährlich fortzuschreiben.1 Das BVerfG verpflichtete den Gesetzgeber, die Fortschreibung der Regelleistung in einem verfassungsgemäßen Verfahren bis zum 31. Dezember 2010 neu zu regeln. Zur Ermittlung des Anspruchsumfangs habe der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht und nachvollziehbar auf der Grundlage schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2011 ist das „Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch“ vom 24. März 2011 in Kraft getreten. Das „Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz - RBEG)“ wurde als Artikel 1 dieses Gesetzes beschlossen.2 Die Vorgaben des BVerfG wurden entsprechend umgesetzt. Die Fortschreibung erfolgt nun zum 1. Januar eines Jahres und ist vom Rentenwert entkoppelt. Nach § 28 Absatz 1 SGB XII wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt , wenn die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) vorliegen. Die Daten werden in einem fünfjährigen Turnus erhoben. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 SGB XII erfolgt, werden die Regelbedarfsstufen gemäß § 28a SGB XII aufgrund der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung fortgeschrieben. Die Preisentwicklung geht dabei mit einem Anteil von 70 Prozent und die Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter mit 30 Prozent ein (Mischindex). Das Statistische Bundesamt bildet einen speziellen Preisindex für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen, der ausschließlich die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen berücksichtigt . Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung wird quartalsweise veröffentlicht. Aus diesen Zahlen kann das Statistische Bundesamt die Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter für den relevanten Jahreszeitraum errechnen. Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ist nicht auf die 1 BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 –, BVerfGE 125, 175-260, Rn. 184. 2 BGBl. I 2011 S. 453. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 135/16 Seite 4 unteren Einkommensschichten begrenzt. Die Fortschreibung der Regelbedarfe erfolgt durch die jährliche Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung (RBSFV) nach § 40 SGB XII. Die folgende Tabelle zeigt zunächst die Entwicklung der Regelleistung (Eckregelsatz) bis zum Ende des Jahres 2010. Sofern eine Rentenanpassung durchgeführt wird, erfolgt diese generell ab dem 1. Juli eines Jahres im Rahmen der jährlichen Rentenwertbestimmungsverordnung (RWBestV). Die Anpassung der Regelleistung erfolgte dementsprechend ebenfalls ab dem 1. Juli des jeweiligen Jahres. Zum 1. Juli 2005 und zum 1. Juli 2006 fand keine Erhöhung der Regelleistung statt, weil der aktuelle Rentenwert jeweils unverändert blieb. Die RWBestV für das Jahr 2010 sah ebenfalls keine Erhöhung des Rentenwertes vor. Demzufolge galt der seit dem 1. Juli 2009 maßgebliche aktuelle Rentenwert über den 30. Juni 2010 hinaus. Im Jahr 2010 blieb die Regelleistung daher auf dem Niveau von 2009 bei 359 Euro. Ab dem Jahr 2011 zeigt die Tabelle die prozentuale Steigerung des Regelbedarfs im Rahmen der neuen gesetzlichen Regelungen zur Fortschreibung des Regelbedarfs ab Januar 2011, also unabhängig vom Rentenwert. Die prozentuale Rentenanpassung wird dennoch informationshalber aufgeführt. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden die Daten nur für die Regelbedarfsstufe 1 (Alleinstehende, alleinerziehende Personen) aufgelistet. Bei den Empfängerinnern und Empfängern von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind nur diejenigen berücksichtigt, die die Altersgrenze nach § 41 SGB XII erreicht haben bzw. noch älter sind. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 135/16 Seite 5 Jahr Regelleistung/ Regelbedarf in Euro pro Monat Steigerung Regelleistung / Regelbedarf gegenüber Vorjahr i.v.H. Rentenanpassung gegenüber Vorjahr (West) i.v.H. Empfängerinnern und Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab Altersgrenze und älter Daten vom 31. Dezember des jeweiligen Jahres ab 1. Juli ab 1. Juli insgesamt männlich weiblich 2005 345 West 331 Ost - 0 342.855 110.166 232.689 2006 345 (ab 01.07.2006 bundeseinheitliche Regelleistung ) 0 0 370.543 121.679 248.864 2007 347 0,6 0,54 392.368 129.695 262.673 2008 351 1,1 1,1 409.958 138.651 271.307 2009 359 2,4 2,41 399.837 140.324 259.513 2010 359 0 0 412.081 147.076 265.005 ab 1. Januar ab 1. Juli 2011 364 1,4 0,99 436.210 158.437 277.773 2012 374 2,7 2,18 464.066 170.653 293.413 2013 382 2,1 0,25 497.433 185.307 312.126 2014 391 2,4 1,67 512.198 199.810 312.388 2015 399 2,0 2,10 536.121 214.089 322.032 2016 404 1,24 4,25 _ _ _ Eigene Zusammenstellung basierend auf den Quellen: Sozialpolitik aktuell; Tabelle III 18, http://www.sozialpolitik-aktuell.de/tl_files /sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Sozialstaat/Datensammlung/PDF-Dateien/tabIII18.pdf; Deutsche Rentenversicherung Bund, Rentenversicherung in Zeitreihen, DRV-Schriften Band 22. Oktober 2016, S. 261; Daten zur Grundsicherung: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 19. April 2016 – 136/16, Seite 2, https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen /2016/04/PD16_136_221.html;jsessionid=99B175F283370568FEF34F29F55A427E.cae2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 135/16 Seite 6 Zur weiteren Information wird auf eine aktuelle Pressemitteilung des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen verwiesen: „Rente unter Grundsicherungsniveau? Wenn das Rentenniveau in den nächsten Jahren weiter fällt, wird auch ein langes Arbeitsleben bald nicht mehr für eine Rente oberhalb der Grundsicherung ausreichen. Das zeigen aktuelle Modellrechnungen des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE), die soeben im Internetportal Sozialpolitik-Aktuell veröffentlicht wurden. Das Bundesarbeitsministerium hat errechnet, dass das Rentenniveau wegen der geänderten Anpassungsformel auch über 2030 hinaus stark absinken wird. Nach 52 Prozent im Jahr 2009 und 47,6 Prozent 2015 wird für 2045 davon ausgegangen, dass die Renten vor Steuern im Durchschnitt nur noch bei 41,6 Prozent der Arbeitnehmereinkommen liegen werden. Das IAQ hat nachgerechnet, was das konkret bedeutet. Es legt zum ersten Mal Zahlen darüber vor, wie lange Arbeitnehmer Beiträge gezahlt haben müssen, um eine Altersrente oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu erhalten: Bei einem Durchschnittsverdiener müssen es aktuell 28,5 Jahre sein und 2045 dann 33,4 Jahre. Bei einem Niedrigverdiener, der nur die Hälfte des Durchschnittseinkommens hat, sind es aktuell schon 56,9 Jahre und zukünftig 66,8 Jahre. (…) Aber auch wer 70 Prozent vom Durchschnitt verdient, kann das Grundsicherungsniveau kaum noch erreichen: 2015 waren dafür 40,8 Beitragsjahre erforderlich, 2045 werden es sogar 47,7 Jahre sein.“3 Weitere Informationen hierzu: Infografik des Monats 11/2016: Folgen des sinkenden Rentenniveaus : Zunehmende Überschneidung von Grundsicherungsbedarf und Renten: http://www.sozialpolitik -aktuell.de/tl_files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Alter-Rente/Datensammlung/PDF- Dateien/abbVIII54_Grafik_Monat_11_2016.pdf. *** 3 IAQ Pressemitteilung vom 7. November 2016.