© 2018 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 130/18 Mindestsicherung im Rentenalter in Europa Ergebnisse einer MISSOC-Datenbankabfrage Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 130/18 Seite 2 Mindestsicherung im Rentenalter in Europa Ergebnisse einer MISSOC-Datenbankabfrage Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 130/18 Abschluss der Arbeit: 23. November 2018 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 130/18 Seite 3 1. Problem der länderübergreifenden Vergleichbarkeit sozialer Sicherungssysteme In der Literatur sind bisher nur wenige Veröffentlichungen über die in den einzelnen Ländern etablierten Alterssicherungssysteme erfolgt.1 Eine aktuelle Darstellung der in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gewährten Mindestrenten ist nicht bekannt. Hintergrund hierfür dürfte sein, dass sich ein länderübergreifender Vergleich der Alterssicherungssysteme aus mehreren Gründen schwierig gestaltet, denn die Soziale Sicherung ist geprägt von der jeweiligen kulturellen Tradition, der wirtschaftlichen und der historisch-politischen Entwicklung eines Landes. So weichen die Sicherungssysteme insbesondere hinsichtlich des einbezogenen Personenkreises und des angestrebten Sicherungsziels mehr oder weniger stark voneinander ab.2 In den meisten entwickelten Ländern haben sich seit der Industrialisierung differenzierte Alterssicherungssysteme gebildet, die auf drei Säulen beruhen: So erfolgt die finanzielle Absicherung der älteren Generation über diverse historisch gewachsene öffentlich-rechtliche Pflichtsysteme sowie die betriebliche und private Altersvorsorge. Den drei Säulen der Alterssicherung kommt in den einzelnen Ländern häufig eine unterschiedliche Bedeutung zu. Auch innerhalb einer Säule variiert die Gewichtung einzelner Subsysteme. In Deutschland stellt die gesetzliche Rentenversicherung das mit Abstand wichtigste Einzelelement in der Alterssicherung dar. Einem direkten Vergleich zwischen ausländischen Alterssicherungssystemen mit der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland steht beispielsweise entgegen, dass die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland zwar das wichtigste, jedoch nicht das einzige Alterssicherungssystem darstellt. Beamte, Landwirte, Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke und die meisten Selbständigen werden von der Rentenversicherungspflicht nicht erfasst.3 Gleiches gilt für Erwerbseinkommen über der Beitragsbemessungsgrenze von zurzeit monatlich 6.500 Euro. Die Alterssicherung in Deutschland sieht zwar keine Mindestrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor. Dafür besteht gegebenenfalls Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung im Alter. Insoweit weichen die angestrebten Sicherungsziele zwischen Existenzsicherung und Lebensstandardsicherung in den einzelnen Ländern erheblich voneinander ab. 1 Z.B. Url, Thomas. Altersvorsorgesysteme in Europa. Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (Hg), Wien, April 2015. 2 Zur Problematik des Vergleichs sozialer Sicherungssysteme vgl. Schmidt, Josef: Wohlfahrtsstaaten im Vergleich: Soziale Sicherung in Europa: Organisation, Finanzierung, Leistungen und Probleme; [Forschungsprojekt zum Thema "Stand, Perspektiven und Probleme der Finanzierung von Sozialen Sicherungssystemen in anderen EG- Ländern in Komparativer Perspektive"], 3., aktualisierte und erw. Aufl. 2010, VS-Verl., Wiesbaden S. 99 und Bäcker, Gerhard u.a.: Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland, Band 2: Gesundheit, Familie, Alter und Soziale Dienste. 5. durchgesehene Auflage 2010, VS Verl. Wiesbaden, S. 396 ff. 3 Einen Überblick über die Alterssicherung für verschiedene Gruppen von Erwerbstätigen in Deutschland enthält u.a.: Viebrok, Holger und Himmelreicher, Ralf K. (2001): Verteilungspolitische Aspekte vermehrter privater Altersvorsorge , ZeS-Arbeitspapier 17/2001, S. 22. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 130/18 Seite 4 Auf Initiative der Europäischen Kommission wurde mit dem gegenseitigen Informationssystem zur sozialen Sicherheit (MISSOC) eine Datenbank eingerichtet, die eine Vergleichbarkeit der Alterssicherungssysteme in den Staaten der Europäischen Union ermöglichen soll.4 Einer kurzen, überblicksmäßigen Darstellung steht dabei jedoch die Fülle der komplizierten Regelungen entgegen . Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales weist auf der Internetseite zum Sozialkompass Europa - der sich auf MISSOC bezieht - darauf hin, dass ein exakter Vergleich der einzelnen Systeme schwierig sei, da es kein für alle EU-Länder einheitliches Raster gibt, auch wenn die Struktur der Datenbank dies bisweilen suggerieren mag. Tatsächlich sind nämlich einzelne Risiken oder Leistungsfelder in den Mitgliedstaaten zum Teil ganz unterschiedlichen Zweigen der sozialen Sicherung zugeordnet.5 2. Ergebnisse der MISSOC-Abfrage Die Ergebnisse der aktuell durchgeführten MISSOC-Abfrage in allen Ländern der Europäischen Union zu den Themen - Finanzierung / Finanzierungsprinzip / Alter - Finanzierung / Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber / Alter - Finanzierung / Beteiligung des Staates / Alter - Finanzierung / Finanzierungssysteme langfristiger Leistungen / Alter - Alter / Leistungen / Mindestrente - Mindestsicherung / Grundprinzipien - Mindestsicherung / Begünstigter Personenkreis - Mindestsicherung / Bedingungen / Staatsangehörigkeit - Mindestsicherung / Bedingungen / Wohnsitz sind in der Anlage tabellarisch dargestellt. Die für Deutschland enthaltenen Angaben beziehen sich ausschließlich auf die gesetzliche Rentenversicherung. Anlage *** 4 Abrufbar im Internet unter http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=815&langId=de, zuletzt abgerufen am 21. November 2018. 5 Vgl. http://www.sozialkompass.eu, zuletzt abgerufen am 21. November 2018.