© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 125/19 Einzelfragen zum Arbeitsschutz im Baugewerbe in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 125/19 Seite 2 Einzelfragen zum Arbeitsschutz im Baugewerbe in Deutschland Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 125/19 Abschluss der Arbeit: 24. Oktober 2019 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 125/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Arbeitsschutz und Unfallverhütung in Deutschland 4 3. Arbeitsschutzrechtliche Besonderheiten für Beschäftigte im Bergbau 5 4. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche für Beschäftigte im Bergbau 6 4.1. Vorbemerkung 6 4.2. Leistungen zur Teilhabe 6 4.3. Rentenleistungen 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 125/19 Seite 4 1. Vorbemerkung An die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages wurde die Fragestellung herangetragen , welche arbeitsschutzrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen für Beschäftigte bei der Ausführung von Bau- oder sonstigen Arbeiten in unterirdischen Tunneln, Bergwerken und Schächten in Deutschland gelten. Als Arbeitsschutz beziehungsweise Arbeitnehmerschutz werden in Deutschland die Maßnahmen , Mittel und Methoden zum Schutz der Beschäftigten vor arbeitsbedingten Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen verstanden. Das angestrebte Ziel ist die Verhütung von Arbeitsunfällen und der Schutz der Gesundheit aller Beschäftigten. Der allgemeine Arbeitsschutz soll Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer schützen, ihre Arbeitskraft erhalten, sowie die Arbeit menschengerecht gestalten. Elementare Sicherheitsvorschriften, welche die Arbeitnehmer vor erheblichen Gesundheitsgefahren schützen sollen, sind daher von diesen unbedingt einzuhalten. 2. Arbeitsschutz und Unfallverhütung in Deutschland Gesetzliche Grundlage des Arbeitsschutzes ist das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Gesetze und Verordnungen (zum Beispiel Arbeitssicherheitsgesetz, Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, Chemikaliengesetz, Arbeitsstättenverordnung, Betriebssicherheitsverordnung , Gefahrstoffverordnung, Baustellenverordnung, Sprengstoffgesetz). Konkret fordert das Arbeitsschutzgesetz gemäß §§ 3 ff. ArbSchG in einem präventiven Ansatz auch für die Arbeitsplanung Gefährdungsbeurteilungen für alle Arbeitsplätze, eine auf diesen Beurteilungen basierende Festlegung von Arbeitsschutzmaßnahmen, die Umsetzung dieser Maßnahmen und Wirksamkeitskontrollen. Daraus ergibt sich für den Arbeitgeber die Aufgabe, durch Fehlbelastungen verursachte Gefährdungen zu vermeiden sowie arbeitsbedingten Erkrankungen vorzubeugen. Aus den Gefährdungsbeurteilungen können sich im konkreten Einzelfall auch Einschränkungen im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung für einen bestimmten Arbeitsplatz ergeben. Die arbeitsmedizinische Vorsorge resultiert aus der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten. Rechtsgrundlage ist die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Sie wird unter anderem im Arbeitsschutzgesetz beschrieben, das die einschlägigen EU-Richtlinien in deutsches Recht umsetzt. Durch Vorsorgen wird verhindert, dass sich Erkrankungen verschlimmern, die durch Belastungen bei der Arbeit entstanden sein können. Nach § 1 ArbSchG findet das Gesetz dem Grunde nach für sämtliche Tätigkeitsbereiche Anwendung , somit auch für Tätigkeiten im Baugewerbe. Es gilt jedoch gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 ArbSchG nicht für den Arbeitsschutz von Beschäftigten in Betrieben, die dem Bundesberggesetz unterliegen , soweit dafür entsprechende Rechtsvorschriften bestehen. Für diese Beschäftigten gilt das Arbeitsschutzgesetz nur subsidiär. Das Arbeitsschutzgesetz regelt ausschließlich den Beschäftigtenschutz . Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zum Schutz dritter Personen enthält es nicht. Die Überwachung des Arbeitsschutzes ist in § 21 ArbSchG geregelt. Danach ist die Überwachung grundsätzlich staatliche Aufgabe. Alle Arbeitsschutzgesetze und -verordnungen des Bundes werden von den Bundesländern ausgeführt. Sie überwachen die Einhaltung der Bestimmungen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 125/19 Seite 5 durch ihre Gewerbeaufsicht und können gemäß § 22 ArbSchG auch bestimmte Maßnahmen anordnen . Bei Verstößen gegen entsprechende Vorschriften können Bußgelder nach § 25 ArbSchG verhängt werden. Oberste Landesbehörden sind in der Regel die Landesminister oder Senatoren für Arbeit. Die Durchführung des betrieblichen Arbeitsschutzes und die Überwachung der Einhaltung der Gesetze und Verordnungen des Staates obliegt den Staatlichen Ämtern für Arbeitsschutz bzw. den Gewerbeaufsichtsämtern. Sie sind jedoch nicht nur als Überwachungsbehörde tätig, sondern beraten auch präventiv. Vollzug und Beratung dieser Ämter beziehen sich auf drei Aufgabenkomplexe : Betrieblicher Arbeitsschutz, technischer Öffentlichkeitsschutz und Immissionsschutz. Als Bundesoberbehörde ist zudem die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung angesiedelt. Neben diesem staatlichen Arbeitsschutz gibt es in Deutschland den Arbeitsschutz, der von den Berufsgenossenschaften und anderen Unfallversicherungsträgern nach den Vorschriften des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) geleistet wird (Dualismus im deutschen Arbeitsschutz). Dieser Arbeitsschutz wird auch selbstverwalteter Arbeitsschutz genannt, weil hier Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Selbstverwaltung bei den Unfallversicherungsträgern die Arbeitsschutzmaßnahmen selbst bestimmen und durchführen. Staatlicher und selbstverwalteter Arbeitsschutz wirken bei der Überwachung des Arbeitsschutzes in den Unternehmen eng zusammen und fördern den Erfahrungsaustausch. Sie unterrichten sich gegenseitig über durchgeführte Betriebsbesichtigungen und deren wesentliche Ergebnisse (§ 21 Abs. 3 ArbSchG und § 20 Abs. 1 SGB VII). 3. Arbeitsschutzrechtliche Besonderheiten für Beschäftigte im Bergbau Aufgrund der Besonderheiten des Bergbaus und der damit verbundenen besonderen Gefahren ist eine umfassende Vorsorge zum Schutz der Allgemeinheit und des Einzelnen erforderlich. Dazu bedarf es einer intensiven öffentlich-rechtlichen Kontrolle. Wesentlich ist die Abwehr akuter und die Verhinderung möglicher Gefahren sowie erheblicher Belästigungen. Das Bundesberggesetz (BBergG) trägt den Gegebenheiten des Bergbaus mit seinen Gefährdungen besondere Rechnung. Es verpflichtet den Unternehmer, schon vor Aufnahme des Betriebes wie auch in bestimmten Zeitabständen oder auf Verlangen der Bergbehörde während des Betriebs für alle beabsichtigten Maßnahmen Betriebspläne aufzustellen. Zentraler Gegenstand der bergbehördlichen Prüfung der Betriebspläne ist die Vorsorge gegen Gefahren für Leben und Gesundheit im Betrieb. Die Bundesregierung, die Landesregierungen oder die von ihnen ermächtigten Behörden haben auf der Grundlage des Bundesberggesetzes Bergverordnungen erlassen. Die Bergverordnungen enthalten Vorschriften, die als Rechtsnormen für den Betreiber und die Beschäftigten verbindlich sind und die der Bergwerksunternehmer bei der Führung des Betriebes, insbesondere zum Schutz der Beschäftigten, zu beachten hat. Dazu gehören auch Vorschriften über das Verhalten der Beschäftigten im Betrieb. Wesentliche Regelungen für alle bergbaulichen Bereiche enthalten zum Beispiel die Allgemeine Bundesbergverordnung (ABBergV), die in weiten Teilen dem Arbeitsschutzgesetz entspricht und die Gesundheitsschutz-Bergverordnung (GesBergV). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 125/19 Seite 6 Die Bundesländer überwachen die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften im Bergbau durch ihre Bergaufsicht. Durchführungsbehörden sind hier die regionalen Bergämter. 4. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche für Beschäftigte im Bergbau 4.1. Vorbemerkung In Deutschland existiert kein eigenständiges Gesetz zur Regelung von sozialversicherungsrechtlichen Leistungen für Arbeitnehmer im Bergbau. Vielmehr enthält das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), das die gesetzliche Rentenversicherung regelt, vereinzelt auch besondere Leistungen für Bergleute. Bergleute verrichten sogenannte knappschaftliche Tätigkeiten, was räumlich und betrieblich mit einem Bergwerk zusammenhängende Arbeiten zusammenfasst. Zuständiger Rentenversicherungsträger für alle knappschaftlichen Leistungen ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Beschäftigte im Tief- und Tunnelbau sind vom allgemeinen Leistungsrecht erfasst. 4.2. Leistungen zur Teilhabe Gemäß § 9 SGB VI erbringt der Rentenversicherungsträger Leistungen zur Prävention, medizinischen Rehabilitation, Teilhabe am Arbeitsleben und Nachsorge sowie ergänzende Leistungen. Diese Leistungen verfolgen den Zweck, gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschäftigten vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden, damit die Erwerbsfähigkeit nicht beeinträchtigt wird. Anspruch auf solche Leistungen haben unter anderem gemäß § 10 SGB VI Versicherte , die im Bergbau vermindert erwerbsfähig sind oder zu werden drohen und bei denen die Leistung eine Verbesserung erwarten lässt. 4.3. Rentenleistungen Die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute erhalten gemäß § 40 SGB VI Versicherte , die das 62. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 25 Jahre unter Tage tätig waren. Für 1952 bis 1963 geborene Versicherte wurde die Altersgrenze stufenweise vom 60. auf das 62. Lebensjahr angehoben. Ferner kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Rente für Bergleute gemäß § 45 SGB VI gewährt werden, wenn sie vermindert berufsfähig im Bergbau sind oder nach dem 50. Lebensjahr im Vergleich zu der von ihnen bisher ausgeübten knappschaftlichen Beschäftigung eine wirtschaftlich gleichwertige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht mehr ausüben und mindestens 25 Jahre unter Tage tätig waren. Für eine Rente für Bergleute ist bei einem gewöhnlichen Aufenthalt im vertraglosen Ausland gemäß § 112 Satz 2 SGB VI zusätzlich erforderlich, dass die Berechtigten auf diese Rente bereits für die Zeit, in der sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt noch im Inland gehabt haben, einen Anspruch hatten. Aufgrund der gegenüber der allgemeinen Rentenversicherung höheren Beitragsleistung werden die Rentenleistungen aufgrund knappschaftlicher Zeiten gemäß §§ 79 ff. SGB VI um etwa ein Drittel erhöht. Nach mindestens sechs Jahren ständiger Arbeit unter Tage wird darüber hinaus ein Leistungszuschlag gewährt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 125/19 Seite 7 Langjährig unter Tage tätige Bergarbeiter, die wegen der Strukturveränderungen und der Rationalisierungsmaßnahmen im Bergbau ihren Arbeitsplatz in einem knappschaftlichen Betrieb aufgeben müssen und im Zeitpunkt des Arbeitsplatzverlustes bereits das 55. Lebensjahr vollendet haben , können schließlich unter bestimmten Voraussetzungen eine Knappschaftsausgleichsleistung gemäß § 239 SGB VI erhalten. ***