© 2014 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 124/14 Ausnahme von einem gesetzlichen Mindestlohn für kurzfristig beschäftigte ausländische Saisonarbeitskräfte aus verfassungsrechtlicher Sicht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 2 Ausnahme von einem gesetzlichen Mindestlohn für kurzfristig beschäftigte ausländische Saisonarbeitskräfte aus verfassungsrechtlicher Sicht Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 124/14 Abschluss der Arbeit: 26. Juni 2014 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit 4 2.1. Gleichheitssatz des Grundgesetzes 4 2.2. Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit 5 2.2.1. Diskriminierung 5 2.2.2. Rechtfertigung 6 2.3. Drittstaatsangehörige 7 3. Anknüpfung an die Merkmale „Saisonarbeit“ und „Sozialversicherungsfreiheit“ 7 3.1. Verbot der mittelbaren Ausländerdiskriminierung 7 3.2. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG 9 3.3. Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem 9 3.4. Rechtfertigung der Ungleichbehandlung 10 3.4.1. Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 11 3.4.2. Legitimes Ziel der Regelung 12 3.4.3. Geeignetheit 12 3.4.3.1. Saisonarbeit 12 3.4.3.2. Sozialversicherungsfreiheit 13 3.4.4. Erforderlichkeit 15 3.4.5. Angemessenheit 16 4. Fazit 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 4 1. Einleitung In der kontroversen Diskussion um die Regelung eines gesetzlichen Mindestlohns wird immer wieder auch die Frage nach möglichen Ausnahmen von einem gesetzlichen Mindestlohn aufgeworfen . Unter anderem werden auch für Saisonarbeitskräfte vielfach Ausnahmen gefordert. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz - MiLoG)1 formuliert zwar in § 22 Ausnahmen, folgt dabei aber dieser Forderung nicht. Zu prüfen ist vorliegend, ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, ausländische Saisonarbeitnehmer - hilfsweise: alle Saisonarbeitnehmer - von einem gesetzlichen Mindestlohn auszunehmen , soweit sie nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV)2 von der Sozialversicherungspflicht befreit sind (sog. „kurzfristige Beschäftigung“). Die Prüfung erfolgt insbesondere am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG. Hinsichtlich der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit ist außerdem das Verfassungsrecht der Europäischen Union (EU) zu beachten. Obwohl die genannten Differenzierungsmerkmale der vom Mindestlohn auszunehmenden Arbeitnehmergruppe kumulativ vorliegen sollen und daher letztlich in der Gesamtschau zu beurteilen sind, wird im Folgenden auf die einzelnen Merkmale und die verfassungsrechtliche Vereinbarkeit einer entsprechenden Differenzierung zum Teil getrennt eingegangen. 2. Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit Soweit vorgeschlagen wird, dass nicht alle kurzfristig beschäftigten Saisonarbeitnehmer von der Mindestlohnausnahme erfasst werden sollen, sondern lediglich Ausländer, knüpft die Ausnahme unmittelbar an die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen an. 2.1. Gleichheitssatz des Grundgesetzes Das Grundgesetz kennt kein besonderes Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit . Insbesondere bezieht sich das in Art. 3 Abs. 3 GG normierte Verbot der Benachteiligung aufgrund der Heimat oder Herkunft nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 1 Artikel 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz), Bundestagsdrucksache 18/1558 vom 28. Mai 2014. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973; 2011 I S. 363), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 19. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3836). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 5 (BVerfG) nicht auf die Staatsangehörigkeit.3 Mithin ist die Staatsangehörigkeit aus Sicht des Grundgesetzes „kein von vornherein unzulässiges Diskriminierungsmerkmal“.4 2.2. Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit Die vorgeschlagene Ausnahmeregelung betrifft aber die Arbeitnehmerfreizügigkeit der Unionsbürger nach Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) als eine der Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts. Damit ist auch der Anwendungsbereich des Unionsrechts eröffnet. Im Anwendungsbereich des EU-Rechts aber greift der unionsrechtliche Gleichheitssatz mit seinen speziellen Ausprägungen.5 In Betracht kommt vorliegend Art 18 Abs. 1 AEUV, wonach „jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten“ ist. Die unmittelbare innerstaatliche Anwendbarkeit von Unionsrecht ist auch vom Bundesverfassungsgericht anerkannt.6 2.2.1. Diskriminierung Eine Diskriminierung liegt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dann vor, wenn die fragliche Maßnahme den Betroffenen gegenüber der Vergleichsgruppe benachteiligt . Die Mindestlohnausnahme setzt am Arbeitsverhältnis an. Bei der Personengruppe, für die die Ausnahme gelten soll, handelt es sich um Arbeitnehmer, die sich von anderen Arbeitnehmern allein durch ihre Staatsangehörigkeit unterscheiden. Bei Einführung einer Ausnahme vom Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte mit ausländischer Staatsangehörigkeit wäre es Arbeitgebern möglich , mit diesen Arbeitnehmern Arbeitsentgelte unterhalb der für Saisonarbeitnehmer deutscher Nationalität geltenden gesetzlichen Lohnuntergrenze zu vereinbaren, ihnen also die soziale Schutzfunktion des Mindestlohnes vorzuenthalten. Darin läge eine Benachteiligung der Ausländer gegenüber der Vergleichsgruppe der Inländer. Eine ausdrückliche Anknüpfung von Mindestlohnausnahmen an die Staatsangehörigkeit stellt damit eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 18 Abs. 1 AEUV dar. 3 BVerfGE 90, 27 (37). 4 KISCHEL, Uwe in: Epping/Hillgruber (Hrsg.): Beck'scher Online-Kommentar GG. Ed. 21. Stand: 1. Juni 2014, Art 3 Rn. 132. 5 Fassung aufgrund des am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrages von Lissabon (Konsolidierte Fassung bekanntgemacht im ABl. EG Nr. C 115 vom 9.Mai 2008, S. 47). 6 BVerfGE 31, 145 (173 ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 6 2.2.2. Rechtfertigung Ob Art. 18 Abs. 1 AEUV anders als Art. 3 Abs. 1 GG ein absolutes Diskriminierungsverbot beinhaltet oder aber als relatives Verbot eine Rechtfertigung zulässt, ist umstritten.7 Für die mittelbare Diskriminierung hat der EuGH entschieden, dass es sich um ein relatives Verbot handelt. Demgegenüber ging er in Fällen unmittelbarer Diskriminierung von einem absoluten Verbot aus, lehnt aber in neueren Entscheidungen auch in diesen Fällen eine Rechtfertigungsmöglichkeit nicht grundsätzlich ab.8 Zur Rechtfertigung kommen aber nur zwingende Gründe des Allgemeinwohls in Betracht, nicht aber wirtschaftliche Gründe.9 Dabei ist jedenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten .10 Der Einsatz von Saisonarbeitern ist vor allem in der Land- und Forstwirtschaft, in der Obst- und Gemüseverarbeitung sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe üblich. Die Forderung nach einer Ausnahme vom Mindestlohn für Saisonarbeiter wird zumindest für den Bereich Landwirtschaft mit einer durch den Mindestlohn drohenden erheblichen Kostensteigerung begründet. Beim Anbau mancher Obst- und Gemüsekulturen mache der Arbeitseinsatz bis zu 70 Prozent der Produktionskosten aus. Ein Mindestlohn für Erntehelfer stelle daher eine enorme wirtschaftliche Bedrohung für die Obst-, Gemüse- und Weinbauern in Deutschland dar, die nur mit deutlich höheren Preisen abgewendet werden könne.11 Es erscheint fraglich, ob es sich bei der damit angesprochenen Wettbewerbsfähigkeit der von Saisonarbeit besonders betroffenen Branchen um zwingende Gründe des öffentlichen Interesses handelt und nicht vielmehr um rein wirtschaftliche Gründe. Jedenfalls aber entstehen die beklagten Personalkosten durch die Saisonarbeit als solche und nicht speziell durch ausländische Saisonarbeitnehmer . Vor diesem Hintergrund muss davon ausgegangen werden, dass eine Ausnahme vom Mindestlohn für ausländische Saisonarbeitnehmer sich als ungerechtfertigte und damit nach Art. 18 Abs. 1 AEUV verbotene Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit darstellen würde. 7 BOGDANDY, Armin von in: Grabitz/Hilf/Nettesheim: Das Recht der Europäischen Union. 52. Ergänzungslieferung 2014, Art. 18 AEUV Rn. 20 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur für beide Ansichten. 8 BOGDANDY in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Fn. 7), Art. 18 AEUV Rn. 22; EPINEY, Astrid in: Calliess/Ruffert: EUV/AEUV. Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit Europäischer Grundrechtecharta. Kommentar. 4. Auflage 2011, Art. 18 AEUV Rn. 39 jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH. 9 BOGDANDY in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Fn. 7), Art. 18 AEUV Rn. 23; EPINEY in: Calliess/Ruffert Art. 18 AEUV Rn. 42, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH. 10 EPINEY in: Calliess/Ruffert (Fn. 8), Art. 18 AEUV Rn. 42. 11 Gemeinsame Stellungnahme des Deutschen Bauernverbandes und des Gesamtverbandes der Deutschen Landund Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) zum Referentenentwurf der Bundesregierung vom 24. März 2014. Abrufbar im Internetauftritt des Deutschen Bauernverbandes: http://www.bauernverband.de/entwurf-gesetz-staerkung-tarifautonomie (letzter Abruf: 18. Juni 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 7 2.3. Drittstaatsangehörige Dies gilt jedenfalls im Hinblick auf eine Ausnahmeregelung gegenüber Unionsbürgern. Bei Drittstaatsgehörigen wäre eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit demgegenüber am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen, weil der Anwendungsbereich des Unionsrechts nicht eröffnet ist. Für Ausländer, die nicht Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU sind, ist der Arbeitsmarktzugang beschränkt. Ist keine qualifizierte Berufsausbildung erforderlich, darf nach § 18 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)12 eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nur erteilt werden, wenn entweder eine zwischenstaatliche Vereinbarung oder eine nach § 42 AufenthG erlassene Rechtsverordnung dies vorsehen. § 15a der Beschäftigungsverordnung (BeschV)13 sieht zwar Zulassungen zu Saisonbeschäftigungen im Rahmen von besonderen Vereinbarungen zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitsverwaltung des Herkunftsstaates geschlossenen Vermittlungsvereinbarungen vor; derzeit jedoch gibt es mit keinem Staat eine solche Vermittlungsvereinbarung. Dazu heißt es in der Begründung des Verordnungsentwurfs : „Demgegenüber besteht kein Bedarf mehr an Regelungen, nach denen drittstaatsangehörige gering qualifizierte Arbeitskräfte zu Beschäftigungen zugelassen werden können. Nach dem für den 1. Juli 2013 vorgesehenen Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union werden alle ausländischen Arbeitskräfte, die nach diesen Regelungen zugelassen wurden, Unionsbürger sein. Damit reichen die auf dem EU-Arbeitsmarkt vorhandenen Potenziale aus, um den Bedarf an geringer qualifizierten Beschäftigten zu decken.“14 Da eine Zulassung von Drittstaatsangehörigen zu einer Saisonbeschäftigung im Sinne des § 15a BeschV mithin - jedenfalls bis auf Weiteres - nicht möglich ist, erübrigt sich die verfassungsrechtliche Prüfung eine Mindestlohnausnahme für diesen Personenkreis. 3. Anknüpfung an die Merkmale „Saisonarbeit“ und „Sozialversicherungsfreiheit“ 3.1. Verbot der mittelbaren Ausländerdiskriminierung Auch der Vorschlag, alle Saisonarbeitnehmer vom Mindestlohn auszunehmen, soweit sie nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sozialversicherungsfrei sind, könnte vor dem Hintergrund des Diskriminierungsverbots des Art. 18 AEUV Bedenken begegnen. 12 Aufenthaltsgesetz von 30. Juli 2004 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 6. September 2013 (BGBl. I S. 3556). 13 Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 6.Juni 2013 (BGBl. I 1499), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 6. Mai 2014 (BGBl. I S. 451). 14 Entwurf zur Verordnung zur Änderung des Ausländerbeschäftigungsrechts. Abrufbar im Internetauftritt des BMAS: https://www.google.de/search?q=Verordnung+zur+%C3%84nderung+des+Ausl%C3%A4nderbesch%C3%A4fti gungsrechts&ie=utf-8&oe=utf-8&aq=t&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a&gfe_rd=cr&ei=bVCkUni JqiK8Qf-l4C4Bw (letzter Abruf: 20. Juni 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 8 Art. 18 AEUV verbietet nämlich nicht nur die direkte, sondern auch die indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Indirekte Diskriminierung umfasst „alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen“.15 Mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit ist damit gegeben, wenn die Differenzierung nach einem anderen Kriterium erfolgt, aber typischerweise und regelmäßig zur Schlechterstellung aufgrund der Staatsangehörigkeit führt. Dies wäre dann der Fall, wenn kurzfristig beschäftigte Saisonbeschäftigte typischerweise EU- Bürger ausländischer Staatsangehörigkeit wären. Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie des Statistischen Bundesamtes wird bei Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der EU nicht erhoben, welche Art von Beschäftigung sie aufnehmen, da sie auf dem Arbeitsmarkt Inländern völlig gleichgestellt sind. Auch andere Untersuchungen , die verlässliche Daten über den Anteil von Ausländern an der gesamten Saisonarbeit bieten, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen fehlt auch eine verbindliche gesetzliche Definition von Saisonarbeit. Die - soweit ersichtlich - einzige Rechtsvorschrift, die auf die Saisonbeschäftigung Bezug nimmt, ist § 15a BeschV, die jedoch ausschließlich im Rahmen der Zulassung von Ausländern zum Arbeitsmarkt (siehe oben 2.3., S. 7) Anwendung findet. Zwar darf vermutet werden, dass zumindest als Erntehelfer im Bereich der Landwirtschaft vielfach ausländische Arbeitskräfte zum Einsatz kommen; vor dem Hintergrund fehlender verlässlicher Daten kann jedoch über die tatsächliche diskriminierende Wirkung einer Mindestlohnausnahme für die Saisonarbeit insgesamt keine Aussage getroffen werden. Nimmt man das Merkmal der Versicherungsfreiheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV hinzu, wird das Bild noch undeutlicher. Zwar wird die kurzfristige Beschäftigung von der Beschäftigungsstatistik der BA16 als Merkmal erfasst und ist auch nach Staatsangehörigkeit und Wirtschaftszweigen auswertbar . Ob die kurzfristige Beschäftigung im Rahmen einer Saisonbeschäftigung erfolgt, lässt sich daraus jedoch nicht beantworten. Mangels Darstellbarkeit des Ausländeranteils an kurzfristiger Beschäftigung im Rahmen der Saisonarbeit muss daher die Frage, ob eine Ausnahme für diese Beschäftigten sich im Ergebnis als verdeckte Ausländerdiskriminierung im Sinne des Art. 18 Abs. 1 AEUV darstellt, letztlich offenbleiben . Eine Prüfung eventueller Rechtfertigungsgründe erübrigt sich insoweit. 15 BOGDANDY, Armin von in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Fn. 7), Art. 18 AEUV Rn. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH. 16 BA (2013): Arbeitsmarkt in Zahlen - Beschäftigungsstatistik. Länderreport Deutschland. Nürnberg: BA. Abrufbar im Internetauftritt der BA: http://statistik.arbeitsagentur.de/nn_31962/SiteGlobals/Forms/Rubrikensuche/Rubrikensuche_Form.html?view =processForm&resourceId=210368&input_=&pageLocale=de&topicId=17362&year_month=201212&year_month. GROUP=1&search=Suchen (letzter Abruf: 25. Juni 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 9 3.2. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG Mithin ist eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Mindestlohnausnahme für Saisonarbeitnehmer , die als kurzfristig Beschäftigte sozialversicherungsfrei sind, allein auf der Grundlage des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG erforderlich. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verbietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches ungleich und wesentlich Ungleiches gleich zu regeln, wenn nicht ein Rechtfertigungsgrund dafür gegeben ist.17 In subjektivrechtlicher Hinsicht wirkt Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) als Teilhaberecht. Ein gleichheitswidriger Ausschluss eines Personenkreises von einer Vergünstigung, die einem anderen Personenkreis gewährt wird, ist dem Staat damit grundsätzlich verboten.18 Das bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber überhaupt keine Differenzierungen vornehmen dürfte. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn zwischen den Vergleichsgruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen oder nicht Gründe von solcher Art und solchem Gewicht gegeben sind, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Für die Rechtfertigung verfassungsrechtlich relevanter Ungleichbehandlung steht dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz kommt es daher nicht darauf an, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern allein darauf, ob sich die getroffene Regelung im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes hält.19 3.3. Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung ist zunächst zu klären, ob eine Ausnahme vom Mindestlohn für die beschriebene Personengruppe eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem darstellen würde. Die Mindestlohnausnahme soll nur für Arbeitsverhältnisse im Rahmen der Saisonarbeit gelten, die nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV als geringfügige Beschäftigung versicherungsfrei sind, weil „die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt“ (kurzfristige Beschäftigung). 17 BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1951 - 2 BvG 1/51, BVerfG E 1, 14 (52). 18 EPPING, Volker (2012). Grundrechte. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, Rn. 774 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG. 19 Ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. u. a. BVerfGE 82, 126 und BVerfGE 122, 151 (174). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 10 Die Ausnahme setzt am Arbeitsverhältnis an. Arbeitnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), „wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zu fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist."20 Saisonarbeitnehmer unterliegen als solche keinem besonderen arbeitsrechtlichen Status, sondern unterscheiden sich von anderen Arbeitnehmern lediglich durch die vertragliche Befristung ihrer Beschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG)21. Auch die kurzfristige Beschäftigung wirkt sich arbeitsrechtlich nicht aus22, sondern hat allein für das Sozialversicherungsrecht Bedeutung. Die beschriebene Gruppe unterscheidet sich also im Übrigen nicht von anderen Arbeitnehmern. Bei Einführung einer Ausnahme vom Mindestlohn für Saisonarbeit wäre es Arbeitgebern aber möglich, mit diesen Arbeitnehmern Arbeitsentgelte unterhalb der für andere Arbeitnehmer geltenden gesetzlichen Lohnuntergrenze zu vereinbaren, ihnen also die soziale Schutzfunktion des Mindestlohnes vorzuenthalten. Eine Mindestlohnausnahme für diese Gruppe würde mithin eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung gegenüber anderen Arbeitnehmern darstellen. Eine Ungleichbehandlung liegt dabei nicht nur im Vergleich zu unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern vor, die unter Umständen in derselben Branche dieselbe Arbeit verrichten, sondern auch im Verhältnis zu Saisonarbeitnehmern , die die Voraussetzungen für die kurzfristige Beschäftigung nicht erfüllen, sowie andererseits gegenüber außerhalb der Saisonarbeit aus anderen Gründen kurzfristig Beschäftigten . 3.4. Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Zwar statuiert § 4 Abs. 2 TzBfG ein einfachgesetzliches Verbot der Diskriminierung befristet beschäftigter Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber. Das gilt auch für lediglich kurzfristig im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV beschäftigte Arbeitnehmer.23 Die damit zum Ausdruck kommende grundsätzliche Wertung bindet jedoch den Gesetzgeber nicht in der Weise, dass er nicht aus übergeordneten Erwägungen gleichwohl einfachgesetzlich eine unterschiedliche Behandlung im 20 Vgl. z.B. BAG, Bechluss vom 22. März 1995 - 5 AZB 21/94. 21 Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1966), zuletzt geändert durch Artikel 23 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854). 22 Vgl. MARSCHNER, Andreas in Kreikebohm (Hrsg.): Sozialgesetzbuch. Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV. Kommentar. 1. Aufl. 2008, § 8 Rn. 5. 23 ROLFS, Christian in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. 14. Auflage 2014. § 8 SGB IV Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 11 Bezug auf einzelne Aspekte anordnen könnte, sofern sie nach den im Folgenden dargestellten Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.24 3.4.1. Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Hinsichtlich der Anforderungen an die Rechtfertigung einer solchen Ungleichbehandlung ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können.25 Schon aus dieser, der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnommenen Formulierung lässt sich ableiten, dass nicht mehr streng zwischen einer Prüfung am Maßstab des Willkürverbots bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterschieden wird. Vielmehr wird die Prüfung jeder Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bestimmt.26 Bei der Auswahl des Prüfungsmaßstabes stellt das Bundesverfassungsgericht in erster Linie darauf ab, ob es sich um eine weniger intensive sachbezogene oder um eine personenbezogene Ungleichbehandlung handelt, die „besonders hohen Rechtfertigungshürden ausgesetzt“ ist.27 Die vorliegend vorgeschlagenen Differenzierungsmerkmale knüpfen nicht an die Person, sondern an die Art des Arbeitsverhältnisses (Saisonarbeit) und an die sozialversicherungsrechtliche Behandlung (Sozialversicherungsfreiheit) an. Die darauf gegründete Ungleichbehandlung wäre damit als sachbezogen einzuordnen. Für die vorgesehene Differenzierung müssen „Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen , dass sie die ungleiche Rechtsfolge rechtfertigen können“28. Damit ist die Verhältnismäßigkeit der Regelung angesprochen. Zu prüfen ist hierzu, ob es sich bei dem im Gesetzentwurf angeführten gesetzgeberischen Hintergrund um ein in verfassungsrechtlicher Hinsicht legitimes Ziel handelt und – bejahendenfalls – ob die Regelung zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen ist. Dabei wird dem Gesetzgeber sowohl bei der Beurteilung der Eignung als auch der Erforderlichkeit des eingesetzten Mittels, also bei der Frage, ob das alternative Mittel 24 Anderer Ansicht offenbar: FISCHER-LESCANO, Andreas (2014): Verfassungs- völker- und europarechtlicher Rahmen für die Gestaltung von Mindestlohnausnahmen. Rechtsgutachten im Auftrag des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Berlin: DGB. März 2014, S. 23. Abrufbar im Internetauftritt des DGB: http://www.dgb.de/themen/++co++fcd231d8-aded-11e3-8ecb-52540023ef1a (letzter Abruf: 27. Mai 2014). 25 Vgl. BVerfGE 130, 131 (142); vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum allgemeinen Gleichheitssatz z. B. EPPING, Volker (2012). Grundrechte. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, Rn. 771ff. mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG. 26 Vgl. BRITZ, Gabriele (2014): Der allgemeine Gleichheitssatz in der Rechtsprechung des BVerfG, NJW 2014 S. 346. 27 FISCHER-LESCANO (2014) (Fn. 24), S. 20. 28 BVerfGE 82, 123 (146). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 12 gleich geeignet und milder ist, im Allgemeinen eine Einschätzungsprärogative eingeräumt.29 Das BVerfG macht die Kontrollmaßstäbe für den legislativen Einschätzungsspielraum von mehreren Faktoren abhängig, nämlich „im besonderen von der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs , den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der Bedeutung der auf dem Spiele stehenden Rechtsgüter”30. 3.4.2. Legitimes Ziel der Regelung Der Einsatz von Saisonarbeitern ist vorwiegend in der Land- und Forstwirtschaft, in der Obstund Gemüseverarbeitung sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe üblich. Die Forderung nach einer Ausnahme vom Mindestlohn für Saisonarbeiter wird für zumindest den Bereich Landwirtschaft mit einer drohenden erheblichen Kostensteigerung und der Befürchtung von Wettbewerbsnachteilen begründet (siehe oben 2.2.2., S. 6). Ob dies in gleicher Weise für die anderen von Saisonarbeit betroffenen Branchen gilt, muss vorliegend mangels entsprechender Äußerungen offenbleiben. Zwar kann die rein wirtschaftlich motivierte Vermeidung erhöhter Personalkosten für sich genommen nicht als legitimes Ziel anerkannt werden, wohl aber der damit angestrebte Schutz der betroffenen Arbeitgeber vor erheblichen Wettbewerbsverzerrungen und Umsatzeinbrüchen, die sich letztlich auch auf den Arbeitsmarkt und die Gesamtwirtschaft auswirken könnten. 3.4.3. Geeignetheit Die Regelung muss zur Verfolgung des dargelegten Zwecks geeignet sein. Dies setzt voraus, dass der angestrebte Zweck zumindest gefördert wird.31 3.4.3.1. Saisonarbeit In Bereichen, in denen der Personaleinsatz in erster Linie während der Saison entsteht, erscheint eine Ausnahme vom Mindestlohn für Saisonarbeitnehmer grundsätzlich geeignet, die befürchteten Wettbewerbsnachteile in den betroffenen Branchen zu verhindern oder zu dämpfen. Das Bundesverfassungsgericht hebt insbesondere im Hinblick auf sozialpolitische und wirtschafts- 29 NEUMANN, Volker (2007): Legislative Einschätzungsprärogative und gerichtliche Kontrolldichte bei Eingriffen in die Tarifautonomie. In: Recht der Arbeit 2007, S. 71-76 (73 f.). 30 BVerfGE 50, 290 (332 f.); BVerfGE 57, 139 (159); BVerfGE 62, 1 (50); BVerfGE 90, 145 (173); zit. nach NEUMANN (2007) (Fn. 29) S. 74. 31 MANSSEN, Gerrit (2014): Staatsrecht II: Grundrechte. 11. Aufl. München: C.H. Beck, Rn. 183. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 13 ordnende Maßnahmen den Einschätzungs- und Bewertungsspielraum des Gesetzgebers hervor.32 Innerhalb dieses Rahmens muss der Gesetzgeber einen entsprechenden Zusammenhang nicht als sicher annehmen; in seine Prognose dürfen aber nach dieser Rechtsprechung keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sein.33 Dies ist vorliegend nicht ersichtlich, so dass die Förderung des angestrebten Ziels durch eine Ausnahme vom Mindestlohn für den Bereich der Saisonarbeit letztlich nicht in Zweifel stehen dürfte.34 Ob dies für alle betroffenen Branchen gleichermaßen gilt, unterliegt ebenfalls der legislativen Einschätzungsprärogative und kann daher an dieser Stelle offenbleiben. Weitere Voraussetzung für die Geeignetheit eines Differenzierungsmerkmals ist allerdings dessen eindeutige Definition und Abgrenzbarkeit. Wie oben unter 3.1. S. 8 bereits erwähnt, gibt es jedoch außer der Bestimmung in § 15a BeschV keine gesetzliche Definition der Saisonarbeit. Außerhalb der Anwendbarkeit dieser Vorschrift handelt es sich bei Saisonarbeit um ein aus einem Sachgrund befristetes Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 des TzBfG. Voraussetzung der Befristung ist danach lediglich, dass „der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht“. Saisonarbeit ist mithin nur einer der von dieser Vorschrift umfassten Fälle zulässiger Befristung. Die Geeignetheit einer Mindestlohnausnahme für die Saisonarbeit kann daher ohne Bedenken nur bejaht werden, wenn der Gesetzgeber - auch aus Gründen der Rechtssicherheit - die Saisonarbeit gesetzlich verbindlich definiert. 3.4.3.2. Sozialversicherungsfreiheit Soweit nur solche Saisonarbeitskräfte vom Mindestlohn ausgenommen werden sollen, deren Beschäftigung als kurzfristige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV versicherungsfrei ist, ist zunächst hervorzuheben, dass sich dadurch die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitnehmer und damit auch der mögliche Beitrag zur Erreichung des beabsichtigten Ziels einer Kostendämpfung zwar verringert, was aber die Geeignetheit nicht grundsätzlich ausschließt. In Frage gestellt werden könnte die Geeignetheit einer Anknüpfung an dieses Merkmal unter Umständen auch durch die nicht einfache Anwendung, weil es für die Frage, ob im Einzelfall eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung vorliegt, auch auf zurückliegende Ar- 32 GRZESZICK, Bernd (2014): Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Ausnahmeregelungen zum gesetzlichen Mindestlohn. März 2014. München: Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (VBW), S. 11 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG. Abrufbar im Internetauftritt des VBW: http://www.vbwbayern .de/vbw/Aktionsfelder/Recht/Arbeits-und-Sozialversicherungsrecht/Ausnahmeregelungen-vomgesetzlichen -Mindestlohn-sind-zul%C3%A4ssig.jsp (letzter Abruf: 28. Mai 2014). 33 BVerfGE 111, 226 (255); 106, 62 (150 ff.). 34 Anderer Ansicht: FISCHER-LESCANO (2014) (Fn. 27), S. 19; auch PREIS, Ulrich; ULBER Daniel (2014): Die Verfassungsmäßigkeit des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns. Rechtsgutachten im Auftrag der Hans-Böckler- Stiftung. Köln: Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln. Mai 2014, S. 14, verwerfen diese Erwägung -ohne weitere Begründung - als sachwidrig. Abrufbar im Internetauftritt der Hans-Böckler-Stiftung: www.boeckler.de/pdf/gf_gutachten_preis_2014_04.pdf (letzter Abruf: 27. Mai 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 14 beitsverhältnisse bei einem anderen Arbeitgeber sowie andere Umstände ankommen kann, die von den Parteien des Saisonarbeitsverhältnisses nicht beeinflussbar und in der Gesamtschau nur schwer zu überblicken sind: „Innerhalb der Norm ist zunächst für die in Frage stehende Beschäftigung zu prüfen, ob eine zu ihrem Beginn vorgenommene vorausschauende Betrachtung ergibt, dass die dort genannten Zeitgrenzen überschritten werden. Ist dies der Fall, so besteht von Anfang an Versicherungspflicht; ergibt sich ein Überschreiten unvorhergesehen während des bereits in Vollzug gesetzten Beschäftigungsverhältnisses , so tritt sie – bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen – ab dem Zeitpunkt dieser Gewissheit für die Zukunft ein. (§ 8 Abs. 2 Satz 2 SGB IV).35 Des Weiteren ist „trotz Wahrung der zeitlichen Grenzen einer zeitgeringfügigen Beschäftigung (…) Geringfügigkeit ausnahmsweise dennoch ausgeschlossen, wenn (kumulativ) die Beschäftigung sowohl die Entgeltgrenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SBG IV überschreitet als auch zugleich berufsmäßig ausgeübt wird. Für die Frage der Berufsmäßigkeit maßgeblich ist, ob durch die Beschäftigung der Lebensunterhalt überwiegend oder doch jedenfalls in solchem Umfang erworben wird, dass hierauf die wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil beruht.“36 Vor allem im Zusammenhang mit der Frage der berufsmäßigen Ausübung der Beschäftigung wird vor einer „rein schematischen Vorgehensweise , die im Widerspruch zum Gebot einer umfassenden Einzelfallwürdigung stehe, nachdrücklich gewarnt: „So ist es insbesondere nicht zulässig, mit den Geringfügigkeitsrichtlinien eine berufsmäßige Beschäftigungsausübung ausnahmslos bereits dann anzunehmen, wenn durch eine Addition befristeter versicherungspflichtiger und zeitgeringfügiger Beschäftigungsabschnitte die Grenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV überschritten werden. Vielmehr muss jeweils gleichermaßen das Gesamteinkommen in Relation gesetzt werden zu den Entgelten, die aus allen ausgeübten Beschäftigungen erzielt werden, als auch ein Vergleich dieser Beträge untereinander angestellt werden.“37 Da die Anwendung der komplizierten Vorschrift den Vertragsparteien ungeachtet ihrer Komplexität auch in Bezug auf die Entscheidung über den Sozialversicherungsstatus des betroffenen Arbeitnehmers vorausgesetzt wird, dürften auch einer Eignung des Merkmals im Rahmen der Entscheidung über die Beurteilung der Anwendung des MiLoG letztlich keine Bedenken entgegenstehen . Bei der Regelung des § 8 SGB IV handelt es sich um eine rein sozialversicherungsrechtliche Regelung , die auf die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis keinen Einfluss hat. Insoweit drängen sich Zweifel auf, ob es sich bei der Wahl dieses Kriteriums für die Mindestlohnausnahme nicht um eine unzulässige sachfremde Erwägung handelt. „Der Zweck des § 8 SGB IV (…) ist darin zu sehen, dass auf eine Einbeziehung in die Sozialversicherung bei solchen Personen verzichtet werden soll, die aus ihrer Beschäftigung nicht den Le- 35 BERCHTOLD, Josef in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann (Hrsg.): Kommentar zum Sozialrecht. 3. Auflage 2013, § 8 SGB IV Rn. 7 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). 36 BERCHTOLD in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann (Fn. 35), § 8 SGB IV Rn. 10 mit Nachweis aus der Rechtsprechung des BSG. 37 BERCHTOLD in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann (Fn. 35), § 8 SGB IV Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 15 bensunterhalt bestreiten.“38 „Hauptgrund für die Versicherungsfreiheit geringfügig Beschäftigter und geringfügig selbstständig Tätiger sei das Fehlen eines Schutzbedürfnisses dieser Personen: die Einkünfte stellten, weil sie geringfügig seien, in der Regel nicht die wirtschaftliche Existenzgrundlage dar (…).“39 An diese Begründung schließen Vertreter des Deutschen Bauernverbandes mit ihrer Forderung nach einer Ausnahme vom gesetzlichen Mindestlohn bzw. einem verminderten Satz für diesen Personenkreis an.40 Es darf freilich bezweifelt werden, dass der Begriff der Schutzwürdigkeit insoweit deckungsgleich verwendet wird; während nämlich die Begründung des § 8 SGB IV das fehlende Schutzbedürfnis hinsichtlich einer verpflichtenden sozialversicherungsrechtlichen Absicherung meint, zielt die Begründung für die Mindestlohnausnahme auf einen behaupteten Vorteil aufgrund der Ersparnis der Sozialversicherungsbeiträge. Wie oben ausführlich dargelegt, müssen bei der Feststellung des Vorliegens einer kurzfristigen Beschäftigung wegen der sozialversicherungsrechtlichen Funktion des Merkmals auch Sachverhalte berücksichtigt werden, die mit dem Arbeitsverhältnis nichts zu tun haben und auch zu der Saisonarbeit als solcher oder der betreffenden Branche keinerlei Bezug haben. Gerade dieser Umstand aber lässt die Geeignetheit des Merkmals als Anknüpfungspunkt für die Entgeltgestaltung im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses höchst problematisch erscheinen. Ob die dargestellten Bedenken zur Folge haben, dass das die Anknüpfung an das sozialversicherungsrechtliche Merkmal der kurzfristigen Beschäftigung als sachfremd und damit willkürlich einzustufen ist oder ob es vom verfassungsgerichtlich anerkannten Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers noch gedeckt ist, unterliegt aber letztlich allein der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts . 3.4.4. Erforderlichkeit Erforderlich ist eine Regelung, wenn es kein milderes Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels gibt. Als milderes Mittel zur Vermeidung der befürchteten Wettbewerbsverzerrungen durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns könnte statt einer Ausnahme vom Mindestlohn ein reduzierter Mindestlohn für die beschriebene Arbeitnehmergruppe in Erwägung gezogen werden. Entsprechende Vorschläge wurden von den Interessenvertretern der betroffenen Branchen bereits 38 MARSCHNER, Andreas in Kreikebohm: Sozialgesetzbuch. Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV. 1. Auflage 2008, § 8 Rn. 1. 39 SEEWALD, Otfried in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht. 81. EL 2014, § 8 SGB IV Rn. 3. 40 Vgl. zuletzt EUBEL, Cordula (2014): Der letzte Stich - Der Mindestlohn kommt - auch für Erntehelfer. Doch die Arbeitgeber pokern weiter. In: Tagesspiegel vom 24. Juni 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 16 unterbreitet.41 Denkbar wäre auch ein verminderter Satz jeweils für die gesamte betroffene Branche , deren Wettbewerbsfähigkeit ja schließlich gesichert werden soll42; damit würde der Kreis der Betroffenen erweitert, dafür aber könnte die Auswirkung auf den Einzelnen vermindert werden. In Betracht kommt weiterhin eine Verrechnung eventuell in der Branche oder im Betrieb üblicher Zuschläge und Sonderzahlungen mit dem Mindestlohn.43.Vorstellbar sind schließlich auch Erleichterungen für die betroffenen Arbeitgeber bei den Sozialversicherungsbeiträgen, die allerdings so zu gestalten wären, dass ein Konflikt mit dem sozialversicherungsrechtlichen Solidarprinzip vermieden wird. Auch bei der Beantwortung der Frage nach der Erforderlichkeit und der Abwägung alternativer Lösungen steht dem Gesetzgeber ein beträchtlicher Einschätzungsspielraum zu, den auszufüllen er aufgerufen wäre. 3.4.5. Angemessenheit Schließlich müsste die angestrebte Ausnahmeregelung auch angemessen sein. Dafür muss der Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraumes einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen gefunden haben. Gegeneinander abzuwägen sind vorliegend das Interesse der betroffenen Saisonarbeitnehmer an einer Bezahlung nach Mindestlohn als soziale Mindestsicherung gegen das Interesse von Arbeitgebern der betroffenen Branchen, durch die Einführung eines Mindestlohns keine Wettbewerbsnachteile zu erleiden. Dabei sind auch die gesamtgesellschaftlichen Interessen sowohl an einer Lohngestaltung, die Armutsrisiken und Abhängigkeit vom steuerfinanzierten Transfersystem eindämmt, einerseits als auch an einem funktionierenden wirtschaftlichen Wettbewerb andererseits zu berücksichtigen. Ziel der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ist nach der Begründung des MiLoG- Entwurfs der Schutz der Arbeitnehmer vor Lohnunterbietungswettbewerb und Niedrigstlöhnen sowie die Eindämmung eines wachsenden tarifrechtlich in weiten Bereichen ungeregelten Nied- 41 Vgl. zuletzt EUBEL in: Tagesspiegel vom 24. Juni 2014 (Fn. 40), sowie Spargelalarm! Bauernverband gegen Mindestlohn in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 15. Juni 2014. Darin werden der Geschäftsführer des Gesamtverbandes der Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände sowie Vertreter des der Deutschen Bauernverband mit der Forderung nach einem Mindestlohnsatz von 80 Prozent des regulären Mindestlohnes für Erntehelfer zitiert. 42 Entsprechende Branchenausnahmen sind im Vorfeld des Gesetzentwurfs vielfach gefordert worden. 43 Vgl. dazu KALINA, Thorsten; WEINKOPF ,Claudia (2014): Niedriglohnbeschäftigung 2012 und was ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € verändern könnte. IAQ-Report 2/2014. Duisburg: Universität Duisburg-Essen - Institut Arbeit und Qualifikation, S.13. Abrufbar im Internetauftritt des IAQ: http://www.iaq.uni-due.de/iaqreport /2014/report2014-02.php (letzter Abruf: 25. Juni 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 17 riglohnsektors in verschiedenen Branchen. Für die öffentliche Hand soll er einen Beitrag zu Einsparungen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende leisten.44 Wirtschaftszweige wie die Land- und Forstwirtschaft sowie das Hotel- und Gaststättengewerbe, in denen Saisonarbeit überwiegend anfällt, sind von Niedriglohnbeschäftigung besonders stark betroffen. Auch Saisonarbeit sowie vor allem geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV werden immer wieder als Bereiche mit dem höchsten Niedriglohnrisiko genannt.45 Insoweit wirken Ausnahmen für kurzfristig beschäftigte Saisonarbeitnehmer in diesen Branchen kontraproduktiv im Sinne der gesetzgeberischen Zielsetzung. Der gesetzliche Mindestlohn stellt den Wert dar, den geleistete Arbeit aus Sicht des Gesetzgebers mindestens hat. Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht der Gleichbehandlungsgrundsatz, der insbesondere auch die Entgeltgleichheit beinhaltet.46 Zwar bindet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht den Gesetzgeber; dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit aber im Einzelfall doch nicht gewährt werden soll, ist etwa in Situationen, in denen Saisonarbeitnehmer in demselben Betrieb die gleiche Arbeit zu verrichten haben wie festangestellte Arbeitnehmer, kaum vermittelbar. Vor allem aber bei Heranziehung des Merkmals der kurzfristigen Beschäftigung dürfte beim unmittelbaren Vergleich von Saisonarbeitnehmern, die aufgrund der kurzfristigen Beschäftigung versicherungsfrei sind, mit solchen, die die Voraussetzungen dafür aus möglicherweise außerhalb des Arbeitsverhältnisses liegenden Gründen nicht erfüllen, das Gerechtigkeitsgefühl der betroffenen Arbeitnehmer auf eine harte Probe gestellt werden. Die unterschiedliche Bewertung derselben Arbeit ist hier sehr schwer nachvollziehbar und könnte im Extremfall den Betriebsfrieden erheblich beeinträchtigen. Dieser Preis für den Schutz der Wettbewerbsfähigkeit einer Branche lässt sich nicht ohne Weiteres als angemessen bezeichnen. Insgesamt könnte den betroffenen Arbeitgebern mithin durch branchenbezogene Mindestlohnausnahmen unter Umständen in besser angemessener Weise gedient sein. Soweit von Arbeitgeberseite unter Anknüpfung an die Sozialversicherungsfreiheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV mangelndes Schutzbedürfnis auf Seiten der betroffenen Saisonarbeitnehmer geltend gemacht wird, die schließlich ihren Lohn „brutto für netto“ erhielten47, ist darauf hinzuweisen , dass die Versicherungsfreiheit nicht nur Kostenvorteile hat, sondern auch den Nachteil der fehlenden Sozialversicherung beinhaltet. Außerdem verkennt die Argumentation, dass auch die Arbeitgeber von der Befreiung profitieren und anders als bei der geringfügig entlohnten Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV auch keinen reduzierten Pauschalbeitrag an die Sozialversicherung leisten müssen. Beiträge sind ausschließlich für die gesetzliche Unfallversicherung zu entrichten. Insoweit darf also bereits von einem angemessenen Ausgleich der Interessen gesprochen werden. 44 Bundestagsdrucksache 18/1558, S. 32 f. 45 KALINA/WEINKOPF (2014), (Fn. 43), S: 7. 46 Vgl. z.B. PREIS, Ulrich in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. 14. Auflage 2014, § 611 Rn. 535. 47 EUBEL in: Tagesspiegel vom 24. Juni 2014 (Fn. 40). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 124/14 Seite 18 Auch in der von Saisonarbeit stark betroffenen Landwirtschaft wird im Übrigen die Frage nach Mindestlohnausnahmen für Saisonarbeit nicht einheitlich beantwortet. So enthält der am 9. April 2014 zwischen dem Agroservice & Lohnunternehmerverband Nordost e.V. - Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) abgeschlossene Entgelttarifvertrag, der ab 1. Mai 2014 in der unterste Lohngruppe einen Bruttostundenlohn von 8,64 Euro vorsieht, nach übereinstimmender Auskunft der Tarifvertragsparteien keine Ausnahmen für Saisonarbeitskräfte. Andere regionale Arbeitgeberverbände unterhalten Presseberichten zufolge mit der IG BAU Tarifverträge, die eine Anhebung der Lohnuntergrenzen über 8,50 Euro bis Ende 2017 vorsehen.48 Ob sich der Gesetzgeber mit der Statuierung einer Mindestlohnausnahme für Saisonarbeitnehmer , die lediglich geringfügig beschäftigt sind, letztlich noch innerhalb seines Gestaltungsspielraumes hielte, kann nur durch das Bundesverfassungsgericht verbindlich geklärt werden. 4. Fazit Eine Ausnahme vom gesetzlichen Mindestlohn für ausländische kurzfristig beschäftigte Saisonarbeitnehmer verstößt wegen Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit gegen zwingendes EU-Recht und ist deshalb unzulässig. Demgegenüber kann in einer Mindestlohnausnahme für Saisonarbeitnehmer mangels entsprechender Daten keine indirekte Ausländerdiskriminierung gesehen werden. Eine Ausnahme für Saisonarbeitnehmer begegnet im Übrigen zwar Bedenken, erscheint jedoch trotz Bedenken möglicherweise verfassungsrechtlich begründbar. Erhebliche Bedenken dürften demgegenüber hinsichtlich einer Anknüpfung an das Merkmal der kurzfristigen Beschäftigung bestehen, da Geeignetheit und Angemessenheit einer solchen Verknüpfung fraglich erscheinen. 48 EUBEL in: Tagesspiegel vom 24. Juni 2014 (Fn. 40); vgl. Auch DGB Bundesvorstand (2014): Mindestlohn für alle, jetzt. Würde kennt keine Ausnahmen: Kein Lohn unter 8,50 Euro pro Stunde. Eine Argumentationshilfe zur wirksamen Durchsetzung des Mindestlohns ohne Ausnahmen. März 2014. Berlin: DGB, S. 17. Abrufbar im Internetauftritt des DGB: http://www.dgb.de/themen/++co++b9f0de36-ab91-11e3-8c88- 52540023ef1a (letzter Abruf: 18. Juni 2014).