© 2013 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 119/13 Rechtliche Einordnung und Fragen zur Finanzierung der sogenannten Mütterrente Anerkennung der Erziehungsleistung für vor 1992 geborene Kinder in der gesetzlichen Rentenversicherung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 2 Rechtliche Einordnung und Fragen zur Finanzierung der sogenannten Mütterrente Anerkennung der Erziehungsleistung für vor 1992 geborene Kinder in der gesetzlichen Rentenversicherung Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 119/13 Abschluss der Arbeit: 22. Januar 2014 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Gegenstand der so genannten Mütterrente 4 2. Anerkennung von Erziehungsleistungen als rentenrechtliche Zeit 4 2.1. Auswirkung auf die Erfüllung der Rentenanspruchsvoraussetzungen 5 2.2. Auswirkung auf die Höhe der monatlichen Rente 5 2.3. Historisch-systematische Einordnung 7 2.3.1. Einführung der Kindererziehungszeiten im Zusammenhang mit der Neuordnung der Hinterbliebenenrenten 8 2.3.2. Kindererziehungsleistungen für vor 1921 geborene Mütter 9 2.3.3. Verlängerung der anzurechnenden Kindererziehungszeiten auf drei Jahre für nach 1991 geborene Kinder 10 2.3.4. Additive und höhere Bewertung der Kindererziehungszeiten 11 2.3.5. Nachteilsausgleich für die Erziehung bis zum zehnten Lebensjahr eines Kindes 11 2.4. Finanz- und ordnungspolitische Einordnung 12 2.5. Juristische Einordnung 14 3. Finanzierung von Erziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung 15 4. Rechtfertigung der unterschiedlichen Finanzierung der Kindererziehungszeiten für vor und nach 1992 geborene Kinder 17 5. Vorschlag einer so genannten Mütterrente 18 5.1. Erhöhung der Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder um ein Jahr 18 5.2. Finanzierung der aus der Ausweitung der Anrechnung der Kindererziehungszeiten folgenden Mehraufwendungen 18 5.3. Zulässigkeit der Beitragsfinanzierung unter Außerachtlassung von nicht versicherten Personen und Versicherten mit einem Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze 20 6. Mögliche Wechselwirkungen 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 4 1. Gegenstand der so genannten Mütterrente Der auf in der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnende Zeiten der Kinderziehung beruhende Betrag der monatlichen Rente wird häufig als Mütterrente bezeichnet. Diese Vereinfachung ist missverständlich, da Kindererziehungszeiten zwar fast immer, aber nicht ausschließlich im Versicherungskonto der Mutter anzurechnend sind. Bei überwiegender Erziehung durch den Vater kann eine entsprechende Anrechnung auch in dessen Versicherungskonto in Betracht kommen. Zudem handelt es sich nach dem jetzigen Stand der Diskussion nur bei den Bestandsrenten um einen festen Betrag. Vielmehr können sich Kinderziehungszeiten je nach zurückgelegter Erwerbsbiographie in unterschiedlicher Höhe auswirken und sind im Rahmen der im Versicherungsleben erbrachten Gesamtleistung im Zusammenspiel mit sämtlichen rentenrechtlichen Zeiten zu betrachten. Der Begriff Mütterrente erlangte vor allem im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 Bekanntheit und wurde von den Medien verbreitet. Letztlich wurde er im Regierungsprogramm der CDU/CSU im Zusammenhang mit einer in Aussicht gestellten zusätzlichen Anerkennung der Erziehungsleistung für Eltern mit vor 1992 geborenen Kindern in der gesetzlichen Rentenversicherung erwähnt und später in den Koalitionsvertrag mit der SPD für die 18. Wahlperiode übernommen.1 2. Anerkennung von Erziehungsleistungen als rentenrechtliche Zeit Personen sind gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind, versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Kindererziehungszeiten sind gemäß § 56 Abs. 1 und 5 SGB VI Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Bei Geburten vor 1992 umfasst die Kindererziehungszeit nach derzeitiger Rechtslage gemäß § 249 Abs. 1 SGB VI ein Jahr. Für die Anspruchsprüfung und die Rentenberechnung wirken sich Kalendermonate mit Kindererziehungszeiten wie solche mit Pflichtbeiträgen für eine Beschäftigung mit einem durchschnittlichen Arbeitsentgelt aus. Erziehen die Eltern ihr Kind gemeinsam, ohne dass der Erziehungsanteil eines Elternteils überwiegt , wird die Kindererziehungszeit grundsätzlich im Rentenkonto der Mutter anerkannt. Die Eltern können aber auch eine übereinstimmende gemeinsame Erklärung über die Anerkennung der Kindererziehungszeit im Rentenkonto des Vaters abgeben. Seit der Rentenreform 1992 wirken sich Lücken in der Erwerbsbiographie negativ auf die Rentenberechnung aus. Aus diesem Grunde wurde mit dem SGB VI in § 57 neben der Kindererziehungszeit als Beitragszeit eine weitere rentenrechtliche Zeit eingeführt, mit der die Berücksichtigung der Erziehung eines Kindes bis zu dessen zehnten Lebensjahr erfolgt. Die Voraussetzungen für die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung orientieren sich an denen der Kindererziehungszeiten. Sie sind jedoch hinsichtlich der Anspruchsprüfung und der 1 Regierungsprogramm 2013 – 2017 der CDU/CSU "Gemeinsam erfolgreich für Deutschland.", S. 45, sowie Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD "Deutschlands Zukunft gestalten", S. 73. Abrufbar im Internet unter http://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/regierungsprogramm-2013-2017-langfassung- 20130911.pdf und http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2013/2013-12-17-koalitionsvertrag .pdf?__blob=publicationFile&v=2, zuletzt abgerufen am 7. Januar 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 5 Rentenberechnung im Gegensatz zu Kindererziehungszeiten nicht als Beitragszeit zu bewerten, sondern stellen eine rentenrechtliche Zeit eigener Art dar.2 2.1. Auswirkung auf die Erfüllung der Rentenanspruchsvoraussetzungen Kindererziehungszeiten sind als Pflichtbeitragszeiten Teil der Versicherungsbiographie. Sie sind als solche anspruchsbegründend, indem sie auf die Wartezeiten als jeweilige Mindestversicherungszeit für die Rentenanspruchsprüfung in der allgemeinen Rentenversicherung anzurechnen sind und zur Erfüllung besonderer versicherungsrechtlicher Leistungsvoraussetzungen beitragen können. Für welche Rentenarten die Erziehungszeiten für die Anspruchsprüfung von Bedeutung sind, ergibt sich aus der folgenden, den §§ 35 – 38, 43, 50 und 51 SGB VI entnommenen Darstellung : Anspruchsvoraussetzung Rentenart Anzurechnende Erziehungszeiten Allgemeine Wartezeit von fünf Jahren Regelaltersrente, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Renten wegen Todes Kinderziehungszeiten Wartezeit von 35 Jahren Altersrente für langjährig Versicherte, Altersrente für schwerbehinderte Menschen Kindererziehungszeiten, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung Wartezeit von 45 Jahren Altersrente für besonders langjährig Versicherte Kindererziehungszeiten, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung Mindestens drei Jahre mit Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Leistungsfalls als weitere versicherungsrechtliche Voraussetzung Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeit, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung als Verlängerungstatbestand für den Fünfjahreszeitraum 2.2. Auswirkung auf die Höhe der monatlichen Rente Die Höhe einer Rente richtet sich nach § 63 SGB VI vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Die Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente entspricht dem Versicherungs- und Äquivalenzprinzip, nach dem unter einer Versicherung im Allgemeinen die kollektive Übernahme individueller Risiken durch die Solidargemeinschaft gegen einen Beitrag der einzelnen Versicherten nach dem 2 Rentenrechtliche Zeiten sind gemäß § 54 Abs. 1 SGB VI Beitragszeiten, beitragsfreie Zeiten und Berücksichtigungszeiten . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 6 Prinzip von Leistung und Gegenleistung verstanden wird.3 Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet . Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens für ein Jahr in Höhe des durchschnittlichen Entgelts aller Versicherten4 ergibt einen vollen Entgeltpunkt. Als Ausgleich dafür, dass die Ausübung einer Erwerbstätigkeit während der Kindererziehungszeit nicht möglich oder erschwert ist, erhalten diese nach § 70 Abs. 2 SGB VI für jeden Kalendermonat 0,0833 Entgeltpunkte. Dies entspricht für ein Jahr rund einem Entgeltpunkt, also der Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts. Kindererziehungszeiten werden zusätzlich zu den Entgeltpunkten aus anderen Beitragszeiten - wie einer gleichzeitig ausgeübten versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit - bewertet, soweit der Höchstwert, der sich ergibt, wenn Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze gezahlt worden sind, nicht überschritten wird5. Insoweit werden Kindererziehungszeiten neben gleichzeitig vorhandenen Beitragszeiten additiv berücksichtigt. Der Monatsbetrag einer rechtzeitig in Anspruch genommenen Altersrente ergibt sich, indem die Summe der aus dem Rentenkonto zu ermittelnden Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt wird. Der aktuelle Rentenwert ist der Betrag, der einer monatlichen Rente wegen Alters entspricht, wenn für ein Kalenderjahr Beiträge aufgrund des Durchschnittsentgelts gezahlt worden sind. Er beträgt seit dem 1. Juli 2013 in Westdeutschland 28,14 Euro. Bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse in ganz Deutschland ist für Ostdeutschland der aktuelle Rentenwert (Ost) maßgebend. Der aktuelle Rentenwert (Ost) beträgt zurzeit 25,74 Euro. Soweit während der Kindererziehungszeit keine weiteren oder nur geringe versicherte Einnahmen vorliegen , ergeben sich ab 1. Juli 2013 folgende auf die Kindererziehungszeiten für ein Kind entfallende monatliche Rentenbeträge: West Ost Geburt vor 19926 28,13 Euro 25,73 Euro Geburt nach 19917 84,39 Euro 77,19 Euro 3 Vgl. Köhler-Rama, Tim. Grundprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung aus versicherungsökonomischer sicht. In: Die Angestelltenversicherung, 8-9/2003, S. 413. 4 Vgl. Anlage 1 SGB VI. 5 Anl. 2b SGB VI, jährlicher Höchstwert an Entgeltpunkten für 2014 vorläufig 2,0484, also etwas über das Doppelte des Durchschnittsverdienstes. 6 12 Monate x 0,0833 Entgeltpunkte = 0,9996 Entgeltpunkte 0,9996 Entgeltpunkte x 28,14 Euro (aktueller Rentenwert) = 28,13 Euro monatliche Rente 0,9996 Entgeltpunkte x 25,74 Euro (aktueller Rentenwert[Ost]) = 25,73 Euro monatliche Rente. 7 Monate x 0,0833 Entgeltpunkte = 2,9988 Entgeltpunkte 2,9988 Entgeltpunkte x 27,47 Euro (aktueller Rentenwert) = 84,39 Euro monatliche Rente 2,9988 Entgeltpunkte x 25,74 Euro (aktueller Rentenwert) = 77,19 Euro monatliche Rente. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 7 Von diesen Monatsbeträgen sind gegebenenfalls Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner sowie Steuern zu zahlen, so dass sich in den meisten Fällen ein geringerer Nettobetrag ergeben dürfte. Berücksichtigungszeiten wegen der Erziehung eines Kindes bis zu dessen zehnten Lebensjahr werden im Gegensatz zu den Kindererziehungszeiten im Rahmen der Rentenberechnung nicht ohne Weiteres mit Entgeltpunkten bewertet. Ihre Anerkennung im Versicherungskonto führt aber innerhalb der komplexen Gesamtleistungsbewertung nach §§ 71 ff. SGB VI unter Umständen zu einer günstigeren Bewertung anderer rentenrechtlicher Zeiten. Fast ein Drittel der aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlten Renten enthalten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung 8. Die Höhe der auf sie entfallenden Rentenzahlungen hängt jeweils vom Einzelfall ab und kann nicht generell bestimmt werden. Sind mindestens 25 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden, werden für nach dem Jahr 1991 liegende Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gemäß § 70 Abs. 3a SGB VI Entgeltpunkte zusätzlich ermittelt oder gutgeschrieben. Hiervon begünstigt sind vor allem Mütter oder Väter, die ihre Arbeitszeit wegen der Erziehung reduziert haben. So wird eine neben der Erziehung eines Kindes bis zu dessen zehnten Lebensjahr ausgeübte versicherte Beschäftigung um bis zu 50 Prozent höher bewertet. Wurden mehrere Kinder erzogen, erfolgt auch ohne Ausübung einer (Teilzeit-)Beschäftigung eine Gutschrift in Höhe einer Beitragszahlung aufgrund eines Drittels des Durchschnittseinkommens. Insgesamt ist die Höherbewertung und Gutschrift auf einen Wert zu begrenzen, der dem eines Durchschnittseinkommens entspricht. Aufgrund der Bewertung der Kindererziehungszeit als Beitragszeit, der bei Geburten ab 1992 bereits für drei Jahre ein durchschnittlicher Wert zugeordnet worden ist, kommt eine Höherbewertung oder Gutschrift heute in der Regel für die Erziehung vom vierten bis zehnten Lebensjahr des Kindes zum Tragen. 2.3. Historisch-systematische Einordnung Bereits Anfang der 70er Jahre wurde für Mütter ein zusätzliches Versicherungsjahr in der gesetzlichen Rentenversicherung für jedes Kind als so genanntes Babyjahr vorgeschlagen.9 Zur Realisierung kam es jedoch erst im Jahre 1986 infolge der Reform der Hinterbliebenenrenten, die wie die rentenrechtliche Anerkennung von Erziehungsleistungen im engen Zusammenhang mit der Entwicklung der Rolle der Frau in der Familie und im Erwerbsleben steht. Die gesetzliche Rentenversicherung orientierte sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland zunächst am Leitbild des Mannes als Alleinernährer einer Familie und gewährte der Frau im Hinterbliebenenfall ohne Weiteres eine Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes. Eine eigenständige Alterssicherung war für Frauen insoweit entbehrlich. So konnten 8 Försterling, Joachim. Die Familienleistungen. In: Eichenhofer-Rische-Schmähl (Hrsg.). Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI. Köln, Luchterhand, 2012, Kapitel 20, Rd. 23. 9 Krause-Brewer, Fides. Das Rentenrisiko, Stuttgart, Seewald Verlag, 1980, S. 92. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 8 sich bis 1967 Frauen anlässlich der Eheschließung die zuvor zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlten Beiträge erstatten lassen.10 Dies entsprach dem früheren Rollenverständnis, das die Kindererziehung während der Ehe durch die Mutter und die damit einhergehende Erwerbslosigkeit verheirateter Frauen und deren Unterhaltsbedarf als sozialtypisch unterstellte.11 Dagegen hatten Witwer nur Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente, wenn die verstorbene Versicherte den überwiegenden Familienunterhalt bestritten hatte.12 Mit der Zunahme der Erwerbstätigkeit von Frauen konnte die Ungleichbehandlung von Witwen und Witwern nicht weiter aufrechterhalten werden. Mit seiner Entscheidung vom 12. März 1975 hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber schließlich verpflichtet, sich um eine sachgerechtere , auch für die Zukunft verfassungsgemäße Lösung zu bemühen.13 Dies beinhaltete auch den Aufbau einer eigenständigen Alterssicherung der Frau. 2.3.1. Einführung der Kindererziehungszeiten im Zusammenhang mit der Neuordnung der Hinterbliebenenrenten Mit dem Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten -Gesetz - HEZG) vom 11. Juli 198514 erfolgte die vom Bundesverfassungsgericht angestoßene rentenrechtliche Gleichstellung von Witwen und Witwern, die nunmehr unter denselben Voraussetzungen unter Anrechnung eigenen Einkommens eine bedarfsorientierte Hinterbliebenenrente erhalten können. Gleichzeitig wurde durch die erstmalige Anrechnung von Kindererziehungszeiten die eigenständige soziale Sicherung der Frau verbessert. In der Begründung zum Gesetzesentwurf wird ausgeführt:15 „Frauen und Männer, die Kinder erziehen, erbringen mit der Kindererziehung eine Leistung , die im Interesse der Allgemeinheit liegt. Diese Leistung findet in vielen Bereichen eine Anerkennung. Hier sei nur das Kindergeld erwähnt, das den Eltern einen Teil der mit der Kindererziehung verbundenen Kosten abnimmt, und die Steuerfreibeträge, die für Kinder vorgesehen sind. Diese beiden Regelungen verdeutlichen insbesondere, daß bereits im geltenden Recht anerkannt ist, daß dem Staat eine besondere Verpflichtung obliegt, Familien mit Kindern materiell zu unterstützen. Im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch ist eine Anerkennung der mit der Kindererziehung verbundenen Leistung nicht enthalten; dies ist umso mehr ein Mangel, als in Familien mit kleinen Kindern vielfach ein Ehegatte - häufig die Frau - während der Kindererziehung gar nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, eigene Rentenansprüche aufzubauen. Demgegenüber können in 10 U. a. § 1304 Reichsversicherungsordnung i. d. F. des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) vom 23. Februar 1957. 11 Kohleiß, FamRZ 1984, 851, unter Hinweis auf BVerfGE 48, 346, 365 = SozR 2200 § 1268 Nr. 11. 12 U. a. § 1266 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung i. d. F des ArVNG. 13 BVerfGE 39, 169 = SozR 2200 § 1266 Nr. 2 14 BGBl. I 1985 S. 1450. 15 Bundestags-Drucksache 10/2677, S. 28. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 9 Familien ohne Kinder oder mit bereits erwachsenen Kindern beide Ehegatten ohne Einschränkungen erwerbstätig sein und einen vollen eigenen Rentenanspruch erwerben.“ Seit dem Inkrafttreten des HEZG zum 1. Januar 1986 besteht für die Erziehung eines Kindes Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zeiten vor 1986 wurden anfänglich als Versicherungszeit eigener Art anerkannt und waren systematisch mit den beitragsfreien Ersatzzeiten , zum Beispiel aufgrund der Ableistung des Kriegsdienstes oder der Kriegsgefangenschaft, vergleichbar. Anzurechnen waren zunächst nur die ersten zwölf Monate nach der Geburt. Die Anrechnung erfolgt in den meisten Fällen im Versicherungskonto der das Kind erziehenden Mutter . An ihrer Stelle können aber auch der Vater oder andere mit der Erziehung beauftragte Personen berechtigt sein. Von der Anrechnung ausgeschlossen sind vor 1921 geborene Versicherte, da das Erwerbsleben zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des HEZG für diesen Personenkreis mit der Vollendung des 65. Lebensjahres als abgeschlossen galt und eine Neuberechnung der Bestandsrenten vorerst als nicht finanzierbar angesehen wurde.16 Nach dem Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG) vom 25.07.199117 sind Kindererziehungszeiten für Versicherte in Ostdeutschland aus denselben Gründen erst ab dem Geburtsjahrgang 1927 anzurechnen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Ausschluss der vor 1921 geborenen Versicherten von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gesehen.18 Für die Rentenhöhe waren die Kindererziehungszeiten mindestens mit 75 % des durchschnittlichen Verdienstes aller Versicherten zu berücksichtigen; eine additive Anrechnung erfolge somit anfangs nicht. Bei Zusammentreffen mit Beitragszahlungen aus einem über 75 % des Durchschnitts hinausgehenden Verdienstes entfiel insoweit die rentensteigernde Anrechnung der Kindererziehungszeit . Vorschläge der damaligen Oppositionsparteien, die Erziehungszeiten ohne Beschränkung auf bestimmte Jahrgänge einzuführen sowie anstelle eines Jahres mit 75 % des Durchschnittsverdienstes drei Jahre mit 100 % des Durchschnittsverdienstes zusätzlich zu gegebenenfalls bereits vorhandenen Beitragszeiten zu bewerten, haben aus finanziellen Gründen keine Mehrheit gefunden .19 2.3.2. Kindererziehungsleistungen für vor 1921 geborene Mütter Mit dem Gesetz über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (Kindererziehungsleistungs-Gesetz - KLG) vom 12. Juli 16 Bundestags-Drucksache 10/2677, S. 30. 17 BGBl. I 1991 S. 1606. 18 BVerfG, Urteil vom 07. Juli 1992 – 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91 –, BVerfGE 87, 1-48. 19 Bundestags-Drucksachen 10/2677, 10/3518, 10/3520, 10/3522. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 10 1987 erfolgte nach öffentlichem Druck und nach der Bundestagswahl 1987 auch eine Anerkennung der Erziehungsleistungen für vor 1921 geborene Mütter, die zuerst für die älteren Jahrgänge bis 1990 stufenweise eingeführt wurde.20 Diese an die damals so bezeichneten Trümmerfrauen zu zahlende Kindererziehungsleistung entspricht der Höhe nach einem Rentenbetrag, der sich aus einem Jahr Kindererziehungszeit ergibt. Dabei wird zur Vermeidung einer aufwändigen Neuberechnung der Bestandsrenten zum gegebenenfalls aus der Versicherungsbiographie errechneten Rentenbetrag eine entsprechende zusätzlich ausgewiesene Leistung eigener Art gewährt.21 Dies gilt auch für nicht rentenversicherte Mütter . Die Anrechnung einer rentenrechtlichen Zeit wie für nach 1920 geborene Versicherte erfolgte insoweit nicht. Die Kindererziehungsleistung ist insofern pauschaler und stärker typisierend ausgestaltet und kommt nur für Mütter in Betracht, weil vor 1921 geborene Väter, dem für die damalige Zeit typischen Rollenbild innerhalb der Familien entsprechend, die Kindererziehung typischerweise nicht übernommen und daher keine kindererziehungsbedingten Nachteile in der Altersversorgung erlitten haben. Darüber hinaus wäre auch die Feststellung, wer das Kind tatsächlich erzogen hat, nicht mehr oder nur noch unter einem unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand möglich gewesen.22 2.3.3. Verlängerung der anzurechnenden Kindererziehungszeiten auf drei Jahre für nach 1991 geborene Kinder Die nach dem bis 1991 geltenden Recht aufgrund der Systematik der rentenrechtlichen Zeiten vorgenommene unterschiedliche Behandlung von Kindererziehungszeiten vor und ab 1986 ist durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) vom 18. Dezember 198923 nicht mehr erforderlich. Sie sind nunmehr einheitlich als Beitragszeiten aufgrund einer Versicherungspflicht anzurechnen. Die entscheidende Veränderung gegenüber dem vorherigen Recht besteht hinsichtlich der Kindererziehungszeiten in der Verlängerung der Anrechnung auf drei Jahre für nach 1991 geborene Kinder. Damit sollte eine soziale Absicherung der Erziehenden in der Phase erreicht werden, in der eine Betreuung des Kindes in vorschulischen Einrichtungen im Allgemeinen noch nicht in Betracht kommt.24 Die Verlängerung der Kindererziehungszeiten auf drei Jahre für die seit dem 1. Januar 1992 geborenen Kinder löst die so genannte Rente nach Mindesteinkommen für Beitragszeiten bis 20 BGBl. I S. 1585. Heute geregelt in §§ 297 ff. SGB VI. Für Mütter in Ostdeutschland können Kindererziehungsleistungen bis zum Jahrgang 1926 gewährt werden. 21 Vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Bst. f des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I). 22 Bundesrats-Drucksache 60/87, S. 19 ff. 23 BGBl. I. 1989 S. 2261. 24 Bundestags-Drucksache 11/4124, S. 166. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 11 1991 ab. So sind Beitragszeiten vor 1992, die auf einem geringen Arbeitsentgelt beruhen, gemäß § 262 SGB VI unter Umständen mit mindestens 75 % des Durchschnittsverdienstes zu bewerten, wenn sich aus allen vollwertigen Beitragszeiten ein geringerer Durchschnittswert ergibt und mindestens 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind. Einen solchen Zuschlag erhalten auch niedrige Renten von Versicherten, die wegen der Kindererziehung vor 1992 nur eingeschränkt einer beitragspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sind. 2.3.4. Additive und höhere Bewertung der Kindererziehungszeiten Bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Renten-Überleitungsgesetz im Jahre 1991 hatte der Deutsche Bundestag bekräftigt, die Alterssicherung der Frauen in der leistungsbezogenen Rentenversicherung verbessern und hierzu Zeiten der Kindererziehung weitergehend anerkennen zu wollen .25 Mit Urteil vom 7. Juli 1992 hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber aufgefordert, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in den durch Kindererziehung bedingten Nachteilen bei der Altersversorgung liegt, in weiterem Umfang als zuvor auszugleichen.26 Ferner sah das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 12. März 1996 eine Benachteiligung jener Versicherten, bei denen sich die Kinderziehungszeiten wegen gleichzeitiger Beitragsleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht oder nicht in vollem Umfang ausgewirkt haben. Dem Gesetzgeber wurde daher auferlegt, durch eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften die additive Anrechnung der Kindererziehungszeiten zu regeln.27 Mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 22.12.199728 erfolgte für Bestandsrenten und Neuzugänge ab Juli 1998 eine stufenweise Anhebung der Bewertung der Kindererziehungszeiten von zuvor 75 % auf 100 % eines durchschnittlichen Verdienstes sowie die zusätzliche - als additiv bezeichnete - Anrechnung zu bereits vorhandenen, zeitgleich liegenden Beitragszeiten bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze .29 2.3.5. Nachteilsausgleich für die Erziehung bis zum zehnten Lebensjahr eines Kindes Ein weiterer Ausbau der eigenständigen Alterssicherung von Frauen erfolgte durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz – AVmEG) vom 21. März 200130 durch 25 Bundestags-Drucksache 12/837. 26 BVerfG, Urteil vom 7. Juli 1992 – 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91 –, BVerfGE 87, 1-48. 27 BVerfG, Beschluss vom 12. März 1996 – 1 BvR 609/90, 1 BvR 692/90 –, BVerfGE 94, 241-267. 28 BGBl. I 1997 S. 2998. 29 Bundestags-Drucksache 13/8011, S. 51. 30 BGBl. I 2001 S. 403. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 12 die in § 70 Abs. 3a SGB VI geregelte Aufwertung neben der Erziehung gezahlter Beitragszahlungen und Gutschrift für die Rente bei gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder. Neben der Ergänzung der für jüngere Eheleute abgesenkten Witwen- und Witwerrenten um eine Kinderkomponente wurde die Bewertung von neben der Erziehung bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes liegenden Beitragszeiten nach 1991 erhöht, wenn insgesamt 25 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorliegen. Die Aufwertung bzw. Gutschrift ersetzt mit einiger zeitlicher Verzögerung die für Zeiten bis 1991 nach § 262 SGB VI mögliche Höherbewertung von Beitragszeiten, die auf einem geringen Arbeitsentgelt beruhten. Damit wurde insbesondere für Frauen ein Nachteilsausgleich dafür geschaffen, dass sie während der Kindererziehungsphase bei Erwerbstätigkeit in der Regel ein geringes Arbeitsentgelt, z. B. durch Teilzeitarbeit, erzielen und damit Einbußen in ihrer Versicherungsbiografie erfahren. So werden niedrige Pflichtbeiträge während der Zeit von der Geburt des ersten Kindes bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres des jüngsten Kindes als Kinderberücksichtigungszeit aufgewertet , indem eine Erhöhung der Pflichtbeiträge um 50 % auf maximal 100 % des Durchschnittseinkommens erfolgt. Ferner wurde ein Nachteilsausgleich für Erziehungspersonen geschaffen, die gleichzeitig mehrere Kinder erziehen und deshalb regelmäßig auch nicht Teilzeit erwerbstätig sind. Danach erhalten Erziehungspersonen, die nach 1991 zeitgleich mehrere Kinder bis zum zehnten Lebensjahr erziehen, eine Gutschrift für die Rente, die regelmäßig der höchstmöglichen Förderung bei der kindbezogenen Höherbewertung von Pflichtbeitragszeiten für erwerbstätige Erziehungspersonen entspricht. Damit wird insbesondere der Situation der Elternteile mit mehreren Kindern Rechnung getragen, die wegen ihrer familiären Aufgaben nicht einmal geringe auf einer Teilzeitarbeit beruhende, sondern gar keine Pflichtbeiträge leisten können.31 2.4. Finanz- und ordnungspolitische Einordnung Grundlage der gesetzlichen Rentenversicherung ist ein auf Leistung und Gegenleistung beruhender versicherungsmathematischer Risikoausgleich, der nach dem Solidarprinzip durch einen sozialen Ausgleich aufgrund sozialpolitischer Erwägungen ergänzt wird. Die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung werden im Umlageverfahren durch die im selben Zeitraum erzielten Einnahmen aus Beiträgen der Versicherten und ihrer Arbeitgeber sowie durch staatliche Zuwendungen finanziert. Bereits bei ihrer Errichtung Ende des 19. Jahrhunderts wurde die teilweise Steuerfinanzierung der Alterssicherung mit dem allgemeinen und nationalen Bedürfnis der Alters - und Invalidenversicherung begründet, welche zumindest zum Teil aus dem Nationaleinkommen befriedigt werden sollte.32 Die staatliche Beteiligung äußert sich heute unter anderem in der Gewährung von Bundeszuschüssen gemäß § 213 SGB VI, bestimmten Erstattungen und Beitragszahlungen , unter anderem auch als Pauschale für Kindererziehungszeiten. Eine allumfassende Aufstellung der auf Familienleistungen entfallenden Aufwendungen der gesetzlichen Rentenversicherung und ihrer Gegenfinanzierung existiert jedoch nicht. 31 Bundestags-Drucksache 14/4595, S. 48. 32 Haerendel, Ulrike. Die gesetzliche Rentenversicherung von den Anfängen bis zum wiedervereinigten Deutschland . In: Eichenhofer-Rische-Schmähl (Hrsg.). Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI. Köln: Luchterhand, 2012, Kap. 1 Rn. 7 u. 29. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 13 Als Familienleistungen werden in der gesetzlichen Rentenversicherung im weiteren Sinne Rentenzahlungen verstanden, die an einen generationsübergreifenden Tatbestand anknüpfen und als Rechtsfolge Familien im Vergleich zu anderen Lebensentwürfen begünstigen33. Hierzu gehören vor allem neben der rentensteigernden Anrechnung von Erziehungszeiten die Gewährung von Renten wegen Todes an Witwen, Witwer und Waisen sowie an geschiedene Ehepartner. Die Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung für die Rente wurde von Anfang an als eine Leistung des Familienlastenausgleichs bezeichnet, der vom Bund aus Steuermitteln zu finanzieren war.34 Die Finanzierungsweise der gesetzlichen Rentenversicherung in Form des Umlageverfahrens basiert im Wesentlichen auf zwei Funktionsvoraussetzungen: Zum einen muss die jeweils im aktiven Alter stehende Generation bereit und in der Lage sein, ein ausreichend großes Sozialprodukt zu erstellen, aus dem die Leistungen finanziert werden. Zum anderen muss jede Generation aber auch für eine ausreichend große Nachwuchsgeneration sorgen, welche dann wiederum ein ausreichend großes Sozialprodukt erstellen kann.35 Mit der Frage der unterschiedlichen Dauer der Anrechnung von Kindererziehungszeiten für Geburten vor und ab 1992 hat sich der Deutsche Bundestag in den vorhergehenden Wahlperioden aufgrund mehrerer Petitionen beschäftigt. Mit Beschluss vom 10. November 2010 ist eine im Internet veröffentlichte Petition abgeschlossen worden, mit der gefordert wurde, Kindererziehungszeiten bei der Rentenberechnung von Frauen mit Geburten vor dem 1. Januar 1992 von ein auf drei Jahre zu erhöhen. In der Begründung zur Beschlussempfehlung wird hinsichtlich der finanzund ordnungspolitischen Einordnung der Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung Folgendes ausgeführt:36 „Die Ausdehnung der Kindererziehungszeiten auf drei Jahre für Geburten ab 1992 war bewusst als eine in die Zukunft gerichtete Maßnahme konzipiert, indem sie Müttern und Vätern für die Abwägung, ob sie vorübergehend zugunsten der Kindererziehung auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit verzichten sollten, eine größere Gestaltungsfreiheit einräumt. Diese Gestaltungsmöglichkeiten sind für Geburten vor 1992 naturgemäß nicht mehr erreichbar . Kindererziehende leisten unbestreitbar einen unverzichtbaren Beitrag auch für den Fortbestand der gesetzlichen Rentenversicherung. Daher ist ein Ausgleich der erziehungsbedingten finanziellen Nachteile von Familien notwendig. Ein Familienlastenausgleich ist aber keine originäre Aufgabe der Solidargemeinschaft der Rentenversicherten, sondern eine über Steuern zu finanzierende gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dies steht in Übereinstimmung mit der Finanzierung der gegenwärtig anzuerkennenden Kindererziehungszeiten , für die Pflichtbeiträge aus Bundesmitteln an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt werden. Die Ausgestaltung des Familienlastenausgleichs ist eine politische 33 Försterling, Joachim. Die Familienleistungen. In: Eichenhofer-Rische-Schmähl (Hrsg.). Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI. Köln: Luchterhand, 2012, Kap. 20 Rn. 3. 34 Bundestags-Drucksache 10/2677, S. 30. 35 Hebeler, Timo. Der Gleichheitssatz des Art. 3 I GG als Schlüssel für die Pflicht einer generationengerechten Ausgestaltung des Rechts der gesetzlichen Altersrenten. In: Deutsche Rentenversicherung, 4-5/2002, S. 272. 36 Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses, abrufbar im Internet unter: https://epetitionen.bundestag.de/petitionen /_2010/_03/_05/Petition_10592.abschlussbegruendungpdf.pdf, zuletzt abgerufen am 13. Januar 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 14 Frage, bei der zu entscheiden ist, welche Personen zu begünstigen sind. Bei dem mit der Petition geäußerten Vorschlag, auch für Geburten vor 1992 drei Jahre Kindererziehungszeiten anzurechnen, handelt es sich um eine Verlagerung des Familienlastenausgleichs in das Alter. Dies ist nach Auffassung des Petitionsausschusses nicht zu befürworten. Familien benötigen finanzielle Unterstützung am dringendsten in der Erziehungsphase. Dies gilt vor allem dann, wenn ein Elternteil seine Erwerbstätigkeit wegen der Kindererziehung aufgibt oder einschränkt und der Familienunterhalt im Wesentlichen aus dem Einkommen des anderen Elternteils bestritten werden muss. Angesichts nur beschränkt zur Verfügung stehender Haushaltsmittel sollte daher - über die schon bestehenden Regelungen zur Anerkennung der Erziehungszeiten als anspruchsbegründende und rentenerhöhende rentenrechtliche Zeit hinaus - nicht der Familienlastenausgleich im Alter, sondern die Unterstützung der Familie in der Erziehungsphase den Vorrang haben.“ Nach einer 1995 vorgenommenen Definition des früheren Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR), der seit Oktober 2005 in die Deutsche Rentenversicherung Bund integriert wurde, gehört der Familienlastenausgleich zu den nicht beitragsgedeckten Leistungen.37 Der Bund zahlt gemäß § 213 Abs. 3 SGB VI zur pauschalen Abgeltung nicht beitragsgedeckter Leistungen an die allgemeine Rentenversicherung in jedem Kalenderjahr einen zusätzlichen Bundeszuschuss . 2.5. Juristische Einordnung Anfänglich wurde davon ausgegangen, dass mit der Einführung der Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung lediglich Lücken in der Versicherungsbiographie geschlossen werden sollten. Dadurch sollten erziehungsbedingte Einbußen in der Altersversorgung, die zum Beispiel durch die Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung aufgrund der niedrigeren Entgelte entstehen, aufgefangen werden. Die mit der Kindererziehung erbrachte Leistung soll insoweit honoriert werden, indem die dadurch möglicherweise entgangenen Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung pauschal ausgeglichen werden.38 Gemäß Art 6 Abs. 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Aus dieser Wertentscheidung lässt sich in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist. Aus dem Verfassungsauftrag, einen wirksamen Familienlastenausgleich zu schaffen, lassen sich konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten. Insoweit besteht vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. 37 Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der nicht beitragsgedeckten Leistungen und der Bundesleistungen an die Rentenversicherung vom 13. August 2004, in: Deutsche Rentenversicherung, 10/2004, S. 572. 38 BSG, Urteil vom 1. September 1988, Az. 4/11a RA 59/87. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 15 Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber kurz nach dem Inkrafttreten der Rentenreform 1992 verpflichtet, erziehungsbedingte Vorsorgenachteile in der gesetzlichen Rentenversicherung in weiterem Umfang als zuvor auszugleichen. Die Erziehung von Kindern habe bestandssichernde Bedeutung im Sinne einer Garantiefunktion für die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung, weil die nachrückende Generation die Mittel für die Alterssicherung der jetzt erwerbstätigen Generation aufbringen müsse. Mit der Annahme, der Grund für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten liege in dem Wert der Kindererziehung für die Allgemeinheit und für die Rentenversicherung im Besonderen, hat sich die Auffassung unter anderem von der Honorierungsfunktion der Kindererziehungszeiten durchgesetzt.39 3. Finanzierung von Erziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung Die Finanzierung der Erziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgte bisher im Rahmen des Familienlastenausgleichs aus Steuermitteln. Dabei wurde die Art und Weise der Finanzierung mehrfach geändert und entsprach nur bis 1991 den der gesetzlichen Rentenversicherung tatsächlich entstandenen Mehraufwendungen. Die als Folge der Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach dem HEZG zurückzuführenden Rentenbeträge waren von der Rentenversicherung zu beziffern und vom Bund zu erstatten. Dies galt entsprechend für die im Anschluss eingeführten Kindererziehungsleistungen.40 Die Erstattung der aus der Anrechnung von Kindererziehungszeiten sowie den Kindererziehungsleistungen bezifferten Belastungen wurde mit dem RRG 1992 aufgegeben. Stattdessen wurde der Bundeszuschuss pauschal um die Erstattungsbeträge für Leistungen aus Kindererziehungszeiten und für Kindererziehungsleistungen im Jahre 1991 erhöht.41 Der Erhöhungsbetrag ging in die Fortschreibung des Bundeszuschusses mit ein. Die Erstattung der aufgrund der Anrechnung von Kindererziehungszeiten beruhenden Aufwendungen der gesetzlichen Rentenversicherung ist im Rahmen eines erhöhten Bundeszuschusses durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 199842 mit Wirkung ab 1. Juni 1999 wieder entfallen und durch eine pauschale Beitragszahlung ersetzt worden. Der Pauschalbetrag für das Jahr 2000 wurde auf 22,4 Mrd. DM festgelegt und folgte dem Ziel, die kurz- und mittelfristige Beitragsstabilität der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. Er entsprach etwa dem Dreifachen des für 1998 im Bundeszuschuss für Kindererziehungszeiten enthaltenen Betrages von 7,2 Mrd. DM, der auf die 39 BVerfG, Urteil vom 7. Juli 1992 – 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91 –, BVerfGE 87, 1-48, sowie BVerfG, Beschluss vom 12. März 1996 – 1 BvR 609/90, 1 BvR 692/90 –, BVerfGE 94, 241-267. 40 § 1395 c RVO, Art. 2 § 66 ArVNG u. a. i. V. m. der Verordnung über die Erstattung von Aufwendungen aus der Anrechnung von Kindererziehungszeiten durch den Bund (Kindererziehungs-Erstattungsverordnung) vom 2. Januar 1986, BGBl. I S. 31 und der Verordnung über die Erstattung von Aufwendungen für Kindererziehungsleistungen durch den Bund (Kindererziehungsleistungs-Erstattungsverordnung – KLErstV) vom 18. Dezember 1987, BGBl. I S. 2814. 41 § 287 Abs. 4 SGB VI a.F., Bundestags-Drucksache 11/4124, S. 139. 42 BGBl. I 1998 S. 3843. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 16 vor 1992 geltende Erstattungsregelung zurückgeht, die sich auf die Anrechnung eines Jahres bezogen hatte.43 Ursprünglich war geplant, die Beitragszahlung für die Kindererziehungszeiten von der pauschalen Bemessung auf eine individuelle auf die Versicherten bezogene Beitragsleistung umzustellen. Gemäß § 177 SGB VI ist jedoch später geregelt worden, den für das Jahr 2000 festgelegten Pauschalbetrag als Ausgangsgröße heranzuziehen und jährlich in Abhängigkeit der Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter, des Beitragssatzes und der Anzahl der unter Dreijährigen anzupassen .44 Die Beitragszahlungen des Bundes für Kindererziehungszeiten schwankten seit dem Jahr 2000 bis heute zwischen 11,4 und 11,9 Mrd. Euro jährlich.45 Der als Beratungsgremium für die gesetzgebenden Körperschaften und die Bundesregierung mit Vertretern der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber , der Wissenschaft und der Deutschen Bundesbank eingerichtete Sozialbeirat hat in seinem Gutachten zum Rentenversicherungsbericht 2013 festgestellt, dass dies bei etwa 2 Millionen Kindern im Alter unter drei Jahren näherungsweise dem Beitragsaufkommen entspreche, das zur Begründung der damit verbundenen Rentenanwartschaften erforderlich ist. Die Summe der Beitragszahlungen des Bundes für den Erwerb von Rentenanwartschaften der aktuell Kinder erziehenden Versicherten sei damit derzeit höher, als die Leistungen aufgrund von Kindererziehungszeiten für Eltern, die gegenwärtig eine Rente beziehen. In einem im Umlageverfahren finanzierten Alterssicherungssystem sei aber in aller Regel die Summe der Beiträge, die aktuell aufgrund ganz bestimmter Tatbestände für den Erwerb von Rentenanwartschaften gezahlt werden, und die Summe der Ausgaben für die aktuell aufgrund der gleichen Tatbestände zu zahlenden Renten - für die die entsprechenden Anwartschaften in der Vergangenheit durch Beitragszahlungen erworben wurden - nicht identisch.46 Die vom Bund geleisteten pauschalen Beiträge dienen insoweit nur der Abgeltung der für das laufende Jahr anzurechnenden Kindererziehungszeiten, also für die jeweils aktuellen drei Geburtsjahrgänge .47 Sie sind keine nachträglich wirkende Versicherung für abgelaufene Zeiträume wie etwa die Nachversicherung für ohne Anspruch auf Versorgung ausgeschiedene Beamte. Bei den vor dem 1. Juni 1999 anzurechnenden Kindererziehungszeiten handelt es sich insoweit um fiktive Beitragszeiten i. S. d. § 55 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 56 Abs. 1 Satz 1 a. F. SGB VI. Aufgrund der Beitragsfiktion ist bei den auf vor Einführung der Beitragszahlung durch den Bund liegenden 43 Bundestags-Drucksache 14/45, S. 15, 21 und 22. 44 Bundestags-Drucksache 14/4595, S. 54. 45 Rentenversicherung in Zeitreihen 2013. DRV-Schriften Bd. 22, herausgegeben von der Deutschen Rentenversicherung Bund, S. 249. Bekanntmachung der Beitragszahlung des Bundes für Kindererziehungszeiten für das Jahr 2013 vom 17. Dezember 2012, BAnz AT 24. Dezember B4, und Bekanntmachung der Beitragszahlung des Bundes für Kindererziehungszeiten für das Jahr 2014 vom 20. Dezember 2013, BAnz AT 30.12.2013 B1. 46 Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungsbericht 2013, Bundestags-Drucksache 18/95, S. 88, 89. 47 So auch Fichte, Wolfgang. In: SGB VI, Gesetzliche Rentenversicherung, Kommentar, Hauck-Noftz, § 56, Rn. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 17 Kindererziehungszeiten beruhenden Rentenbeträgen von nicht beitragsgedeckten - versicherungsfremden – Leistungen im Rahmen des Familienlastenausgleichs auszugehen. Für die auf dem 1992 eingeführten und später deutlich verbesserten Nachteilsausgleich durch die Anrechnung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes beruhenden Rentenmehrausgaben sind keine besonderen Regelungen für die Finanzierung getroffen worden. Als nicht beitragsgedeckte Leistungen sind sie - wie die Rentenzahlungen aus vor dem 1. Juni 1999 anzurechnenden Kindererziehungszeiten - aus dem zusätzlichen Bundeszuschuss gemäß § 213 Abs. 3 SGB VI zu finanzieren.48 4. Rechtfertigung der unterschiedlichen Finanzierung der Kindererziehungszeiten für vor und nach 1992 geborene Kinder Bei den die Einführung bzw. den Ausbau der Erziehungsleistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung betreffenden Gesetzgebungsverfahren stand jeweils die Frage im Raum, ob die geplanten Vergünstigungen auch für rückwirkende Zeiträume gelten sollen. Mit Rücksicht auf die aus dem Bundeshaushalt für den Familienlastenausgleich zu erbringenden Mittel war eine Erhöhung der Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder bisher nicht möglich, ohne die Steuerzahler stärker belasten zu wollen. Die mit der Stichtagsregelung verbundene Schlechterstellung von Geburten vor dem 1. Januar 1992 war wiederholt Gegenstand verfassungsgerichtlicher Entscheidungen. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass eine gegen das Grundgesetz verstoßende Ungleichbehandlung der Kindererziehung in der Zeit vor Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes 1992 einerseits und den seit dem 1. Januar 1992 geltenden Regelungen andererseits nicht vorliege.49 Zwar sei der Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 i. V m. Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz verpflichtet, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in dem durch Kindererziehung bedingten Nachteil bei der Altersversorgung liegt, in weiterem als dem seinerzeitigen Umfang auszugleichen. Dem sei der Gesetzgeber aber mit der zeitlichen Ausdehnung ab dem Stichtag 1. Januar 1992 nachgekommen. Dabei würde es die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers unzulässig beschränken, wenn ihm verwehrt wäre, eine derart komplexe Reform wie die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei der Altersversorgung in mehreren Stufen zu verwirklichen. Wegen der sich auf viele Jahrzehnte erstreckenden Dauer der Versicherungsbiographien entfalten Anpassungen der gesetzlichen Rentenversicherung an gesellschaftliche Entwicklungen erst mit zeitlicher Verzögerung ihre Wirkung. Zwar wird für vor 1992 geborene Kinder nach dem derzeit geltenden Recht nur ein Jahr Kindererziehungszeit angerechnet - während jüngeren Müttern für die ab 1992 geborenen Kinder drei Jahre Kindererziehungszeit anzurechnen sind - dafür hatten 48 Polster, Andreas. In: Kasseler Kommentar, SGB VI, § 213, Zuschüsse des Bundes, 72. Ergänzungslieferung 2012, Rn. 11. 49 BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. März 1996 – 1 BvR 1238/95. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 18 vor 1952 geborene Mütter früher die Möglichkeit, eine vorzeitige Altersrente für Frauen ab dem 60. Lebensjahr zu beziehen.50 5. Vorschlag einer so genannten Mütterrente Unter der Überschrift „Kindererziehung besser anerkennen (Mütterrente)“ haben CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag vom 14. Dezember 2013 vereinbart, für alle Mütter oder Väter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, die Erziehungsleistung mit einem zusätzlichen Entgeltpunkt in der Alterssicherung zu berücksichtigen.51 Ein Entgeltpunkt entspricht gemäß §§ 63 Abs. 2, 68 Abs. 1 SGB VI einer monatlichen Rente, der ein Kalenderjahr Beiträge aufgrund des Durchschnittsentgelts zugrunde liegen. 5.1. Erhöhung der Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder um ein Jahr Den Vorgaben des Koalitionsvertrags folgend, ist im vorliegenden Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 15. Januar 2014 für die Erziehung vor 1992 geborener Kinder ein weiteres Jahr als Kindererziehungszeit anzurechnen, das für die Rentenberechnung mit einer auf den Durchschnittsverdienst bezogenen Bewertung herangezogen wird. Eine rentenrechtliche Gleichbehandlung der Erziehung für vor und ab 1992 geborene Kinder ist damit nach wie vor nicht gegeben, sondern die bestehende Ungleichbehandlung lediglich verringert. Für Bestandsrenten soll ein entsprechender Zuschlag berechnet werden, um eine aufwändige Neuberechnung zu umgehen. 5.2. Finanzierung der aus der Ausweitung der Anrechnung der Kindererziehungszeiten folgenden Mehraufwendungen Laut dem Referentenentwurf zu einem Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) belaufen sich die Mehraufwendungen für die Ausweitung der Anrechnung der Kindererziehungszeiten bis zum Jahr 2020 auf jährlich 6,6 bis 6,7 Mrd. Euro. Bis zum Jahr 2030 wird dieser Betrag auf 6,1 Mrd. Euro zurückgehen. Soweit für nicht beitragsgedeckte Leistungen keine Erhöhung der Zuwendungen des Bundes erfolgt, sind sie aus den Beitragszahlungen und den bisherigen Bundeszuschüssen zu finanzieren. Als Faustregel gilt, dass eine Veränderung des Beitragssatzes der allgemeinen Rentenversicherung um einen Prozentpunkt Einnahmen bzw. Ausgaben von 10 Mrd. Euro entspricht.52 Zur Finanzierung der geplanten Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung sind in der laufenden Wahlperiode keine zusätzlichen Bundesmittel vorgesehen. Vielmehr wird 50 Berufstätige Männer konnten dagegen regelmäßig erst mit dem 63. Lebensjahr eine Altersrente für langjährig Versicherte beanspruchen. Die unterschiedlichen Voraussetzungen bei Männern und Frauen für den Altersrentenbezug wären auf Dauer nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes und im Hinblick auf das Europäische Gemeinschaftsrecht vereinbar gewesen. Vgl. Bundestags-Drucksache 13/8011, S. 50. 51 Vgl. Fn. 1. 52 Vgl. Broschüre der Deutschen Rentenversicherung Bund „Rentenversicherung in Zahlen 2013“, S. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 19 mit einem Abbau der zurzeit vorhandenen Rücklagen der gesetzlichen Rentenversicherung gerechnet . Die Höhe des Bundeszuschusses und des Beitragssatzes sowie die Anpassung der Renten sind in einen selbstregulierenden Mechanismus eingebunden, mit dem ein Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben in der umlagefinanzierten Rentenversicherung gewährleistet ist. Danach ist der Beitragssatz gemäß § 158 SGB VI für jedes Kalenderjahr im Voraus so festzusetzen, dass die Beitragseinnahmen und Bundeszuschüsse die Ausgaben eines Kalenderjahres decken und gleichzeitig für den Ausgleich von Einnahmeschwankungen zum Ende des Kalenderjahres, für das der Beitragssatz zu bestimmen ist, eine Rücklage erhalten bleibt, die mindestens das 0,2fache und höchstens das 1,5fache der durchschnittlichen monatlichen Ausgaben der allgemeinen Rentenversicherung beträgt.53 Eine Veränderung des Beitragssatzes erfolgt gewöhnlich, wenn die Mindestrücklage voraussichtlich unter- oder die Höchstrücklage überschritten wird. Veränderungen des Beitragssatzes beeinflussen die Höhe des Bundeszuschusses und die jährlich zum 1. Juli durchzuführenden Rentenanpassungen: Bei einer Verringerung des Beitragssatzes mindert sich nach § 213 Abs. 2 Satz 2 SGB VI die Höhe des Bundeszuschusses und die Renten werden nach § 68 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 3 stärker erhöht. Dies wirkt sich durch die daraus folgenden höheren Rentenausgaben entsprechend abschwächend auf die weitere Entwicklung des Beitragssatzes aus. Steigt der Beitragssatz dagegen an, erhöht sich zugleich auch der Bundeszuschuss, während die nächste Rentenanpassung gedämpft wird. Obwohl die Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenversicherung zum Jahreswechsel mit geschätzten 31 Mrd. Euro bzw. 1,75 Monatsausgaben die Höchstgrenze überschritten haben dürfte, wurde von einer an sich vorgeschriebenen Senkung des Beitragssatzes abgesehen.54 Eine nachträgliche Legitimation ist mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Festsetzung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung für das Jahr 2014 (Beitragssatzgesetz 2014) vorgesehen.55 Nach dem Entwurf zum RV-Leistungsverbesserungsgesetz soll der Bundeszuschuss vom Jahr 2019 bis zum Jahr 2022 jährlich um 400 Mio. Euro - also um insgesamt zwei Mrd. Euro - erhöht werden. Langfristig würden insoweit für die Ausweitung der Anrechnung der Kindererziehungszeiten jährliche Mehraufwendungen von über vier Mrd. Euro, die nicht steuerfinanziert wären, verbleiben. Wegen der zu erwartenden höheren Ausgaben müsste der Beitragssatz um etwa 0,4 % angehoben werden. Daraus würde ferner durch die anpassungsdämpfende Wirkung höherer Beiträge ein stärkeres Absinken des Sicherungsniveaus folgen, so dass sowohl die beitragszahlende 53 Flecken, Hans-Ludwig. Sozialgesetzbuch – 6. Buch Rentenversicherung. In: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Übersicht über das Sozialrecht. Nürnberg, BW Bildung und Wissen, 2012, Rn. 19. 54 Rede des Vorsitzenden des Bundesvorstandes der Deutschen Rentenversicherung Bund, Alexander Gunkel, auf der Bundesvertreterversammlung am 5. Dezember 2013. Abrufbar im Internet unter http://www.deutsche-rentenversicherung .de/cae/servlet/contentblob/327352/publicationFile/63203/rede_gunkel.pdf, zuletzt abgerufen am 16. Januar 2014. Bekanntmachung der Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung für das Jahr 2014 vom 19. Dezember 2013, BGBl. I S. 4313. 55 Bundestags-Drucksache 18/187. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 20 als auch die rentenbeziehende Generation für die Finanzierung der Mehraufwendungen herangezogen werden würden. 5.3. Zulässigkeit der Beitragsfinanzierung unter Außerachtlassung von nicht versicherten Personen und Versicherten mit einem Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze Die gesetzliche Rentenversicherung beruht auf dem Prinzip der so genannten Teilhabeäquivalenz , nach dem die Rentenhöhe auf das Verhältnis des durch Beiträge versicherten Erwerbseinkommens zum durchschnittlichen Verdienst zurückgeht.56 Das Prinzip der Teilhabeäquivalenz wird durch den der gesetzlichen Rentenversicherung wesensimmanenten sozialen Ausgleich, unter anderem durch die Gewährung nicht beitragsgedeckter Leistungen, ergänzt. Der Umfang der nicht beitragsgedeckten Leistungen ist immer auch Ergebnis eines politischen Werturteils darüber , wie umfangreich das Ziel des sozialen Ausgleichs definiert wird. Letztlich wurde in der Vergangenheit die Übertragung gesamtgesellschaftlicher Lasten auf die gesetzliche Rentenversicherung mit dem politisch gewollten sozialen Ausgleich legitimiert.57 Die Ausweitung der Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder würde – wenn keine Gegenfinanzierung aus Bundesmitteln erfolgt – vor allem versicherte Arbeitnehmer und ihre Arbeitgeber belasten, da der Beitragssatz entgegen dem Selbstregulierungsmechanismus durch die Mehraufwendungen nicht abgesenkt wurde bzw. früher erhöht werden muss. Nicht versicherte Personen und Versicherte mit einem Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze sind nur in geringerem Maße betroffen. Sie sind jedoch in der Folgezeit über ihre Steuerzahlungen an der Finanzierung der aus der Leistungsausweitung resultierenden zusätzlichen Bundesmittel beteiligt , da sich die Beitragszahlungen des Bundes für Kindererziehungszeiten sowie die Bundeszuschüsse infolge des höheren Beitragssatzes mittel- und langfristig erhöhen. Für eine Unterscheidung, welche sozialen Aufgaben von der Gesamtgesellschaft zu übernehmen sind und welche der Sozialversicherung vom Gesetzgeber zulässigerweise zur Finanzierung durch Beiträge zugewiesen werden können, bestehen keine verfassungsrechtlichen Vorgaben.58 Insoweit ist zwar die Ausweitung der Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder als nicht beitragsgedeckte Maßnahme des sozialen Ausgleichs legitimiert, als für die Bevorzugung der berechtigten Versicherten nachvollziehbare Gründe bestehen, gleichwohl sollten Beitragszahlungen in erster Linie zur Finanzierung von Leistungen herangezogen werden, die dem Prinzip der Teilhabeäquivalenz folgen. Nicht beitragsgedeckte Leistungen wie der politisch und gesellschaftlich akzeptierte Familienlastenausgleich sollten als gesamtgesellschaftliche Aufgaben verstanden und dementsprechend über die Bundeszuschüsse aus dem allgemeinen Steuer- 56 Rürup, Bert. Die Bedeutung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Gesetzliche Rentenversicherung. In: Deutsche Rentenversicherung, 4-5/2006, S. 240. 57 Vgl. Ruland, Franz. Die Finanzierung der Rentenversicherung. In: Eichenhofer-Rische-Schmähl (Hrsg.). Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI. Köln: Luchterhand, 2012, Kap. 9, Rn. 42. 58 Bundestags-Drucksache 14/773, S. 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 21 aufkommen finanziert werden. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Notwendigkeit, sowohl dem Anstieg des Beitragssatzes als auch dem Absinken des Sicherungsniveaus entgegen zu wirken.59 Die gegebenenfalls mit der Ausweitung der Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder verbundene unterschiedliche finanzielle Belastung der nicht versicherten Personen und Einkommen gegenüber den Rentenversicherten mit einem Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze hat ihren Ursprung in den unterschiedlichen Alterssicherungssystemen. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind abhängig Beschäftigte als größte Gruppe der Erwerbstätigen und bestimmte schutzbedürftige Selbständige mit einem Arbeitsentgelt oder –einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze , die etwa dem Doppelten des Durchschnittsverdienstes entspricht, pflichtversichert. Die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung ist nach Art. 2 Abs. 1 GG mit dem bestehenden Schutzbedürfnis der Versicherten legitimiert.60 Andere Erwerbstätige haben regelmäßig Ansprüche auf Leistungen im Alter in eigenen Sicherungssystemen oder sind wegen der Höhe ihres Einkommens nicht auf den Schutz der Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung angewiesen. Die für die jeweiligen Berufsgruppen im Laufe vieler Jahrzehnte entwickelten Alterssicherungssysteme weichen im Hinblick auf die Ausgestaltung der Finanzierung und der Leistungen zum Teil stark voneinander ab. Diese Abweichungen sind Ergebnis historischer Entwicklungen und im Hinblick auf die Beamtenversorgung auch verfassungsrechtlicher Vorgaben. Die einzige größere Gruppe von Erwerbstätigen, die von keinem obligatorischen Alterssicherungssystem erfasst wird, sind Unternehmer, da auch für diese keine Schutzbedürftigkeit anzunehmen sein dürfte. Dem Gesetzgeber ist auch nach dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.61 Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht anzunehmen, weil sich für die Einbeziehung von Personen in die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund ihres Schutzbedürfnisses ein vernünftiger Grund finden lässt. Mithin dürften die verfassungsrechtlichen Grenzen der der Gesetzgebung zugestandenen Gestaltungsfreiheit durch die unterschiedliche finanzielle Belastung der nicht versicherten Personen und Einkommen gegenüber den Rentenversicherten mit einem Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze nicht überschritten sein. 59 Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungsbericht 2013, Bundestags-Drucksache 18/95, S. 87. 60 Kreikebohm, Ralf und Kuszynski, Jens. Der versicherte Personenkreis in der gesetzlichen Rentenversicherung. In: Eichenhofer-Rische-Schmähl (Hrsg.). Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI. Köln: Luchterhand , 2012, Kap. 10, Rn. 4. 61 U.a. Bundesverfassungsgericht, vgl. Fn. 18, neuer auch Beschluss vom 11. November 2008, Az. 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05, BVerfGE 122, 151 (62 ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 119/13 Seite 22 6. Mögliche Wechselwirkungen Rückwirkende Änderungen in der Versicherungsbiographie können innerhalb der Rentenberechnung die Bewertung anderer rentenrechtlicher Zeiten beeinflussen. Die Bewertung beitragsfreier Zeiten hängt beispielsweise von der Höhe der in der übrigen Zeit vorliegenden tatsächlichen oder fiktiven Beitragsleistung ab. Im Regelfall führt die Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten zu einer höheren Rente. Je nach Konstellation der im Versicherungsleben zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten und der Höhe des erzielten versicherten Erwerbseinkommens kann sich die nachträgliche Anrechnung von Kindererziehungszeiten aber unter Umständen auch nachteilig auswirken. Durch die Anerkennung eines zusätzlichen Jahres mit Kindererziehungszeiten kann sich möglicherweise ein höherer Durchschnittswert mit vollwertigen Pflichtbeitragszeiten ergeben. Möglicherweise sind dann die Voraussetzungen gemäß § 262 SGB VI für einen Zuschlag für Beitragszeiten vor 1992, die auf einem geringen Arbeitsentgelt beruhen, nicht mehr erfüllt, so dass sich die zusätzliche Kindererziehungszeit nicht oder nicht in voller Höhe auswirken kann. Im Extremfall kann es sogar zu einer geringeren Rentenanwartschaft kommen. Die Erhöhung von Renten für Versicherte, die vor 1992 Kinder erzogen haben, wird durch das insgesamt gestiegene Gesamtrentenvolumen geringere Rentenanpassungen zur Folge haben, so dass es zu einer schnelleren Absenkung des Rentenniveaus für sämtliche Rentenempfänger kommt. Bei der jährlichen Rentenanpassung wird neben der Veränderung der Bruttolöhne und der Aufwendungen für die Altersvorsorge auch ein Nachhaltigkeitsfaktor berücksichtigt, der die Relation von Rentnern zu Beitragszahlern wiedergibt. Der Nachhaltigkeitsfaktor ergibt sich nach § 68 Abs. 4 SGB VI aus 25 % der Veränderung des Rentnerquotienten, für den hilfsweise die Anzahl der Äquivalenzrentner aus dem Gesamtrentenvolumen herangezogen wird. Zudem erhöhen sich, wie bereits in Ziff. 5.2 erwähnt, durch die höheren Rentenausgaben der Beitragssatz und die Bundesmittel. Ferner ergeben sich Mitnahmeeffekte, zum Beispiel durch neu entstehende Rentenansprüche für bisher nicht rentenversicherte Personen mit drei vor 1992 geborenen Kindern, selbst wenn diese in anderen Alterssicherungssystemen versorgt sind. Auch sind wegen der höheren Renten infolge der Ausweitung der Anrechnung der Kindererziehung Auswirkungen auf die Gewährung anderer Sozialleistungen denkbar. So könnte ein höherer Rentenbetrag die Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten und Grundsicherungsleistungen beeinflussen. Ferner ist nicht auszuschließen, dass bei den Familiengerichten vermehrt Abänderungsverfahren zu bereits durchgeführten Versorgungsausgleichen nach Ehescheidungen beantragt werden. Weitere Wechselwirkungen innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung oder auch darüber hinaus sind nicht ausgeschlossen.