© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 116/19 Besonderer Kündigungsschutz nach dem Bundesdatenschutzgesetz Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 116/19 Seite 2 Besonderer Kündigungsschutz nach dem Bundesdatenschutzgesetz Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 116/19 Abschluss der Arbeit: 19. September 2019 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 116/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Stellung des Datenschutzbeauftragten 4 3. Benennung des Datenschutzbeauftragten 5 4. Benachteiligungsverbot und Kündigungsschutz 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 116/19 Seite 4 1. Vorbemerkung An die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages wurde die Fragestellung herangetragen , inwieweit betriebliche Datenschutzbeauftragte einen Sonderkündigungsschutz genießen. Über den allgemeinen Kündigungsschutz im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) hinaus, gibt es für einige Personen, wie zum Beispiel Betriebsratsmitglieder gemäß § 15 KSchG, Schwangere nach § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG) oder Personen in Elternzeit nach § 18 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) einen besonderen Kündigungsschutz, der die Hürden für eine Kündigung durch den Arbeitgeber deutlich erhöht. Bereits mit der Novelle II des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vom 14. August 20091 hat der Gesetzgeber die Unklarheit beseitigt, ob der Beauftragte für den Datenschutz einen besonderen Kündigungsschutz genießt. Auch das seit dem 25. Mai 2018 geltende neue Bundesdatenschutzgesetz 2 sieht einen solchen Kündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte vor. Die neue Fassung des BDSG enthält Regelungen, welche die EU-weit geltende Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)3 konkretisieren und ergänzen.4 Die Datenschutzgrundverordnung enthält selbst keine Regelung zum Kündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten. Der nationale Gesetzgeber ist jedoch befugt, die arbeitsrechtliche Situation des Datenschutzbeauftragten spezifisch zu regeln. Die Umsetzung erfolgte, indem die bisher in § 4f Abs. 3a BDSG alter Fassung enthaltene Regelung in § 6 Abs. 4 Satz 2 und 3 BDSG in Verbindung mit § 38 Abs. 2 BDSG neuer Fassung fortgeführt wurde.5 2. Stellung des Datenschutzbeauftragten Die Stellung des Datenschutzbeauftragten ergibt sich aus Artt. 38 und 39 der DSGVO. Danach wirkt der Datenschutzbeauftragte in einer Organisation auf die Einhaltung des Datenschutzes gemäß Art. 39 Abs. 1 DSGVO hin. Die Person kann Mitarbeiter dieser Organisation sein oder als externer Datenschutzbeauftragter bestellt werden. Der Datenschutzbeauftragte muss die notwendige Fachkunde für die Ausübung besitzen und darf gemäß Art. 38 Abs. 6 DSGVO nicht in einen Konflikt oder in die Gefahr der Selbstkontrolle geraten. Der Beauftragte für den Datenschutz wirkt auf die Einhaltung des BDSG hin. Eine wesentliche Aufgabe ist die Kontrolle und Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung von Datenverarbeitungsprogrammen . In der Ausübung seiner Tätigkeit ist der Datenschutzbeauftragte gemäß 1 BGBl. I 2009, S. 2814. 2 BGBl. I 2017, S. 2097. 3 ABl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1-88. 4 Stille, Der interne Datenschutzbeauftragte: Sonderkündigungsschutz, Abberufung sowie befristete Bestellung, AnwaltZertifikatOnline Arbeitsrecht 8/2019, Anmerkung 2. 5 Gola in Gola/Heckmann, Bundesdatenschutzgesetz, 13. Auflage 2019, § 6 BDSG, Rn. 20. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 116/19 Seite 5 Art. 38 Abs. 3 Satz 1 DSGVO weisungsfrei. Gemäß Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO darf der Datenschutzbeauftragte wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden . 3. Benennung des Datenschutzbeauftragten In Art. 37 DSGVO sind die Pflichten zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten generell normiert . In Verbindung mit § 5 BDSG ergibt sich in Deutschland eine Benennungspflicht für Datenschutzbeauftragte immer dann, wenn die Datenverarbeitung durch eine öffentliche Stelle durchgeführt wird. Somit besteht eine Benennungspflicht für den gesamten öffentlichen Bereich.6 Im Gegensatz zu der flächendeckenden Verpflichtung zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten im öffentlichen Bereich verpflichtet Art. 37 Abs. 1 Buchstabe b und c DSGVO im nicht öffentlichen Bereich zu einer Benennung nur bei bestimmten Kerntätigkeiten. Darüber hinaus ist gemäß § 38 BDSG ein Datenschutzbeauftragter auch dann zu benennen, wenn bei dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter ständig mindestens zehn Personen mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind. Art. 37 Abs. 4 DSGVO stellt klar, dass dann, wenn weder durch die DSGVO oder das nationale Recht eine Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten besteht, der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter von sich aus einen Datenschutzbeauftragten auf freiwilliger Basis benennen kann.7 Unabhängig davon, ob eine Benennungspflicht besteht oder ob der Datenschutzbeauftragte aus eigener Initiative des Unternehmens benannt wird, kann diese Funktion durch einen „internen“ Datenschutzbeauftragten, nämlich einen Beschäftigten des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters , wahrgenommen werden oder durch einen „externen“ Datenschutzbeauftragten auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrags (Art. 37 Abs. 6 DSGVO). Es ist die Benennung nur eines Datenschutzbeauftragen möglich. Eine Aufteilung der Funktionen des Datenschutzbeauftragten auf mehrere Personen ist unzulässig.8 Ist der Datenschutzbeauftragte aufgrund einer längerfristigen Verhinderung an der Wahrnehmung seiner Aufgaben gehindert, so ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, einen stellvertretenden Datenschutzbeauftragten zu bestellen.9 Grundlage für die Benennung eines Datenschutzbeauftragten ist gemäß Art. 37 Abs. 5 DSGVO seine berufliche Qualifikation und die Fähigkeit zur Erfüllung seiner Aufgaben. 6 Heberlein, Der Datenschutzbeauftragte – ein Kernelement der Datenschutz-Grundverordnung, juris Die Monatszeitschrift , jM 1, Januar 2019, S. 19. 7 Heberlein, Der Datenschutzbeauftragte – ein Kernelement der Datenschutz-Grundverordnung, juris Die Monatszeitschrift , jM 1, Januar 2019, S. 19. 8 Schaffland/Holthaus in Schaffland/Wiltfang, Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)/Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), Lieferung Juli 2019, Art. 37 DSGVO, Rn. 85. 9 LAG Hamburg vom 21. Juli 2016, 8 Sa 32/16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 116/19 Seite 6 4. Benachteiligungsverbot und Kündigungsschutz Wesentliche Bedingung für eine unabhängige Aufgabenwahrnehmung ist das Benachteiligungsverbot des Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO. Danach darf der Datenschutzbeauftragte von dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden. Dadurch wird gewährleistet, dass der Datenschutzbeauftragte seine Aufgaben und Pflichten wahrnehmen kann, ohne deswegen Sanktionen oder Karrierenachteile befürchten zu müssen. Das Abberufungsverbot nach der DSGVO bezieht sich allein auf die Funktion als Datenschutzbeauftragter. Es erstreckt sich jedoch nicht auf den Kündigungsschutz für das der Beschäftigung in dem Unternehmen oder der Behörde zugrunde liegende Arbeitsverhältnis . Einen solchen Kündigungsschutz regelt für den öffentlichen Bereich § 6 Abs. 4 Satz 2 und 3 BDSG. Danach ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch noch innerhalb eines Jahres nach dem Ende der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, welche zur Kündigung aus wichtigem Grund unter den Voraussetzungen des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen.10 Dieser Kündigungsschutz gilt nicht nur für Datenschutzbeauftragte öffentlicher Stellen, sondern durch die Verweisung in § 38 Abs. 2 BDSG auch für den betrieblichen Datenschutzbeauftragten, wenn er aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung nach Art. 37 DSGVO oder nach § 38 Abs. 1 BDSG benannt worden ist. Die Abberufung des Datenschutzbeauftragten ist ebenfalls nur in entsprechender Anwendung des § 626 BGB zulässig. Das heißt, es muss auch hier ein wichtiger Grund vorliegen, der es dem Arbeitgeber auf Grund von Tatsachen und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls sowie unter Abwägung der Interessen beider Seiten unzumutbar macht, den Datenschutzbeauftragten auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterhin einzusetzen.11 Als wichtige Gründe kommen dabei die dauerhafte Verletzung der Überwachungspflichten als Datenschutzbeauftragter, Interessenkonflikte, oder das Fehlen der erforderlichen Fachkunde in Betracht. Der besondere Kündigungsschutz gilt nur für interne Datenschutzbeauftragte.12 Im Falle einer Abberufung ist regelmäßig von einer simultanen Unzumutbarkeit am Festhalten des Dienstverhältnisses auszugehen, wenn die Ausübung des Datenschutzmandats die primäre Tätigkeit des Arbeitnehmers war. Die Kündigung stellt sich dann, je nachdem ob das Arbeitsverhältnis beendet werden oder unter Wahrnehmung anderer Aufgaben fortgesetzt werden soll, als Beendigungs- oder Änderungskündigung dar.13 10 Heberlein, Der Datenschutzbeauftragte – ein Kernelement der Datenschutz-Grundverordnung, juris Die Monatszeitschrift , jM 1, Januar 2019, S. 19. 11 Bergt in Kühling/Buchner, DS-GVO, BDSG, 2. Auflage 2018, § 6 BDSG, Rn. 10. 12 Bergt in Kühling/Buchner, DS-GVO, BDSG, 2. Auflage 2018, § 6 BDSG, Rn. 13. 13 Gola in Gola/Heckmann, Bundesdatenschutzgesetz, 13. Auflage 2019, § 6 BDSG, Rn. 22. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 116/19 Seite 7 Auch eine Teilkündigung kann ausnahmsweise zulässig sein, wenn sich ein Gesamtvertragsverhältnis aus mehreren Teilverträgen zusammensetzt und diese Teilverträge nach dem Gesamtbild des Vertrages jeweils für sich als selbständig lösbar aufgefasst werden müssen.14 Bei einem externen Beauftragten entfällt regelmäßig die Grundlage für das zugrunde liegende Schuldverhältnis mit der Abberufung, so dass dieses über § 313 BGB beendet werden kann.15 Wird hingegen von einem Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter ein Datenschutzbeauftragter benannt, obwohl eine Benennungspflicht nicht besteht, kann dieser jederzeit abberufen werden, solange die Abberufung nicht wegen der Erfüllung seiner Aufgaben als Datenschutzbeauftragter erfolgt.16 Der Datenschutzbeauftragte selbst kann jedoch jederzeit sein Amt niederlegen.17 *** 14 Schaffland/Holthaus in Schaffland/Wiltfang, Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)/Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), Lieferung Juli 2019, Art. 37 DSGVO, Rn. 105. 15 von dem Bussche in Plath, DSGVO/BDSG, 3. Auflage 2018, Art. 38 DSGVO, Rn. 18. 16 Kremer, Die Pflicht zur Benennung eine Datenschutzbeauftragten nach der Datenschutzgrundverordnung und dem BDSG-neu, AnwaltZertifikatOnline IT-Recht 14/2017, Anmerkung 3. 17 von dem Bussche in Plath, DSGVO/BDSG, 3. Auflage 2018, Art. 38 DSGVO, Rn. 20.