© 2016 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 106/16 Die Durchführung des Bildungs- und Teilhabepaketes durch die Schulen im Hinblick auf die Mittel für die Lernförderung und das Mittagessen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Teilhabe in Form der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung 7 4.1. Gemeinschaftliche Ausgabe und Einnahme des Mittagessens 7 4.2. Schulische Verantwortung der Mittagsverpflegung 7 4.3. Tatsächliche Teilnahme 8 4.4. Leistungsumfang 8 5. Verwaltung der Mittel durch die Schulen 9 5.1. Mittagsverpflegung 9 5.2. Lernförderung 10 5.3. Voraussetzungen für die Umsetzung an den Schulen 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 106/16 Seite 4 1. Einleitung Die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes (BuT) nach § 28 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und § 34 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) müssen von den kreisfreien Städten und Kreisen als Träger der Leistungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II) bewilligt werden. Auch die in diesem Rahmen gewährten Leistungen für die Förderung des gemeinschaftlichen Mittagessens und der externen Lernförderung unterliegen der Genehmigung des jeweils zuständigen kommunalen Trägers. Es war die Frage zu beantworten, wie es sich auswirken würde wenn den Schulen pauschale Budgets für die Lernförderung und das Mittagessen zur Verfügung gestellt würden und diese dann nach eigenem Ermessen entscheiden, welche Angebote sie für anspruchsberechtigte Kinder mit dem Geld finanzieren und welche Vorgaben den Schulen dazu gemacht werden müssten. 2. Die verfassungsrechtliche Pflicht zur Absicherung des soziokulturellen Existenzminimums Die verfassungsrechtliche Pflicht zur Absicherung des soziokulturellen Existenzminimums ergibt sich aus der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG. Alle staatliche Gewalt ist nach Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet die Menschenwürde zu achten und zu schützen. Somit ist Art. 1 Abs. 1 GG nicht nur Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe, sondern verpflichtet den Staat auch sie positiv zu schützen.1 Ein menschenwürdiges Dasein umfasst nicht nur die physische Existenz, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft , Heizung, Hygiene und Gesundheit, sondern auch die Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen.2 Nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts3 muss die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert werden. Ein Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gewährleistet ist.4 In Bezug auf das Bildungs- und Teilhabepaket ist § 19 SGB II Anspruchsgrundlage5 für die nach § 7 SGB II Anspruchsberechtigten . 1 BVerfG, Beschluss vom 11. März 2003 - 1 BvR 426/02 = NJW 2003, 1303 ff.; BVerfG, Urteil vom 3. März 2004 - 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99 = NJW 2004, 999 ff.. 2 BVerfG, Beschluss vom 14. September 1989 - 2 BvR 1062/87 = NJW 1990, 563 ff.; BVerfG, Urteil vom 3. März 2004 - 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99 = NJW 2004, 999 ff.. 3 BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09. 4 BverfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09. 5 BT-Drs. 17/3404, S. 104. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 106/16 Seite 5 3. Teilhabe in Form der Lernförderung 3.1. Ergänzung des schulischen Angebots Förderfähig im Rahmen des BuT sind nur Maßnahmen, die die schulischen Angebote ergänzen und nicht der schulischen Verantwortung unterliegen.6 Unmittelbar schulische Angebote, wie beispielsweise die Hausaufgabenhilfe oder Förderstunden gehen der externen Lernförderung vor; auch weil sie in der Regel besser geeignet sein dürften, auf die der Schule und den Lehrern bekannten Defizite einzugehen um individuelle Schwächen zu beheben.7 Derzeit muss vom kommunalen Träger im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zunächst geklärt werden, welche Angebote an der Schule des Antragsstellers existieren und ob diese dem Leistungsberechtigten zustehen, also ob der Bedarf gedeckt ist. Außerdem muss er zur Beurteilung des Einzelfalls und Erstellung einer fehlerfreien Prognose die Expertise der jeweiligen Schule bzw. Lehrkräfte einholen.8 3.2. Finale Ausrichtung auf wesentliche Lernziele Die Lernförderung muss auf die Erreichung der wesentlichen Lernziele gerichtet sein. Diese ergeben sich aus den jeweiligen, nicht revisiblen schulrechtlichen Bestimmungen des Landes und werden in der Regel die Versetzung in die nächsthöhere Klassenstufe beziehungsweise der erfolgreiche Schulabschluss sein. Nicht förderbar hingegen ist eine externe Nachhilfe, wenn das Ziel bloß die allgemeine Verbesserung des Notendurchschnitts ist um beispielsweise eine bessere Schulartempfehlung zu erreichen.9 3.3. Geeignetheit und Prognose Geeignet ist eine externe Lernförderung dann, wenn unter Einbeziehung der vorhandenen schulischen Förderangebote10 eine einzelfallbezogene Prognoseentscheidung nahelegt, dass nur unter zusätzlicher Gewähr der externen Lernförderung auch das wesentliche Lernziel erreicht wird.11 Diese Prognoseentscheidung ist gerichtlich voll überprüfbar und nur dann fehlerfrei, wenn sie 6 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 41. 7 BT-Drs. 17/3404, S. 105, 125. 8 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 40. 9 BT-Drs. 17/3404, S. 105. 10 BT-Drs. 17/3404, S. 105. 11 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 43. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 106/16 Seite 6 aufgrund der vorliegenden Umstände und Zahlen nachvollziehbar ist und insbesondere nicht gegen Denklogik und Erfahrungssätze verstößt.12 Die externe Lernförderung ist dann nicht geeignet, wenn das Lernziel schon objektiv nicht mehr erreicht werden kann und nach schulrechtlichen Bestimmungen eine Wiederholung der Klassenstufe oder ein Wechsel der Schulform angezeigt ist.13 Der Bedarf der Lernförderung kann insbesondere auch von den Lehrkräften festgestellt werden und auch im gerichtlichen Verfahren dürften sachverständige Zeugenauskünfte der unterrichtenden Lehrkräfte einzuholen sein.14 Denn die Frage der Geeignetheit der beantragten Lernförderung ist zunächst eine pädagogische Frage, die zu klären nicht in der Kompetenz des Leistungsträgers liegt. Vielmehr sollen zur Klärung der Geeignetheit Experten, also in der Regel die Schule, oder gegebenenfalls gutachtlich einzuschaltendes Fachpersonal (Lerntherapeuten, Kinder - und Jugendlichenpsychotherapeuten etc.) herangezogen werden.15 3.4. Zusätzliche Erforderlichkeit Zusätzlich erforderlich und damit notwendig ist die Lernförderung dann, wenn sie zum Erreichen des (Lern-) Ziels führt und das (Lern-) Ziel ohne sie nicht erreicht werden kann. Da in dem Begriff der Erforderlichkeit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit enthalten ist, kommt es in der Leistungsverwaltung darauf an, das Mittel zu bestimmen, das mit dem geringsten Aufwand zum erstrebten Ziel führt,16 also bei gleicher Geeignetheit die preisgünstigere Alternative zu wählen.17 Mit dem Begriff „zusätzlich“ will der Gesetzgeber offenbar den Ausnahmecharakter der Lernförderung betonen.18 3.5. Angemessenheit Angemessenheit ist ebenso wie Geeignetheit und Erforderlichkeit ein unbestimmter Rechtsbegrifft , der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt und auf die individuellen Besonderheiten des Einzelfalles abzielt.19 Nach der Gesetzesbegründung ist Lernförderung angemessen, wenn sie im Rahmen der örtlichen 12 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 44. 13 BT-Drs. 17/3404, S. 105. 14 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 44. 15 Thommes in Gagel SGB II, 61. EL 2016, § 28 Rn. 41. 16 Thommes in Gagel SGB II, 61. EL 2016, § 28 Rn. 42. 17 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 47. 18 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 47. 19 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 49. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 106/16 Seite 7 Angebotsstruktur auf kostengünstige Anbieterstrukturen zurückgreift.20 Die genaue Ausgestaltung der Lernförderung (Einzel- oder Gruppenunterricht) und die Wahl des geeigneten Anbieters sind vom Einzelfall abhängig und gerichtlich voll überprüfbar. So können beispielsweise Lehramtsstudierende des spezifischen Fachs, ältere Schüler mit guten Noten, pensionierte Lehrkräfte, Mitarbeiter eines Wohlfahrtsverbandes oder anerkannte Träger der Weiterbildung eingesetzt werden.21 In der Gesetzesbegründung wird betont, dass in erster Linie schulnahe Strukturen für die Lernförderung genutzt werden sollen, da diese als am ehesten geeignet angesehen werden, um die jeweiligen Schwächen des Schülers zu beheben.22 4. Teilhabe in Form der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung Mit § 28 Abs. 6 SGB II bzw. § 34 Abs. 6 SGB XII wird der Tatsache Rechnung getragen, dass das Schulmittagessen im Normalfall höhere Kosten verursacht, als im Regelbedarf für die Mittagsverpflegung enthalten sind.23 Da die schulische Mittagsverpflegung nicht nur dem Zweck der Nahrungsaufnahme dient, sondern auch sozialintegrative Funktion besitzt, was sich womöglich auch auf schulische Erfolge auswirken kann, sollen Schülerinnen und Schüler, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, nicht von der Teilhabe ausgeschlossen werden.24 4.1. Gemeinschaftliche Ausgabe und Einnahme des Mittagessens Um eine solche sozialintegrative Funktion erfüllen zu können, muss das Mittagessen allerdings gemeinschaftlich ausgegeben und eingenommen werden. Dazu genügt es nicht, dass belegte Brötchen und kleinere Mahlzeiten an Kiosken auf dem Schulgelände verkauft werden.25 4.2. Schulische Verantwortung der Mittagsverpflegung Weiterhin muss das Mittagessen in schulischer Verantwortung angeboten werden. Auch das Angebot einer Einrichtung oder Kooperation außerhalb des Schulgeländes (z.B. durch einen Förderverein ) ist möglich, solange die Schule dort organisatorisch beteiligt ist, oder die Mittagsverpfle- 20 BT-Drs. 17/3404, S. 105. 21 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 46. 22 BT-Drs. 17/3404, S. 105. 23 BT-Drs. 17/3404, S. 106. 24 BT-Drs. 17/3404, S. 106. 25 BT-Drs. 17/3404, S. 106. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 106/16 Seite 8 gung verantwortet. Damit ist jedoch nicht die Trägerschaft oder unmittelbare wirtschaftliche Verantwortung der Schule gemeint. 26 Jedoch reicht ein bloßer schulischer Zusammenhang nicht aus. Das Mittagessen soll von den Schulen zumindest befürwortet werden, weswegen diese sich organisatorisch darauf einrichten und nicht lediglich beispielsweise von Elterninitiativen durchgeführt werden.27 4.3. Tatsächliche Teilnahme Es liegt in der Natur der Sache, dass zur Förderung außerdem eine tatsächliche Teilnahme der betroffenen Schüler an der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung vonnöten ist. 4.4. Leistungsumfang Da von § 28 Abs. 6 SGB II und § 34 Abs. 6 SGB XII lediglich der Mehraufwand im Vergleich zur häuslichen Mittagsverpflegung abgedeckt wird, wird nach § 5a Nr. 3 Arbeitslosengeld II-Verordnung in Verbindung mit § 9 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz ein Eigenanteil von einem Euro berücksichtigt . Zur Ermittlung des monatlichen Bedarfs wird die durchschnittliche Anzahl der Schultage im betreffenden Bundesland zugrunde gelegt, wobei Abweichungen aufgrund von beweglichen Ferientagen , Unterrichtsausfall, schulinternen Fortbildungen, vorübergehender Erkrankung und Klassenfahrten nicht zu berücksichtigen sind.28 Schlussendlich sind also die tatsächlichen täglichen Kosten für das Mittagessen, abzüglich des Eigenanteils von einem Euro, mit der Anzahl der zugrunde gelegten Schultage zu multiplizieren .29 Die Gewährung der Förderung erfolgt schließlich mittels Gutschein oder Direktzahlung an den Anbieter.30 26 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 51. 27 BT-Drs. 17/3982, S. 10. 28 BT-Drs. 17/3404, S. 106. 29 Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 28 SGB II, Rn. 54. 30 Evaluation der bundesweiten Inanspruchnahme und Umsetzung der Leistungen für Bildung und Teilhabe, Schlussbericht, Göttingen, Nürnberg, Mai 2016, https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Meldungen /2016/evaluation-des-bildungspaketes-langbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=1, S. 24 (zuletzt abgerufen am 15.09.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 106/16 Seite 9 5. Verwaltung der Mittel durch die Schulen 5.1. Mittagsverpflegung Bei der Förderung der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung muss beachtet werden, dass nach § 28 Abs. 6 Nr. 2 SGB II und § 34 Abs. 6 Nr. 2 SGB XII neben Schülern auch Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, zum Kreis der Berechtigten zählen. Das hat zur Folge, dass auch für diesen Berechtigtenkreis die Möglichkeit der Förderung sichergestellt werden muss, sei es durch Belassen der Zuständigkeit wie bisher beim kommunalen Träger oder einem vergleichbaren Modell für die jeweiligen Träger der Tagespflege. Zu berücksichtigen ist, dass es entscheidend sowohl von der besuchten Schulform, als auch vom jeweiligen Land abhängt, ob überhaupt eine gemeinschaftliche Mittagsverpflegung angeboten wird.31 Was die Mittagsverpflegung selber betrifft, so stehen die Anspruchsvoraussetzungen, wie oben dargelegt, für die Förderung eindeutig fest. Wenn gegeben ist, dass ein potentiell Leistungsberechtigter an einer in schulischer Verantwortung gemeinschaftlich ausgegebenen und eingenommen Mittagsverpflegung teilnehmen will, so bleibt lediglich zu klären, ob er nach §§ 7, 28 Abs. 6 SGB II tatsächlich zum Kreis der gesetzlich vorgesehenen Leistungsberechtigten gehört. Dies muss jedoch nach wie vor vom jeweiligen kommunalen Leistungsträger geprüft werden und von der Schule anschließend bestätigt werden. Die Leistungshöhe steht von vorneherein fest, nämlich die nach oben dargelegten Kriterien berechneten tatsächlichen Kosten, abzüglich des Eigenanteils. Den Schulen müsste folglich lediglich auferlegt werden, bei Vorliegen der genannten Tatbestandsmerkmale eine Förderung der Mittagsverpflegung zu bewilligen und diese dann durchzuführen. Damit würde sich faktisch für die berechtigten Kinder nichts ändern, lediglich die Abrechnungsaufwand würde vom kommunalen Träger auf die Schule übertragen werden. Auch an der bisher monierten doppelten Rechnungslegung32 bei den Anbietern, die durch den Eigenanteil zustande kommt, würde sich bei einer Bewilligung durch die Schulen nichts ändern, da der Anbieter dann einmal gegenüber der Schule und bezüglich des Eigenanteils gegenüber dem Antragsteller selbst abrechnen müsste. Die Folge für die Schulen wäre, dass je nach Anzahl der berechtigten Kinder ein erheblicher Verwaltungsaufwand durch die Abrechnung auf sie zukommt, der mit einem erhöhten Personalbedarf oder zumindest mit einer höheren Arbeitsbelastung für bereits vorhandenes Personal einhergeht. 31 Evaluation der bundesweiten Inanspruchnahme und Umsetzung der Leistungen für Bildung und Teilhabe, Schlussbericht, Göttingen, Nürnberg, Mai 2016, https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Meldungen /2016/evaluation-des-bildungspaketes-langbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=1, S. 112, 113 (zuletzt abgerufen am 22.09.2016). 32 Evaluation der bundesweiten Inanspruchnahme und Umsetzung der Leistungen für Bildung und Teilhabe, Schlussbericht, Göttingen, Nürnberg, Mai 2016, https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Meldungen /2016/evaluation-des-bildungspaketes-langbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=1, S. 179, 220 (zuletzt abgerufen am 22.09.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 106/16 Seite 10 5.2. Lernförderung Da speziell im Hinblick auf die Lernförderung von vorneherein nur Schüler einer allgemein- oder berufsbildenden Schule zum Kreis der Leistungsberechtigten gehören, würde eine Verwaltung der Mittel durch die Schulen zumindest den Kreis der potentiell Anspruchsberechtigten nicht verringern. Es wäre sogar durchaus denkbar, dass schlussendlich mehr Schüler als bisher an der externen Lernförderung teilnehmen. Bisher geschieht die Prüfung auf Anspruch auf externe Lernförderung nur auf Antrag. Ein solcher Antrag setzt aber zunächst das Wissen der Eltern um die mangelnde Leistung der Kinder in der Schule und die Fördermöglichkeit voraus. Natürlich gibt es Mechanismen , die die Unterrichtung der Eltern sicher stellen sollen, wie beispielsweise Elterngespräche, das Unterzeichnen lassen von Klassenarbeiten oder der sogenannte „blaue Brief“, jedoch wäre es denkbar, dass wenn die Schule mit der Gewährung von Mitteln für die externe Lernförderung betraut ist, die betroffenen Familien viel früher über den Lernrückstand und die Lernförderung als Gegenstrategie informiert werden. Damit könnten die entsprechenden Anträge zur Lernförderung zeitnah gestellt werden, was wiederum zur Folge hätte, dass Fälle vermieden werden, bei denen es im letzten Teil des Schuljahres schlicht zu spät ist, um mit Lernförderung noch das wesentliche Klassenziel zu erreichen, wo man zeitnah mit ergänzender Lernförderung hätte gegensteuern können. Die Ermittlung der Förderfähigkeit einer externen Lernförderung hingegen hängt maßgeblich von der Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe (s.o.) in Bezug auf den jeweiligen Einzelfall ab. So sind allein die Lehrkräfte, aufgrund ihrer Kenntnisse des Lern- und Sozialverhaltens des betroffenen Schülers, in der Lage eine Prognoseentscheidung bezüglich des Erfolgs einer ergänzenden Lernförderung zu treffen. Ebenso verhält es sich mit der Geeignetheit und der zusätzlichen Angemessenheit der ergänzenden Lernförderung im Hinblick auf das Erreichen eines wesentlichen Lernziels. Die Lehrer haben Übersicht über die Fehlzeiten und die bisherigen Leistungen des Schülers, sowie die noch ausstehenden Kontrollmechanismen zur Erreichung des wesentlichen Lernziels und sind so in der Lage in Bezug auf den Einzelfall eine Einschätzung abzugeben, die für die Bewilligung und die Bestimmung der Art und Weise der Förderung entscheidend ist. Somit sind die Schulen von vorneherein die Hauptbeteiligten in der Verwaltungsentscheidung zur Förderung externer Lernförderung. Zwar würde bei der Verwaltung der Mittel für die externe Lernförderung, sich ebenso wie bei der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung der Verwaltungsaufwand in Form der Abrechnung vom kommunalen Träger auf die Schulen verlagern, was wiederum einen ebenso erhöhten Personalbedarf zur Folge hätte, allerdings steht dem die Chance gegenüber, dass häufiger eine zeitnahe Lernförderung beantragt und gewährt wird. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 106/16 Seite 11 5.3. Voraussetzungen für die Umsetzung an den Schulen Zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums muss den Schulen, beispielsweise anhand von Verwaltungsvorschriften,33 vorgegeben werden, nach welchen Kriterien entschieden werden muss, ob eine Förderung angezeigt ist oder nicht. Die Entscheidung der Schulen müsste an den gleichen Maßstäben gemessen werden wie derzeit die der kommunalen Träger. Um die Durchsetzbarkeit der Ansprüche als subjektives Recht zu gewährleisten muss weiterhin für (potentiell) Betroffene der Rechtsweg offenstehen, damit die Beurteilung der Entscheidung über die Nichtbewilligung den zuständigen Gerichten zugeführt werden kann. Es müsste also ein Ablehnungsbescheid ergehen, den der Betroffene im Wege des Widerspruchsverfahrens oder des Klageverfahrens angreifen kann. 34 Weiterhin müssen sowohl im Bereich der externen Lernförderung, als auch der Mittagsverpflegung zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums auch bei nichtöffentlicher Trägerschaft (z.B. bei freien oder privaten Trägern von Schulen) Konzepte erarbeitet werden, die die ordnungsgemäße Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen sowie die notfalls gerichtliche Durchsetzbarkeit im Falle der Ablehnung sicher stellen. Ende der Bearbeitung 33 Vgl. Regelungen im Land Berlin: http://www.berlin.de/sen/bjw/bildungspaket/fachinfo/ (zuletzt abgerufen am 20. September 2016). 34 In Berlin bspw. entscheidet an privaten Schulen die Schulleitung, wobei bei Ablehnung das zuständige Amt den Ablehnungsbescheid erlässt: http://www.berlin.de/sen/bjw/bildungspaket/vorschriften_zum_bildungspaket _an_schulen_in_freier_tragerschaft__privatschulen_.pdf, S. 4 (zuletzt abgerufen am 20. September 2016). Ähnlich ist das Verfahren an den öffentlichen Schulen, wo nur bei Widerspruch gegen die fachliche Ablehnung der Schule durch das zuständige Amt ein Ablehnungsbescheid gefertigt wird: http://www.berlin .de/sen/bjw/bildungspaket/vorschriften_zum_bildungspaket_an_offentlichen_schulen.pdf, S. 2 (zuletzt abgerufen am 20. September 2016). Bei Verwaltung der Mittel durch die Schulen wäre ein ähnliches Konzept denkbar.