© 2021 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 101/20 Verbot privater Finanzgeschäfte für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 2 Verbot privater Finanzgeschäfte für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 101/20 Abschluss der Arbeit: 15. Januar 2021 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Fragestellung 4 2. Leitsätze der Deutschen Bundesbank 4 3. Rechtmäßigkeit eines Verbots privater Finanzgeschäfte für Bundesbeamte 6 3.1. Rechtsgrundlage 6 3.1.1. Wahrnehmung der Aufgaben und Wohlverhaltenspflicht 7 3.1.2. Rechtsform der Vorgaben für private Finanzgeschäfte 8 3.2. Formelle Rechtmäßigkeit 9 3.3. Materielle Rechtmäßigkeit 10 3.3.1. Kein Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum, Art. 14 GG 10 3.3.2. Rechtmäßigkeit eines Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG 11 3.3.2.1. Eingriff 11 3.3.2.2. Grundrechtsschranke 12 3.3.2.3. Schranken-Schranke (Verhältnismäßigkeit) 12 4. Rechtmäßigkeit eines Verbots privater Finanzgeschäfte für Arbeitnehmer 15 4.1. Direktionsrecht des Arbeitgebers als Rechtsgrundlage 16 4.2. Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers 16 4.3. Ausübung des Direktionsrecht nach billigem Ermessen 17 5. Fazit 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 4 1. Einleitung und Fragestellung Für die Beschäftigten der Deutschen Bundesbank gilt seit 2018 eine interne Richtlinie, die Vorgaben für private Finanzgeschäfte und zur Insiderprävention enthält. Hiernach bestehen für Beschäftige mit Zugang zu Insider- und marktsensiblen Informationen unter anderem Handelsverbote für bestimmte private Finanzgeschäfte. In diesem Zusammenhang wurden die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages um Auskunft gebeten, ob ein derartiges Handelsverbot für Beschäftigte auch anderer Behörden des öffentlichen Dienstes rechtmäßig, insbesondere verfassungsmäßig, wäre. Das nachfolgende Gutachten fasst zunächst kurz den Inhalt der entsprechenden Richtlinie der Deutschen Bundesbank, insbesondere in Hinblick auf das Handelsverbot, zusammen. Da in Hinblick auf die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes grundsätzlich zwischen Beamten und Arbeitnehmern zu unterscheiden ist, werden sodann zunächst die Anforderungen für die Rechtmäßigkeit einer solchen Regelung für Bundesbeamte dargelegt. Im Anschluss werden die Voraussetzungen für derartige Regelungen gegenüber Arbeitnehmern dargelegt. 2. Leitsätze der Deutschen Bundesbank Die „Leitsätze der Deutschen Bundesbank über Anforderungen an private Finanzgeschäfte der Beschäftigten und zur Insiderprävention (Leitsätze für private Finanzgeschäfte)“ traten zum 1. September 2018 in Kraft. Es handelt sich um allgemeine Richtlinien der Deutschen Bundesbank , die laut Vorbemerkung „die bestehenden beamten- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen der Beschäftigten“ konkretisieren. Die Leitsätze beruhen auf der Leitlinie (EU) 2015/855 der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Festlegung von Grundsätzen eines Ethik-Rahmens für das Eurosystem und der Leitlinie (EU) 2015/856 der EZB über die Festlegung von Grundsätzen eines Ethik-Rahmens für den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism - SSM).1 In den Leitsätzen der Bundesbank sind Vorgaben für private Finanzgeschäfte der Beschäftigten enthalten. Private Finanzgeschäfte umfassen danach Geschäfte, die die Beschäftigten außerhalb ihrer dienstlichen Aufgabenstellung für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter, insbesondere des Ehegatten/Lebenspartners, der Eltern oder der Kinder tätigen (2.1 der Leitsätze). Die Leitsätze enthalten sowohl Vorgaben für alle Beschäftigten als auch ergänzende Bestimmungen für sogenannte Insider. So haben beispielsweise alle Beschäftigten bei privaten Finanzgeschäften für eigene oder fremde Rechnung äußerste Vorsicht und Sorgfalt walten zu lassen, um das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Deutschen Bundesbank sowie das öffentliche Vertrauen in die Integrität und Unparteilichkeit ihrer Beschäftigten zu schützen (3.1.2 der Leitsätze). 1 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 418; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 40 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 5 Insider sind nach den Leitsätzen alle Beschäftigten, die im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben Zugang zu Insiderinformationen haben, sofern dieser nicht nur auf einmaliger Basis erfolgt. Insiderinformationen sind insbesondere mit der Durchführung von Aufgaben des Eurosystems, der Bankenaufsicht oder der Finanzstabilität im Zusammenhang stehende und andere marktsensible Informationen, die weder öffentlich bekannt noch der Öffentlichkeit zugänglich sind. Marktsensible Informationen sind präzise Informationen, die im Fall der Veröffentlichung geeignet sind, die Preise von Vermögenswerten oder die Preise an den Finanzmärkten erheblich zu beeinflussen (2.3 und 2.4 der Leitsätze). Der Insiderbegriff der Leitsätze beruht auf der entsprechenden Legaldefinition der oben genannten EZB-Richtlinien und ist weiter als der Insiderbegriff des Marktmissbrauchsrechts und des Strafrechts. Während Letzterer auf das Erlangen von Insiderinformationen oder den tatsächlichen Zugang abstellt, erfassen die Leitsätze bereits die bloße Möglichkeit des Zugangs zu derartigen Informationen.2 Die Leitsätze unterscheiden zwischen Insidern der Kategorie 1, Kategorie 2 und Beschäftigten ohne Insidereigenschaft. Als Insider der Kategorie 1 gelten alle Beschäftigten der Zentrale und der Hauptverwaltungen, sofern sie nicht ausdrücklich durch gesonderten Beschluss des Vorstands der Kategorie 2 zugeordnet oder ausgenommen werden (2.4 der Leitsätze). Es handelt sich dabei um Beschäftigte in Arbeitseinheiten, in denen besonders häufig oder in besonderem Umfang mit diesem marktsensiblen Sonderwissen gearbeitet wird, oder Beschäftigte, die aufgrund ihrer Funktion regelmäßig Zugang zu dem genannten marktsensiblen Sonderwissen haben. Beschäftigte in Kernbereichen der Bundesbank, in denen weniger oft und weniger umfangreich mit marktrelevanten Informationen gearbeitet wird, werden als Insider der Kategorie 2 eingestuft. Die übrigen Beschäftigten sind nicht als Insider eingestuft.3 Ungefähr ein Viertel der Beschäftigten der Bundesbank sind der Kategorie 1 zugeordnet.4 Handelsverbote gelten nur für Insider der Kategorie 1. Nach 3.2.1 der Leitsätze sind ihnen private Finanzgeschäfte in einzeln handelbaren Anleihen und Aktien, die von finanziellen Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Niederlassung in der EU ausgegeben wurden, von solchen Anleihen oder Aktien abgeleitete Derivate, in kombinierten Finanzinstrumenten, wenn einer der Bestandteile unter die zuvor genannten fällt, und in Anteilen von Kollektivanlageformen, deren Hauptzweck die Anlage in solchen Anleihen, Aktien oder Instrumenten ist, verboten. Kapitalanlagen, die vor Inkrafttreten der Leitsätze oder vor erstmaliger Anwendung auf den jeweiligen Beschäftigten oder ohne dessen Zutun danach (zum Beispiel durch Erbschaft oder Schenkung) erworben wurden, sind von dem Verbot ausgenommen. 2 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 420; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 32/19.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 137. 3 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 32/19.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 82. 4 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 32/19.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 90. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 6 Insider der Kategorien 1 und 2 müssen zudem bestimmte Finanzgeschäfte innerhalb von 30 Tagen nachträglich gegenüber der Compliance-Abteilung anzeigen (3.2.2 der Leitsätze). Nicht alle Arten von privaten Finanzgeschäften werden von den Handelsverboten und Anzeigepflichten erfasst. Ausgenommen sind etwa Aktien, Anleihen, Derivate und Kollektivanlageformen wie etwa Investmentfonds, sofern keine finanzielle Kapitalgesellschaft involviert ist. Auch der Erwerb der grundsätzlich verbotenen Finanzinstrumente in Anteilen von Kollektivanlageformen , deren Hauptzweck nicht die Anlage in Finanzinstrumenten finanzieller Kapitalgesellschaften bildet, ist möglich (arg. e Ziffer 3.2.1 Abs. 1 lit. d der Leitsätze). Nach Entscheidungen der Verwaltungsgerichte (VG) Frankfurt a.M.5 und Mainz6 sowie des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz7 sind die Leitsätze der Bundesbank sowie die auf ihnen beruhende Kategorisierung der Beschäftigten und die daraus folgenden Insiderhandelsverbote für Beamte rechtmäßig. Das Schrifttum hat dem überwiegend zugestimmt.8 Eine gerichtliche Entscheidung für Arbeitnehmer liegt - soweit ersichtlich - noch nicht vor. 3. Rechtmäßigkeit eines Verbots privater Finanzgeschäfte für Bundesbeamte 3.1. Rechtsgrundlage Rechtsgrundlage für Vorgaben in Hinblick auf private Finanzgeschäfte von Beamten durch interne Weisungen oder Richtlinien können grundsätzlich §§ 61, 62 Bundesbeamtengesetz (BBG) sein. Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG haben Beamte das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Wissen und Gewissen wahrzunehmen. § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG statuiert eine Wohlverhaltenspflicht für Beamte.9 Danach muss ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG sind Beamte verpflichtet, die allgemeinen Richtlinien ihrer Vorgesetzten zu befolgen. 5 VG Frankfurt a.M., Urteil vom 14. November 2020 - 9 K 5011/18.F -, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM) 2020, S. 418 ff. 6 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786. 7 OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 10 A 10105/20. 8 Zustimmend: Arndt, jurisPR-BKR 10/2020, Anmerkung 5; Nietsch, Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschafts - und Bankrecht (WuB) 2020, S. 439 ff.; Werres, in: Brinktrine/Schollendorf, Beck’scher Onlinekommentar Beamtenrecht Bund, 20. Edition, Stand: 1. Oktober 2020, § 61, Rn. 15.1; andere Auffassung: Hippeli, jurisPR- HaGesR 2/2020 Anmerkung 5. 9 Werres, in: Brinktrine/Schollendorf, Beck’scher Onlinekommentar Beamtenrecht Bund, 20. Edition, Stand: 1. Oktober 2020, § 61, Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 7 3.1.1. Wahrnehmung der Aufgaben und Wohlverhaltenspflicht Das Gebot der Uneigennützigkeit nach § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG bedeutet, dass der Beamte neben den ihm zustehenden Leistungen des Dienstherrn weder in Ausübung seines Amts noch in Zusammenhang mit seinem Amt sich oder einem nahen Angehörigen einen unberechtigten Vorteil verschafft. Es bezieht sich auf die Verwaltung des Amts, kann aber auch auf außerdienstliche Aktivitäten ausstrahlen, soweit ein Dienstbezug besteht.10 Es ist dem Beamten verboten, dienstliche Tätigkeiten mit privaten Interessen zu verquicken oder amtliche Befugnisse zum persönlichen Nutzen auszuüben.11 Die Pflicht zur Uneigennützigkeit der Amtsführung wird daher verletzt, wenn der Beamte dienstliches Wissen nutzt, um einen persönlichen vermögenswerten Vorteil zu erlangen, auch ohne dass dem Dienstherrn dabei ein feststellbarer Vermögensschaden oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteil entsteht.12 Die Verpflichtung, das Amt nach bestem Gewissen zu verwalten, gebietet dem Beamten zudem, sich selbst zu prüfen, ob er alles getan hat, um die Pflicht zur unparteiischen, gerechten, uneigennützigen und damit gemeinwohlorientierten Amtsführung im zu entscheidenden Einzelfall zu verwirklichen.13 Aus der Wohlverhaltenspflicht folgt, dass Beamte auch außerdienstlich, das heißt außerhalb ihres amtlichen Pflichtenkreises, alles zu unterlassen haben, was die dienstlichen Interessen oder dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung und damit das Wohl der Allgemeinheit schädigen könnte.14 Dabei liegt eine ansehensschädliche Pflichtverletzung nicht bereits dann vor, wenn sich der Beamte außerdienstlich nicht vorbildlich verhält. Insoweit wird von Beamten heutzutage kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von anderen Bürgern.15 Ein das Ansehen schädigendes Verhalten ist jedoch gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten geeignet ist, das Vertrauen in die berufliche Integrität des Beamten zu erschüttern und ernstliche Zweifel zu begründen , dass der Beamte seinem dienstlichen Auftrag als Sachwalter einer an Recht und Gesetz gebundenen Verwaltung gerecht wird.16 10 OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 10 A 10105/20 -, Rn. 9 (juris). 11 BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1969 - I D 17.69-, BeckRS 1969, 104784; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 10 A 10105/20 -, Rn. 9 (juris); VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 35. 12 OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 10 A 10105/20 -, Rn. 9 (juris). 13 Grigoleit, in: Battis, Bundesbeamtengesetz, 5. Auflage 2017, § 61, Rn. 8; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 35. 14 BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 2 A 2/12 -, Rn. 23 (juris); OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 10 A 10105/20 -, Rn. 10. 15 Werres, in: Brinktrine/Schollendorf, Beck’scher Onlinekommentar Beamtenrecht Bund, 20. Edition, Stand: 1. Oktober 2020, § 61, Rn. 14. 16 OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 10 A 10105/20 -, Rn. 10 (juris) mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - und vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 -. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 8 Im Interesse der öffentlichen Akzeptanz des Verwaltungshandelns sind Beamte gehalten, schon den bösen Anschein einer Verletzung dieser Pflichten zu vermeiden. Dazu gehört auch das Erwecken des Anscheins eines mit den Dienstaufgaben unvereinbaren, da nicht objektiven Verhaltens. Ein solcher „böser Anschein“ kann auch dadurch erzeugt werden, dass Beamten die Möglichkeit offensteht, die durch ihre amtliche Tätigkeit erlangten Informationen und Kenntnisse (zum Beispiel im Sinne von Insiderwissen) zu ihrem privaten Vorteil auszunutzen.17 Um einen solchen bösen Anschein zu verhindern, kann nach der Rechtsprechung auch ein Verhalten untersagt werden, das andernfalls rechtlich nicht verboten ist.18 Dabei ist ausreichend, dass ein Verhalten geeignet ist, Achtung und Vertrauen zu beeinträchtigen. Eine tatsächliche Beeinträchtigung ist nicht erforderlich.19 Die Wahrung von Achtung und Vertrauen und damit das Ansehen des Beamten und des Beamtentums gehören jedoch nur insoweit zu den (außerdienstlichen) Pflichten des Beamten, als sie erforderlich sind, um eine sachgerechte Erfüllung der dem Beamten und dem Beamtentum obliegenden sonstigen Pflichten und der ihnen anvertrauten Berechtigungen zu sichern, das heißt, die Pflichten müssen amtsbezogen sein. In Hinblick auf Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten von Beamten ist die Amtsbezogenheit besonders sorgfältig zu prüfen, da Eingriffe in die Privatsphäre auf ein unerlässliches Mindestmaß beschränkt bleiben müssen.20 Nutzt der Beamte dienstlich erworbenes Wissen oder kann der Anschein eines solchen Nutzens entstehen, ist die Amtsbezogenheit grundsätzlich gegeben. 3.1.2. Rechtsform der Vorgaben für private Finanzgeschäfte Die oben unter 3.1.1 genannten Pflichten können sowohl durch Gesetz als auch durch interne Weisungen oder allgemeine Richtlinien im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG statuiert werden. Da der Gesetzgeber nicht alle Einzelfälle hinsichtlich der Wahrnehmung der Aufgaben und Wohlverhaltenspflichten von Beamten im Rahmen des Bundesbeamtengesetzes erfassen kann, sind die §§ 61 und 62 BBG als Generalklauseln ausgestaltet. So soll der Vielseitigkeit der Lebenssachverhalte Rechnung getragen werden können. Die in §§ 61, 62 BBG normierten Pflichten haben insoweit keinen statischen Inhalt, sondern sind an die sich verändernden gesellschaftlichen 17 BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1961 - II C 75.59-, BeckRS 1961, 103542; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 10 A 10105/20 -, Rn. 11 (juris); VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 35; VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 419. 18 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 36 (juris); vgl. zudem BVerwG, Urteil vom 27.Juni 1961 - II C 75.59-, BeckRS 1961, 103542; BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2001 - 1 DB 15/01 -, Rn. 36 (juris); Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 2. Juli 2012 - 16a DZ 10.1644 -, Rn. 9 (juris). 19 BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 1 D 20/00 -, Rn. 27 (juris). 20 Grigoleit, in: Battis, Bundesbeamtengesetz, 5. Auflage 2017, § 61, Rn. 9, 13; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 68. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 9 Verhältnisse sowie Wertvorstellungen und damit gleichzeitig an die sich wandelnden Bedürfnisse der öffentlichen Verwaltung zur Gewährleistung ihrer Funktionsfähigkeit anzupassen.21 Ein solcher gesellschaftlicher Wandel dürfte insbesondere in Hinblick auf die Bedeutung der Funktionsfähigkeit und Integrität des Finanzmarktes gegeben sein.22 Verbote für Beamte, bestimmte private Finanzgeschäfte zu tätigen, können folglich grundsätzlich in Konkretisierung der Pflichten aus §§ 61, 62 BBG als allgemeine Richtlinien im Sinne des § 62 BBG erlassen werden.23 Dies gilt nach der Rechtsprechung auch unabhängig davon, dass die Vorgaben für private Finanzgeschäfte für Mitarbeiter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gesetzlich im Wertpapierhandelsgesetz ausdrücklich geregelt sind. Die §§ 61, 62 BBG reichten insoweit als Gesetzesgrundlage aus.24 Nach der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz kann es dahingestellt bleiben, ob die Deutsche Bundesbank, wie vom VG Mainz25 und vom VG Frankfurt26 angenommen, nach dem Recht der Europäischen Union gezwungen war, die Leitlinien der EZB umzusetzen, da jedenfalls die §§ 61, 62 BBG ausreichende Rechtsgrundlage für den Erlass entsprechender Richtlinien seien.27 3.2. Formelle Rechtmäßigkeit Zuständig für den Erlass allgemeiner Richtlinien ist grundsätzlich der Dienstvorgesetzte, vgl. § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG. Wer Vorgesetzter in diesem Sinne ist, bestimmt sich nach dem Aufbau der jeweiligen Verwaltung.28 21 OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 10 A 10105/20 -, Rn. 12 (juris); VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 38; VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 419. 22 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 38; VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 419; siehe auch Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz - FISG) vom 16. Dezember 2010, abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben /Abteilungen/Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/2020-10-26-Finanzmarktintegritaetsstaerkungsgesetz/2- Regierungsentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zuletzt abgerufen am 4. Januar 2021). 23 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 419. 24 OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 10 A 10105/20 -, Rn. 14 (juris); VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 60 ff. 25 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 41 ff. 26 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 419. 27 OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 10 A 10105/20 -, Rn. 15 (juris). 28 Grigoleit, in: Battis, Bundesbeamtengesetz, 5. Auflage 2017, § 62, Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 10 3.3. Materielle Rechtmäßigkeit Ein etwaiges Handelsverbot für private Finanzgeschäfte für Beamte aufgrund allgemeiner Richtlinien müsste auch materiell rechtmäßig, insbesondere verfassungsgemäß, sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beamte außerhalb des Dienstes grundsätzlich wie jeder andere Bürger grundrechtsberechtigt ist und Einschränkungen seiner privaten Grundrechtssphäre einer besonderen Rechtfertigung bedürfen.29 3.3.1. Kein Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum, Art. 14 GG Das Verbot von bestimmten privaten Finanzgeschäften stellt keinen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum nach Art. 14 Grundgesetz (GG) dar. Die Eigentumsgarantie schützt grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass dieser die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf.30 Erfasst sind jedoch nur solche Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht aber in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten.31 Auch das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum gehört zu dem von Art. 14 GG gewährleisteten Eigentum, das im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung durch Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet ist. Der Schutz erstreckt sich dabei auf die mitgliedschaftliche Stellung in einer Aktiengesellschaft, die das Aktieneigentum vermittelt. Aus der mitgliedschaftlichen Stellung erwachsen den Aktionären im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Gesellschaftssatzung sowohl Leitungsbefugnisse als auch vermögensrechtliche Ansprüche .32 Zwar ist damit die sich im Besitz befindliche Aktie folglich grundsätzlich von der Eigentumsgarantie umfasst. Die Leitsätze der Bundesbank untersagen jedoch bestimmten Beschäftigten nur den Erwerb bestimmter Wertpapiere und sonstiger Finanzinstrumente und damit, von deren Wertentwicklung zu profitieren. Die bereits vor Inkrafttreten der Bundesbank-Leitsätze vorhandenen Kapitalanlagen sind grundsätzlich nicht von dem Handelsverbot betroffen; auch deren Veräußerung ist – unter Anzeige an den zuständigen Compliance-Bereich - möglich. Durch die Han- 29 Werres, in: Brinktrine/Schollendorf, Beck’scher Onlinekommentar Beamtenrecht Bund, 20. Edition, Stand: 1. Oktober 2020, § 61, Rn. 16; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 69. 30 Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 -, Rn. 33 (juris); BVerfG, Beschluss vom 8. Mai 2012 - 1 BvR 1065/03 -, Rn. 41 (juris). 31 Ständige Rechtsprechung: BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 - 1 BvR 2736/08 -, Rn. 38 (juris); BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 -, Rn. 77 (juris); BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 1984 - 1 BvR 35/82 -, Rn. 77 (juris). 32 BVerfG, Beschluss vom 27. April 1999 - 1 BvR 1613/94 -, Rn. 42 (juris) mit weiteren Nachweisen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 11 delsverbote wird damit grundsätzlich nicht der Bestand einer vermögenswerten Position eingeschränkt , sondern es sind lediglich künftige Erwerbsaussichten betroffen, welche gerade nicht vom sachlichen Schutzbereich des Art. 14 GG erfasst werden.33 3.3.2. Rechtmäßigkeit eines Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG Die Einschränkung privater Finanzgeschäfte stellt jedoch einen Eingriff in den Schutzbereich des in Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Grundrechts auf allgemeine Handelsfreiheit dar. 3.3.2.1. Eingriff Gemäß Art. 2 Abs. 1 GG hat jeder das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Schutzbereich weit zu verstehen; geschützt wird die allgemeine Handlungsfreiheit im umfassenden Sinne, das heißt jede Form menschlichen Handelns ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht der Betätigung für die freie Entfaltung der Persönlichkeit zukommt.34 Mit Ausnahme des absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung ist die allgemeine Handlungsfreiheit jedoch nur in den Schranken des Art. 2 Abs. 1 HS. 2 GG gewährleistet und steht damit insbesondere unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung. Darunter sind alle Rechtsnormen zu verstehen, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehen .35 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Eingriff in materieller Hinsicht darüber hinaus an dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Maßstab des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu messen.36 Werden Beamten bestimmte Finanzgeschäfte und damit eine freie wirtschaftliche Tätigkeit untersagt , liegt ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit vor.37 33 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 420; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 97. F. 34 BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989 - 1 BvR 921/85 -, Rn. 62 (juris); BVerfG, Beschluss vom 5. August 2020 - 2 BvR 1985/19, 2 BvR 1986/19 -, BeckRS 2020, 19650, 34 mit weiteren Nachweisen. 35 BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989 - 1 BvR 921/85 -, Rn. 62 (juris); BVerfG, Beschluss vom 5. August 2020 - 2 BvR 1985/19, 2 BvR 1986/19 -, BeckRS 2020, 19650, 34 mit weiteren Nachweisen. 36 BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989 - 1 BvR 921/85 -, Rn. 62 (juris); BVerfG, Beschluss vom 5. August 2020 - 2 BvR 1985/19, 2 BvR 1986/19 -, BeckRS 2020, 19650, 35 mit weiteren Nachweisen. 37 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 32/19.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 74; VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 420. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 12 3.3.2.2. Grundrechtsschranke Die §§ 61, 62 BBG, die grundsätzlich Rechtsgrundlage für Verbote von Handelsgeschäften und entsprechenden Richtlinien für Beamte sein können (siehe oben unter 3.1), gehören als Parlamentsgesetz zur verfassungsmäßigen Ordnung und stellen daher eine taugliche Schranke für das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG dar. 3.3.2.3. Schranken-Schranke (Verhältnismäßigkeit) Verhältnismäßig ist eine Maßnahme nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wenn mit ihr ein legitimes Ziel verfolgt wird und sie geeignet und erforderlich ist, um dieses Ziel zu erreichen. Ferner muss die Maßnahme im engeren Sinne verhältnismäßig, das heißt angemessen , sein.38 Die Handelsverbote dienen grundsätzlich einem legitimen Zweck. Verbote von bestimmten privaten Finanzgeschäften sollen Insiderhandel, die Verwendung dienstlich erlangter Informationen zu privaten Zwecken und die Entstehung von Interessenkonflikten sowie die Erzeugung eines entsprechenden bösen Anscheins verhindern (siehe hierzu ausführlich unter 3.1.1). Dadurch soll das Vertrauen der staatlich beaufsichtigten Finanzunternehmen einerseits und der Öffentlichkeit andererseits in die jeweilige öffentliche Institution sichergestellt und die Akzeptanz und Legitimität der öffentlichen Verwaltung geschützt werden.39 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht der Dienstbehörde bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit einer dienstlichen Anordnung zur Erreichung des angestrebten Zwecks ein gerichtlich nur begrenzt nachprüfbarer Einschätzungsspielraum zu, dessen inhaltliche Reichweite insbesondere von Schwere und Intensität des jeweiligen Eingriffs abhängt .40 Welche Maßnahmen geeignet sind, um das angestrebte Ziel zu erreichen, dürfte zunächst davon abhängig sein, ob Insiderkenntnisse beziehungsweise marktrelevantes Sonderwissen in der fraglichen Behörde des öffentlichen Dienstes vorliegen. Liegen in einer Behörde sensible, marktrelevante und/ oder Insiderinformationen vor, so sind Handelsverbote von entsprechenden privaten Finanzgeschäften zur Erreichung der oben genannten Ziele grundsätzlich auch geeignet. Geeignetheit liegt vor, wenn der legitime Zweck wenigstens gefördert wird. Dürfen bestimmte private Finanzgeschäfte nicht durchgeführt werden, kann 38 BVerfG, Beschluss vom 10. November 2020 - 1 BvR 3214/15 -, Rn. 84, 95; BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 -, Rn. 93, 98 (juris). 39 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 420; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 77. 40 BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3/05 -, Rn. 21 m.w.N. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 13 es - bei Befolgung der Verbote - auch nicht zu Interessenkonflikten kommen oder dienstlich erworbene Kenntnisse zu privaten Zwecken verwendet werden. Auch ein entsprechender böser Anschein kann so nicht erzeugt werden.41 Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn keine milderen, gleichermaßen geeigneten Mittel ersichtlich zur Verfügung stehen. Die Rechtsprechung zu den Leitsätzen der Deutschen Bundesbank betont in Hinblick auf die Erforderlichkeit , dass die Handelsverbote nur für Insider der Kategorie 1 gelten, also zwischen Mitarbeitern differenziert werde. So würden nur Beschäftigte solcher Arbeitseinheiten, in denen besonders häufig oder in besonderem Umfang mit diesem marktsensiblen Sonderwissen gearbeitet wird, oder Beschäftigte, die aufgrund ihrer Funktion regelmäßig Zugang zu dem genannten marktsensiblen Sonderwissen haben, mit einem Handelsverbot belegt werden. Beschäftigte, die ebenfalls in Kernbereichen der Bundesbank tätig sind, in denen jedoch erfahrungsgemäß weniger oft und weniger umfangreich mit marktrelevanten Informationen gearbeitet wird, werden als Insider der Kategorie 2 eingestuft. Diese sowie die übrigen nicht als Insider eingestuften Mitarbeiter unterfallen dem Handelsverbot nicht (siehe auch unter 2).42 Die Differenzierung trage der hohen Eingriffsintensität der Handelsverbote und dem hohen Stellenwert der Amtsbezogenheit dienstlicher Anordnungen gerade im außerdienstlichen Bereich Rechnung.43 Für die Beschäftigten der Kategorie 1 der Bundesbank sei kein gleich geeignetes, milderes Mittel ersichtlich. Eine Beschränkung der Handelsverbote auf einzelne Beschäftigte, die zu den vom Verbot erfassten jeweiligen Finanzinstrumenten einen unmittelbaren dienstlichen Bezug aufweisen (etwa im Rahmen ihrer konkreten Zuständigkeit für eines dieser Instrumente), oder eine Überprüfung dahingehend, ob diese auch tatsächlich einen konkreten Zugang zu den jeweiligen marktsensiblen Informationen haben, ist nach der Rechtsprechung kein gleich geeignetes Mittel. So könnten sich Zuständigkeiten der Mitarbeiter kurzfristig ändern; zudem könne sich marktrelevantes Sonderwissen auch erst in Verknüpfung mit Informationen von anderen Beschäftigten oder aus anderen Zentralbereichen ergeben.44 Darüber hinaus seien entsprechende Einzelfallprüfungen aufgrund des Aufwands kaum handhabbar. In der Außenwahrnehmung unterscheide die Öffentlichkeit zudem nicht unbedingt zwischen einzelnen Beschäftigten eines Bereichs. Ferner sei im Wege der Vereinfachung des Verwaltungshandelns eine gewisse Pauschalisierung zulässig und müsse zur Erreichung des verfolgten Zwecks auch möglich sein.45 41 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 420; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 78 f. 42 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 421; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 82. 43 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 82. 44 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 421; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 83. 45 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 83. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 14 Auch eine Beschränkung auf bereits bestehende strafrechtliche und marktaufsichtsrechtliche Insiderhandelsverbote sei nicht gleich geeignet, da die Verbote bestimmter privater Finanzgeschäfte auch darauf abzielten, bereits den Anschein der missbräuchlichen Verwendung von Insiderinformationen oder Interessenkollisionen zu vermeiden.46 Vorherige Genehmigungserfordernisse für bestimmte Finanzgeschäfte sind nach der Rechtsprechung ebenfalls nicht als ein milderes, gleich geeignetes Mittel gegenüber den Handelsverboten anzusehen, weil derartige Genehmigungserfordernisse nicht die gleiche Sicherheit bieten können , um Insiderhandel und der Ausnutzung amtlich erlangter Informationen wirksam entgegentreten zu können.47 Die rechtswissenschaftliche Literatur folgt - soweit ersichtlich – überwiegend dieser Rechtsprechung .48 Für die Erforderlichkeit eines Verbots bestimmter privater Handelsgeschäfte dürfte daher grundsätzlich jeweils zu prüfen sein, welche marktsensiblen und Insiderinformationen in der jeweiligen Behörde vorliegen und ob und inwieweit in Hinblick auf die Zugangsmöglichkeiten zu diesen Informationen zwischen Beschäftigungsgruppen zu unterscheiden ist. Darüber hinaus dürfte insbesondere auch der Aufgabenbereich der Behörde (zum Beispiel aufsichtsrechtliche Aufgabenwahrnehmung ) maßgeblich sein. Zu berücksichtigen ist dabei auch, wie die Behörde und ihr Aufgabenfeld sowie die Aufgabenwahrnehmung der Beschäftigten in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Ein Verbot bestimmter privater Handelsgeschäfte muss zudem im engeren Sinne verhältnismäßig, das heißt angemessen sein. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verlangt, dass der Grundrechtseingriff in keinem unangemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck steht. Dabei muss zwischen Allgemein- und Individualinteressen ein angemessener Ausgleich herbeigeführt werden . Hierfür sind in einer Abwägung Reichweite und Gewicht des Eingriffs einerseits der Bedeutung der Regelung für eine wirksame staatliche Aufgabenwahrnehmung andererseits gegenüberzustellen .49 46 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 84; VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 421. 47 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 421. 48 Arndt, jurisPR-BKR 10/2020, Anmerkung 5; Nietsch, Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschafts- und Bankrecht (WuB) 2020, S. 439 ff.; Werres, in: Brinktrine/Schollendorf, Beck’scher Onlinekommentar Beamtenrecht Bund, 20. Edition, Stand: 1. Oktober 2020, § 61, Rn. 15.1; andere Auffassung: Hippeli, jurisPR-HaGesR 2/2020 Anmerkung 5: Anzeigepflicht und Freigabeerfordernis durch den nächsten Vorgesetzten sei gleich geeignetes, milderes Mittel. 49 BVerfG, Beschluss vom 10. November 2020 - 1 BvR 3214/15 -, Rn. 95. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 15 Wie oben unter 3.1.1 dargelegt ist die Vermeidung von Interessenkollisionen, Insiderhandel und eines entsprechenden Anscheins sowohl für die Funktionsfähigkeit als auch das öffentliche Ansehen und die Akzeptanz des Verwaltungshandelns von grundlegender Bedeutung und damit ein als besonders gewichtig einzustufender Zweck.50 Zudem können Handelsverbote auf bestimmte, für die Zweckerreichung notwendige Finanzgeschäfte beschränkt werden, sodass den betroffenen Beschäftigten nicht generell der private Handel in Finanzinstrumenten untersagt ist. So erfassen die Leitsätze der Bundesbank beispielsweise nur solche Handelsgeschäfte, bei denen auch tatsächlich der Anschein der missbräuchlichen Verwendung von dienstbezogenem Sonderwissen und damit eines unzulässigen Insidergeschäfts entstehen kann. Sie gelten nur für Finanzinstrumente von finanziellen Kapitalgesellschaften. Damit steht auch jenen Beschäftigten, die grundsätzlich einem Handelsverbot für derartige Finanzinstrumente unterfallen, weiterhin der Großteil des Finanzmarktes offen. Dies gilt sowohl für Aktien als auch für Anleihen, Derivate und Kollektivanlagen wie Investmentfonds. Ferner ist beispielsweise auch der Erwerb der grundsätzlich verbotenen Finanzinstrumente in Anteilen von Kollektivanlageformen, deren Hauptzweck nicht die Anlage in Finanzinstrumenten finanzieller Kapitalgesellschaften bildet, möglich (arg. e Ziffer 3.2.1 Abs. 1 lit. d der Leitsätze).51 Auch kann, falls dies der Aufgabenstruktur der jeweiligen Behörde entspricht, wie oben dargelegt zwischen Beamtengruppen abhängig vom Aufgabengebiet, Funktion oder Zugangsmöglichkeiten zu Insiderinformationen unterschieden werden. Handelsverbote können demzufolge so ausgestaltet werden, dass die von ihnen betroffenen Beschäftigten in ihrem wirtschaftlichen Handlungs- und Gestaltungsspielraum nicht unzumutbar - und damit unverhältnismäßig - beeinträchtigt werden.52 4. Rechtmäßigkeit eines Verbots privater Finanzgeschäfte für Arbeitnehmer Anders als auf Beamte finden die Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes auf Arbeitnehmer keine Anwendung. Allgemeine dienstliche Richtlinien, die ein Verbot bestimmter privater Finanzgeschäfte für Arbeitnehmer begründen, können daher nicht auf Grundlage der §§ 61, 62 BBG erlassen werden. 50 Siehe auch VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 87; VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 421. 51 VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 421; VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 88. 52 VG Mainz, Urteil vom 15. November 2019 - 4 K 1171/18.MZ -, BeckRS 2019, 43786, Rn. 89 ff.; VG Frankfurt a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, a.M. - 9 K 5011/18.F -, WM 2020, S. 418, 421. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 16 Als mögliche Rechtsgrundlage für sogenannte Compliance oder Code-of-Conduct-Regelungen, zu denen auch Vorgaben für private Finanzgeschäfte gehören können, kommt jedoch das arbeitsrechtliche Direktionsrecht des Arbeitgebers in Betracht.53 4.1. Direktionsrecht des Arbeitgebers als Rechtsgrundlage Das arbeitsrechtliche Direktionsrecht - auch Weisungsrecht genannt - ermöglicht es dem Arbeitgeber , die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers einseitig durch Weisungen zu konkretisieren. Ihm steht eine entsprechende Folgepflicht der Arbeitnehmer gegenüber. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers wurde vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entwickelt; seit 2003 ist es gesetzlich in § 106 Gewerbeordnung (GewO) verankert.54 Gemäß § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag , Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Das Direktionsrecht ist wesentlicher Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses. Da durch den Arbeitsvertrag in der Regel nur die grundlegenden Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers festgelegt werden, unterliegen Einzelheiten der zu erbringenden Arbeitsleistung dem Direktionsrecht .55 Das Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst auch Anordnungen zum sogenannten arbeitsbegleitenden Verhalten des Arbeitnehmers, § 106 Satz 2 GewO, und berechtigt den Arbeitgeber daher grundsätzlich auch zur Einführung von sogenannten Ethik- oder Compliance-Richtlinien.56 4.2. Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers Der Arbeitgeber kann durch Weisungen die bestehenden Pflichten des Arbeitnehmers konkretisieren , nicht jedoch neue begründen. Weisungen sind daher auf die Konkretisierung ebendieser arbeitsvertraglichen Pflichten beschränkt.57 53 Ehrich, in: Grobys/Panzer-Heemeier, StichwortKommentar Arbeitsrecht, 3. Auflage, Edition 14 2020, Direktionsrecht , Rn. 14; Steffen/Stöhr, RdA 2017, S. 43, 46. 54 Ehrich, in: Grobys/Panzer-Heemeier, StichwortKommentar Arbeitsrecht, 3. Auflage, Edition 14 2020, Direktionsrecht , Rn. 1 f.; Karb, in: Conze/Karb/Wölk/Reidel, Personalbuch Arbeits- und Tarifrecht öffentlicher Dienst, 6. Auflage 2020, Direktionsrecht, Rn. 1212. 55 Ehrich, in: Grobys/Panzer-Heemeier, StichwortKommentar Arbeitsrecht, 3. Auflage, Edition 14 2020, Direktionsrecht , Rn. 1; Karb, in: Conze/Karb/Wölk/Reidel, Personalbuch Arbeits- und Tarifrecht öffentlicher Dienst, 6. Auflage 2020, Direktionsrecht, Rn. 1213. 56 Ehrich, in: Grobys/Panzer-Heemeier, StichwortKommentar Arbeitsrecht, 3. Auflage, Edition 14 2020, Direktionsrecht , Rn. 14. 57 Steffen/Stöhr, RdA 2017, S. 43, 46. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 17 Zu den arbeitsvertraglichen Pflichten gehört auch die Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers gemäß § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die auch für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gilt. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des (Arbeits-) Vertrages zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Diese Regelung dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitnehmer seine Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren , wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann. Er ist dabei auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Allerdings kann ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers die berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer grundsätzlich nur beeinträchtigen, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit hat. Maßgeblich ist daher ein Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis.58 Bezieht sich ein Verbot bestimmter privater Finanzgeschäfte auf solche Finanzinstrumente, hinsichtlich derer die Beschäftigten aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses Zugang zu Insider- und sensiblen marktrelevanten Informationen haben, ist nach hiesiger Auffassung grundsätzlich ein solcher Zusammenhang gegeben. Auch kann in diesen Fällen - wie oben ausführlich unter 3. dargelegt - ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers bestehen, bestimmte private Finanzgeschäfte zu untersagen. (Potentielle) Interessenkonflikte können die Objektivität dienstlicher Entscheidungen gefährden oder zumindest einen entsprechenden Anschein in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit erzeugen und damit Zweifel an der ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung wecken. Dies gilt insbesondere für Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, die in besonderem Maße an Recht und Gesetz gebunden sind und einer besonders kritischen Beobachtung durch die Öffentlichkeit unterliegen.59 4.3. Ausübung des Direktionsrecht nach billigem Ermessen Gemäß § 106 Satz 1 GewO (in Verbindung mit § 315 BGB) darf das Direktionsrecht nur nach billigem Ermessen seitens des Arbeitgebers ausgeübt werden. Die Ausübung des Direktionsrechts nach billigem Ermessen verlangt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrecht- 58 BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09, NZA 2011, S. 112, 114; BAG, Urteil vom 10. September 2009 - 2 AZR 257/08, NZA 2010, S. 220, 221. 59 BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09, NZA 2011, S. 112, 114. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 101/20 Seite 18 lichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung , die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen.60 Die für die Ausübung billigen Ermessens erforderliche Abwägung dürfte damit nach vergleichbaren Kriterien zu erfolgen haben wie die Beurteilung der Rechtmäßigkeit, insbesondere der Verfassungsmäßigkeit , eines Handelsverbots für Beamte. Es wird daher auf die obigen Ausführungen unter 3., insbesondere unter 3.1.1 und 3.3, verwiesen. 5. Fazit Ein Verbot privater Finanzgeschäfte für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes kann grundsätzlich sowohl für Beamte als auch für Arbeitnehmer rechtmäßig, insbesondere verfassungsmäßig, sein. Maßgebend ist, dass ein solches Verbot einem legitimen Ziel, insbesondere der wirksamen staatlichen Aufgabenwahrnehmung, dient und verhältnismäßig ausgestaltet ist. Für Letzteres kommt es insbesondere darauf an, welche Finanzinstrumente erfasst sind und ob gegebenenfalls zwischen Beschäftigten aufgrund ihrer Funktion oder ihres Aufgabenbereichs zu differenzieren ist. *** 60 BAG, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14, NZA S. 483, 486; BAG, Urteil vom 28. August 2013 - 10 AZR 569/12, NZA-RR 2014, S. 181, 183.