© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 101/19 Finanzielle Mitarbeiterbeteiligung in Europa am Beispiel der BSPCE in Frankreich und der EMI in Großbritannien Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 101/19 Seite 2 Finanzielle Mitarbeiterbeteiligung in Europa am Beispiel der BSPCE in Frankreich und der EMI in Großbritannien Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 101/19 Abschluss der Arbeit: 9. August 2019 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 101/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. BSPCE in Frankreich 4 2.1. Gesetzliche Regelung 5 2.2. Regelungsinhalt 5 2.3. Loi Macron 6 2.4. Loi PACTE 7 3. Enterprise Management Incentives (EMI) im Vereinigten Königreich 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 101/19 Seite 4 1. Einleitung In einigen Unternehmen wurde finanzielle Arbeitnehmerbeteiligung seit jeher genutzt, um Arbeitnehmer fester an das Unternehmen zu binden. Vor allem nach 1945 kamen in vielen europäischen Ländern sozialpolitische Motive hinzu, die eine Förderung der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand zum Ziel haben. Heute gibt es in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) trotz unterschiedlicher politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen Ansätze und Instrumente der finanziellen Mitarbeiterbeteiligung. Sie genießen zum Teil aktive staatliche Förderung. Vielfach werden diese Instrumente auch zur Ergänzung defizitärer staatlicher Altersversorgung genutzt. Einen Überblick über die finanzielle Arbeitnehmerbeteiligung in den Mitgliedstaaten der EU und Norwegen bietet eine im Auftrag des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (European Trade Union Institute - ETUI) erstellte Studie aus dem Jahr 2007, die 2014 überarbeitet und aktualisiert wurde. Als Anlage beigefügt werden die Länderberichte über Frankreich und Großbritannien sowie weitere ausgewählte EU-Mitgliedstaaten: Wilke, Maack und Partner: Länderberichte über finanzielle Mitarbeiterbeteiligung in Europa, Hamburg und Brüssel 2014, abrufbar im Internetauftritt von Wilke, Maack und Partner: http://www.wilke-maack.de/wmp_publications/landerberichte-uber-finanzielle-mitarbeiterbeteiligung -in-europa/ (letzter Abruf: 7. August 2019). Inhaltsverzeichnis und Auszüge: - S. 56-65 (Frankreich) - S. 70-79 (Großbritannien) - S, 118-123 (Niederlande) - S. 128-134 (Österreich) - S. 171-175 (Spanien). Anlage Eine Zusammenschau von Länderberichten ermöglicht das ETUI in seinem Internetauftritt : http://de.worker-participation.eu/index.php/Nationale-Arbeitsbeziehungen/Laendervergleichen (letzter Abruf: 7. August 2019). 2. BSPCE in Frankreich Das französische Programm der Bons de souscription de parts de créateur d’entreprise (BSPCE) ist ein von der Regierung Jospin eingeführtes Mitarbeiterbeteiligungsprogramm, das Start-ups dabei helfen soll, Talente anzuziehen und die Attraktivität Frankreichs zu steigern. Es regelt die Ausgabe von Optionsscheinen zum Bezug von Unternehmensanteilen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 101/19 Seite 5 2.1. Gesetzliche Regelung Die BSPCE sind in Article 163 bis G des Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch) geregelt, der am 22. April 1998 in Kraft trat und seitdem mehrfach geändert wurde. Die letzte Änderung erfolgte mit Wirkung vom 24. Mai 2019.1 2.2. Regelungsinhalt2 Bei den BSPCE handelt es sich um spezielle Aktienbezugsrechte, die ein Unternehmen seinen Mitarbeitern und Führungskräften, die den Steuerbestimmungen für Mitarbeiter unterliegen, kostenlos gewähren kann. Sie berechtigen zum Bezug von Aktien des Unternehmens zu dem zum Zeitpunkt der Zuteilung festgesetzten Preis. Die Berechtigung zur Ausgabe von BSPCE ist begrenzt auf Unternehmen, die vor weniger als 15 Jahren in Frankreich gegründet wurden, nicht börsennotiert sind oder eine Marktkapitalisierung von weniger als 150 Millionen Euro aufweisen. Voraussetzung ist weiterhin, dass das Kapital des ausgebenden Unternehmens zu mindestens 25 Prozent von natürlichen Personen oder von Unternehmen gehalten wird, die selbst zu mindestens 75 Prozent natürlichen Personen gehören. Bestimmte Arten von Anlegern, die im Gesetz aufgezählt sind, finden bei der Berechnung dieses Prozentsatzes keine Berücksichtigung. Haltefristen für die bezogenen Aktien sind gesetzlich nicht vorgeschrieben. Ausübungsbedingungen für die Optionsscheine können vertraglich festgelegt werden. Die Gewinne aus den BSPCE unterliegen besonderen Erleichterungen im Steuer- und Sozialsystem . Das ausgebende Unternehmen muss für den Gegenwert der BSPCE keine Sozialabgaben entrichten und der vom Arbeitnehmer aus einer Veräußerung der Wertpapiere erzielte Nettogewinn wird mit einem Pauschalsatz von 34,5 Prozent3 bzw. 45,5 Prozent4 für Mitarbeiter, die seit weniger als drei Jahre beschäftigt sind, belegt. Für BSPCE, die nach dem 31. Dezember 2017 ausgegeben wurden, gelten folgende Sätze: 1 Vgl zur Normgeschichte die französische Internet-Gesetzesdatenbank unter: https://www.legifrance.gouv.fr/affichCodeArticle.do;jsessionid =CF5AFA83971C7691876E91E2E4863D7F.tplgfr22s_2?idArticle=LEGIARTI000038588505&cidTexte=LE- GITEXT000006069577&categorieLien=id&dateTexte (letzter Abruf: 8. August 2019). 2 Die Ausführungen der Unterabschnitte 2.2 und 2.3 basieren im Wesentlichen auf einer Internetveröffentlichung von CMS Francis Lefebvre in deren Rechtsberatungsportal Lexplicite: Gosset, Philippe / Morel, Alexandre: BSPCE : de nouvelles perspectives ouvertes par la loi Macron (frz.),13. Oktober 2015, abrufbar unter: https://www.lexplicite.fr/bspce-de-nouvelles-perspectives-ouvertes-par-la-loi-macron/ (letzter Abruf: 8. August 2019). 3 Steuersatz von 19 Prozent und Sozialabgaben in Höhe von 15,5 Prozent. 4 Steuersatz von 30 Prozent und Sozialabgaben in Höhe von 15,5 Prozent. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 101/19 Seite 6 – Steuersatz 12,8 Prozent (oder progressive Skala), Mitarbeiter unter drei Jahren: 30 Prozent, – Sozialabgaben 17,2 Prozent, – Zusatzbeitrag für Einkommen oberhalb eines Gesamteinkommens von - 250.000 Euro (bei gemeinsamer Veranlagung 500.000 Euro): 3 Prozent, - 500.000 Euro (bei gemeinsamer Veranlagung 1.000.000 Euro): 4 Prozent.5 2.3. Loi Macron6 Wesentliche Änderungen der BSPCE-Bestimmungen erfolgten durch die sogenannte Loi Macron (Macron-Gesetz)7 vom 5. August 2015, die zur Anpassung an die wirtschaftlichen Bedingungen für junge Unternehmen erleichterte Bedingungen für die Ausgabe von BSPCE im Falle von Umstrukturierungen schuf. Danach können Unternehmen, die sich umstrukturieren (durch Fusion, Einbringung, Ausgliederung usw.), weiterhin BSPCE ausgeben, sofern alle Unternehmen, die an der Operation beteiligt waren, die rechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Im Hinblick auf die Begrenzung der Marktkapitalisierung börsennotierter Unternehmen wird zur Vermeidung von Mitnahmeeffekten die Kapitalisierung aller aus der Transaktion resultierenden Unternehmen zusammengerechnet. Ein Unternehmen kann nun außerdem BSPCE nicht nur an seine eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte , sondern auch an Mitarbeiter von Tochterunternehmen vergeben, an denen es zu mindestens 75 Prozent beteiligt ist und die selbst die Zulassungskriterien erfüllen. In diesem Fall kann die Tochtergesellschaft aber auch selbst BSPCE ausgeben, sofern sie auch die übrigen Bedingungen dafür erfüllt.8 5 Darstellung nach Banque Transatlantique: Les administrateurs pourront bientôt bénéficier de BSPCE (frz.), Dezember 2018, Internetauftritt der Banque Transatlantique: https://www.banquetransatlantique.com/fr/actualites/projet-de-loi-pacte-bspce.html (letzter Abruf: 8. August 2019). 6 Vgl. Fn. 2. 7 Loi n° 2015-990 du 6 août 2015 pour la croissance, l'activité et l'égalité des chances économiques, abrufbar in der französischen Internet-Gesetzesdatenbank: https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000030978561&dateTexte=&categorie Lien=id (letzter Abruf: 9. August 2019). 8 Vgl. Beispieldarstellungen bei Gosset/Morel (Fn. 2). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 101/19 Seite 7 2.4. Loi PACTE Die sogenannte Loi PACTE9 vom 22. Mai 2019 erweiterte schließlich den Kreis der BSPCE-Bezugsberechtigten um Mitglieder des Conseil d’administration, was insofern bemerkenswert ist, als es sich hierbei nicht um Arbeitnehmer oder gleichgestellte Führungskräfte handelt. Diese Änderung trat am 24. Mai 2019 in Kraft. 3. Enterprise Management Incentives (EMI) im Vereinigten Königreich10 Enterprise Management Incentives (EMI) wurden durch section 62 des Finance Act 2000 als dessen Schedule 14 eingeführt.11 EMI sind zusammen mit den gleichzeitig eingeführten Share Incentive Plans (SIP) und den bereits länger bestehenden Programmen Save As You Earn (SAYE) (seit 1980) und Company Share Option Plan (seit 1992) das vierte Mitarbeiterbeteiligungsprogramm im Vereinigten Königreich. Wie bei dem BSPCE-Programm in Frankreich handelt es sich dabei um ein Programm zur Ausgabe von Optionsscheinen zum Erwerb von Unternehmensanteilen an Mitarbeiter, die sie an das Unternehmen binden möchten. EMI kommen für kleinere risikobehaftete Unternehmen in Betracht. EMI-Optionsscheine können nur von unabhängigen Unternehmen mit einem Nettovermögen von nicht mehr als 30 Millionen GBP ausgegeben werden, sofern sie nicht in den Geschäftsfeldern Bankwesen, Landwirtschaft, Eigentumsverwaltung, Erbringung von Rechtsdienstleistungen oder Schiffsbau tätig sind. Das Unternehmen muss weniger als 250 Mitarbeiter haben. Die Gesamtsumme der Optionsscheine ist auf 250.000 GBP innerhalb von drei Jahren beschränkt. 9 Loi n° 2019-486 du 22 mai 2019 relative à la croissance et la transformation des entreprises vom 22.Mai 2019, abrufbar in der französischen Internet-Gesetzesdatenbank: https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000038496102&categorieLien=id (letzter Abruf: 9. August 2019). 10 Die Ausführungen diese Abschnitts basieren im Wesentlichen auf einer Veröffentlichung im Internetauftritt der britischen Regierung: Tax and Employee Share Schemes - Enterprise Management Incentives (EMIs) (engl.): https://www.gov.uk/tax-employee-share-schemes/enterprise-management-incentives-emis sowie auf einer Internetveröffentlichung der unabhängigen Vereinigung ProShare, der Unternehmen und Mitarbeiter über die Nutzung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen informiert und berät: Factsheet - Enterprise Management Incentives (engl.), abrufbar unter https://www.proshare.org/assets/files/factsheets/factsheet-sip.PDF (letzter Abruf jeweils: 9. August 2019). 11 Abrufbar in der britischen Internet-Gesetzesdatenbank: http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2000/17/pdfs/ukpga_20000017_en.pdf (letzter Abruf: 9. August 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 101/19 Seite 8 Die Berechtigten müssen Mitarbeiter oder Direktor des Unternehmens sein. Sie müssen mindestens 75 Prozent ihrer Gesamtarbeitszeit, mindestens aber 25 Stunden pro Woche für das Unternehmen tätig sein und dürfen nicht bereits ein materielles Interesse12 an dem ausgebenden Unternehmen haben.13 Für den Aktienerwerb zum Marktwert fallen zum Zeitpunkt der Ausgabe der Optionsscheine weder Einkommensteuer noch Sozialversicherungsabgaben an. Wird ein Rabatt auf den Marktwert gewährt, muss Einkommensteuer und Sozialversicherung jedoch für den Differenzbetrag zum Marktwert gezahlt werden. Voraussetzung für die Steuererleichterung ist, dass die EMI-Pläne des ausgebenden Unternehmens den Anforderungen der Schedule 5 des Income Tax (Earnings and Pensions) Act 2003 entsprechen sowie weitere finanz- und zollrechtliche sowie aktienrechtliche Bestimmungen erfüllen . Bei Veräußerung der Wertpapiere kann Kapitalertragsteuer fällig werden. *** 12 Materielles Interesse liegt vor, wenn der Arbeitnehmer wirtschaftlicher Eigentümer des ausgebenden Unternehmens ist oder es zu mehr als 30 Prozent kontrolliert. 13 Robinson, David: Enterprise Management Scheme Fact Sheet (engl.), Juni 2016, abrufbar im Internetauftritt der Wirtschaftsberatungsgesellschaft Shorts: https://blog.shorts.uk.com/enterprise-management-incentive-schemefactsheet (letzter Abruf: 9. August 2019).