WD 6 - 3000 - 095/20 (22. Oktober 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Fachbereich WD 6 Arbeit und Soziales Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Sonderversorgungssysteme in der DDR Die finanzielle Absicherung der älteren Generation erfolgt in Deutschland in erster Linie über diverse öffentlich-rechtliche Pflichtsysteme, zu der insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung zu zählen ist. Die Höhe einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung richtet sich vor allem nach dem während des gesamten Versicherungslebens erzielten Verdienst. Daneben besteht mit der Beamtenversorgung ein eigenes Sicherungssystem für Staatsbedienstete, die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Soldaten der Bundeswehr erwerben für ihre Dienstzeiten Ansprüche und Anwartschaften aus der beamtenähnlichen Soldatenversorgung. Während der deutschen Teilung hat sich die Alterssicherung in Ost- und Westdeutschland auseinanderentwickelt . In der DDR wurden für Angehörige der Nationalen Volksarmee, der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzugs, der Angehörigen der Zollverwaltung und des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit für deren soziale Sicherung Sonderversorgungssysteme anstelle der sonst dort geltenden Sozialpflichtversicherung eingeführt. Diese sind mit der Beamtenversorgung vergleichbar. 2. Überleitung in die gesetzliche Rentenversicherung Im Rahmen der Verhandlungen zum Beitritt der ostdeutschen Länder in die Bundesrepublik Deutschland wurde vereinbart, die in der DDR erworbenen Anwartschaften und Ansprüche auf Rentenleistungen der Sozialpflichtversicherung, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung sowie den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung überzuleiten . Bereits Artikel 20 des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990 sah die Angleichung der in der DDR geltenden Regelungen zur Alterssicherung an das in der Bundesrepublik bestehende Rentenrecht und die Überführung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme in die gesetzliche Rentenversicherung vor. Artikel 30 Abs. 5 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 enthält die Aufforderung an den gesamtdeutschen Gesetzgeber, die erforderlichen Vorschriften für die Überleitung des für die gesetzliche Rentenversicherung maßgebliche Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf die ostdeutschen Länder zu schaffen. Diese Vorgabe wurde mit dem Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Überleitung der DDR-Sonderversorgungssysteme in die gesetzliche Rentenversicherung Kurzinformation Überleitung der DDR-Sonderversorgungssysteme in die gesetzliche Rentenversicherung Fachbereich WD 6 Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Seite 2 25. Juli 1991, in dem auch in Artikel 3 das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) enthalten ist, umgesetzt. Die Sonderversorgungssysteme sind mit dem AAÜG vollständig in die gesetzliche Rentenversicherung überführt worden, als der während der Zugehörigkeit zu einem Sonderversorgungssystem tatsächlich erzielte Verdienst bis zur Beitragsbemessungsgrenze heute für die Rentenberechnung herangezogen wird. Weitere Leistungen sind aus den überführten Sonderversorgungssystemen der DDR nicht mehr zu erbringen. Eine Berücksichtigung der vor 1990 in der DDR zurückgelegten Dienstzeiten in der Beamten- oder Soldatenversorgung erfolgt nicht. Mit seiner so genannten Systementscheidung hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen vom 28. April 1999 die Vereinbarung des Einigungsvertrages bestätigt, die Alterssicherung für alle Personengruppen einheitlich in der Rentenversicherung vorzunehmen und nicht den jeweils entsprechenden westdeutschen Versorgungssystemen zuzuordnen. 3. Abbau ungerechtfertigter Leistungen Im Einigungsvertrag war der Abbau ungerechtfertigter Leistungen der in systemnahen Versorgungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften vorgesehen. Neben Angehörigen der Sonderversorgung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit /Amtes für Nationale Sicherheit waren die in der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigenden Verdienste für bestimmte systemnahe Personenkreise und leitende Funktionen zu begrenzen. Die Begrenzungsregelungen sind im Laufe der Zeit aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mehrfach geändert worden. Die zuvor generell für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem systemnahen Sonder- und Zusatzversorgungssystem bei Erreichen einer bestimmten Verdiensthöhe geltende Begrenzungsregelung des § 6 AAÜG wird nunmehr nur noch auf diejenigen Zeiten beschränkt, in denen insbesondere solche Funktionen im Parteiapparat der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), in der Regierung oder im Staatsapparat ausgeübt wurden, die auch eine Weisungsbefugnis gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit sowie dem Amt für Nationale Sicherheit umfassten. Ebenso werden auch Zeiten in Funktionen auf den höchsten Ebenen des sogenannten Kadernomenklatursystems der DDR einbezogen, da die Betreffenden - wie auch die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit - einkommens- und versorgungsseitig Teil eines Gesamtkonzepts der Selbstprivilegierung innerhalb des Staates waren. Von einer Begrenzung auf den Durchschnittsverdienst sind somit heute nur bestimmte Personen betroffen, die eine im Gesetz ausdrücklich genannte hohe Funktion, zum Beispiel als Minister oder Generalstaatsanwalt , ausgeübt haben. Ferner ist der für die Rentenhöhe zu berücksichtigende Verdienst auch für gewöhnliche Angehörige der Sonderversorgung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit gemäß § 7 AAÜG auf den Durchschnittsverdienst zu begrenzen. ***