© 2015 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 095/15 Geldwerte Zuwendungen an Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 2 Geldwerte Zuwendungen an Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 095/15 Abschluss der Arbeit: 6. Oktober 2015 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Anwendbares Recht für die Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten 4 3. Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis 4 3.1. Vertragliche Verpflichtungen des Arbeitnehmers 5 3.1.1. Arbeitsvertragliche Regelungsmöglichkeiten durch den Arbeitgeber 5 3.1.1.1. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 106 Gewerbeordnung (GewO)) 5 3.1.1.2. Individualvertragliche Abreden 6 3.1.1.3. Formularvertragliche Vereinbarung 6 3.1.2. §§ 241 Abs. 2 i.V.m. 611 BGB 7 3.2. Kündigungsmöglichkeit durch den Arbeitgeber 9 3.3. Herausgabeanspruch des Arbeitgebers 10 3.4. Schadensersatzforderung durch den Arbeitgeber 11 3.4.1. Allgemeine Grundsätze 11 3.4.2. Besonderheiten bei Mitarbeitern von Bundestagsabgeordneten 11 4. Fazit 11 5. Literaturverzeichnis 12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 4 1. Einleitung Die Entgegennahme von Zuwendungen durch Arbeitnehmer ist ein gängiges Problem in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Arbeitgeber können in einem solchen Fall gewillt sein, eine Kündigung auszusprechen, Herausgabe- oder Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Bei der Übertragung der Grundsätze zu der Entgegennahme von Zuwendungen durch Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft auf Mitarbeiter von Mitgliedern des Deutschen Bundestages ist jedoch stets die besondere Ausgangslage aufgrund der mangelnden wirtschaftsorientierten Tätigkeit der Bundestagsabgeordneten zu berücksichtigen. Eine Übertragung der entwickelten Grundsätze ist deshalb nicht ohne weiteres möglich. Zur Rechtslage hinsichtlich der Entgegennahme von Zuwendungen durch Bundestagsabgeordnete selbst sei an dieser Stelle auf den Infobrief „Geldwerte Zuwendungen an Abgeordnete“ mit dem Aktenzeichen PM 1 - 5033 vom 29. Juli 2014 verwiesen. Im Folgenden soll primär die individualarbeitsvertragliche Komponente der Entgegennahme von Zuwendungen durch Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten näher beleuchtet werden. 2. Anwendbares Recht für die Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten Aufgrund der besonderen Stellung der Bundestagsabgeordneten und damit auch der Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten ist zunächst fraglich, welches Recht für die Fragestellung, wie die Entgegennahme von Zuwendungen zu beurteilen ist, anwendbar ist. Dies hängt davon ab, ob die Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten als Angestellte des öffentlichen Dienstes anzusehen sind oder nicht. Gemäß § 12 Abs. 3 S. 8 Abgeordnetengesetz (AbgG) sind Abgeordnetenmitarbeiter nicht Angehörige des öffentlichen Dienstes. Zwischen dem jeweiligen Bundestagsabgeordneten und seinen Mitarbeitern wird damit ein privatrechtlicher Arbeitsvertrag geschlossen, auf den die normalen arbeitsrechtlichen Vorschriften und nicht die Vorschriften des öffentlichen Dienstes anzuwenden sind. Hieraus ergibt sich für diese Darstellung, dass ausgehend von den allgemeinen Grundsätzen über die Entgegennahme von Zuwendungen durch Arbeitnehmer die Besonderheiten bei Arbeitsverhältnissen zwischen Bundestagsabgeordneten und deren Mitarbeitern dargestellt werden. 3. Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis Im Rahmen der Prüfung der Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis durch das Entgegennehmen der Zuwendungen sind mehrere unterschiedliche Ebenen auseinanderzuhalten. Zunächst wird geprüft, welche arbeitsvertraglichen Regelungsmöglichkeiten es gibt und welche Pflichtverletzungen möglich sind. Sodann sind mögliche Konsequenzen zu überprüfen. Diese können von der Kündigung des Arbeitsverhältnisses (siehe unter 3.2.) über die Herausgabe der Zuwendung (siehe unter 3.3.) bis hin zu Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers (siehe unter 3.4.) reichen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 5 3.1. Vertragliche Verpflichtungen des Arbeitnehmers Im Rahmen der Verletzung etwaiger Pflichten durch den Arbeitnehmer ist danach zu differenzieren , woraus sich die verletzten Pflichten ergeben. Zunächst kommen Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers - und zwar Weisungsrechte, individualvertragliche Abreden und formularvertragliche Vereinbarungen (dazu unter 3.1.1.) - in Betracht. Daneben können sie sich direkt aus dem Gesetz ergeben (dazu sogleich unter 3.1.2.). 3.1.1. Arbeitsvertragliche Regelungsmöglichkeiten durch den Arbeitgeber 3.1.1.1. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 106 Gewerbeordnung (GewO)) Das Direktionsrecht des Arbeitgebers wird unter anderem durch die Regelungen des Arbeitsvertrages begrenzt, § 106 Satz 1 GewO. Auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages kann der Arbeitgeber insbesondere im Interesse der Rechtssicherheit bestimmte arbeitgeberseitige Richtlinien zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses machen, die für den Arbeitnehmer verbindlichen Charakter haben . Eine Möglichkeit solche Richtlinien in die Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers mit aufzunehmen ist das in § 106 GewO kodifizierte Direktionsrecht des Arbeitgebers, welches ihn berechtigt, die Leistungspflichten des Arbeitnehmers durch Weisungen zu konkretisieren. Entscheidend ist hierbei allerdings, dass die betreffenden Weisungen einen Arbeitsbezug aufweisen .1 Dies eröffnet dem Arbeitgeber die Möglichkeit im Rahmen seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts sog. Antikorruptionsklauseln zu erlassen. In der Praxis enthalten diese häufig Verbote von Geschenkannahmen allgemein, sodass auch geringwertigere sozialadäquate Zuwendungen erfasst werden. Dies ermöglicht es dem Arbeitgeber bei seinen Arbeitnehmern von vornherein keinen Zweifel über die Zulässigkeit etwaiger Zuwendungen von Seiten Dritter aufkommen zu lassen. Problematisch und von Seiten des Arbeitgebers bei Fassung solcher Vorschriften immer zu beachten ist dabei jedoch, dass auch der private Bereich des Arbeitnehmers betroffen sein kann. Diese privaten Zuwendungen weisen grundsätzlich nicht den für das Weisungsrecht notwendigen Bezug zur Arbeitstätigkeit auf. So kann zu etwaigen Firmenkontakten neben dem geschäftlichen Kontakt auch eine private Verbindung bestehen, aus welcher heraus dem Arbeitnehmer ein Geschenk oder eine Zuwendung gemacht werden soll. Werden solche Zuwendungen ebenfalls von individualvertraglichen Regelungen erfasst und wird dem Arbeitnehmer damit die Annahme einer solchen außerdienstlichen Zuwendung durch eine entsprechende Konkretisierung des Di- 1 Schuster/Darsow, NZA 2005, 273. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 6 rektionsrechts mittels entsprechender arbeitgeberseitiger Richtlinien untersagt, ist dessen Grundrecht auf Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.2 Bei einfachen Klauseln, welche dem Arbeitnehmer nur die Annahme solcher Zuwendungen untersagen , welche objektiv zumindest als dienstliche Beeinflussung angesehen werden können, stellt sich die Problematik der fehlenden Kontrollierbarkeit seitens des Arbeitgebers.3 Es verbleibt dem Arbeitgeber jedoch die Möglichkeit, solche Klauseln einzuführen, welche mit einer Anzeigepflicht verbunden sind. Damit ist es dem Arbeitgeber stets möglich, die Zuwendungen und die drohenden rechtlichen Konsequenzen im Blick zu behalten.4 3.1.1.2. Individualvertragliche Abreden Dem Arbeitgeber bleibt auch immer die Möglichkeit, eine individualvertragliche Abrede mit dem Arbeitnehmer zu treffen. Soweit der einzelne Beschäftigte einen entsprechenden Arbeitsvertrag unterzeichnet, liegt eine entsprechende individuelle Regelung vor, die dann durch arbeitgeberseitige Richtlinien oder Anweisungen im Rahmen des Direktionsrechts konkretisiert werden könnte. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB anzusehen ist, sodass auf Arbeitsverträge § 310 Abs. 3 BGB Anwendung findet, wodurch jeder arbeitgeberseitig, auch der für den Einzelfall vorformulierte Arbeitsvertrag, in der Regel auch der Inhaltskontrolle unterliegt.5 Dabei sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. 3.1.1.3. Formularvertragliche Vereinbarung Im Musterarbeitsvertrag für Mitarbeiter von Abgeordneten ist in § 4 der Anlage zu § 6 eine Regelung enthalten, nach der Belohnungen und Geschenke in Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin nicht angenommen werden dürfen. Auch diese bezieht sich jedoch auf Belohnungen und Geschenke, welche in Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit gewährt wurden. Dies ist aus den oben genannten Gründen auch nicht anders möglich. Bei Verwendung dieser Musterregelung dürften keine Bedenken im Hinblick auf eine nach den §§ 305 ff. BGB durchzuführende AGB-Kontrolle bestehen. Eine Pflichtverletzung wäre hier nur dann gegeben, wenn entgegen der Regelung Zuwendungen ohne Zustimmung des Arbeitgebers / der Arbeitgeberin entgegengenommen würden. 2 Mengel, Compliance und Arbeitsrecht Rn. 72. 3 Mengel, Compliance und Arbeitsrecht Rn. 74. 4 Mengel, Compliance und Arbeitsrecht Rn. 75. 5 BAG, Urteil vom 18.03.2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004 (1006) Rn. 16 ff.; Preis, in: ErfK, § 310 BGB Rn. 22ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 7 3.1.2. §§ 241 Abs. 2 i.V.m. 611 BGB Bei der Prüfung etwaiger Pflichtverstöße im Rahmen eines Vertrages ist zwischen sog. vertraglichen Hauptpflichten, welche sich direkt aus dem Inhalt des konkreten Vertrages ergeben, und vertraglichen Nebenpflichten, welche nach § 241 Abs. 2 BGB den jeweiligen Vertragspartner zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten, zu unterscheiden . Soweit entsprechende arbeitgeberseitige Regelungen (wie zum Beispiel die Musterarbeitsvertragsbestimmungen ) existieren, werden durch diese in erster Linie die von ihnen geregelten Nebenpflichten des Arbeitnehmers gestaltet. Nicht von diesen Regelungen erfasste Fälle können dennoch von der allgemeinen Regelung des § 241 Abs. 2 BGB erfasst werden.6 Die Annahme von Zuwendungen durch den Arbeitnehmer kann eine solche Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten aus §§ 241 Abs. 2 i.V.m. 611 BGB darstellen. § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet grundsätzlich zur Rücksichtnahme auf die Belange des Gläubigers, hier also des Arbeitgebers. § 241 Abs. 2 BGB betrifft dabei nicht nur Rechte oder Rechtsgüter, sondern sämtliche schutzwürdigen Interessen. Eine besondere Fallgruppe des § 241 Abs. 2 BGB sind dabei die leistungssichernden Nebenpflichten. Der Schuldner muss alles tun, damit der Eintritt des Leistungserfolgs und die Verwirklichung des Vertragszwecks nicht gefährdet oder beeinträchtigt werden.7 Im Rahmen von sog. Schmiergeldzahlungen an einen Arbeitnehmer, also Zahlungen, die an diesen geleistet werden, um seine innerbetrieblichen Entscheidungen zu Gunsten des Zahlenden zu beeinflussen, sind diese leistungssichernden Nebenpflichten verletzt.8 Aber auch bei anderen, nicht unter das Schmiergeldverbot fallenden Zuwendungen, kann eine Verletzung von § 241 Abs. 2 BGB vorliegen. Hierbei kommt es immer darauf an, ob die Interessen des Arbeitgebers im konkreten Fall verletzt sind. Mögliche Interessen des Arbeitgebers, welche durch die Entgegennahme von Zuwendungen verletzt sein können, sind (nach Fiebig/Ralf in Fiebig/Gallner/Mestwerdt/Nägele: „Kündigungsschutzrecht “): – das Interesse des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer sich im Rahmen seiner Tätigkeit nicht von seinen eigenen Belangen und Interessen leiten lässt, sondern von denjenigen seines Arbeitgebers, – das Interesse des Arbeitgebers an der Vermeidung etwaiger Rufschädigungen, 6 Vgl. zum Ganzen: Preis, in: ErfK, § 611 BGB Rn. 708 f.; Reichold, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 48 Rn. 1. 7 Bachmann/Roth in MüKo zum BGB, § 241 BGB, Rn. 83. 8 Joussen in Beck’scher Online-Kommentar Arbeitsrecht, § 611 Rn. 400. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 8 – das Interesse des Arbeitgebers an der Vermeidung straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlicher Verfolgung und damit einhergehender Gewinnabschöpfung im Zuge von Strafverfahren (Verfall nach den §§ 73 ff. StGB), – Auftragssperren und Auftragsverluste infolge der Aufnahme in schwarze Listen, – das Interesse des Arbeitgebers an der Vermeidung etwaiger Schadensersatzfolgen. 9 Ganz allgemein gesprochen lässt sich formulieren: Wer als Arbeitnehmer bei der Ausführung von vertraglichen Aufgaben sich Vorteile versprechen lässt oder entgegennimmt, die dazu bestimmt oder auch nur geeignet sind, ihn in seinem geschäftlichen Verhalten zugunsten Dritter und zum Nachteil seines Arbeitgebers zu beeinflussen, handelt den Interessen des Arbeitgebers zuwider.10 Denn bereits aus der Eignung einer Zuwendung, das geschäftliche Verhalten des Arbeitnehmers zum Nachteil seines Arbeitgebers zu beeinflussen, ergibt sich jedenfalls schon eine Verletzung des Interesses des Arbeitgebers Rufschädigungen zu verhindern. Problematisch werden Zuwendungen an Arbeitnehmer damit immer dann, wenn diese in Erwartung einer Gegenleistung erbracht werden.11 Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass kleinere Zuwendungen, wie Kugelschreiber, Blumen , Notizbücher und ähnliches im geschäftlichen Verkehr durchaus üblich sind und auch schon allein aufgrund ihrer objektiven Geringwertigkeit nicht als Versuch der Beeinflussung des jeweiligen Mitarbeiters gesehen werden können.12 Mit Blick auf die Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten ist auch die besondere Ausgangslage zu würdigen. In diesem Fall spielen wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers keine Rolle. Ganz im Vordergrund dürften vor allem möglicherweise entstehende Rufschädigungen des jeweiligen Bundestagsabgeordneten stehen. Entscheidend ist hierbei das Interesse des Bundestagsabgeordneten , nach außen hin nicht beeinflussbar zu wirken und auch ebenso keine beeinflussbaren Mitarbeiter in seinem Umfeld zu beschäftigen. Damit reicht für eine Pflichtverletzung von Mitarbeitern des Bundestagsabgeordneten auch die bloße Eignung, das Verhalten der Mitarbeiter gegenüber dem Abgeordneten in irgendeiner Weise zu verändern, aus. Zu berücksichtigen ist allerdings auch hier, dass das Überreichen etwaiger Gelegenheitsgeschenke wie auch bei normalen Arbeitnehmern kein Problem darstellt. 9 Kolbe, NZA 2009, 228, 229. 10 Nach Fiebig/Ralf in Fiebig/Gallner/Mestwerdt/Nägele, Kündigungsschutzrecht, § 1 KSchG, Rn. 449. 11 Haas, BC 2010, 492. 12 Boemke/Kreuder in Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, § 611 BGB Rn. 490. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 9 Problematisch ist die Abgrenzung zulässiger Gelegenheitsgeschenke von unzulässigen Zuwendungen an die Arbeitnehmer. Bei Geschenken kann davon ausgegangen werden, dass geringwertige Geschenke grundsätzlich unproblematisch entgegen genommen werden können. Geschenke mit einem höheren Wert sollten aber von den Arbeitnehmern nur in Absprache mit dem Arbeitgeber angenommen werden. Problematisch ist daneben aber auch, dass auch andere Vorteile als unzulässige Zuwendungen im Rahmen von §§ 241 Abs. 2 i.V.m. 611 BGB anzusehen sein könnten.13 Die jeweilige Zuwendung ist am Ende immer am Einzelfall anhand des Kriteriums der Sozialüblichkeit zu prüfen, eine gewisse Rechtsunsicherheit bleibt dabei bei der reinen Prüfung anhand der gesetzlichen Maßstäbe stets vorhanden und könnte unter Umständen mit einer individualvertraglichen Regelung im Rahmen des Direktionsrechts unter arbeitgeberseitiger Aufstellung von Richtlinien vermieden werden. Jedenfalls verbietet sich eine pauschalisierte Betrachtungsweise im Rahmen der Prüfung anhand der vorgegebenen Maßstäbe. Bei der Prüfung anhand von § 241 Abs. 2 BGB können bestimmte Kontrollüberlegungen bei der Einschätzung des Geschenks grundsätzlich helfen: – Gerät der Beschenkte durch die Annahme des Geschenks in einen möglichen Interessenkonflikt oder erhält er eine ungerechtfertigte persönliche Bereicherung? – Wäre eine Einladung in gleicher Form erfolgt, wenn der Gastgeber sie hätte privat finanzieren müssen? – Wurde die Zuwendung allem Anschein nach in der Absicht gemacht, einen unlauteren Einfluss auszuüben oder einen solchen Anschein zu erwecken?14 Zudem liegt wohl kein Verstoß gegen das Verbot der Entgegennahme von Zuwendungen vor, wenn dem Arbeitnehmer ein Vorteil für die Vornahme einer Handlung gewährt wird, die nicht in seinen Aufgabenkreis fällt.15 Die Annahme lediglich privater Geschenke stellt, auch wenn zusätzlich ein beruflicher Kontakt besteht, in der Regel keinen Verstoß gegen § 241 Abs. 2 BGB dar, denn hier scheidet die Leistungsbezogenheit aus. 3.2. Kündigungsmöglichkeit durch den Arbeitgeber Bei etwaigen Pflichtverstößen kommt grundsätzlich auch eine Kündigung durch den Arbeitgeber in Betracht. Hierbei ist zunächst die Möglichkeit der ordentlichen fristgemäßen Kündigung nach 13 Passarge, CCZ 2009, 180, 181. 14 Haas, BC 2010, 492, 494. 15 Reinfeld in Moll, Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, Rn. 46. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 10 § 622 BGB zu beachten, diese ist grundsätzlich unabhängig von einem Kündigungsgrund möglich . Sollten mehr als zehn Arbeitnehmer beim jeweiligen Abgeordneten beschäftigt sein ist jedoch zusätzlich noch das Kündigungsschutzgesetz zu beachten. Im Musterarbeitsvertrag für Mitarbeiter von Abgeordneten ist in § 5 des Musterarbeitsvertrages eine eigenständige Kündigungsregelung enthalten. Daneben besteht bei Pflichtverstößen möglicherweise die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB. 3.3. Herausgabeanspruch des Arbeitgebers Sollte es unter Verstoß gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen zu der Entgegennahme einer Zuwendung durch einen Arbeitnehmer gekommen sein, stellt sich für den Arbeitgeber grundsätzlich die Frage, ob er die jeweilige Zuwendung von dem Arbeitnehmer herausverlangen kann. Laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat der Arbeitnehmer, welcher unzulässiger Weise Zuwendungen von einem Dritten für seine Tätigkeit erhält, diese in entsprechender Anwendung von § 667 BGB i.V.m. § 675 BGB an den Arbeitgeber herauszugeben.16 Nach diesen Vorschriften ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber, alles was er im Rahmen seiner Tätigkeit und zum Zwecke seiner Aufgaben erlangt, herauszugeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht daneben ein Anspruch auf Herausgabe der Zuwendung aus unechter Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 667 2. Alt, 681, 687 Abs. 2 BGB, wenn der Arbeitnehmer befugt war, selbstständig für den Arbeitgeber Verträge abzuschließen und Preise und sonstige Vertragsbedingungen auszuhandeln.17 Begründet wird der Anspruch damit, es bestünde ein innerer Zusammenhang zwischen zugeflossenen Vorteilen und der Geschäftsbesorgung, wenn die Besorgnis einer Willensbeeinflussung beim Beauftragten zum Nachteil des Auftraggebers zu befürchten ist.18 Daneben ist auch die unternehmerische Risikoverteilung zu berücksichtigen, die die Auskehr aller Vorteile an den Geschäftsherrn erfordert, da dieser auch das wirtschaftliche Risiko aus dem Geschäft trägt.19 Bei diesen beiden Ansprüchen ist jedoch die kurze Verjährung nach § 195 BGB von drei Jahren zu beachten. 16 BGH, NJW 2001, 2476, 2477; 1991, 1224; 1987, 1380. 17 BAG – AP BGB § 687 Nr. 1; BAG – AP BGB § 687 Nr. 5; a.A. Passarge, CCZ 2009, 180, 183 ff. 18 RGZ 99, 31; 146, 194; 164, 98; BGH NJW 1982, 1752; 2001, 2476; 1963, 649; NJW-RR 1992, 560. 19 RGZ 99, 31, 32. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 11 3.4. Schadensersatzforderung durch den Arbeitgeber 3.4.1. Allgemeine Grundsätze Neben den zuvor genannten Möglichkeiten des Arbeitgebers, besteht für diesen auch einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Problematisch hieran ist allein die Berechnung des sich ergebenden Schadens gemäß §§ 249 ff. BGB. Hiernach ist der Gläubiger des Schadensersatzanspruches – hier also der Arbeitgeber – so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde (Grundsatz der Naturalrestitution). Es stellt sich also die Frage, ob der Arbeitgeber ohne die Entgegennahme der Zuwendung durch den Angestellten besser stünde. Ein solcher ersatzfähiger Schaden kann sich zum Beispiel dadurch ergeben, dass die Schmiergeldzahlung an den Angestellten durch einen entsprechenden Preisaufschlag beim Hauptvertrag refinanziert wird.20 Auf prozessualer Ebene ist eine Beweiserleichterung hinsichtlich des grundsätzlich vom Gläubiger , also hier dem Arbeitgeber, zu beweisenden Schadens zu beachten. Es gilt in derartigen Fällen grundsätzlich ein Beweis des ersten Anscheins zu Gunsten des geschädigten Arbeitgebers, dass diesem mindestens in Höhe der gezahlten Schmiergelder ein entsprechender Schaden entstanden ist. 21 3.4.2. Besonderheiten bei Mitarbeitern von Bundestagsabgeordneten Vom Vorliegen eines ersatzfähigen Schadens ist bei der Entgegennahme von Zuwendungen durch Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten jedoch in der Regel nicht auszugehen. Denn dabei dürfte es sich regelmäßig um einen sog. immateriellen Schaden handeln. Für solche Schäden besteht gemäß § 253 BGB grundsätzlich nur in Ausnahmefällen ein Anspruch auf Schadensersatz in Geld.22 Ein derartiger Ausnahmefall dürfte nicht gegeben sein. 4. Fazit Es zeigt sich, dass im Wesentlichen die Grundsätze der Rechtsprechung zur Entgegennahme von Zuwendungen durch Arbeitnehmer auch auf die Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten übertragen werden können. Formularvertragliche Vereinbarungen, welche weitergehen als die bislang bereits vorhandenen, sind grundsätzlich nicht möglich. Individualvertragliche Abreden sind unter Beachtung der oben unter 3.1.1.1. dargelegten Grundsätze möglich. Bei regelwidriger Entgegennahme von Zuwendungen ist grundsätzlich ein Herausgabeanspruch gegeben. Ein Schadensersatzanspruch scheitert bei Bundestagsabgeordneten aber – entgegen der 20 Passarge, CCZ 2009, 180 182. 21 BGH NJW 1999, 2266, 2267; 1989, 26; OLG München NZBau 2002, 509 ff; LG München NzBau 202, 37 ff.; Armbrüster in MüKo zum BGB, § 138, Rn. 128; § 138 Rn. 128; Passarge, CCZ 2009, 180, 182. 22 Spindler, in: Beck´scher Online-Kommentar BGB, § 253 Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 095/15 Seite 12 Rechtsprechung zu Arbeitsverhältnissen in der freien Wirtschaft – an einem ersatzfähigen Schaden . 5. Literaturverzeichnis Heinz Georg Bamberger, Herbert Roth (Hrsg.) (2015): Beck´scher Online-Kommentar BGB, Stand 1.8.2015 Ingebjörg Darsow, Doris-Maria Schuster (2005): „Einführung von Ethikrichtlinien durch Direktionsrecht “ in: NZA 2005, S. 273 – 277 Wolfgang Däubler, Jens Peter Hjort, Michael Schubert, Martin Wolmerath (Hrsg.) (2013): Arbeitsrecht Handkommentar, 3. Auflage 2013 Stefan Fiebig, Inken Gallner, Wilhelm Mestwerdt, Stefan Nägele (Hrsg.) (2012): Kündigungsschutzrecht Handkommentar, 4. Aufl. 2012 Thomas Haas (2010): „Geschenke an Arbeitnehmer: Was ist erlaubt, was ist verboten?“ in: BC 2010 S. 492 – 496. Richard Giesen, Ralf Kreikebohm, Christian Rolfs, Peter Udsching (Hrsg.) (2015): Beck’scher Online -Kommentar zum Arbeitsrecht, Stand 1.6.2015 Sebastian Kolbe (2009): „Unkündbarkeit für Korruptionstäter?“ in: NZA 2009 S. 228 – 232 Anja Mengel (2009): Compliance und Arbeitsrecht Rudi Müller-Glöge, Ulrich Preis, Ingrid Schmidt (Hrsg.) (2015): Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht , Band 51, 15. Aufl. 2015 Wilhelm Moll (Hrsg.) (2012): Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2012 Hartmut Oetker, Reinhard Richardi, Hellmut Wißmann, Otfried Wlotzke (Hrsg.) (2009): Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 1, 3. Aufl. 2009 Malte Passarge (2009): „Besteht tatsächlich ein Anspruch des Arbeitgebers auf Herausgabe von Schmiergeldzahlungen gegen seinen Arbeitnehmer aus §§ 667 2. Alt, 675 BGB?“ in: CCZ 2009 S. 180 – 185 Franz Jürgen Säcker, Roland Rixecker (Hrsg.) (2012): Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 2, 6. Aufl. 2012 Ende der Bearbeitung