© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 094/19 Fragen zu Rentenhöhe und Rentenniveau in ausgewählten europäischen Ländern Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 2 Fragen zu Rentenhöhe und Rentenniveau in ausgewählten europäischen Ländern Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 094/19 Abschluss der Arbeit: 3. Juli 2019 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis1 1. Problem der länderübergreifenden Vergleichbarkeit sozialer Sicherungssysteme 4 2. Höhe der Standardrente und des Sicherungsniveaus in Deutschland 5 3. Ergebnisse der MISSOC-Abfrage 7 3.1. Grundprinzipien der Alterssicherung 8 3.2. Anwendungsbereich 9 3.3. Leistungen 10 3.3.1. Bestimmende Faktoren 10 3.3.2. Berechnungsmethode bzw. Rentenformel oder Betrag 10 3.3.3. Referenzeinkommen bzw. Berechnungsgrundlage 12 3.3.4. Mindestrente 13 3.3.5. Höchstrente 14 1 Die Ausführungen zu Punkt 1 und 2 sind im Wesentlichen dem Sachstand WD 6 - 3000 - 105/18 - Alterssicherung im europäischen Vergleich – entnommen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 4 1. Problem der länderübergreifenden Vergleichbarkeit sozialer Sicherungssysteme Vorliegend soll ein Vergleich der Rentenhöhen und Rentenniveaus der gesetzlichen Alterssicherungssysteme in Deutschland, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz durchgeführt werden . Dies ist aus mehreren Gründen schwierig, denn die Soziale Sicherung ist geprägt von der jeweiligen kulturellen Tradition, der wirtschaftlichen und der historisch-politischen Entwicklung eines Landes. So weichen die Sicherungssysteme insbesondere hinsichtlich des einbezogenen Personenkreises und des angestrebten Sicherungsziels mehr oder weniger stark voneinander ab.2 In den meisten entwickelten Ländern haben sich seit der Industrialisierung differenzierte Alterssicherungssysteme gebildet, die auf drei Säulen beruhen: So erfolgt die finanzielle Absicherung der älteren Generation über diverse historisch gewachsene öffentlich-rechtliche Pflichtsysteme sowie die betriebliche und private Altersvorsorge. Den drei Säulen der Alterssicherung kommt in den einzelnen Ländern häufig eine unterschiedliche Bedeutung zu. Auch innerhalb einer Säule variiert die Gewichtung einzelner Subsysteme. In Deutschland stellt die gesetzliche Rentenversicherung das mit Abstand wichtigste Einzelelement in der Alterssicherung dar. Einem direkten Vergleich zwischen ausländischen Alterssicherungssystemen mit der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland steht beispielsweise entgegen, dass die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland zwar das wichtigste, jedoch nicht das einzige Alterssicherungssystem darstellt. Beamte, Landwirte, Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke und die meisten Selbständigen werden von der Rentenversicherungspflicht nicht erfasst.3 Gleiches gilt für Erwerbseinkommen über der Beitragsbemessungsgrenze von zurzeit monatlich 6.700 Euro. Eine über die gesetzliche Rentenversicherung hinausgehende, auch die anderen gesetzlichen Alterssicherungen einbeziehende Betrachtung erfolgt zumindest in Deutschland mit der im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchgeführten regelmäßigen Befragung „Alterssicherung in Deutschland (ASID)“.4 Ob mit der ASID-Befragung vergleichbare Untersuchungen im europäischen Ausland vorliegen ist nicht bekannt. 2 Zur Problematik des Vergleichs sozialer Sicherungssysteme vgl. Schmidt, Josef: Wohlfahrtsstaaten im Vergleich: Soziale Sicherung in Europa: Organisation, Finanzierung, Leistungen und Probleme; [Forschungsprojekt zum Thema "Stand, Perspektiven und Probleme der Finanzierung von Sozialen Sicherungssystemen in anderen EG- Ländern in Komparativer Perspektive"], 3., aktualisierte und erw. Aufl. 2010, VS-Verl., Wiesbaden S. 99 und Bäcker, Gerhard u.a.: Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland, Band 2: Gesundheit, Familie, Alter und Soziale Dienste. 5., durchgesehene Auflage 2010, VS Verl. Wiesbaden, S. 396 ff. 3 Einen Überblick über die Alterssicherung für verschiedene Gruppen von Erwerbstätigen in Deutschland enthält u.a.: Viebrok, Holger und Himmelreicher, Ralf K. (2001): Verteilungspolitische Aspekte vermehrter privater Altersvorsorge , ZeS-Arbeitspapier 17/2001, S. 22. 4 Vgl. Forschungsbericht Alterssicherung in Deutschland 2015 (ASID 2015), abrufbar im Internet unter https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/Forschungsberichte/fb-474d-alterssicherung -deutschland-2015.pdf?__blob=publicationFile&v=2, zuletzt abgerufen am 2. Juli 2019. Für die Studie Alterssicherung in Deutschland (ASID) 2019 werden aktuell 60 bis 84 Jährige Personen in Deutschland sowohl zur allgemeinen Lebenssituation, zum aktuellen Einkommen sowie zur Altersvorsorge als auch zum (vorherigen) Berufsleben befragt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 5 Eine Vergleichbarkeit der tatsächlich gezahlten durchschnittlichen Rentenbeträge ist auch aus dem Umstand, dass die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern keine Mindestrenten kennt, erschwert. Daher senken aufgrund nur kurzer Versicherungszeiten niedrige Renten den Durchschnittswert in Deutschland erheblich. Anstelle der Mindestrente besteht außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gegebenenfalls Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung im Alter. Insoweit divergieren die angestrebten Sicherungsziele zwischen Existenzsicherung und Lebensstandardsicherung in den einzelnen Ländern erheblich. Auf Initiative der Europäischen Kommission wurde mit dem gegenseitigen Informationssystem zur sozialen Sicherheit (MISSOC) eine Datenbank eingerichtet, die eine Vergleichbarkeit der Alterssicherungssysteme in den Staaten der Europäischen Union ermöglichen soll.5 Einer kurzen, überblicksmäßigen Darstellung steht dabei jedoch die Fülle der komplizierten Regelungen entgegen . Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales weist in den Begleittexten zur Datenbank darauf hin, dass ein exakter Vergleich der einzelnen Systeme schwierig sei, da es kein für alle EU-Länder einheitliches Raster gebe, auch wenn die Struktur der Datenbank dies bisweilen suggerieren mag. Tatsächlich sind nämlich einzelne Risiken oder Leistungsfelder in den Mitgliedstaaten zum Teil ganz unterschiedlichen Zweigen der sozialen Sicherung zugeordnet. Hinzu komme, dass es vielfach noch keine einheitliche Terminologie bei der Benennung derselben Sachverhalte gebe.6 Das in Ziffer 3 tabellarisch aufgeführte Ergebnis einer aktuell durchgeführten MISSOC-Datenbankabfrage zu ausgewählten Themen der Alterssicherung mit der Länderauswahl Deutschland, Niederlande , Österreich und Schweiz ist unter dieser Prämisse zu sehen. 2. Höhe der Standardrente und des Sicherungsniveaus in Deutschland Von besonderer Bedeutung für einen Vergleich der Alterssicherungssysteme auf internationaler Ebene dürften die Rentenhöhe und das Rentenniveau sein. Hierzu kann jedoch nicht auf die Höhe der tatsächlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlten Durchschnittsrente zurückgegriffen werden. Der durchschnittliche monatliche Zahlbetrag der im Jahr 2017 zugegangenen Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland lag bei nur 873 Euro, ohne dass dies Aufschluss über die wirtschaftliche Situation der älteren Generation geben kann.7 Die Höhe der Renten verteilt sich von geringen Beträgen von wenigen Euro bis zu hohen Renten über 2.000 Euro im Monat. Den Kleinstrenten liegen meist nur kurze Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde, zum Beispiel wenn durch einen Wechsel des Berufs ein 5 Abrufbar im Internet unter http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=815&langId=de, zuletzt abgerufen am 2. Juli 2019. 6 Sozialkompass Europa - Soziale Sicherheit im Vergleich, Broschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, 8. Auflage, Dezember 2017, S. 32, abrufbar im Internet unter https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads /DE/PDF-Publikationen/a801-sozial-kompass-europasoziale-409.pdf?__blob=publicationFile&v=10, zuletzt abgerufen am 2. Juli 2019. 7 Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Rentenversicherung in Zeitreihen, Oktober 2018, S. 123. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 6 Übergang von der gesetzlichen Rentenversicherung in die Beamtenversorgung bzw. andere Alterssicherungssysteme erfolgte oder eine nicht versicherte selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde. Eine niedrige Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sagt dementsprechend wenig über das Gesamteinkommen im Alter aus. Auch weichen die Rentenhöhen in Ost- und Westdeutschland sowie für Männer und Frauen im Durchschnitt voneinander ab. Gleiches gilt für den aus den gezahlten Renten nach Häufigkeit gewichteten Mittelwert als Median -Rente, der in der Statistik der Deutschen Rentenversicherung nicht bestimmt wird. Aussagekräftiger ist die der Rentenbestandsstatistik zu entnehmende Schichtung der Renten nach der Höhe des Rentenzahlbetrags. Danach betragen die am häufigsten gezahlten monatlichen Altersrenten aktuell: 8 Männer Frauen Westdeutschland 1.375 bis 1.400 Euro 225 bis 250 Euro Ostdeutschland 1.175 bis 1.200 Euro 925 bis 950 Euro. Mit der Schichtung der Renten nach der Höhe des Rentenzahlbetrags vergleichbare Daten liegen für andere Länder nicht vor. Allenfalls könnte deshalb das in den einzelnen Ländern erreichte Leistungsniveau nach langjähriger Versicherung bei Vollzeitbeschäftigung gegenübergestellt werden. Im deutschen Rentenrecht ist seit dem Jahr 2005 für die Höhe der Renten ein bestimmtes Sicherungsniveau festgelegt, das auf der Standardrente, der so genannten Eckrente, beruht.9 Dieser liegt eine Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung für 45 Jahre aufgrund eines durchschnittlichen Verdienstes zugrunde. Für das Jahr 2017 belief sich die Standardrente auf 16.600 Euro brutto und 14.772 Euro netto vor Steuern.10 Als Sicherungsniveau wird der Verhältniswert aus der verfügbaren Standardrente und dem verfügbaren Durchschnittsentgelt bezeichnet. Verfügbare Standardrente ist die ohne Berücksichtigung der auf sie entfallenden Steuern um den allgemeinen Beitragsanteil zur Krankenversicherung und den Beitrag zur Pflegeversicherung geminderte Standardrente. Verfügbares Durchschnittsentgelt ist das Durchschnittsentgelt ohne Berücksichtigung der darauf entfallenden Steu- 8 Die Rentenbestände in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland (Stand: 1. Juli 2018), herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, S. 79 - 80, 189 -190, abrufbar im Internet unter https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/Rentenbestandsstatistik- 2018.pdf?__blob=publicationFile&v=2, zuletzt abgerufen am 2. Juli 2019. 9 Zum Rentenniveau in Deutschland vgl. Deutscher Bundestag, Aktueller Begriff vom 24. Oktober 2012 „Rentenniveau als Sicherungsziel in der Alterssicherung“ Abrufbar im Internet unter https://www.bundestag .de/blob/192658/f4d0537b93933fb165e39f4059d50fae/rentenniveau-data.pdf, zuletzt abgerufen am 16. Oktober 2018. 10 Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Rentenversicherung in Zeitreihen, Oktober 2018 , S. 258. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 7 ern, gemindert um den durchschnittlich zu entrichtenden Arbeitnehmersozialbeitrag einschließlich des durchschnittlichen Aufwands zur zusätzlichen Altersvorsorge. Das Sicherungsniveau vor Steuern betrug im Jahr 2017 nach vorläufiger Berechnung 48,3 vom Hundert.11 Mit der Standardrente und dem Sicherungsniveau vor Steuern vergleichbare Größen existieren in ausländischen Alterssicherungssystemen nicht, so dass ein direkter Vergleich nicht in Betracht kommen kann. Der OECD-Bericht vom Dezember 2017 „Pensions at a glance“ enthält unter anderem Angaben über die Bruttoersatzrate, die einen Vergleich zwischen dem Verhältnis des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes und der Rentenhöhe auf internationaler Ebene ermöglichen soll.12 Der Durchschnittswert aller 34 OECD-Staaten beträgt für männliche Durchschnittsverdiener 52,9 %. Für die eingangs erwähnten Länder liegen folgende Angaben zur Nettoersatzrate vor: Nettoersatzrate für Durchschnittsverdiener Deutschland 38,2 Niederlande 96,9 Österreich 78,4 Schweiz 42,1 Männer / 41,8 Frauen Auch aus den stark voneinander abweichenden Werten des OECD-Berichts lässt sich schließen, dass der Vergleich der Sicherungsniveaus wegen der großen Unterschiede der Alterssicherungssysteme nur wenig aussagekräftig erscheint. 3. Ergebnisse der MISSOC-Abfrage Die Ergebnisse der aktuell durchgeführten MISSOC-Abfrage zu den Themen Grundprinzipien der Alterssicherung, Anwendungsbereich, bestimmende Faktoren der Leistungen im Alter, Berechnungsmethode bzw. Rentenformel oder Betrag, Referenzeinkommen bzw. Berechnungsgrundlage der Leistungen im Alter, Mindest- und Höchstrente sind nachfolgend tabellarisch dargestellt. Die für Deutschland enthaltenen Angaben beziehen sich ausschließlich auf die gesetzliche Rentenversicherung . Die Alterssicherungsleistungen von in anderen obligatorischen berufsständischen Alterssicherungssystemen erfassten Berufsgruppen bleiben insoweit unberücksichtigt. 11 Vgl. Fn 9. 12 OECD (2017), Pensions at a Glance 2017: Gross pension replacement rates, abrufbar im Internet unter https://read.oecd-ilibrary.org/social-issues-migration-health/pensions-at-a-glance-2017_pension_glance-2017- en#page103, zuletzt abgerufen am 2. Juli 2019. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 8 3.1. Grundprinzipien der Alterssicherung Deutschland Aus Beiträgen und Steuern im Umlageverfahren finanziertes obligatorisches Sozialversicherungssystem für Arbeitnehmer und einzelne Gruppen von Selbstständigen mit entgeltbezogenen Renten, deren Höhe von den Beiträgen und der Versicherungsdauer abhängt (Pointsystem). Niederlande Duales System: Durch steuerliche ‚Beiträge‘ vom Erwerbseinkommen auf Umlagebasis und zusätzlich durch Steuern finanziertes Sozialversicherungssystem für die gesamte Bevölkerung. Das System bietet je nach Haushaltssituation unterschiedliche pauschale Leistungen; Zusatzrentensysteme aufgrund von Tarifverträgen mit Versicherungspflicht für die Mehrzahl der Arbeitnehmer. Diese Systeme werden in den MISSOC-Tabellen nicht dargestellt. Die Klassifizierung auf der Grundlage der Leistungsdefinition gilt nicht für die staatliche pauschal tarifierte Rentenversicherung." Österreich Leistungsorientiertes (defined benefit – DB) obligatorisches Sozialversicherungssystem für Arbeitnehmer mit entgeltbezogenen Renten, die von Beiträgen und der Versicherungsdauer abhängen. Es wird aufgrund eines Umlageverfahrens finanziert. Schweiz 1. Säule (Grundsystem): Allgemeine Versicherung, welche den Existenzbedarf in angemessener Weise decken soll. Finanzierung durch Beiträge und Steuern nach dem Umlageverfahren. Für Erwerbstätige hängen die Beiträge von ihrem Einkommen ab, für Nichterwerbstätige von ihren sozialen Bedingungen. Die 1. Säule basiert auf einem leistungsorientierten System. 2. Säule (obligatorische Mindestvorsorge): Beitragsfinanzierte Pflichtversicherung für Arbeitnehmer ab einem bestimmten Lohn. Zusammen mit der 1. Säule soll sie die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen. Das BVG sieht Mindestleistungen vor. Die Vorsorgeeinrichtungen können in ihren internen Statuten eine weitergehende Vorsorge vorsehen. In den MISSOC-Tabellen wird nur die gesetzliche Mindestvorsorge behandelt. Die 2. Säule basiert auf einem beitragsorientierten System mit einer staatlichen Garantie (Garantiefonds). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 9 3.2. Anwendungsbereich Deutschland Pflichtversicherung für Arbeitnehmer und für einzelne Gruppen von Selbstständigen sowie einige weitere Personengruppen (z. B. Kindererziehende , nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen). Freiwillige Versicherung ab vollendetem 16. Lebensjahr für alle in Deutschland wohnenden Personen und alle Deutschen im Ausland möglich . Niederlande Alle Einwohner unter der Regelaltersgrenze. Personen unter der Regelaltersgrenze , die in den Niederlanden arbeiten und der Lohnsteuer unterliegen , sind ebenfalls versichert. Österreich Pflichtversichert: Alle gegen Entgelt beschäftigten Arbeitnehmer, Lehrlinge. In den Betrieben Selbstständiger mitarbeitende Familienangehörige. Freie Dienstnehmer: Personen, die zwar keinen Arbeitsvertrag haben, im Wesentlichen aber wie ein Arbeitnehmer tätig werden (z.B. keine eigene betriebliche Struktur, persönliche Leistungserbringung). Freiwillige Versicherung möglich für nicht pflichtversicherte Personen, die älter als 15 Jahre sind und im Inland ihren Wohnort haben. Weiters begünstigte Selbstversicherung bzw. Weiterversicherung für pflegende Angehörige möglich, die einen nahen Angehörigen ab Pflegegeldstufe 3 betreuen. Schweiz 1. Säule (Grundsystem): Jede Person, die in der Schweiz Wohnsitz hat oder hier eine Erwerbstätigkeit ausübt. Unter bestimmten Bedingungen, freiwillige Versicherung für Schweizer Bürger und Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EU oder der EFTA, die außerhalb der Schweiz, der EU oder der EFTA leben. 2. Säule (obligatorische Mindestvorsorge): Arbeitnehmer über 24 Jahren, die in der 1. Säule versichert sind und vom gleichen Arbeitgeber einen Lohn von mehr als CHF21.150 (€18.302) erhalten . Freiwillige Versicherung für gewisse nicht obligatorisch unterstellte Arbeitnehmer sowie Selbstständigerwerbende. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 10 3.3. Leistungen 3.3.1. Bestimmende Faktoren Deutschland Höhe der während des gesamten Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und freiwilliger Beiträge (Beitragszeiten) sowie Kindererziehungszeiten. Niederlande Versicherungsdauer, Haushaltstatus. Österreich Höhe des Einkommens, Versicherungsdauer und Alter bei Inanspruchnahme . Schweiz 1. Säule (Grundsystem): Die Höhe der Rente hängt von den Beitragsjahren (zur Bestimmung der Rentenskala) und vom durchschnittlichen Jahreseinkommen (zur Bestimmung der Rentenhöhe innerhalb der anwendbaren Rentenskala) ab. 2. Säule (obligatorische Mindestvorsorge): Die Rente wird in Prozent des Altersguthabens berechnet (Altersguthaben = Beiträge + Zinsen). 3.3.2. Berechnungsmethode bzw. Rentenformel oder Betrag Deutschland Die Höhe der Rente ergibt sich nach der folgenden Formel: PEP x RA (1,0) x AR PEP = persönliche Entgeltpunkte: Die Summe der Entgeltpunkte ergibt sich aus den jährlich versicherten Entgelten oder Einkommen, geteilt durch das Durchschnittsentgelt im selben Jahr, hinzu kommen Entgeltpunkte für bestimmte beitragsfreie Zeiten und Zuschläge für sogenannte beitragsgeminderte Zeiten. Die Summe der Entgeltpunkte wird multipliziert mit dem Zugangsfaktor. Der Zugangsfaktor bewirkt Rentenabschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente oder Zuschläge bei Inanspruchnahme einer Altersrente erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze. RA = Rentenartfaktor: Ein nach dem jeweiligen Sicherungsziel festgelegter Faktor (für Altersrenten 1,0). AR: aktueller Rentenwert: Der aktuelle Rentenwert ist der Betrag, der einer abschlagsfreien monatlichen Rente wegen Alters der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, wenn für ein Kalenderjahr Beiträge aufgrund des Durchschnittsentgelts gezahlt worden sind. Er wird jedes Jahr zum 1. Juli neu bestimmt. Die Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 11 Anpassung orientiert sich grundsätzlich an der Entwicklung der Löhne und Gehälter. Der aktuelle Rentenwert beträgt seit 1. Juli 2018 €32,03 für die alten Bundesländer und €30,69 für die neuen Bundesländer. Die Renten werden monatlich ohne weitere Ermessens- oder Bonusleistungen gezahlt. Niederlande Für jedes Versicherungsjahr erhält man 2% der vollen Rente. Rente (monatliche Bruttobeträge, ohne Urlaubszulage): Alleinstehende: €1. 173,33 Verheiratete und unverheiratete im gemeinsamen Haushalt lebende (unabhängig vom Geschlecht) Paare, die beide die Regelaltersgrenze erreicht haben: €807,88 pro Person. Anspruch auf die volle Rente nach 50 Versicherungsjahren. Für jedes fehlende Versicherungsjahr wird der volle Rentensatz um 2% gekürzt." Österreich Für Personen, die am 1.1.2005 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben: Für Versicherungszeiten ab dem 1.1.2005 Rentenkontensystem mit jährlicher Festschreibung des erworbenen Rentenanspruchs. 1,78% der Berechnungsgrundlage werden dem Rentenkonto gutgeschrieben. Für Personen, die ab 1.1.1955 geboren sind und mindestens einen Versicherungsmonat vor dem 1.1.2005 erworben haben, war eine Kontoerstgutschrift zum 1.1.2014 zu errechnen. Diese wurde ab 1.1.2014 mit allen bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Versicherungsmonaten ermittelt. Für Personen, die am 1.1.2005 das 50. Lebensjahr vollendet haben: Es gilt das Recht zum 31.12.2004 weiter: Pro Versicherungsjahr gebühren 1,78% der Berechnungsgrundlage. Renten ab 1.1.2004 dürfen maximal um 5% geringer sein, als eine Vergleichsrente nach der Rechtslage zum 31.12.2003. Dieser Wert wird bis zum Jahr 2024 schrittweise auf 10% erhöht. Versicherten, die bis zum 31.12.2013 mindestens einen Versicherungsmonat in der gesetzlichen Pensionsversicherung erworben haben, werden ihre Anwartschaften als Startwert („Sockelpension“) im Pensionskonto gutgeschrieben. Die Rente wird monatlich im Nachhinein ausbezahlt. Zu den Pensionen für April und Oktober gebührt jeweils eine zusätzliche volle Pensionssonderzahlung ." Schweiz 1. Säule (Grundsystem): Die Monatsrente setzt sich aus einem Teil des Mindestbetrages der Altersrente (Festbetrag) und einem Teil des maßgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens (variabler Betrag) zusammen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 12 Wenn das maßgebende durchschnittliche Jahreseinkommen niedriger oder gleich CHF42.300 (€36.604) ist, so entspricht der feste Teil der Rente CHF869 (€752) und der variable Teil dem mit 13/600 vervielfachten maßgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen. Wenn das maßgebende durchschnittliche Jahreseinkommen höher ist als CHF42.300 (€36.604), so entspricht der feste Teil der Rente CHF1.222 (€1.057) und der variable Teil dem mit 8/600 vervielfachten maßgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen. 2. Säule (obligatorische Mindestvorsorge): Die jährliche Rente entspricht 6,8% des Altersguthabens des Versicherten bei Erreichen des Rentenalters. 3.3.3. Referenzeinkommen bzw. Berechnungsgrundlage Deutschland Versicherte Arbeitsentgelte (bis zur Beitragsbemessungsgrenze) und freiwillige Beiträge während des gesamten Versicherungsverlaufs. Die monatliche Beitragsbemessungsgrenze beträgt 2018: West: €6.500 Ost: €5.800 Zeiten der Kindererziehung in den ersten 36 Kalendermonaten nach dem Geburtsmonat (24 Kalendermonate für Geburten vor 1992) werden als Beitragszeiten mit Durchschnittsverdienst angerechnet." Niederlande Nicht anwendbar. Kein Bezug zum früheren Einkommen. Österreich Recht bis zum 31.12.2004: Berechnungsgrundlage ist der Durchschnitt der (aufgewerteten) Erwerbseinkommen der besten 20 Versicherungsjahre. Dieser Zeitraum wird bis 2028 pro Kalenderjahr um 12 Monate erhöht, sodass ab 2028 die Berechnungsgrundlage aus den Erwerbseinkommen der besten 40 Versicherungsjahre gebildet wird. Die Aufwertung vergangener Beitragsgrundlagen erfolgt nach einem komplizierten System unter Heranziehung des Verbraucherpreis-Index und ist deutlich ungünstiger als die Aufwertung für Zeiten ab 2005 (siehe unten ). Das Einkommen wird nur bis zur Höchstbeitragsgrundlage von monatlich €5.130,00 berücksichtigt. Auf Grund der Unterschiede zwischen den Aufwertungen der Beitragsgrundlagen der vergangenen Jahre und der jährlichen Festsetzung der Höchstbeitragsgrundlage ist die höchste Berechnungsgrundlage € 4.252,67 pro Monat. Für Zeiten der Kindererziehung gebührt eine fixe Bemessungsgrundlage in der Höhe von €1.182,25 pro Monat. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 13 Recht ab dem 1.1.2005: Pensionskontensystem mit jährlicher Feststellung der erworbenen Pensionshöhe . Berechnungsgrundlage ist das Erwerbseinkommen im Kalenderjahr bis zur Höchstbeitragsgrundlage. Die Aufwertung vergangener Beitragsgrundlagen erfolgt anhand der Lohnentwicklung. Zur Rentenberechnung und zur jeweiligen Anwendbarkeit alten und neuen Rechts siehe oben "Berechnungsmethode bzw. Rentenformel". Schweiz "1. Säule (Grundsystem): Das durchschnittliche Jahreseinkommen setzt sich zusammen aus: * den aufgewerteten Erwerbseinkommen (die Beiträge der nichterwerbstätigen Personen werden als Erwerbseinkommen gewertet); * den Erziehungsgutschriften und den Betreuungsgutschriften (vgl. Tabelle VI „Alter“, „Leistungen, 4. Anrechenbare bzw. berücksichtigungsfähige beitragsfreie Zeiten“). Die Einkommen der Ehegatten während der Ehedauer werden zwischen den Ehegatten geteilt (Splitting), wenn die beiden Gatten Anspruch auf die Rente haben, bei Scheidung oder wenn eine Witwe oder ein Witwer Anspruch auf eine Altersrente haben. Die eingetragene Partnerschaft ist einer Ehe und die gerichtliche Auflösung der Partnerschaft einer Scheidung gleichgestellt. 2. Säule (obligatorische Mindestvorsorge): Als versicherter Lohn (= koordinierter Lohn) gilt der Teil des Jahreslohnes zwischen CHF24.675 (€21.352) und CHF84.600 (€73.209). Minimaler koordinierter Lohn: CHF3.525 (€3.050)." 3.3.4. Mindestrente Deutschland Keine gesetzliche Mindestrente. Niederlande Nicht anwendbar, Pauschalrente. Österreich Sofern die monatliche Rente bzw. Renten einschließlich sonstiger Einkünfte (auch jener des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten) die folgenden Beträge nicht erreichen, gebührt eine Ausgleichszulage in der Höhe des Differenzbetrages: Alleinstehender Rentenbezieher: €909,42 pro Monat. Alleinstehende Rentenbezieher mit 30 Erwerbsjahren: €1.022,00 pro Monat . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 094/19 Seite 14 Rentenbezieher, der mit Ehegatten im gemeinsamen Haushalt lebt: € 1.363,52 pro Monat. Erhöhung der Ausgleichszulage für jedes Kind bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres bzw. des 27. Lebensjahres bei Studium oder Berufsausbildung ; kein Alterslimit bei Behinderung des Kindes: €140,32 pro Monat ." Schweiz 1. Säule (Grundsystem): Vollrenten: CHF1.175 (€1.017) pro Monat. Kinderrente: CHF470 (€407) pro Monat. 2. Säule (obligatorische Mindestvorsorge): Keine gesetzliche Mindestrente. 3.3.5. Höchstrente Deutschland Keine gesetzliche Höchstrente. Niederlande Nicht anwendbar, Pauschalrente. Österreich Keine gesetzliche Höchstrente. Schweiz 1. Säule (Grundsystem): CHF2.350 (€2.033) pro Monat. Die Summe der zwei Altersrenten (oder der Invaliden- und der Altersrente) für ein Ehepaar oder für eingetragene Partner darf 150% des Höchstbetrages der Altersrente nicht übersteigen, i.e. CHF3.525 (€3.050). Kinderrente: CHF940 (€813) pro Monat. 2. Säule (obligatorische Mindestvorsorge): Keine gesetzliche Höchstrente. ***