© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 090/19 Regelungen zum Entzug oder zur Einschränkung von Sozialleistungen für Asylbewerber und andere Ausländer ohne verfestigten Aufenthaltsstatus in verschiedenen europäischen Ländern Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Rechtslage in Bulgarien 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 090/19 Seite 4 1. Einleitung Nachfolgend werden die in Österreich, Belgien, Schweden, Rumänien, Frankreich und Bulgarien bestehenden gesetzlichen Vorschriften, die den Entzug oder die Einschränkung von Sozialleistungen für Asylbewerber1 und andere Ausländer ohne verfestigten Aufenthaltsstatus regeln, abgebildet . Die Darstellung beruht auf Angaben aus den jeweiligen Ländern und stellt die Regelungen lediglich im Überblick dar, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. 2. Rechtslage in Österreich Maßgeblich für eine Einschränkung oder einen Entzug von Grundversorgungsleistungen für Asylbewerber und sonstige Fremde in den Betreuungseinrichtungen des Bundes ist in Österreich das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 (GVG-B 2005). Gem. § 2 Abs. 3 GVG-B 2005 ruht die Grundversorgung im Falle einer Anhaltung (z.B. vorübergehende Festnahme). § 2 Abs. 4 GVG-B 2005 regelt Voraussetzungen, unter denen die Grundversorgung von Asylbewerbern und sonstigen Fremden eingeschränkt, unter Auflage gewährt oder entzogen werden kann. So ist etwa vorgesehen, dass grobe Verstöße gegen die Hausordnung der Betreuungseinrichtungen und eine dadurch entstehende nachhaltige oder fortgesetzte Gefährdung der Aufrechterhaltung der Ordnung eine Anspruchseinschränkung zur Folge haben kann. Gleiches gilt im Falle von Verweisungen aus der Betreuungseinrichtung gemäß § 38a Sicherheitspolizeigesetz. Auch die Begehung eines gefährlichen Angriffs auf Leben, Gesundheit oder Freiheit innerhalb der Betreuungseinrichtung und die Annahme, dass ein weiterer solcher begangen wird, kann eine Anspruchskürzung zur Folge haben. Nach § 2 Abs. 5 GVG-B 2005 kann bei einer Verurteilung wegen einer in § 6 Asylgesetz 2005 genannten Straftat (besonders schwere Straftaten, wenn die Tat eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet) ebenfalls die Versorgung für Asylbewerber und sonstige Fremde eingeschränkt werden, unter Auflagen gewährt oder entzogen werden. Vor Maßnahmen gemäß § 2 Abs. 4 und 5 GVG-B 2005 ist, außer in dringenden Fällen, der Betroffene anzuhören. Ein Fremder ohne Aufenthaltsrecht, dessen Asylantrag im Asylverfahren abgelehnt wurde, verliert gemäß § 2 Abs. 7 GVG-B 2005 seinen Leistungsanspruch, sofern eine Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat. Wenn der Beteiligte jedoch an der freiwilligen Ausreise mitwirkt, lebt der Anspruch für die Dauer der Mitwirkung bis zur freiwilligen Ausreise wieder auf. § 3 GVG-B 2005 regelt die Leistungsausschlüsse. Danach haben Staatsangehörige von Mitgliedsstaaten der EU, sowie der Schweiz, von Norwegen, Island und Lichtenstein generell keinen Leistungsanspruch . 1 In dieser Arbeit wird die grammatisch maskuline Form verallgemeinernd verwendet und schließt alle Personen (m/w/d) gleichermaßen ein. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 090/19 Seite 5 Außerdem sind Asylbewerber, die einen weiteren Asylantrag innerhalb von sechs Monaten nach rechtskräftigem Abschluss ihres früheren Asylverfahrens eingebracht haben oder nicht an der Feststellung des für das Asylverfahren notwendigen Sachverhalts mitwirken vom Anspruch ausgeschlossen . Asylbewerber und sonstige Fremde haben keinen Anspruch, wenn sie trotz Aufforderung nicht an der Feststellung ihrer Identität oder Hilfsbedürftigkeit mitwirken oder sie ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten können. Fremde ohne Aufenthaltsrecht sind nach rechtskräftigem Abschluss ihres Asylverfahrens vom Anspruch ausgeschlossen, sofern nicht die speziellen Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG gegeben sind. Der Zugang zur medizinischen Notversorgung kann nicht beschränkt werden. 3. Rechtslage in Belgien In Belgien regelt das Gesetz über die Aufnahme von Asylbewerbern und anderen Kategorien von Ausländern vom 12. Januar 2007 die Einschränkungen von Sozialleistungen. Das Gesetz setzt die Richtlinie 2013/33/EU um und ist zuletzt im Jahr 2017 leicht geändert worden. Gemäß Art. 4 des oben genannten Gesetzes kann die Behörde für die Aufnahme von Asylbewerbern (FEDASIL) unter bestimmten Voraussetzungen Sachleistungen beschränken oder in Ausnahmefällen ausschließen. Die Norm sieht eine solche Minderung vor, wenn der Asylbewerber die von der FEDASIL verbindlich vorgegebene Registrierungsstelle ablehnt, nicht nutzt oder verlässt, ohne die FEDASIL zu informieren ohne dazu berechtigt zu sein. Auch erfasst ist der Fall, dass der Asylbewerber seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nicht nachkommt, beispielsweise indem er bei Befragungen nicht persönlich erscheint. Zudem gibt es Anspruchsbeschränkungen, wenn der Asylbewerber einen Folgeantrag stellt, um seinen Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung zu verlängern . Verfügt der Asylbewerber über ausreichende finanzielle Mittel, um den Grundbedarf selbst zu decken, können Sachleistungen gekürzt werden oder unterbleiben. Das Recht auf Leistungen bei Krankheit bleibt jedoch bestehen. Schließlich kann es zu Anspruchseinschränkungen oder –ausschlüssen kommen, wenn der Asylbewerber in grober Weise gegen die Hausordnung der Aufnahmeeinrichtung handelt. Der Direktor der Aufnahmeeinrichtung kann Sachleistungen dann entweder befristet bis zu einem Monat oder dauerhaft ausschließen. Zuvor ist der Asylbewerber anzuhören. Die Entscheidung des Direktors der Aufnahmeeinrichtung muss von der FEDASIL bestätigt werden. Dagegen kann ein Rechtsmittel eingelegt werden. Asylbewerber, die keinen Anspruch mehr auf Sachleistung haben, erhalten weiterhin Leistungen bei Krankheit. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 090/19 Seite 6 4. Rechtslage in Schweden Das Leistungsrecht für – Asylbewerber, – Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis mit vorübergehendem Schutz erhalten haben, – Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach vorübergehendem Schutz durch den „Aliens Act“ haben und nicht in Schweden registriert sind und – Ausländer, die einen Antrag für eine Aufenthaltserlaubnis gestellt haben und sich aus bestimmten Gründen in Schweden aufhalten dürfen, während über den Antrag entschieden wird ist in Schweden im Gesetz über die Aufnahme von Asylbewerbern (Lag om mottagande av asylsökande , LMA) geregelt. Leistungsberechtigte nach dem LMA erhalten keine Leistungen nach dem „Social Services Act“. Ein genereller Leistungsausschluss erfolgt, wenn ein negativer Bescheid über die Einreise oder ein Ausweisungsbescheid, der nicht mehr angefochten werden kann, ergeht. Ferner ist die Leistung ausgeschlossen, wenn die Frist für eine freiwillige Ausreise verstrichen ist. Durch das LMA wird auch festgelegt, dass der Leistungsanspruch ausgeschlossen ist bei einer rechtskräftigen Entscheidung über die Ausweisung und der Asylsuchende nach über vier Wochen nicht ausgereist ist. Kann die Ausweisung nicht vollstreckt werden, obwohl der Betroffene größtmöglich mitgewirkt hat, ist eine Ausnahme des Ausschlusses möglich. Solche Ausnahmen werden insbesondere gewährt, wenn minderjährige Kinder mitbetroffen sind. Jedenfalls werden finanzielle Leistungen aber gekürzt. Finanzielle Leistungen können gemindert werden, wenn der Betroffene die Teilnahme an im LMA geregelten Aktivitäten verweigert oder die Ermittlungen erschwert, indem er keine Angaben bezüglich seiner Identität macht oder Terminen fernbleibt. Bei wiederholter Verletzung der oben genannten Pflichten kann die Leistung gänzlich wegfallen. 5. Rechtslage in Rumänien Das Leistungsrecht für Asylbewerber und andere ausländische Flüchtlinge ohne verfestigten Aufenthaltsstaus ist in Rumänien durch das Gesetz Nr. 122/2006 geregelt. Leistungen werden ausgeschlossen oder beschränkt, wenn der Status als Flüchtling oder subsidiär Schutzbedürftiger nicht anerkannt wird. Die nachfolgende Norm des oben genannten Gesetzes regelt den Ausschluss der Anerkennung als Flüchtling. »Article 25 Causes for exclusion from refugee status recognition (Exclusion clauses) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 090/19 Seite 7 (1) Refugee status shall not be granted to foreign citizens and stateless persons, in respect to whom there are serious reasons for considering that: a. have committed a crime against peace and humanity, a war crime or another offence defined according to the relevant international treaties to which Romania is a party or another international document which Romania is obliged to abide by; b. Have committed a serious common law offence outside Romania, before being admitted to Romanian territory; c. Have committed deeds which are contrary to the goals and principles, as they are mentioned in the Preamble and article 1 and article 2 of the United Nations Organization Charter; d. Have instigated or were accomplices to committing the deeds stipulated at letters a) – c). (2) Also, refugee status is not recognized for foreign citizens or stateless persons who planned , facilitated or took part in committing terrorist acts, as they are defined in the international instruments to which Romania is a party.« Die nachstehende Norm bestimmt die Fälle, in denen die Anerkennung als subsidiär schutzbedürftige Person ausgeschlossen ist. »Article 28 Causes for exclusion from granting subsidiary protection (1) Subsidiary protection is not granted to foreign citizen and stateless persons of who there are serious reasons to believe that: a. Have committed a crime against peace and humanity, a war crime or another offence defined according to the relevant international treaties to which Romania is a party or another international document which Romania is obliged to abide by; b. Have committed a serious common law offence outside Romania, before being admitted to Romanian territory; c. Have committed deeds which are contrary to the goals and principles, as they are mentioned in the Preamble and article 1 and article 2 of the United Nations Organization Charter; d. Are a danger to Romania’s public order and national security; e. Have instigated or were accomplices to committing the deeds stipulated at letters a) – d). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 090/19 Seite 8 (2) Also, subsidiary protection is not granted to aliens or stateless persons who planned, facilitated or took part in committing terrorist acts, as they are defined in the international instruments to which Romania is a party.« 6. Rechtslage in Frankreich Der einschlägige „Code de l'entrée et du séjour des étrangers et du droit d'asile“ (CESEDA) hat zuletzt am 29. Juli 2015 eine Änderung erfahren. Nunmehr gibt es mit der „allocation pour demandeur d’asile“ (ADA) eine einheitliche Beihilfe für Asylbewerber. Asylbewerber, deren Asylantrag aufgenommen wurde, verlieren den Leistungsanspruch, wenn sie die angebotene Unterkunft ablehnen. Subsidiär Schutzbedürftige, die das aktive Solidaritätseinkommen (revenu de solidarité active, RSA) beantragt haben, verlieren ihren Anspruch, sobald sie einer beruflichen Tätigkeit nachgehen , die mit einem ausreichenden Einkommen verbunden ist. 7. Rechtslage in Bulgarien Die nationalen Regelungen zur Leistungsgewährung für bulgarische Bürger sind auf Ausländer anwendbar. Zusätzliche Einschränkungen existieren aber nach dem „Asylum and Refugees Act“. Danach haben Ausländer, die einen Folgeantrag auf internationalen Schutz stellen, kein Recht auf Leistung, sofern sie nicht zu einer schutzbedürftigen Gruppe gehören. Außerdem können Asylbewerber, die aus rechtlichen Gründen keinen Schutz erhalten auch keine Leistungen beanspruchen . Das Verfahren für internationalen Schutz wird in der Regel eingestellt, wenn der Ausländer schuldhaft die Unterkunft verlässt. ***