© 2017 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 085/17 Fehlende Verfassungstreue als arbeitsrechtlicher Kündigungsgrund bei öffentlicher Förderung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 085/17 Seite 2 Fehlende Verfassungstreue als arbeitsrechtlicher Kündigungsgrund bei öffentlicher Förderung Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 085/17 Abschluss der Arbeit: 9. Februar 2018 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 085/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Überprüfung der Zuverlässigkeit unter Beteiligung der Verfassungsschutzbehörden 5 3. Arbeitsrechtliche Fragestellungen 6 3.1. Verpflichtungen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag 6 3.2. Voraussetzungen zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 085/17 Seite 4 1. Einleitung In der hier vorliegenden Arbeit geht es um ausgewählte arbeitsrechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit geplanten Regelungen über die Mitwirkung des Verfassungsschutzes an Zuverlässigkeitsüberprüfungsverfahren bei der staatlichen Förderung von Organisationen in Hessen. In dem von den Landtagsfraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen (LVerfSchG –E HE) vom 14. November 20171 in der Fassung des Änderungsantrages vom 14. Dezember 20172 ist unter anderem eine Neuregelung der Informationsübermittlung durch das Landesamt für Verfassungsschutz innerhalb des öffentlichen Bereichs vorgesehen. Im Hinblick auf die Überprüfung von Personen und Organisationen im Bereich der Extremismusprävention heißt es dazu im Gesetzentwurf in Artikel 1, § 21: „(1) Das Landesamt darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten, auch wenn sie mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben wurden, an inländische öffentliche Stellen übermitteln, wenn der Empfänger die Information benötigt […] 2. zur Erfüllung anderer ihm zugewiesener Aufgaben, sofern er dabei auch zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beizutragen oder Gesichtspunkte der öffentlichen Sicherheit oder auswärtigen Belange zu würdigen hat, insbesondere bei […] i. der anlassbezogenen Überprüfung der Zuverlässigkeit von Personen und Organisationen, mit denen die Landesregierung zusammenarbeitet aa) in begründeten Einzelfällen, bb) anlässlich der erstmaligen Förderung von Organisationen mit Landesmitteln, sofern diese in Arbeitsbereichen zur Bekämpfung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen tätig werden sollen, mit deren Einwilligung und der Möglichkeit der Stellungnahme. […].“ 1 LT-Drucksache 19/5412. 2 LT-Drucksache 19/5782. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 085/17 Seite 5 In der Gesetzesbegründung heißt zu der vorgesehenen Regelung unter anderem: „Solche Übermittlungen könne einzelfallabhängig aus umfangreichen Erkenntniszusammenstellungen, unbewerteten Informationen oder aus bloßen, ohne Begründung erfolgenden Empfehlungen bestehen .“3 Ferner sollen auch die Zuwendungsbestimmungen für das Land Hessen für Programme gegen Extremismus überarbeitet worden seien. Im Hinblick auf das Personal beim Zuweisungsnehmer sei folgende Regelung enthalten: „Vor Einstellung von Personal beim Zuweisungsempfänger bzw. Letztempfänger aus Mitteln dieser Zuweisung ist eine sicherheitsbehördliche Überprüfung erforderlich. Erst nach Vorliegen des Ergebnisses darf ein Arbeitsvertrag mit dem Zuweisungsnehmer geschlossen werden. Sollte die Überprüfung im Zeitpunkt vor der Einstellung eine entsprechende Speicherung bei der Verfassungsschutzbehörde ergeben, kommt es zu keiner Vertragsunterzeichnung . In begründeten Einzelfällen wird zudem eine sicherheitsbehördliche Überprüfung für das eingestellte Personal durchgeführt. Vorab einer Vertragsunterzeichnung ist im Zusammenhang mit der sicherheitsbehördlichen Überprüfung im Zeitpunkt der Einstellung eine dementsprechende Sensibilisierung des zukünftigen Personals vorzunehmen . Hierzu ist im Rahmen des Arbeitsvertrags zu erläutern, dass das uneingeschränkte Eintreten für die freiheitlich demokratische Grundordnung auch für jeden Mitarbeiter gilt und bei begründeten Zweifeln oder Zuwiderhandlungen - beispielsweise in Form von verfassungsrechtlichen Bestrebungen aller Art - das Arbeitsverhältnis gekündigt sowie notfalls konsequent der Gerichtsweg beschritten wird.“ Die Überarbeitung der Zuwendungsbestimmungen scheint noch nicht abgeschlossen sein.4 Soweit hier konkret Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung von § 21 LVerfSchG-E HE und den Förderrichtlinien aufgeworfen werden, handelt es sich reines Landesrecht, so dass daher eine detailliertere Betrachtung und abschließende Bewertung in diesem Rahmen nicht erfolgen kann. 2. Überprüfung der Zuverlässigkeit unter Beteiligung der Verfassungsschutzbehörden Zu Fragen zur Mitwirkung von Verfassungsschutzbehörden an Verfahren zur Überprüfung der Zuverlässigkeit bei staatlicher Förderung von Organisationen sowie zum verfassungsrechtlichen Rahmen für die Beteiligung der Verfassungsschutzbehörden bei der Überprüfung der Zuverlässigkeit im Rahmen eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses wird auf die von Fachbereich WD 3 verfassten Arbeiten Bezug genommen: 3 LT-Drucksache 19/5412, S. 47. 4 Pressemitteilung vom 12. Dezember 2017, abrufbar unter: https://innen.hessen.de/presse/pressemitteilung/aenderungen -der-extremismuspraevention-geplant-0 (zuletzt abgerufen am 31. Januar 2018); Frankfurter Rundschau online, 12. Dezember 2017, abrufbar unter: http://www.fr.de/rhein-main/landespolitik/projekte-zur-praevention -hessen-verzichtet-auf-misstrauenserklaerung-a-1406627 (zuletzt abgerufen am 8. Februar 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 085/17 Seite 6 Deutscher Bundestag - Wissenschaftliche Dienste (2018): Zu den Regelungen über die Mitwirkung des Verfassungsschutzes an Zuverlässigkeitsüberprüfungsverfahren bei der staatlichen Förderung von Organisationen, WD 3 – 3000 – 266/17, Ausarbeitung vom 26. Januar 2018 sowie Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Beteiligung von Verfassungsschutzbehörden bei der Überprüfung der Zuverlässigkeit von Personen im privaten Bereich, WD 3 - 3000 - 267/17, Ausarbeitung vom 26. Januar 2018. 3. Arbeitsrechtliche Fragestellungen In der vorliegenden Arbeit soll beleuchtet werden, inwieweit die in der Gesetzesbegründung zu § 21 LVerfSchG –E HE genannten Mitteilungen des Verfassungsschutzes arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge haben können. 3.1. Verpflichtungen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag Ein Arbeitsverhältnis wird nach § 611a BGB durch Abschluss eines Arbeitsvertrages begründet und ist - wie jedes Vertragsverhältnis - von den Rechten und Pflichten der Vertragsparteien geprägt . Aus dem Arbeitsvertrag im Rahmen der bestehenden Gesetze und Kollektivverträge5 ergeben sich mithin die für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestehenden gegenseitigen Verpflichtungen . Dabei bestehen sowohl Hauptleistungs- als auch Nebenleistungspflichten. Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers ist es, die versprochene Arbeit zu leisten (Verpflichtung zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit im Dienste eines anderen, § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB). So bestimmt sich (neben Ort und Zeit der zu leistenden Arbeit) insbesondere auch der konkrete Inhalt der Verpflichtung zur Arbeitsleistung aus den Einzelheiten des Arbeitsvertrages.6 Ferner bestehen über die arbeitsvertraglichen Hauptleistungsverpflichtungen hinaus auch arbeitsvertragliche Nebenpflichten des Arbeitnehmers. Diese ergeben sich zum Teil ausdrücklich aus dem Gesetz selbst.7 Wie in jedem Schuldverhältnis sind auch dem Arbeitsverhältnis Pflichten der Vertragspartner zur Rücksichtnahme, zum Schutz und zur Förderung des Vertragszwecks immanent, § 242 BGB. Dies wird durch § 241 Abs. 2 BGB unterstrichen. Der Inhalt der konkreten Nebenpflichten wird im Arbeitsvertrag durch die besondere persönliche Bindung der 5 Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Auflage 2018, § 611a BGB, Rn. 371. 6 Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Auflage 2018, § 611a BGB, Rn. 648. 7 Siehe etwa § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 085/17 Seite 7 Vertragspartner geprägt.8 Das Bundesarbeitsgericht (BAG) führt dazu in einer Entscheidung aus, dass die besondere persönliche Bindung der Vertragspartner im Arbeitsverhältnis für beide Parteien des arbeitsrechtlichen Schuldverhältnisses nach § 241 Abs. 1 BGB eine nicht abschließend aufzählbare, je nach den Umständen näher zu bestimmende Vielzahl von Pflichten bewirke, deren Erfüllung unumgänglich ist, um den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen . Sie zielen auf die Verwirklichung des Leistungserfolgs, indem sie der Erhaltung der Leistungsmöglichkeit , der Vorbereitung, Unterstützung, Förderung und ordnungsgemäßen Durchführung sowie Sicherung der Hauptleistung dienen.9 Nebenpflichten können zum einen Handlungspflichten des Arbeitnehmers sein.10 So hat der Arbeitnehmer etwa die mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängenden berechtigten Interessen des Arbeitgebers nach besten Kräften wahrzunehmen. Gleichsam bestehen auch entsprechende Unterlassungspflichten. Diese können ausdrücklich im Arbeitsvertrag vorgesehen sein. So enthalten vor allem in Tendenzunternehmen11 Arbeitsverträge oft konkrete Unterlassungspflichten der Arbeitnehmer.12 Besteht allerdings eine solche vertragliche Vereinbarung nicht, so lässt sich aus § 241 Abs. 2 BGB die allgemeine Regelung ableiten, dass der Arbeitnehmer alles zu unterlassen hat, was die Erreichung der arbeitsvertraglichen Ziele gefährdet oder den berechtigten Interessen des Arbeitgebers zuwiderläuft.13 Die konkreten arbeitsrechtlichen Verpflichtungen sind abhängig vom jeweiligen Einzelfall. Entsprechend den oben genannten Förderbestimmungen hat der Zuwendungsempfänger diese im dort genannten Umfang zum Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu machen. 8 Vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 7. September 1995 - 8 AZR 828/93 - , Rn. 25 (zitiert nach juris); Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Auflage 2018, § 611a BGB, Rn. 707f. 9 BAG, Urteil vom 2. November 2016 – 10 AZR 596/15 - , Rn. 26 (zitiert nach juris). 10 Loskamp/Viethen/Kiss-Nauenheim/Mußhoff in Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht, 11. Auflage 2017, Kapitel 2, Rn. 117. 11 Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um ein Tendenzunternehmen, hat dies nach arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung Auswirkungen auf das arbeitsvertragliche Pflichtengefüge. So bestehen für Tendenzträger gesteigerte Rücksichtnahmepflichten. Definiert ist der Tendenzbetrieb in § 118 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), in dem es um die Anwendbarkeit der Beteiligungsrechte des Betriebsrates geht. Nach § 118 Abs. 1 BetrVG sind die Regelungen des BetrVG nicht auf Unternehmen und Betriebe anzuwenden, die unmittelbar und überwiegend politischen , koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes Anwendung findet, dienen soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegensteht. 12 Loskamp/Viethen/Kiss-Nauenheim/Mußhoff in Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht, 11. Auflage 2017, Kapitel 2, Rn. 121, wonach zum Beispiel bei kirchlichen Mitarbeitern in ihren Arbeitsverträgen regelmäßig die Mitgliedschaft und Mitarbeit in Organisationen untersagt seien, deren Grundauffassung, Zielsetzung oder praktische Tätigkeit im Widerspruch zum Auftrag der Kirche stünden. 13 Loskamp/Viethen/Kiss-Nauenheim/Mußhoff in Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht, 11. Auflage 2017, Kapitel 2, Rn. 121. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 085/17 Seite 8 „Die Rechtsprechung weist insoweit darauf hin, dass das Zuweisungsverfahren durch Verwaltungsrichtlinien näher ausgestaltet und die Gewährung von Zuwendungen von der Einhaltung von Vorgaben in Verwaltungsrichtlinien abhängig gemacht werden könne. Auf die Anwendung dieser Richtlinien lasse sich ein Zuwendungsempfänger durch Hinnahme der die Richtlinien in das Förderverfahren einführende Zuwendungsbescheide ein.“14 In welcher konkreten Form die Einbeziehung der in den Förderrichtlinien genannten Vorgaben durch den Arbeitgeber erfolgt, bleibt ihm überlassen. Durch diese Einbeziehung verdeutlicht der Arbeitgeber in jedem Falle, wie wichtig das uneingeschränkte Eintreten für die freiheitlich demokratische Grundordnung für die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch den Arbeitnehmer ist. 3.2. Voraussetzungen zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses Bei der Verletzung arbeitsvertraglicher Verpflichtungen durch den Arbeitnehmer, sei es die Verletzung von Hauptleistungspflichten oder die Verletzung von Nebenleistungspflichten hat der Arbeitgeber verschiedene arbeitsrechtliche Handlungsmöglichkeiten.15 Dies kann gegebenenfalls eine ordentliche Kündigung und unter Umständen auch eine außerordentliche Kündigung sein, §§ 620ff. BGB. Dies gilt ebenso, wenn dem Arbeitnehmer die erforderliche Eignung oder Fähigkeit , die geschuldete Arbeitsleistung vertragsgerecht zu erfüllen, fehlt oder nicht mehr besteht. Das Kündigungsrecht ist Ausdruck der Privatautonomie, wird aber zugunsten des Arbeitnehmers beschränkt, etwa durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG)16. Die wirksame Ausübung des Kündigungsrechts hängt daher von dem Vorliegen der jeweiligen Kündigungsvoraussetzungen ab, z.B. eines Kündigungsgrundes nach § 1 KSchG oder eines wichtigen Grundes nach § 626 BGB. Ob die Voraussetzungen für eine ordentliche oder sogar eine außerordentliche Kündigung vorliegen , ist im konkreten Einzelfall vom Arbeitgeber zu prüfen. Dem Arbeitgeber obliegt es in eigener Verantwortung, die ihm zur Verfügung stehenden Informationen im Hinblick auf das Vorliegen eines Kündigungsgrundes zu bewerten. Für die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Kündigung des Arbeitnehmers vorliegen, ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren muss er daher auch die Tatsachen, auf denen seine Kündigung beruht , darlegen und diese gegebenenfalls auch beweisen.17 Eine pauschale Feststellung, dass die in § 21 LVerfSchG-E HE genannten Informationen für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausreichen, kann nicht getroffen werden. 14 Ausarbeitung der Wissenschaftliche Dienste (2018): Zu den Regelungen über die Mitwirkung des Verfassungsschutzes an Zuverlässigkeitsüberprüfungsverfahren bei der staatlichen Förderung von Organisationen, WD 3 – 3000 – 266/17 vom 26. Januar 2018, S. 6 mit Nachweis aus der Rechtsprechung. 15 Vgl. BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 6 AZR 471/15 - , Rn. 18 (zitiert nach juris); Schaub in Arbeitsrechts- Handbuch, 17. Auflage 2017, XIV. Buch. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Rn. 41. 16 Siehe aber etwa auch Regelungen des Mutterschutzgesetzes, des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - , des Pflegezeitgesetzes, des Familienpflegezeitgesetzes, des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes. Zum Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), siehe § 23 KSchG. 17 Schaub in Arbeitsrechts-Handbuch, 17. Auflage 2017, XIV. Buch. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Rn. 47. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 085/17 Seite 9 § 21 LVerfSchG-E HE soll dem Landesamt für Verfassungsschutz die Befugnis verleihen, in den dort aufgeführten Fällen Informationen an inländische öffentliche Stellen zu übermitteln. Es handelt sich damit um eine Regelung, die die Weitergabe von Informationen durch den Verfassungsschutz in den dort vorgesehenen Fällen an die nach Landesrecht für die konkrete Zuverlässigkeitsüberprüfung zuständige öffentliche Stelle ermöglicht. § 21 LVerfSchG-E HE regelt selbst aber keine arbeitsrechtlichen Folgen. Die Informationen dürften sich damit alleine an die überprüfende Stelle richten und dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung stehen. Soweit ersichtlich, prüft die im konkreten Fall für die Prüfung zuständige öffentliche Stelle unter Einbeziehung von den vom Landesamt für Verfassungsschutz übermittelten Informationen, etwa im Rahmen einer Wiederholungsprüfung, ob eine entsprechende Zuverlässigkeit des Arbeitnehmers besteht. Kommt die zuständige Stelle zu dem Ergebnis, dass eine solche Zuverlässigkeit nicht gegeben ist, kommt für den Arbeitgeber eine Kündigung des Arbeitnehmers wegen mangelnder Eignung zur vertragsgerechten Erbringung der konkret geschuldeten Arbeitsleistung in Betracht. In Fällen mangelnder Eignung kann dabei sowohl eine ordentliche als auch einer außerordentliche Kündigung in Betracht kommen. Sofern dem Arbeitgeber unabhängig von einer Zuverlässigkeitsüberprüfung Informationen zukommen , die gegebenenfalls auf begründete Zweifel oder Zuwiderhandlungen im Hinblick auf das uneingeschränkte Eintreten für die freiheitlich demokratische Grundordnung schließen lassen könnten, so muss er diese Informationen im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine ordentliche oder unter Umständen auch einer außerordentlichen Kündigung im konkreten Einzelfall bewerten. Ob diese für entsprechende arbeitsrechtliche Konsequenzen ausreichen, kann nicht pauschal beantwortet werden. Es wird im Einzelfall immer auf die konkreten Informationen ankommen.18 Gegebenenfalls können sie aber auch Anlass für weitere Aufklärungen des Sachverhalts durch den Arbeitgeber sein. *** 18 In einem Urteil vom 11. Juni 1997 - 13 Sa 19/97 – musste das Landesarbeitsgericht Berlin zwar nicht entscheiden , ob allein die Mitgliedschaft in der Scientology-Organisation eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könne. Es bemerkte aber zur Frage, ob hierin bereits ein schwerwiegender Verstoß gegen die obliegenden dienstvertraglichen Pflichten vorliege: „Hierbei ist nämlich schon die ausgeübte Tätigkeit der Klägerin und ihr Aufgabenbereich besonders zu berücksichtigen, der vorrangig in der psychologischen Betreuungs- und Beratungstätigkeit […] in akuten Krisensituationen bestand. […] Denn eine Institution, die wie der von Drittmitteln abhängige Beklagte, muß genauestens darauf bedacht sein, dass die von ihm betreuten ausländischen Personen objektiv wertneutral ohne jede Beeinflussung im Sinne der Aufgabenstellung betreut werden. Dazu muss der Beklagte seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein besonderes Vertrauen entgegenbringen können, dass seine Angestellten im Rahmen ihrer Aufgabenstellung nicht dagegen verstoßen.“ (Rn. 31, zitiert nach juris).