Deutscher Bundestag Soziale Berufe Statistiken und Studien zum Anteil von Frauen und ungelernten Arbeitskräften sowie zum Fachkräftemangel Sachstand Wissenschaftliche Dienste © 2012 Deutscher Bundestag WD 6 – 3000-083/12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 2 Soziale Berufe Statistiken und Studien zum Anteil von Frauen und ungelernten Arbeitskräften sowie zum Fachkräftemangel Aktenzeichen: WD 6 – 3000-083/12 Abschluss der Arbeit: 21. Mai 2012 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Der Anteil von Frauen in sozialen Berufen in Deutschland 4 2. Entwicklung des Frauenanteils 7 3. Ungelernte und fachfremde Arbeitskräfte in sozialen Berufen 9 3.1. Studie Deutscher Pflegerat 9 3.2. Bedarfsprojektion für Pflegeberufe 10 3.3. Anregungen von Experten 11 4. Der Einsatz von ungelernten und fachfremden Arbeitskräften in sozialen Berufen im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung 12 5. Der Einsatz von Hilfskräften in sozialen Berufen im Rahmen von Bundesfreiwilligendienst, Freiwilliges Soziales Jahr oder Praktikum 14 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 4 1. Der Anteil von Frauen in sozialen Berufen in Deutschland Die Gesundheitsberufe lassen sich anhand der Klassifikation der Berufe vom Statistischen Bundesamt aus dem Jahr 1992 in die vier Berufsgruppen Gesundheitsdienstberufe, soziale Berufe, Gesundheitshandwerkerinnen und Gesundheitshandwerker sowie sonstige Gesundheitsfachberufe gliedern: „Zu den Gesundheitsdienstberufen zählen all diejenigen Beschäftigten, die in der unmittelbaren Patientenversorgung tätig sind. Zum einen sind dies Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker, zum anderen sind dies medizinische Fachangestellte , zahnmedizinische Fachangestellte, Diätassistentinnen und Diätassistenten, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, Gesundheits- und Krankenpflegerinnen/-pfleger, Hebammen und Entbindungspfleger, Gesundheits- und Krankenpflegehelferinnen/-helfer, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, Masseurinnen und Masseure, medizinische Bademeisterinnen und medizinische Bademeister, medizinisch-technische und pharmazeutisch- technische Assistentinnen und Assistenten sowie Beschäftigte in therapeutischen Berufen anderweitig nicht genannt. Sie werden unter dem Begriff übrige Gesundheitsdienstberufe zusammengefasst. Unter den sozialen Berufen werden Altenpflegerinnen und Altenpfleger, Heilpädagoginnen und Heilpädagogen sowie Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger verstanden. Die Gesundheitshandwerkerinnen und Gesundheitshandwerker setzen sich aus Augenoptikerinnen und Augenoptikern, Orthopädiemechanikerinnen und Orthopädiemechanikern, Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern und sonstigen Gesundheitshandwerkerinnen und Gesundheitshandwerkern wie Hörgeräteakustikerinnen und Hörgeräteakustikern und Orthopädieschuhmacherinnen und Orthopädieschuhmachern zusammen. Die sonstigen Gesundheitsfachberufe werden von Gesundheitsingenieurinnen und Gesundheitsingenieuren , Gesundheitstechnikerinnen und Gesundheitstechnikern, Pharmakantinnen und Pharmakanten, pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten sowie den gesundheitssichernden Berufen, zum Beispiel Desinfektorinnen und Desinfektoren und Gesundheitsaufseherinnen und Gesundheitsaufsehern, gebildet. Zu einer fünften Gruppe, den so genannten anderen Berufen im Gesundheitswesen, werden all diejenigen Berufe im Gesundheitswesen zusammengefasst, die nicht einer der bereits genannten Berufsgruppen zugeordnet werden können. Beispiele hierfür sind Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter , das Reinigungs- und Küchenpersonal in Krankenhäusern, Kurierdienste der Apotheken und Handwerkerinnen und Handwerker, deren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Einrichtungen des Gesundheitswesens sind.“1 Gemäß dieser Einteilung erstellt das Statistische Bundesamt die Statistik zum Gesundheitspersonal . Der Frauenanteil wird separat ausgewiesen. Die aktuellsten Zahlen liegen für das Jahr 2010 vor: 1 Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/STATmagazin/Gesundheit/2009_08/Gesundheitspersonalrechnung. html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 5 Gesundheitspersonal nach Berufen in 1 000 Gegenstand der Nachweisung 2009 2010 insgesamt darunterFrauen insgesamt darunter Frauen Berufe insgesamt 4 738 3 486 4 829 3 556 Gesundheitsdienstberufe 2 700 2 158 2 751 2 198 Ärzte, Apotheker, psychologische Psychotherapeuten , Zahnärzte 486 227 497 236 Ärzte 326 138 334 144 Apotheker 59 40 60 41 psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendpsychotherapeuten 34 22 35 24 Zahnärzte 67 27 68 28 übrige Gesundheitsdienstberufe 2 215 1 930 2 254 1 962 medizinische/zahnmedizinische Fachangestellte 633 628 639 633 darunter: zahnmedizinische Fachangestellte 243 241 245 244 Diätassistenten 14 13 14 13 Heilpraktiker 30 22 32 23 Gesundheits- und Krankenpflegehelfer 261 183 269 189 Gesundheits- und Krankenpfleger 813 699 827 710 darunter: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 6 Gesundheitspersonal nach Berufen in 1 000 Gegenstand der Nachweisung 2009 2010 insgesamt darunterFrauen insgesamt darunter Frauen Hebammen 20 20 21 21 Physiotherapeuten, Masseure, medizinische Bademeister 196 142 202 148 darunter: Physiotherapeuten 122 100 128 104 medizinisch-technische Assistenten 97 89 98 90 pharmazeutisch-technische Assistenten 63 62 65 64 therapeutische Berufe anderweitig nicht genannt 107 92 108 93 Soziale Berufe 420 360 431 368 Altenpfleger 395 342 405 350 Heilerziehungspfleger 13 9 14 10 Heilpädagogen 12 9 12 9 Gesundheitshandwerker 140 71 142 71 Augenoptiker 46 29 47 30 Orthopädiemechaniker 13 3 13 3 Zahntechniker 66 33 67 34 sonstige Gesundheitshandwerker 18 5 20 6 sonstige Gesundheitsfachberufe 99 67 101 68 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 7 Gesundheitspersonal nach Berufen in 1 000 Gegenstand der Nachweisung 2009 2010 insgesamt darunterFrauen insgesamt darunter Frauen Gesundheitsingenieure 12 9 12 9 gesundheitssichernde Berufe 23 6 23 7 Gesundheitstechniker 8 1 9 1 Pharmakanten 8 5 8 5 pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte 47 45 48 47 andere Berufe im Gesundheitswesen 1 375 830 1 400 849 Quelle: Statistisches Bundesamt2 2. Entwicklung des Frauenanteils Die Bundesagentur für Arbeit hat im Rahmen ihrer aktuellen Publikation3 zu Gesundheits- und Pflegeberufen Ausführungen zum Frauenanteil gemacht: „Deutlich mehr Frauen als Männer arbeiten im Gesundheits- und Pflegesektor. Der Anteil der Frauen unter den Erwerbstätigen in Berufen des Gesundheitswesens steigt seit Jahren an. 2010 waren 74 Prozent der Erwerbstätigen in diesem Feld weiblich. Im Jahr 2000 hatte der Frauenanteil noch bei 72 Prozent gelegen. Im Gegensatz zur Beschäftigung insgesamt sind Frauen in Gesundheits- und Pflegeberufen deutlich überrepräsentiert. Während der Frauenanteil bei der Gesamtbeschäftigung mit 46 Prozent noch unter dem Bevölkerungsanteil der Frauen von 51 Prozent liegt, kommen in den Gesundheitsberufen mit 83 Prozent Frauenanteil auf einen Mann fast fünf weibliche Beschäftigte. Das Verhältnis von in der Gesundheitsbranche tätigen Männern und Frauen hat sich im Laufe des letzten Jahrzehnts nur minimal verändert, da der Beschäftigungszuwachs prozentual bei beiden Geschlechtern nahezu identisch war. 2 Statistisches Bundesamt, Gesundheitspersonal nach Berufen in 1000, https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/Gesundheitspersonal/Tabellen/Berufe. html;jsessionid=FC2DE41329041C5DC1461B01074D3BFC.cae2. 3 Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeitsmarkt in Deutschland, Gesundheits- und Pflegeberufe, Stand Dezember 2011, http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Berichte- Broschueren/Arbeitsmarkt/Generische-Publikationen/Gesundheits-und-Pflegeberufe-Deutschland-2011.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 8 Sowohl Männer als auch Frauen konnten vom Beschäftigungswachstum in den Gesundheitsberufen profitieren. 2010 arbeiteten im Vergleich zum Jahr 2000 sowohl 21 Prozent mehr Männer als auch mehr Frauen in Gesundheitsberufen. Dabei stieg die Anzahl an männlichen Beschäftigten von 392.000 auf gut 474.000 und bei den weiblichen Beschäftigten von 1,9 Millionen auf 2,3 Millionen. Betrachtet man die einzelnen Berufsgruppen des Gesundheitssektors, so werden große Unterschiede deutlich. Bei den Diät- und Pharmazeutisch-Technischen Assistenten sind weniger als drei von 100 Beschäftigten männlich. Der Frauenanteil liegt somit bei über 97 Prozent. Noch ungleicher ist die Verteilung bei medizinischen Fachangestellten: Weniger als ein Prozent in dieser Berufsgruppe sind Männer. Ebenfalls mehrheitlich weibliche Beschäftigte finden sich unter den Gesundheits- und Krankenpflegern sowie den Hebammen (86 Prozent). Recht ausgeglichen ist das Geschlechterverhältnis bei Zahntechnikern, in diesem Beruf gibt es einen Frauenanteil von 57 Prozent. Lediglich bei Medizinern gibt es mit 102.000 Männern und 101.000 Frauen etwas mehr männliche als weibliche Beschäftigte. Allerdings hat sich die Zahl der Ärztinnen in den letzten zehn Jahren mit +52 Prozent stark erhöht, während die Zahl der Ärzte nur um zehn Prozent gestiegen ist.“ Über 80 Prozent der Beschäftigten in Gesundheitsberufen sind Frauen Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung - Gesamtzahl nach Sektor und Anteile nach Geschlecht in Prozent (%) Deutschland 2010 Frauen 27,71 Mio 46% 17,89 Mio 61% Männer 54% 39% 2,76 Mio 83% 17% Insgesamt Dienstleistungsberufe Gesundheitsberufe Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 9 3. Ungelernte und fachfremde Arbeitskräfte in sozialen Berufen 3.1. Studie Deutscher Pflegerat In Gesundheits- und Pflegeberufen herrscht nach Erkenntnissen aus der Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit (BA) ein flächendeckender Fachkräftemangel auf allen Qualifikationsebenen . Das betrifft neben den Humanmedizinern auch die Berufsgruppe der Gesundheits- und Krankenpflegefachkräfte sowie die Altenpflegefachkräfte.4 Eine vielbeachtete Studie für den Deutschen Pflegerat über Beschäftigte in Pflegeberufen5 kommt zu dem Ergebnis, dass die Zahl des Pflegepersonals niedriger als bislang angenommen sei. Während die Gesundheitspersonalrechnung des Bundes (GPR) 1,458 Millionen Pflegekräfte für das Jahr 2009 ausweise, hat SIMON errechnet, dass lediglich 1,21 Millionen Beschäftigte im Jahr 2009 in Pflegeberufen tätig gewesen seien. Damit sei die Zahl des Pflegepersonals um 20 Prozent überschätzt worden. Auch die Zahl der Pflegefachkräfte, die eine dreijährige Ausbildung haben, werde von der GPR überschätzt. Im Jahr 2009 seien 820.000 und nicht 1,2 Millionen Pflegefachkräfte tätig gewesen. Hier sei die Zahl um fast 50 Prozent überschätzt worden. Der beobachtete Beschäftigungszuwachs in der Pflege sei überwiegend durch die Ausweitung von Teilzeitbeschäftigung zustande gekommen. In den vergangenen Jahren habe es einen Beschäftigungszuwachs in Pflegeberufen von 23 Prozent (+ 200.000 Beschäftigte) gegeben, die Zahl der Teilzeitbeschäftigten in der Pflege sei jedoch um 60 Prozent gestiegen (+ 210.000 Beschäftigte).6 SIMON hat Teilstatistiken (Krankenhausstatistik, Statistik der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Pflegestatistik ) für seine Berechnungen verwendet, da hier die Datenerhebungen präziser seien als in der GPR.7 SIMON kritisiert, dass die Datenlage über den Bestand an Pflegepersonal in Deutschland sowie zur Entwicklung der Beschäftigten unzureichend sei. Die Daten der GPR, die einzige amtliche Statistik zu Beschäftigten in der Pflege, seien mit Mängeln behaftet. Da die GPR auf dem Mikrozensus beruhe, einer jährlichen Befragung von einem Prozent der Haushalte in Deutschland, sei sie ungenau und könne Schätzfehler enthalten.8 Diese angeführten Mängel führten unter anderem auch dazu, dass in der amtlichen Statistik und demzufolge in vielen Studien nicht ausreichend zwischen ausgebildeten Pflegefachkräften und Beschäftigten in Pflegeberufen insgesamt differenziert werde. Vorausberechnungen zum Fachkräftemangel würden daher nicht auf der Grundlage der Zahl der Fachkräfte vorgenommen, sondern auf der Grundlage der Zahl aller Beschäftigten in Pflegeberufen insgesamt oder in Teilbereichen. Durch diese Ungenauigkeit werde die Zahl von 4 Bundesagentur für Arbeit (2011). Hintergrundinformation – Aktuelle Fachkräfteengpässe, Nürnberg, S. 8ff. 5 SIMON, Michael (2012). Beschäftigte und Beschäftigungsstrukturen in Pflegeberufen. Eine Analyse der Jahre 1999 bis 2009. Studie für den Deutschen Pflegerat. Hannover: Fachhochschule Hannover. Abrufbar unter: http://www.deutscher-pflegerat.de/dpr.nsf/E81BDA151130EDFEC125796C003DEB66/$File/DPR_Prof. Simon _Beschäftigte und Beschäftigungsstrukturen in Pflegeberufen_Eine Analyse der Jahre 1999 - 2009_120118.pdf (letzter Abruf am 21. Mai 2012). 6 Vgl. Fn 5, S. 3. 7 Vgl. Fn 5, S, 15. 8 Vgl. Fn 5, S. 7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 10 ungelernten Pflegehilfskräften statistisch nicht erfasst und in Studien nicht abgebildet und bewertet . 9 SIMON unterscheidet in seiner Studie zwischen a) ausgebildeten Pflegefachkräften mit einer dreijährigen Pflegeausbildung nach dem Krankenpflege- oder Altenpflegegesetz, b) Pflegefachkräften mit einer einjährigen Pflegeausbildung nach Landesrecht und c) Hilfskräften ohne Pflegeausbildung , die als un- oder angelernte Hilfskräfte in einem Pflegeberuf tätig sind.10 Vor allem im Krankenhausbereich seien in den vergangenen Jahren verstärkt dreijährig ausgebildete Pflegefachkräfte durch gering qualifizierte, lediglich kurz angelernte Servicekräfte ersetzt worden. Insgesamt sei eine starke Ausdifferenzierung der Pflegeberufe zu beobachten, die aber von der amtlichen Statistik aufgrund der Verwendung einer stark veralteten Berufsgruppenklassifikation nicht ausreichend erfasst werde.11 SIMON ermittelt für das Jahr 2009 einen Bestand von Pflegekräften ohne Pflegeausbildung von insgesamt 250.253 bei einem Gesamtbestand von 1.070.842 Beschäftigten in Pflegeberufen insgesamt .12 Der Großteil der in Pflegeberufen Tätigen arbeite in Krankenhäusern, die trotz des Stellenabbaus in den vergangenen Jahren immer noch der wichtigste Arbeitgeber für Pflegepersonal seien.13 3.2. Bedarfsprojektion für Pflegeberufe Anhand einer Projektion des Personalbedarfs- und –angebots in Pflegeberufen14 können auch Rückschlüsse auf un- oder angelernte Hilfskräfte in Pflegeberufen gezogen werden. AFENTAKIS, MAIER machen wie SIMON darauf aufmerksam, dass in der Zahl der Beschäftigten in Pflegeberufen, die die GPR ermittelt, nicht nur ausgebildete, sondern auch ungelernte oder berufsfremde Arbeitskräfte enthalten sind. 2005 übten nach dieser Projektion, die vom Statistischen Bundesamt und vom Bundesinstitut für Berufsbildung durchgeführt wurde, 1,3 Millionen Beschäftigte einen Pflegeberuf aus. Ein Großteil der Beschäftigten (45,3 Prozent) war teilzeit- oder geringfügig beschäftigt. Die Zahl der sogenannten Pflegevollkräfte (in Vollzeit beschäftigte Personen), lag demzufolge mit 968.000 deutlich unter der Beschäftigtenzahl. Der hohe Anteil von Teilzeitbeschäftigten ist vor allem auf den hohen Anteil von Frauen in Pflegeberufen zurückzuführen. Allerdings gingen in den ostdeutschen Ländern (einschl. Berlin-Ost) mehr Frauen einer Vollzeitbeschäftigung nach als in den westdeut- 9 Vgl. Fn 5, S. 9ff. 10 Vgl. Fn 5, S. 10. 11 Vgl. Fn 5, S. 11. 12 Vgl. Fn 5, S. 30-31, Tabelle 2. 13 Vgl. Fn 5, S. 32. 14 AFENTAKIS, Anja; MAIER, Tobias (2010). Projektionen des Personalbedarfs- und –angebots in Pflegeberufen bis 2025, Wiesbaden: Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010. Abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/Gesundheitswesen/ProjektionPersonalbedarf112 010.pdf?__blob=publicationFile (letzter Abruf am 21. Mai 2012). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 11 schen Bundesländern. Teilzeit- und geringfügig beschäftigte Frauen in Pflegeberufen, die in Ostdeutschland tätig sind, arbeiten durchschnittlich 4,9 bzw. 4,7 Stunden je Woche länger als ihre westdeutschen Kolleginnen. „Wiesen alle Beschäftigten in Pflegeberufen in Deutschland eine Beschäftigungsstruktur wie in den neuen Ländern und Berlin-Ost auf, so würde die Zahl der Pflegevollkräfte um 9,5 Prozent auf insgesamt 1,1 Millionen ansteigen. Hingegen würde die Zahl der Pflegevollkräfte bei einer auf ganz Deutschland übertragenen westdeutschen Beschäftigungsstruktur um 2,9 Prozent auf 940.000 sinken.“ 15 In Westdeutschland gaben Frauen vor allem familienbedingte Gründe für die Teilzeit- oder geringfügige Beschäftigung an, im Osten gaben die Frauen überwiegend an, keine Vollzeitstelle zu finden. Die Bedarfsprognose von AFENTAKIS, MAIER geht von einem steigenden Bedarf an Pflegevollkräften von 2005 bis 2025 um 27,3 Prozent aus. Es gibt zwei Szenarien („Status-quo-Szenario“ und „sinkende Behandlungsquoten“) und berücksichtig werden drei sogenannte „Prognoseeinrichtungen“ (Krankenhäuser und ambulante sowie (teil)stationäre Pflegeeinrichtungen ). Wäre in Pflegeberufen ausschließlich ausgebildetes Pflegepersonal beschäftigt, so würden bereits im Ausgangsjahr 2005 in Deutschland 39.000 Pflegevollkräfte fehlen.16 Der Bedarf an ausgebildeten Pflegefachkräften lag nach der gesamtdeutschen Beschäftigungsstruktur bereits im August 2005 über dem Angebot. „Dieser Pflegepersonalmangel kann bisher aber noch durch die Beschäftigung und- und angelernter Pflegefachkräfte kompensiert werden. (…) bei der zusätzlichen Berücksichtigung un- und angelernter Pflegekräfte liegen alle drei Angebotsausgangswerte im Jahr 2005 deutlich über dem Bedarf an Pflegevollkräften in den drei Prognoseeinrichtungen.“17 Über eine Analyse der beruflichen Flexibilität kann ermittelt werden, wie hoch der Anteil der Beschäftigten in Pflegeberufen ist, die in ihrem erlernten Beruf arbeiten. Demnach stellen 74,8 Prozent der ausgebildeten Pflegefachkräfte nur 56,4 Prozent der Beschäftigten in Pflegeberufen. Daran werde deutlich, so AFENTAKIS, MAIER, dass der Pflegepersonalbedarf nicht allein über die ausgebildeten Pflegefachkräfte gedeckt werden könne. Allerdings gebe es Unterschiede in der Flexibilität innerhalb der einzelnen Pflegeberufe.18 52,5 Prozent der Altenpflegerinnen und Altenpfleger beispielsweise hätten aus fachfremden Berufen gewonnen oder der Bedarf durch Auszubildende oder Personen ohne formalen beruflichen Abschluss gedeckt werden müssen.19 3.3. Anregungen von Experten HÄMEL, SCHAEFFER stellen in ihrem Aufsatz zum Fachkräftemangel in der Pflege drei Studien aus dem Jahr 2010 dar.20 Sie kommen zu dem Schluss, dass weitere Studien benötigt werden, 15 Vgl. Fn 14, S. 995. 16 Vgl. Fn 14, S. 998. 17 Vgl. Fn 14, S. 998. 18 Vgl. Fn 14, S. 1000. 19 Vgl. Fn 14, S. 1001. 20 HÄMEL, Kerstin; SCHAEFFER, Doris (2012). Fachkräftemangel in der Pflege – viel diskutiert, politisch ignoriert ? In: Gesundheits- und Sozialpolitik. Zeitschrift für das gesamte Gesundheitswesen. Jg. 66 (2012), Heft 1, S. 41-49. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 12 „die von einer differenzierteren Betrachtung des vorhandenen Spektrums an Qualifikationen ausgehen und dabei sowohl an- und ungelernte Pflegekräfte in die Analyse einbeziehen wie auch dem begonnen Umbau der Pflege zu einem modernen professionellen Dienstleistungsberuf, der in Teilen bereits akademisiert ist, Rechnung tragen.“21 Sie beziehen sich auf die Studie von SI- MON für den Deutschen Pflegerat, indem sie die Verwendung von Teilstatistiken anregen. Es fehle aber eine Datenbasis zum Pflegepersonal, die eine umfassende Berichterstattung und Analyse ermögliche. Mit Blick auf einen Fachkräftemangel in Pflegeberufen unterbreiten HÄMEL, SCHAEFFER eine Reihe von Vorschlägen. Unter anderem solle künftig mehr in die Professionalisierung der Pflege investiert werden, unter Berücksichtigung von Qualifikationsmodellen von internationalem Standard. Zu schnell werde die Lösung in Deutschland in geringerer Qualifizierung gesucht, wenn es um eine Fachkräftesicherung gehe. Darüber hinaus sollten die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessert werden, um die Attraktivität von Pflegeberufen zu erhöhen und auch eine bessere Versorgungsqualität zu gewährleisten.22 4. Der Einsatz von ungelernten und fachfremden Arbeitskräften in sozialen Berufen im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung Das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (iw Köln) geht in einer aktuellen Publikation auf arbeitslose Pflegekräfte ein23: „Vor allem bei den Helfern konkurrieren viele Arbeitslose um eine offene Stelle. Hier geht es um Tätigkeiten für die in der Regel keine Berufsausbildung erforderlich ist. Auch Altenpflegehelfer, die eine einjährige Ausbildung absolviert haben, fallen darunter .“ Auf eine Anfrage des Wissenschaftlichen Dienstes hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) kurz geantwortet: „Die Möglichkeit Arbeitsgelegenheiten zu fördern, orientiert sich auch nach den gesetzlichen Änderungen zum 1. April 2012 allein an der Art der auszuführenden Arbeiten. Voraussetzungen für die Förderung von Arbeitsgelegenheiten sind nach § 16d SGB II die Zusätzlichkeit, das öffentliche Interesse sowie die Wettbewerbsneutralität der auszuführenden Arbeiten. Liegen die gesetzlichen Fördervoraussetzungen vor, ist eine Förderung grundsätzlich möglich. Die Entscheidung über die konkrete Förderung im Einzelfall treffen die regionalen gemeinsamen Einrichtungen im Rahmen ihrer dezentralen Handlungs- und Budgetkompetenz.“ Die Teilnehmer können maximal 24 Monate innerhalb von 5 Jahren in Arbeitsgelegenheiten gefördert werden (§ 16d Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II). Die BA hat im April 2012 die fachlichen Hinweise für Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II überarbeitet und an die aktuelle Rechtslage angepasst: „Nicht förderfähig sind Pflichtaufgaben im Rahmen der Pflegeversicherung oder zwingend anfallende Arbeiten (z.B. Betten wechseln und sterilisieren, waschen und umbetten von Patienten). Eine Vergütung im Rahmen des SGB XI 21 Vgl. Fn 20, S. 46. 22 Vgl. Fn 20, S. 47. 23 iw-dienst Nr. 19, 10. Mai 2012, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 13 stellt ein Indiz dafür dar, dass es sich um eine Pflichtaufgabe im Rahmen der Pflegeversicherung handelt.“24 Einsatzfelder für Arbeitsgelegenheiten gem. § 16d SGB II im Jahre 201025 Einsatzfeld für Arbeitsgelegenheiten Jahresdurchschnitt 2010 Insgesamt davon Variante Mehraufwand Entgelt Bestand an Teilnehmern in Arbeitsgelegenheiten absolut 260.557 218.011 42.541 nach Einsatzfeld in Prozent Infrastrukturverbesserung 33,9 34,0 33,4 Umweltschutz und Landschaftspflege 21,9 22,5 18,8 Beratungsdienste 10,9 10,4 13,6 Gesundheit und Pflege 8,9 9,4 6,6 Kinderbetreuung und Jugendhilfe 8,8 8,6 9,9 Erziehung und Bildung 8,0 8,0 8,0 Kunst und Kultur 5,5 5,1 7,2 Sport 1,5 1,5 1,3 Wissenschaft und Forschung 1,5 1,4 2,0 © Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Erstellungsdatum: 10. Mai 2011 24 http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/HEGA-Internet/A06-Schaffung/Dokument/HEGA-01-2012- Gesetz-Oeffentlich-gefoerderte-Beschaeftigung-Anlage-1.pdf. 25 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Leistungen zur Eingliederung an erwerbsfähige Hilfebedürftige: Einsatz von Arbeitsgelegenheiten 2010, Arbeitsmarkt in Zahlen Förderstatistik, Sonderbericht, Mai 2010, http://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Themen/Arbeitsmarktpolitische- Massnahmen/Beschaeftigung-schaffende-Massnahmen/Beschaeftigung-schaffende-Massnahmen- Nav.html?year_month=201012. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 – 3000-083/12 Seite 14 Darüber hinaus wird auf eine Studie aus dem Jahr 2008 verwiesen zum „Einsatz von Langzeitarbeitslosen in stationären Einrichtungen der Altenpflege“. Die Studie wurde von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin initiiert und kann unter dem folgenden Link abgerufen werden: http://www.baua.de/SharedDocs/Downloads/de/Publikationen/Fachbeitraege/F2182.pdf?__blob= publicationFile. 5. Der Einsatz von Hilfskräften in sozialen Berufen im Rahmen von Bundesfreiwilligendienst , Freiwilliges Soziales Jahr oder Praktikum Es werden weder beim Bundesfreiwilligendienst (BFD) noch beim Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) Statistiken über die Berufe bzw. den beruflichen Status der Freiwilligen geführt. Es würde auch keinen Sinn machen, weil der Großteil der Freiwilligen ihren Dienst direkt im Anschluss an die Schulzeit absolvieren (beim FSJ handelt es sich um ein Bildungsjahr). Es ist von "Freiwilligen " oder "Helfern" die Rede, nicht von Arbeitskräften. Sinn eines Freiwilligendienstes ist es, dass er gerade nicht von „gelernten Arbeitskräften“ im eigenen Feld wahrgenommen wird, das würde den Grundsatz der Arbeitsmarktneutralität gefährden: "Der Bundesfreiwilligendienst ist ein Ersatz für den Zivildienst. Wie dort werden vom Freiwilligen lediglich unterstützende bzw. zusätzliche Tätigkeiten verrichtet. Durch den Einsatz von Freiwilligen im Bundesfreiwilligendienst darf und wird die Einstellung von neuen Beschäftigten keinesfalls verhindert werden. Eine Kündigung von Beschäftigten darf nicht erfolgen. Der BFD ist arbeitsmarktneutral. Diese Arbeitsmarktneutralität wird vor der Anerkennung eines Einsatzplatzes überprüft. Sie wird auch fortlaufend durch Regionalbetreuer des Bundesamtes für Zivildienst an Ort und Stelle kontrolliert“ (http://www.bundes-freiwilligendienst.de/fragen.html.