© 2018 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 080/18 Gewinnausschüttungen als Hinzuverdienst für den Anspruch auf vorzeitige Altersrente unter dem Aspekt der Gleichbehandlung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 080/18 Seite 2 Gewinnausschüttungen als Hinzuverdienst für den Anspruch auf vorzeitige Altersrente unter dem Aspekt der Gleichbehandlung Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 080/18 Abschluss der Arbeit: 27. Juli 2018 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 080/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Gewinnausschüttungen als rentenschädliches Arbeitseinkommen 4 1.1. Einhaltung der Hinzuverdienstgrenze für einen Anspruch auf Altersrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze 4 1.2. Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit 5 1.2.1. Ausnahme Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 6 1.2.2. Erträge aus einer Minderheitsbeteiligung 6 2. Verfassungsrechtliche Prüfung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes 7 2.1. Inhalt des Gleichheitssatzes 7 2.2. Prüfungsgegenstand 8 2.3. Vergleichbare Normadressaten 8 2.3.1. Erträge aus einer GmbH & Co. KG 9 2.3.2. Dividenden aus einer Aktiengesellschaft 9 2.4. Zwischenergebnis 10 3. Ergebnis 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 080/18 Seite 4 1. Gewinnausschüttungen als rentenschädliches Arbeitseinkommen 1.1. Einhaltung der Hinzuverdienstgrenze für einen Anspruch auf Altersrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze Mit dem Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz) vom 8. Dezember 20161 sind die Regelungen zum Hinzuverdienst bei Bezug einer Altersrente vor Vollendung der Regelaltersgrenze zum 1. Juli 2017 in § 34 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) neu gefasst worden. Eine Rente wegen Alters kann gemäß § 42 SGB VI weiterhin als Vollrente oder als Teilrente in Anspruch genommen werden. Die Regelaltersgrenze wird seit dem Jahr 2012 stufenweise vom 65. auf das 67. Lebensjahr angehoben. Die früher geltende starre Stufenregelung zum möglichen Hinzuverdienst neben vorzeitig in Anspruch genommenen Teilrenten wird ab 1. Juli 2017 durch eine gleitende Anrechnung von Einkommen ersetzt. Wie bisher können bis zu 6.300 Euro im Kalenderjahr ohne Kürzung der Altersrente hinzuverdient werden. Ein über diesen Betrag hinausgehender Verdienst wird nunmehr zu 40 Prozent auf die Monatsrente angerechnet. Wenn die Summe aus gekürzter Rente und dem Hinzuverdienst über dem besten individuellen Einkommen der letzten 15 Kalenderjahre liegt, wird der darüber liegende Hinzuverdienst in voller Höhe auf die verbliebene Teilrente angerechnet . Bei entsprechend hohem Hinzuverdienst besteht vor Erreichen der Regelaltersgrenze kein Anspruch auf Altersrente. Zur Bestimmung des anzurechnenden Hinzuverdienstes wird zu jedem 1. Juli eines Jahres das voraussichtliche Einkommen im laufenden und im folgenden Jahr prognostiziert und die Höhe der zu zahlenden Teilrente zunächst vorläufig bestimmt. Zum darauffolgenden 1. Juli wird die Prognose mit den tatsächlichen Hinzuverdienst verglichen und die Höhe der Teilrente neu berechnet . Dabei werden gegebenenfalls entstehende Überzahlungen zurückgefordert und Nachzahlungen ausgezahlt. Als Hinzuverdienst sind neben dem Arbeitsentgelt aus einer abhängigen Beschäftigung auch Arbeitseinkommen aus einer selbständigen Tätigkeit und vergleichbare Einkommen zu berücksichtigen . Vergleichbare Einkommen sind unter anderem auch Einkünfte von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH, die sozialversicherungsrechtlich als selbständig Tätige gelten und steuerrechtlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen.2 1 Bundesgesetzblatt (BGBl.) I 2016, S. 2838. 2 Gemeinsame Rechtliche Anweisungen der Träger der Deutschen Rentenversicherung: Sozialgesetzbuch > SGB VI > Zweites Kapitel (§§ 9-124) > Zweiter Abschnitt (§§ 33-105) > § 34 Voraussetzungen für einen Rentenanspruch und Hinzuverdienstgrenze > R3.3 Vergleichbares Einkommen. Abrufbar im Internet unter http://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/Raa/Raa.do?f=SGB6_34R3.3, zuletzt abgerufen am 26. Juli 2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 080/18 Seite 5 Der Hinzuverdienst unterliegt nach der Neuregelung grundsätzlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und führt somit regelmäßig nachfolgend zu höheren Rentenzahlungen . Dies setzt aber voraus, dass eine nach §§ 1 und 2 SGB VI versicherte abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. 3 1.2. Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit Für den Voll- und Teilrentenanspruch vor Erreichen der Regelaltersgrenze ist die Höhe des Arbeitseinkommens gemäß § 15 SGB IV maßgeblich. Das Arbeitseinkommen ist danach, der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit.4 Der § 15 S. 2 SGB IV macht somit die Zuordnung von Einkünften zum Arbeitseinkommen von der einkommenssteuerrechtlichen Bewertung abhängig, woraus sich ein Gleichklang von Einkommenssteuerrecht und Sozialversicherungsrecht hinsichtlich der Zuordnung und der Höhe ergibt. Durch die Verzahnung mit dem Steuerrecht ist selbständige Tätigkeit nicht schon jedes aktive und auf Erwerb gerichtete Handeln, sondern es muss weiterhin eine gewisse Nachhaltigkeit gegeben sein. Die Erforderlichkeit der Nachhaltigkeit fordert, dass die selbständige Arbeitsleistung nicht nur vorübergehend erbracht wird und dient dazu das Arbeitseinkommen zu erzielen.5 Obwohl das Sozialgesetzbuch den Begriff der selbständigen Tätigkeit nicht einheitlich verwendet, ist grundsätzlich für § 34 SGB VI die Nachhaltigkeit als ergänzendes Merkmal erforderlich, da die Steuerschuld aus dem Arbeitseinkommen über Wirtschaftsjahre ermittelt und für das Kalenderjahr als Jahressteuer im Rahmen des § 2 Abs. 7 S. 1 Einkommenssteuergesetz (EStG) festgestellt wird.6 Liegt Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV vor, ist es auch dann rentenschädlich, wenn wegen der selbständigen Tätigkeit keine Pflichtversicherung besteht.7 Die in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten selbständigen Tätigkeiten sind in § 2 SGB VI aufgeführt. Gesellschafter werden danach von der Rentenversicherungspflicht nicht erfasst. Zudem besteht kein zusätzliches Tatbestandsmerkmal der „sozialrechtlichen Relevanz“, denn nach § 15 SGB IV entspricht das Arbeitseinkommen dem steuerlichen Gewinn und dieser wird unverändert aus dem Steuerbescheid übernommen.8 Weitere, nach der Ermittlung der Einkünfte im Rahmen des § 2 3 BT-Drs. 18/9787. 4 Bundessozialgericht (BSG) SozR 4 - 2400 § 15 Nr. 2. 5 Kreikebohm SGB VI/Dankelmann, 5. Auflage 2017, SGB VI § 34 Rn. 5-21. 6 Bundesfinanzhof (BFH) BFH/NV 2007, 2286 sowie Bayrisches Landessozialgericht (BayLSG) 10. April 1991 - L 2 U 22/89, Breith 1992, 207. 7 KassKomm/Gürtner SGB VI § 34 Rn. 21-22. 8 BSG NZS 1993, 366; BSG SozR 3 - 2600 § 34 Nr. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 080/18 Seite 6 Abs. 2 Nr. 1 EStG zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens ansetzbare Aufwendungen finden jedoch keine Berücksichtigung. Demnach handelt es sich beim Arbeitseinkommen, um die positive Summe der Gewinne und Verluste aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit. Ob den steuerlich als Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Tätigkeit behandelten Einnahmen auch eine tatsächliche Ausübung der Tätigkeit in Gestalt eines eigenen Arbeitseinsatzes entspricht, ist danach nicht von Bedeutung. Ausreichend ist die unternehmerische Stellung, die diese Einkünfte vermittelt.9 Sonstige Einkünfte, wie aus Vermietung und Verpachtung, Spekulations- und Zinsgewinne, Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß §§ 20, 21, 22 EStG gehören grundsätzlich demnach nicht zum Arbeitseinkommen.10 Diesen Einkunftsarten liegen keine Betätigungen wie eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit zu Grunde, die im System der sozialen Sicherung zur Begründung eines Versicherungsverhältnisses führen könnten.11 1.2.1. Ausnahme Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Ausnahmsweise sind aber Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dann als Arbeitseinkommen anzusehen, wenn sich die Vermietung bzw. Verpachtung als unselbständiger Teil einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit darstellt, weil der Gewerbebetrieb mit dem verpachteten Objekt wirtschaftet und weil deshalb das Finanzamt bei der steuerlichen Veranlagung eine sogenannte Betriebsaufspaltung vorgenommen hat.12 1.2.2. Erträge aus einer Minderheitsbeteiligung Bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens besteht eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht. Soweit Einnahmen steuerrechtlich als Gewinn aus eigener selbständiger Arbeit zu werten sind, wie etwa bei Kommanditisten, kommt es daher auf die tatsächliche Mitwirkung im Betrieb nicht an. Von einer GmbH & Co. KG an einen Kommanditisten ausgeschüttete Gewinne, die unabhängig von der Mitwirkung im Betrieb als Einnahme aus selbständiger Tätigkeit zu versteuern sind, zählen somit zum Arbeitseinkommen nach § 15 SGB IV.13 Nach den insoweit maßgebenden Bestimmungen des EStG handelt es sich bei den Gewinnanteilen eines Kommanditisten um Arbeitseinkommen, denn nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind diese Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb. Ob ein Gesellschafter auch Mitunternehmer ist, beurteilt 9 BSGE 93, 226; BSG NZS 2005, 210. 10 BSG SozR 2100 § 15 Nr. 8; BSG SozR 3 - 2600 § 34 Nr. 2. 11 KassKomm/Gürtner SGB VI § 34 Rn. 21-22. 12 BSGE 58, 277 und BSG SozR 3-2400 § 15 Nr. 4; Kreikebohm SGB IV/Marschner SGB IV § 15 Rn. 2-7. 13 BT-Drs. 12/5700, S. 92. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 080/18 Seite 7 sich vorrangig danach, ob er zusammen mit anderen Personen eine Unternehmerinitiative (Mitunternehmerinitiative ) entfalten kann und ein Unternehmerrisiko (Mitunternehmerrisiko) trägt.14 Beide Hauptmerkmale können zwar im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein, müssen jedoch beide vorliegen. Der Kommanditist muss danach nach dem Gesellschaftsvertrag und seiner tatsächlichen Durchführung zumindest eine Stellung haben, die nicht wesentlich hinter derjenigen zurückbleibt, die handelsrechtlich das Bild des Kommanditisten bestimmt. Mitunternehmerinitiative bedeutet insbesondere die Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, wobei beim Kommanditisten schon die Möglichkeit der Ausübung von Gesellschafterrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) zustehen, ausreicht.15 Mitunternehmerrisiko bedeutet die gesellschaftsrechtliche oder eine wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens. Dieses Risiko wird regelmäßig über den Gesellschaftsvertrag durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens vermittelt. Ein Kommanditist trägt ein solches Risiko, wenn er einerseits am laufenden Gewinn, im Falle seines Ausscheidens und der Liquidation an den stillen Reserven, andererseits nach Maßgabe des § 167 Abs. 3 HGB am Verlust beteiligt ist.16 Dividendenausschüttungen an Aktionäre einer Aktiengesellschaft (AG) sind dagegen nicht zum Gewinn aus einer selbständigen Tätig zu zählen. Hier erfolgt die Versteuerung als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG. Fraglich ist, ob die Ungleichbehandlung von Gewinnausschüttungen einer GmbH & Co. KG an Kommanditisten und Dividendenausschüttungen an Aktionäre einer AG hinsichtlich der Berücksichtigung als Hinzuverdienst für die Prüfung eines Anspruchs auf vorzeitige Altersrente gerechtfertigt ist. 2. Verfassungsrechtliche Prüfung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes 2.1. Inhalt des Gleichheitssatzes Der allgemeine Gleichheitssatz in Art. 3 Grundgesetz (GG) ist zentraler Ausdruck des Gerechtigkeitsgedankens und damit fundamentales Rechtsprinzip innerhalb des Grundgesetzes.17 Dieser gibt vor, wesentliches Gleiches gleich sowie wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln und verbietet demnach die unterschiedliche Behandlung verschiedener Normadressaten, obwohl zwischen ihnen keine Unterschiede von solcher Art bestehen, die dies rechtfertigen würden.18 Den- 14 Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg Urt. v. 5. November 2014 - L 16 R 575/11, BeckRS 2015, 65012. 15 LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 5. November 2014 – L 16 R 575/11, BeckRS 2015, 65012. 16 LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 5. November 2014 – L 16 R 575/11, BeckRS 2015, 65012. 17 Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 31. Mai 1988, Bundesverfassungsgerichtsentscheidung (BVerfGE) 78, 232, 248. 18 BVerfG 12. März 1996, BVerfGE 94, 241, 260. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 080/18 Seite 8 noch verbleibt die Möglichkeit, bei der Behandlung unterschiedlicher Lebenssachverhalte Kriterien auszuwählen, nach denen unterschiedliche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln sind, wobei insbesondere sachwidrige Unterschiede dabei beachtet werden müssen. Zunächst müssen für die Feststellung einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes, personenbezogene Differenzierungen entwickelt werden, woraus dann Vergleichsgruppen gebildet werden. Sodann erfolgen die Feststellung der Identifizierung des Differenzierungsmerkmals und des mit der Ungleichbehandlung verfolgten Differenzierungsziels, was zugleich eine Rechtfertigungsgrundlage für die Ungleichbehandlung darstellen kann.19 Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ergeben sich je nach Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Anforderungen an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung .20 Handelt es sich um Sachverhalte, die die betroffenen Normunterworfenen selber beeinflussen können, beschränkt sich die Prüfung auf ein Willkürverbot, wodurch die Unterscheidung deutlich unsachlich, objektiv willkürlich sein muss, um gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.21 Handelt es sich hingegen um die Abgrenzung unterschiedlicher Personengruppen anhand von Kriterien, die die Einzelnen nicht beeinflussen können, müssen Gründe von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen, dass sie die unterschiedlichen Rechtsfolgen rechtfertigen können.22 Folglich müssen der rechtfertigende Grund und die Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.23 2.2. Prüfungsgegenstand Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung ist zunächst festzustellen, ob die Erfassung der Erträge aus einer Minderheitenbeteiligung an einer GmbH & Co. KG durch die Hinzurechnungsgrenze des § 34 SGB VI i.V.m. §§ 14, 15 SGB IV eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem darstellen würde. 2.3. Vergleichbare Normadressaten Zunächst ist festzustellen, ob zwei vergleichbare Gruppen von Normadressaten vorliegen. Zu der ersten Gruppe gehören Gesellschafter, die Ihre Erträge aus der Minderheitenbeteiligung an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft (GmbH & Co. KG) beziehen und von der Hinzurechnungsgrenze im Rahmen des § 34 SGB VI erfasst werden, zur zweiten Gruppe gehören Aktionäre die Dividenden aus einer AG beziehen und nicht von der Hinzurechnungsgrenze erfasst werden. 19 Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, GG Art. 3 Rn. 5-6. 20 BVerfGE 129, 49 = NVwZ 2011, 1316. 21 Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, GG Art. 3 Rn. 5-6. 22 BVerfG 10. Januar 1995, BVerfGE 91, 389, 401; 7.10.1980, BVerfGE 55, 72, 89 ff. 23 BVerfG 30. Mai 1990, AP BGB § 622 Nr. 28. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 080/18 Seite 9 Im Folgenden werden die zwei Fallvarianten konkretisiert, um personenbezogene Differenzierungen zu entwickeln, wodurch erst danach entscheiden werden kann, ob die Bildung von Vergleichsgruppen möglich ist. 2.3.1. Erträge aus einer GmbH & Co. KG Die GmbH & Co. KG ist gesetzlich nicht geregelt. Sie entsteht, wenn bei einer Kommanditgesellschaft (KG) die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters (Komplementärs) von einer juristischen Person (hier der Gesellschaft mit beschränkter Haftung [GmbH]) eingenommen wird. Das Gebilde der GmbH & Co. KG ist handelsrechtlich und steuerrechtlich als Personengesellschaft anerkannt.24 Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die GmbH & Co. KG als eine steuerrechtlich zulässige bürgerliche-rechtliche Form bejaht und ausdrücklich festgestellt, dass sie ertragsteuerlich als Personengesellschaft zu behandeln ist und nicht nur eine lediglich in die äußere Form der Personengesellschaft gekleidete Kapitalgesellschaft darstellt.25 Demnach ist sie im Rahmen der Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zuzuordnen.26 Nach den maßgebenden Bestimmungen des EStG handelt es sich bei den Gewinnanteilen aus der Stellung als Kommanditist um Arbeitseinkommen, denn nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG bezieht er Einkünfte aus Gewerbebetrieb, bei der er als Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, auch wenn er als Kommanditist nicht aktiv in der Gesellschaft mitarbeitet. Denn die unternehmerische Stellung vermittelt die Einkünfte. Der Gesellschafter der sein Einkommen aus einer Minderheitsbeteiligung einer GmbH & Co. KG bezieht, hat grundsätzlich nach dem Gesellschaftsvertrag die volle rechtliche Stellung eines Kommanditisten nach dem HGB inne und ist keinerlei Beschränkungen unterworfen. Er ist als Kommanditist Gesellschafter der GmbH & Co. KG und hatte entsprechend seinem Kapitalanteil Stimmrecht bei den Beschlüssen der Gesellschaft. Das erforderliche Mitunternehmerrisiko ergibt sich aus der Gewinn- und Verlustbeteiligung. Danach ist der Gesellschafter entsprechend seinem Minderheitsbeteiligungsverhältnis am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt. Die als Gesellschafter erzielten Gewinnanteile sind deshalb anrechenbares Arbeitseinkommen, da es sich um Gewinne aus einer „selbständigen Tätigkeit“ handelt , die keinesfalls mit Unterhaltszahlungen oder einer Zusatzversorgung beziehungsweise einer privaten Betriebsrente zu vergleichen sind, sondern auf der Tätigkeit des Gesellschafters in der GmbH & Co. KG in Ausübung seiner uneingeschränkten Rechte als Kommanditist und steuerrechtlicher Mitunternehmer beruhen.27 2.3.2. Dividenden aus einer Aktiengesellschaft Der Begriff „selbständige Tätigkeit“ in § 15 SGB IV umfasst, wie von der Rechtsprechung wiederholt entschieden, alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten 24 Blümich/Bode EStG § 15 Rn. 267-271. 25 BFH I 351/56 Urteil von 16. September 58, BStBl III 58, 462; I R 253/71 v. 17. Januar 1973, BStBl II 73, 269; GrS 4/82 v. 25. Juni 1984. 26 Blümich/Bode EStG § 15 Rn. 267-271. 27 BSG Urt. v. 25. Februar 2004 – B 5 RJ 56/02 R, BeckRS 2004, 41030. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 080/18 Seite 10 nach dem Katalog des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entsprechen etwa dem Arbeitsentgelt aus abhängiger Beschäftigung gemäß § 14 SGB IV. Der Einkommensteuer unterliegen danach Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Einkünfte aus selbständiger Arbeit.28 Dagegen bleiben die übrigen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 EStG, wie Einkünfte aus Kapitalvermögen, bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens nach § 15 SGB IV außer Ansatz. Dahingehend sind Dividenden eines Aktionärs aus einer AG, Gewinnanteile im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG. Da diese Einkünfte steuerrechtlich wie auch sozialversicherungsrechtlich kein Arbeitseinkommen darstellen, werden sie bei der Prüfung der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenze im Sinne von § 34 SGB VI nicht berücksichtigt. Dieser Einkunftsart liegen keine Betätigungen zu Grunde, die im System der sozialen Sicherung, wie etwa eine abhängige Beschäftigung oder bestimmte selbständige Tätigkeiten, zur Begründung eines Versicherungsverhältnisses führen könnten. 2.4. Zwischenergebnis Daraus folgt, dass diese zwei Fallvarianten nicht miteinander vergleichbar sind, denn zwischen Ihnen bestehen wesentliche Unterschiede und keine vergleichbare Interessenlage, wodurch in diesem Fall Ungleiches zu Recht ungleich behandelt wird. Im Hinblick auf die Berücksichtigung von Arbeitseinkommen nach § 15 Abs. 1 SGB IV in Anbindung an das Einkommensteuerrecht als Hinzuverdienst ist ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht gegeben . Es liegt keine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte vor. Die Einkünfte aus der Gewinnbeteiligung an der GmbH & Co. KG sind mit denen aus Kapitalvermögen nicht gleichzusetzen . Der Gesellschafter aus einer Gewinnbeteiligung einer GmbH & Co KG kann nämlich vorliegend aus seiner steuerrechtlichen Gestaltung steuerliche Vorteile in Anspruch nehmen, die bei den anderen Einkunftsarten, zum Beispiel aus Kapitalvermögen, nicht bestehen. Die Anbindung des § 15 SGB IV an das Steuerrecht stellt zudem eine sachgerechte typisierende Regelung dar, wie sie bei der Ordnung von Massenerscheinungen, die im Sozialversicherungsrecht bewältigt werden müssen, grundsätzlich als notwendig anzuerkennen ist. Derartige typisierende Regelungen sind verfassungsrechtlich ausgeschlossen, wenn die damit verbundenen Härten besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären. Besondere Härten sind hier hingegen nicht ersichtlich. Die steuerrechtliche Bewertung der Einkünfte aus der Gewinnbeteiligung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ist vielmehr Folge einer vom Gesellschafter wahrgenommenen Gestaltungsmöglichkeit, die ihm steuerrechtlich erhebliche Vorteile gewährt. Die unterschiedliche steuerrechtliche Bewertung beider Einkunftsarten folgt allein aus einer freiwilligen und rechtlich zulässigen Gestaltung der Vermögensverhältnisse des Gesellschafters und der übri- 28 Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entsprechen etwa dem Arbeitsentgelt aus abhängiger Beschäftigung gemäß § 14 SGB IV. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 080/18 Seite 11 gen Gesellschafter durch Gründung einer GmbH & Co. KG. Bei seinen Überlegungen zur Ausübung dieses Gestaltungsrechts kann der Gesellschafter die Auswirkungen in anderen Rechtsgebieten , hier im Sozialrecht, miteinbeziehen.29 3. Ergebnis Dividenden eines Aktionärs aus einer AG und die Minderheitsbeteiligung an einer GmbH & Co. KG beruhen auf unterschiedlichen Einkunftsarten, demnach auf ungleichen Ausgangspunkten, womit die Bildung von Vergleichsgruppen im konkreten Fall nicht erfolgen kann. Ein verfassungsrechtlicher Verstoß gegen Art. 3 GG hinsichtlich der Erfassung und Nichterfassung von Erträgen im Rahmen der Hinzuverdienstgrenze im Sinne des § 34 SGB VI ist nicht gegeben *** 29 BSG Urt. v. 25. Februar 2004 – B 5 RJ 56/02 R, BeckRS 2004, 41030; LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 5. November 2014 – L 16 R 575/11, BeckRS 2015, 65012.