© 2016 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 079/16 Eingangsbestätigung bei Sozialleistungsanträgen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 079/16 Seite 2 Eingangsbestätigung bei Sozialleistungsanträgen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 079/16 Abschluss der Arbeit: 7. Juli 2016 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 079/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkungen 4 2. Anspruch auf Eingangsbestätigung im Rahmen des SGB II 5 2.1. Rechtsprechung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende 6 2.2. Petitionsverfahren 6 2.3. Fazit 8 3. Gibt es einen Anspruch bei sonstigen Sozialleistungsträgern? 8 3.1. Arbeitsförderung – Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch 8 3.2. Gesetzliche Krankenversicherung – Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch 8 3.3. Gesetzliche Rentenversicherung – Leistungen nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch 9 3.4. Gesetzliche Unfallversicherung – Leistungen nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch 9 3.5. Kinder- und Jugendhilfe – Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch 9 3.6. Soziale Pflegeversicherung - Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch 10 3.7. Sozialhilfe – Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch 10 4. Gibt es einen Anspruch bei sonstigen Verfahrenshandlungen 10 5. Widersprüche gegen Verwaltungsakte 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 079/16 Seite 4 1. Vorbemerkungen Das weitgehend inhaltsgleiche Verfahren der Verwaltung zur Durchführung einer öffentlichen Aufgabe ist grundsätzlich in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder geregelt . Das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) des Bundes ist im Rahmen des bundesrechtlichen Verfahrensrechts die lex generalis. Es sieht beispielsweise bei Verfahren über eine einheitliche Stelle im Sinne der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie die Ausstellung einer fristwahrenden Empfangsbestätigung vor (§ 71b Absatz 3 VwVfG). Das VwVfG gilt jedoch nicht für Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG). Der Gesetzgeber hat für Sozialverwaltungsverfahren im Zehnten Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X) eigene Vorschriften geschaffen. Danach ist das Verwaltungsverfahren nicht an bestimmte Formen gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Es ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen (§ 9 SGB X). „Außerhalb zwingend zu beachtender Rechtsvorschriften ist die Behörde für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens an keine bestimmten Vorgaben gebunden und damit eigenverantwortlich und frei in der Gestaltung. (…) Der Informationsaustausch zwischen den Beteiligten ist nicht festgelegt und kann daher in jeder erdenklichen Form erfolgen; d.h. einschließlich der Benutzung der elektronischen Medien (…).“1 Eine Norm, die eine generelle fristwahrende Empfangsbestätigung bei Sozialverwaltungsverfahren vorsieht, enthält das SGB X nicht. Mit Ausnahme der Unfallversicherung gilt für die Sozialversicherung der Grundsatz, dass Leistungen antragsabhängig sind (Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, § 19 SGB IV). Für die existenzsichernden Sozialleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende, § 37 SGB II) und die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe, § 44 SGB XII) besteht ebenfalls ein Antragserfordernis. Der Leistungsbeginn hängt hier von Zeitpunkt der Antragstellung ab. Für Antragstellende ist es daher von zentraler Bedeutung, dass ihr Antrag auf Sozialleistungen beim zuständigen Träger oder ggf. bei einem anderen Leistungsträger eingeht (Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil, § 16 SGB I). Der Antrag auf Sozialleistungen ist eine einseitige, empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung . Mit der Willenserklärung muss der Antragstellende zum Ausdruck bringen, dass er Leistungen vom Träger begehrt. Es gelten die §§ 130 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). § 130 Absatz 3 BGB regelt die Willenserklärungen gegenüber Behörden; sie sind wie Erklärungen gegenüber Abwesenden zu behandeln. Die schriftliche Willenserklärung geht zu, wenn sie bei der zuständigen Posteingangsstelle eingeht. Die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Empfänger (Sachbearbeiter/Geschäftsstelle) ist nicht erforderlich.2 Die Beweislast des Antragszugangs trägt 1 Weber (2015) in: Beck'scher Online-Kommentar Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 40. Edition, § 9 SGB X, Rn. 3. 2 Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 7. Oktober 1976 – 9 RV 218/75 –, BSGE 42, 279-282, SozR 1500 § 84 Nr. 2 und BSG, Urteil vom 1. Februar 1979 – 12 RK 33/77 –, SozR 2200 § 1227 Nr. 23, BSGE 48, 12-17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 079/16 Seite 5 derjenige, der sich auf die Wirksamkeit einer empfangsbedürftigen Willenserklärung beruft und hieraus Rechte ableiten will. Der Antragsteller muss den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs seiner Willenserklärung/seines Antrags beweisen.3 Nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe kann bei einem „OK“-Vermerk auf dem Sendebericht eines Faxgerätes generell davon ausgegangen werden, dass die Faxübertragung im Speicher des empfangenden Geräts angekommen ist.4 Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit der Frage, ob es einen Anspruch auf die Erteilung einer Eingangsbestätigung im Rahmen der jeweiligen Sozialgesetzbücher gibt. Abschließend wird das Verfahren bei der Einlegung von Widersprüchen erläutert. 2. Anspruch auf Eingangsbestätigung im Rahmen des SGB II Gemäß § 37 SGB II werden die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nur auf Antrag erbracht. Es gilt der Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens (§ 9 SGB X). Mit der Antragstellung wird das Verwaltungsverfahren eingeleitet, das gemäß § 8 SGB X mit dem Erlass eines (positiven oder negativen) Bescheids endet. Der Zeitpunkt der Antragstellung ist der frühestmögliche Beginn des Bewilligungszeitraums; er wirkt auf den Ersten des Monats zurück. Eine gesetzliche Regelung für Empfangsbestätigungen/Eingangsbestätigungen sieht das SGB II nicht vor. Nach den Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu § 37 SGB II ist die Antragstellung durch die Mitarbeiter der BA/Jobcenter zu dokumentieren: „Wird ein Antrag postalisch oder telefonisch gestellt, ist dem Antragsteller unverzüglich ein Antragsvordruck zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen zu übersenden.“5 Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Absatz 1 BGB).6 Gemäß den Empfehlungen des Handbuches für Neukunden der BA „wird dringend empfohlen, Verfahrensregelungen zum Umgang mit Anträgen ohne Kundenvorsprache (telefonisch, postalisch, nach Aushändigung durch nicht zuständige Träger) zu treffen, damit auch diese Kunden schnellstmöglich aktiviert werden können.“7 3 Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 18. Januar 1978 – IV ZR 204/75 –, BGHZ 70, 232-235. 4 OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. September 2008 – 12 U 65/08, sich anschließend OLG Koblenz, Beschluss vom 1. Februar 2013 – 2 U 1249/11, OLG Frankfurt, Urteil vom 5. März 2010 – 19 U 213/09 –, juris. 5 Bundesagentur für Arbeit, Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II, Fachliche Weisungen, § 37 SGB II Antragserfordernis , Rn. 37.9, Stand 28. Juli 2015, https://www.arbeitsagentur .de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mdqx/~edisp/l6019022dstbai 377987.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI377990. 6 Diese gesetzliche Definition des Begriffs „unverzüglich“ gilt entsprechend für alle Rechtsbereiche (vgl. BVerwG NJW 1989, 52, 53). 7 Bundesagentur für Arbeit, Handbuch Neukundenprozess SGB II, Beschreibung der Prozessphasen und Darstellung von Praxisbeispielen, Punkt 2.1, Stand März 2010, https://www.arbeitsagentur .de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mtaw/~edisp/l6019022dstbai 397179.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI397182. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 079/16 Seite 6 2.1. Rechtsprechung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende Bereits im Jahr 2008 urteilte das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen, dass die Hilfebedürftigen selbst die Beweislast für den Zugang der Willenserklärung bzw. des Antrages nach SGB II tragen müssen. Auch für normale Postsendungen bestünde entgegen einer in der Literatur vertretenen Mindermeinung kein Beweis des ersten Anscheins, dass eine zur Post gegebene Sendung den Empfänger auch erreichen würde. Es gelte lediglich bei nachgewiesenem Zugang der Anscheinsbeweis, dass ein Schreiben mit dem Inhalt angekommen ist, mit dem es abgesandt wurde.8 Das Sozialgericht (SG) Stade machte 2009 deutlich, dass trotz der Schwierigkeiten für Leistungsempfänger , im Einzelnen den Nachweis über die Einreichung von Unterlagen bei einem Sozialleistungsträger nachzuweisen, keine gesetzliche Grundlage für eine Verpflichtung von Behörden zur Erteilung von Eingangsbetätigungen bzw. Eingangstempeln bestünde. Der Bürger sei auf die üblichen Wege des Nachweises zu verweisen, z.B. die Versendung der Unterlagen per Einschreiben oder per Telefax mit Sendebericht.9 Nach einem Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG Sachsen) aus dem Jahr 2012 ist „eine Willenserklärung (hier ein Leistungsantrag nach § 37 SGB II) dann zugegangen, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Nach den allgemeinen Regeln zur objektiven Beweislast gilt der Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen . Für den Zeitpunkt des Einganges des konstitutiv wirkenden Antrages auf Leistungen nach dem SGB II tragen danach die Kläger die objektive Beweislast.“10 2.2. Petitionsverfahren Im Rahmen der öffentlichen Petition mit dem Titel „Bundesagentur für Arbeit – Erreichbarkeit der Arbeitsagentur per E-Mail“ an den Deutschen Bundestag aus dem Jahr 2011 wurde gefordert, dass die Vermittlungsabteilungen der Jobcenter der Arbeitsagentur per E-Mail von den Hilfebedürftigen erreichbar sein sollen und diese darüber hinaus verpflichtet werden sollen, jede eingehende E-Mail zu bestätigen. Der Petitionsausschuss hat die Petition am 22. November 2012 abschließend beraten und beschlossen, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte: „Entscheidungen über organisatorische Angelegenheiten der Jobcenter, in denen Bundesagentur für Arbeit und Kommunen eine gemeinsamen Einrichtung bilden, gehören zum Aufgabenbereich der jeweiligen Trägerversammlung (§ 44c Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II). Die Trägerversammlung trifft Regelungen zur Erreichbarkeit eigenverantwortlich , worunter auch Regelungen zum Kundenkontakt per E-Mail fallen. 8 LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. April 2008 – L 9 AS 69/07 –, juris. 9 SG Stade, Beschluss vom 3. September 2009 – S 28 AS 560/09 ER –, juris. 10 LSG Sachsen, Urteil vom 21. Juni 2012 – L 3 AS 607/11 –, juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 079/16 Seite 7 Die gemeinsamen Einrichtungen nutzen zur Erfüllung ihrer Aufgaben durch die Bundesagentur für Arbeit zentral verwaltete Verfahren der Informationstechnik (§ 50 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Um die sogenannten „SPAM-Mails“ einzudämmen, lassen diese automatische Empfangsbestätigungen nicht zu. Auf diesen Sachverhalt wird seitens des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik in der Maßnahme M 5.94 „Sicherheit von E-Mail-Clients bei der Nutzung von Internet -PCs“ ausdrücklich hingewiesen. Der gemeinsamen Einrichtung bleibt es unbenommen, auf eingehende E-Mails mit einer nicht-automatischen Empfangsbestätigung zu antworten. Regelungen zu Verwaltungsablauf und Organisation der Jobcenter, die als zugelassener kommunaler Träger die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende alleine wahrnehmen (§ 6a SGB II), treffen diese als organisatorisch eigenständige Einrichtungen selbst. Soweit die Petition dahingehend ausgelegt werden kann, dass sie sich gegen die Tätigkeit von Behörden in einzelnen Bundesländern richtet, ist der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages wegen der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern nicht zuständig. Die Behörden der Länder unterliegen der jeweiligen Landesaufsicht. Dem Petenten steht es jedoch frei, sich mit seinem Anliegen an die jeweils zuständige Landesvolksvertretung zu wenden. Nach einer Abwägung zwischen dem Vorbringen des Petenten und den Ausführungen des Bundesministeriums kommt der Petitionsausschuss zu dem Ergebnis, dass er das Anliegen nicht unterstützen kann. Er hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht für eine Gesetzesänderung im Sinne des Petenten auszusprechen. Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen des Petenten nicht entsprochen werden konnte. Der von den Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales – als Material zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, ist vom Ausschuss mehrheitlich abgelehnt worden.“11 Im Januar 2013 beriet der Petitionsausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen über eine Petition , die die organisatorischen Abläufe im Jobcenter Gladbeck hinsichtlich der Bestätigung beim Einreichen von Unterlagen kritisierte. Der Ausschuss kam zu dem Schluss, dass die Kritik unbegründet sei: „Die Prüfung des vom Petenten vorgetragenen Sachverhalts hat ergeben, dass die Kritik an den organisatorischen Abläufen im Jobcenter in Gladbeck hinsichtlich der Bestätigung beim Einreichen von Unterlagen unbegründet ist. Bei Neukunden wird die Vorsprache/Antragstellung spätestens am Folgetag im IT-Verfahren dokumentiert . Zudem erhalten Neukunden bei ihrer ersten Vorsprache eine schriftliche Bestätigung über die Antragstellung, so dass damit auch eine gesetzeskonforme Bewilligung von Leistungen gewährleistet wird. Weitere Unterlagen, die in den durchzuführenden Verwaltungsverfahren hinzugezogen werden müssen, können in unterschiedlicher Art und Weise eingereicht werden. 11 Deutscher Bundestag, Petition 20368, abrufbar unter: https://epetitionen.bundestag.de/petitionen /_2011/_10/_04/Petition_20368.nc.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 079/16 Seite 8 Möchten Kunden nachzureichende Unterlagen persönlich abgeben, soll dies in der Regel bei den zuständigen Sachbearbeitern erfolgen, damit der Vorgang besprochen und möglichst unmittelbar bearbeitet werden kann. Sollte die persönliche Abgabe nicht möglich sein, wird den Kunden auf ausdrücklichen Wunsch eine Eingangsbestätigung über die eingereichten Unterlagen durch den Kundenservice (Empfang) ausgestellt. Posteingänge erhalten sowohl in der Botenmeisterei der Stadt Gladbeck als auch beim Jobcenter einen Posteingangsstempel und werden an die zuständigen sachbearbeitenden Stellen weitergeleitet. Diese Abläufe entsprechen der üblichen Verwaltungspraxis unter Beachtung der Vorschriften des ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs und der Allgemeinen Geschäftsanweisung (AGA) des Bürgermeisters der Stadt Gladbeck. Die Vorgehensweise und Entscheidung des Jobcenters in Gladbeck sind somit nicht zu beanstanden .“12 2.3. Fazit Es gibt keine gesetzlichen Regelungen für die Ausstellung einer Eingangsbestätigung. Das Handbuches für Neukunden der BA empfiehlt lediglich, Verfahrensregelungen zum Umgang mit Anträgen ohne Kundenvorsprache zu treffen, Auch der Petitionsausschuss des Deutschen Bundstages geht davon aus, dass die Trägerversammlung der gemeinsamen Einrichtung (§ 44c SGB II) Regelungen zur Erreichbarkeit eigenverantwortlich trifft. 3. Gibt es einen Anspruch bei sonstigen Sozialleistungsträgern? 3.1. Arbeitsförderung – Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch Die Leistungen der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) werden nur erbracht, wenn Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisse endet, sich spätestens drei Monate vor der Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden (§ 38 Absatz 1 SGB III). Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Bei persönlichem Erscheinen ist eine Eingangsbestätigung nicht erforderlich. 3.2. Gesetzliche Krankenversicherung – Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch Organisatorisch ist die deutsche Krankenversicherung eine „gegliederte“ Versicherung, d. h. es gibt keinen einheitlichen Versicherungsträger, sondern verschiedene Kassenarten. Die Leistungen werden in Form von Sachleistungen zur Verfügung gestellt. Zur Umsetzung des Sachleistungsprinzips schließen die Krankenkassen mit den Leistungserbringern wie Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken usw. Verträge mit der Verpflichtung, die Versicherten im Krankheitsfall zu Lasten der Krankenkassen zu behandeln. 12 Landtag Nordrhein-Westfalen, Übersicht 16/7, Beschlüsse zu Petitionen, 11. Sitzung des Petitionsausschusses am 8. Januar 2013, Geschäftszeichen: 16-P-2012-01090-00, Seite 29, https://www.landtag.nrw.de/portal /WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMPE16%2F7|1|1&Id=MMPE16%2F7|3|35. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 079/16 Seite 9 Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Patientenrechtegesetz ) vom 20. Februar 2013 (BGBl. I. S. 277) sind in dem neuen § 13 Absatz 3a SGB V die Rechte der Patientinnen und Patienten gegenüber den Krankenkassen gestärkt worden. Das Gesetz regelt eine Beschleunigung der Entscheidungsprozesse der Krankenkassen: „Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes , gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.“ 3.3. Gesetzliche Rentenversicherung – Leistungen nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch Eine Eingangsbestätigung ist gesetzlich nicht vorgesehen. In der Praxis wird jedoch nach Eingang des Rentenantrags (§ 115 SGB VI) eine entsprechende Bestätigung verschickt. 3.4. Gesetzliche Unfallversicherung – Leistungen nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch Leistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung (Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VII) werden i. d. R. von Amts wegen erbracht (§ 19 SGB IV). Die Versicherten selbst brauchen keinen Antrag stellen. Nach § 193 SGB VII sind Unternehmen verpflichtet, Versicherungsfälle dem Unfallversicherungsträger anzuzeigen, wenn ein Arbeitsunfall oder ein Wegeunfall (z. B. Unfall auf dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen oder den Tod eines Versicherten zur Folge hat. Der Unternehmer oder sein Bevollmächtigter hat die Anzeige binnen drei Tagen zu erstatten, nachdem er von dem Unfall Kenntnis erhalten hat. Gibt es Anhaltspunkte für eine Berufskrankheit, ist diese dem Unfallversicherungsträger anzuzeigen. Für die Anzeige von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen existieren verbindliche Vordrucke. Ein Exemplar dient der Dokumentation im Unternehmen. Ein Exemplar erhält der Betriebsrat (Personalrat), falls dieser vorhanden ist. Versicherte, für die eine Anzeige erstattet wird, sind auf ihr Recht hinzuweisen, dass sie eine Kopie der Anzeige verlangen können. Eine Anzeigepflicht besteht auch bei Ärzten oder Zahnärzten, sofern der begründete Verdacht besteht, dass bei Versicherten eine Berufskrankheit besteht. Die Ärzte oder Zahnärzte haben die Versicherten über den Inhalt der Anzeige zu unterrichten und ihnen den Unfallversicherungsträger und die Stelle zu nennen, denen sie die Anzeige übersenden (§ 202 SGB VII). 3.5. Kinder- und Jugendhilfe – Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes liegt die Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe - SGB VIII) und die Finanzierung bei den Bundesländern. Die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfen werden somit überwiegend von den örtlichen Trägern der Jugendhilfe (Kreise, kreisfreie Städte, kreisangehörige Gemeinden mit eigenem Jugendamt ) durchgeführt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 079/16 Seite 10 Bundesgesetzliche Regelungen zu Eingangsbestätigungen gibt es nicht. Es liegen keine Erkenntnisse zu den Verwaltungsverfahren der Träger vor. 3.6. Soziale Pflegeversicherung - Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch Nach § 7 Absatz 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) informiert „die zuständige Pflegekasse (…) die Versicherten unverzüglich nach Eingang eines Antrags auf Leistungen nach diesem Buch insbesondere über ihren Anspruch auf die unentgeltliche Pflegeberatung nach § 7a, den nächstgelegenen Pflegestützpunkt nach § 7c sowie die Leistungsund Preisvergleichsliste nach Absatz 3.“ Der Bundesgesetzgeber hat im Rahmen der Gesetzesbegründung zu § 7 des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes nochmals verdeutlicht, dass „die Regelung (…) die Pflegekassen verpflichtet, Pflegebedürftigen , die Leistungen nach diesem Buch beantragen, künftig nicht mehr spätestens mit dem Bescheid über die Bewilligung des Antrags, sondern unverzüglich eine Vergleichsliste über die Leistungen und Vergütungen der zugelassenen Pflegeeinrichtungen zu übermitteln, in deren Einzugsbereich die pflegerische Versorgung gewährleistet werden soll.“13 Nach dem SGB XI gibt es keine Eingangsbestätigung, aber die Verpflichtung für die Pflegekassen unverzüglich die erforderlichen Informationen zu übermitteln (siehe auch unter Punkt 2.). Einen Ermessensspielraum für die Pflegekassen lässt die Wortwahl des Gesetzgebers nicht zu. 3.7. Sozialhilfe – Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch Gemäß § 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) wird die Sozialhilfe von örtlichen und überörtlichen Trägern geleistet. Örtliche Träger der Sozialhilfe sind die kreisfreien Städte und die Kreise, soweit nicht nach Landesrecht etwas anderes bestimmt wird. Die Länder bestimmen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Nach § 18 SGB XII setzt die Sozialhilfe ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen. Für das Entstehen eines Anspruchs auf Sozialhilfe ist ein Antrag nicht erforderlich. Sie setzt theoretisch von Amts wegen ein. In der Praxis wird meist ein Antrag gestellt. Für die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII gilt das Antragsprinzip (§ 44 SGB XII). Die Träger haben für die Leistungen der Sozialhilfe eigene Antragsformulare entwickelt. Es liegen keine Erkenntnisse zu den Verwaltungsverfahren der Träger vor. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales in Berlin beispielsweise empfiehlt, unterschriebene Anträge per Post an das zuständige Sozialamt zu senden oder auch persönlich dort abzugeben. In der Regel sei das persönliche Erscheinen von Vorteil. 4. Gibt es einen Anspruch bei sonstigen Verfahrenshandlungen Nach § 16 Absatz 2 SGB I sind Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bun- 13 Entwurf eines Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz ), BT-Drs. Drucksache 16/7439 vom 7. Dezember 2007, Seite 45. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 079/16 Seite 11 desrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Die Zuständigkeit ist vom in Anspruch genommenen Leistungsträger zu prüfen. Stellt der Leistungsträger fest, dass er nicht zuständig ist, hat er den Antrag unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Verstöße gegen die Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung von Anträgen können einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch oder ggf. einen Schadenersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB) zur Folge haben. Inwieweit Eingangsbestätigungen im Einzelfall erstellt werden, ist nicht bekannt. Sozialgesetzliche Regelungen bestehen nicht. 5. Widersprüche gegen Verwaltungsakte Die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit regelt § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Sozialgerichtsbarkeit ist zuständig für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung, d.h. der gesetzlichen Kranken-, Renten-, Unfall-, und Pflegeversicherung sowie der Arbeitsförderung. Ebenso sind hier zu entscheiden öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts sowie Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes . Ein öffentlich-rechtlicher Rechtstreit ist dann gegeben, wenn es um ein Handeln durch Verwaltungsakt geht. Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte regelt § 62 SGB X. Der förmliche Rechtbehelf gegen einen Verwaltungsakt ist nach dem SGG der Widerspruch (§§ 83 ff. SGG). Der Widerspruch ist erforderlich, um den Eintritt der Bindungswirkung des erlassenen Verwaltungsakts zu verhindern (§ 77 SGG). Vor Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ist grundsätzlich gemäß § 78 SGG ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Der Widerspruch ist binnen eines Monats einzulegen, nachdem der Verwaltungsakt bekanntgegeben worden ist und muss schriftlich oder zur Niederschrift eingereicht werden (§ 84 Absatz 1 Satz 1 SGG). Die mündliche und fernmündliche Einlegung des Widerspruchs ist unzulässig. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, und die in § 84 Absatz 2 SGG genannten Stellen sind zur Aufnahme des Widerspruchs zur Niederschrift verpflichtet. „Der Widerspruch muss fristgemäß in den Machtbereich der Ausgangsbehörde eingehen, wozu der Einwurf in den Briefkasten am letzten Tag der Frist (auch nach Dienstschluss) genügt, ebenso die Einsortierung in ein Postfach. Beim Telefax kommt es auf die fristgemäße vollständige Übermittlung an, (…). Auch wenn der Widerspruchsführer die materielle Beweislast für den fristgemäßen Eingang trägt, darf es ihm im Ergebnis nicht zum Nachteil gereichen, wenn die zuständige Behörde keinen Nachtbriefkasten bereitstellt, der einen Datierung des Einwurfs ermöglicht.“14 Ende der Bearbeitung 14 Breitkreuz, Tilman (2014) in: Breitkreuz/Fichte, Kommentar SGG, § 84 SGG, Rn. 12.