© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 078/19 Arbeitsschutz nach dem Arbeitszeitgesetz Rechtliche Ausgestaltung der Sonn- und Feiertagsarbeit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 2 Arbeitsschutz nach dem Arbeitszeitgesetz Rechtliche Ausgestaltung der Sonn- und Feiertagsarbeit Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 078/19 Abschluss der Arbeit: 21. Juni 2019 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtliche Ausgestaltung der Sonn- und Feiertagsarbeit 4 2.1. Vorschriften aus dem ArbZG (§§ 9-13) 4 2.1.1. Grundsatz 4 2.1.2. Ausnahmen 5 2.1.2.1. § 9 Abs. 2 und Abs. 3 ArbZG 5 2.1.2.2. § 10 ArbZG 5 2.1.2.3. Ausnahmen durch Rechtsverordnung der Bundesregierung (§ 13 Abs. 1 ArbZG) 7 2.1.2.4. Ausnahmen durch Rechtsverordnung der Landesregierung (§ 13 Abs. 2 ArbZG) 8 2.2. Ladenöffnungsgesetze 9 2.3. Sonn- und Feiertagsgesetze der Länder 10 3. Mögliche Grenzen einer Erweiterung der Ausnahmen vom grundsätzlichen Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen 10 3.1. Stärkung des Sonntagsschutzes durch das Bundesverfassungsgericht 10 3.1.1. Weltlich-soziale Bedeutung des Artikels 139 WRV 11 3.1.2. Artikel 139 WRV als Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips 11 3.1.3. Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe 12 3.2. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. November 2014 12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 4 1. Einleitung Die Regelungen zum Sonn- und Feiertagsrecht bestehen aus einem vielschichtigen Normgeflecht. Auf Bundesebene ist das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zu beachten, welches neben der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer1 den Zweck verfolgt, die Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zu schützen (§ 1 ArbZG). Ferner sind das Ladenschlussgesetz des Bundes sowie die Ladenschluss- bzw. Ladenöffnungsgesetze der Bundesländer zu berücksichtigen. Des Weiteren statuieren die Feiertagsgesetze der Länder Regelungen in Bezug auf den Feiertags- und somit auch den Arbeitsschutz, lassen von diesem Schutz jedoch – regional unterschiedlich – mehr oder weniger weitreichende Ausnahmen2 zu. Nicht zuletzt berührt die Frage nach zulässiger Sonn- und Feiertagsbeschäftigung von Arbeitnehmern auch die verfassungsrechtliche Ebene, denn Artikel 139 Weimarer Reichsverfassung (WRV) besagt hierfür, dass der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung gesetzlich geschützt bleiben. Artikel 139 WRV wird hierbei durch Artikel 140 Grundgesetz (GG) inkorporiert, sodass diese Bestimmungen nach wie vor vollgültiges Verfassungsrecht darstellen. Das soeben skizzierte Ineinandergreifen verschiedener Regelungsebenen ist somit stets bei der Zulässigkeit von Arbeitnehmerbeschäftigung an Sonn- und Feiertagen zu berücksichtigen. Im Folgenden soll zunächst die rechtliche Ausgestaltung der Sonn- und Feiertagsarbeit dargestellt werden und im Anschluss hieran auf mögliche Grenzen der Erweiterung der Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen eingegangen werden. 2. Rechtliche Ausgestaltung der Sonn- und Feiertagsarbeit 2.1. Vorschriften aus dem ArbZG (§§ 9-13) 2.1.1. Grundsatz Im ArbZG ist die Sonn- und Feiertagsruhe in den §§ 9 bis 13 auf einfachgesetzlicher Ebene geregelt . § 9 Abs. 1 ArbZG schreibt hierbei grundsätzlich vor, dass die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen untersagt ist. Dieses Beschäftigungsverbot korrespondiert mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Sonntagsruhe und der gesetzlichen Feiertagsruhe gemäß Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 139 WRV.3 Bei § 9 Abs. 1 ArbZG handelt es sich um eine nicht dispositive Vorschrift des öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitschutzes . Daher liegt eine unzulässige Beschäftigung auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer diese am 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden ausschließlich die männliche Form verwendet. Es sind stets Personen jeglichen Geschlechts gleichermaßen gemeint. 2 So etwa § 4 des Feiertagsgesetzes von Rheinland-Pfalz, welcher Ausnahmen von den Arbeitsverboten regelt. 3 Vgl. ausführlich Baeck/Deutsch, Kommentar zum Arbeitszeitgesetz, 3. Auflage 2014, Vorbemerkungen §§ 9 bis 13 Rn. 8f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 5 Sonn- oder gesetzlichen Feiertag freiwillig verrichtet.4 Der Begriff der Beschäftigung umfasst nicht nur die Beschäftigung in Vollarbeit, sondern schließt jede Art der Beschäftigung mit ein.5 2.1.2. Ausnahmen Der Ausdruck „grundsätzlich“ (§ 9 Abs. 1 ArbZG) impliziert bereits, dass es vom Verbot der Beschäftigung an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen auch Ausnahmen gibt. Zu beachten ist jedoch stets, dass jedem Arbeitnehmer mindestens 15 freie Sonntage pro Jahr verbleiben müssen (§ 11 Abs. 1 ArbZG) und ihm für Sonntagsarbeit ein Ersatzruhetag zusteht (§ 11 Abs. 3 ArbZG). Von diesen Vorschriften kann unter bestimmten Umständen durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung abgewichen werden (§ 12 ArbZG). 2.1.2.1. § 9 Abs. 2 und Abs. 3 ArbZG Gemäß § 9 Abs. 2 ArbZG kann in mehrschichtigen Betrieben mir regelmäßiger Tag- und Nachtschicht Beginn oder Ende der Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu sechs Stunden vor- oder zurückverlegt werden, wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht. Diese Regelung ermöglicht es den Arbeitnehmern, einen unangenehmen Schichtwechsel um 0 respektive 24 Uhr vermeiden zu können.6 Gemäß § 9 Abs. 3 ArbZG kann der Beginn der 24stündigen Sonn- und Feiertagsruhe für Kraftfahrer und Beifahrer um bis zu zwei Stunden vorverlegt werden. Diese Regelung bezweckt die Berücksichtigung des Sonn- und Feiertagsfahrverbots aus § 30 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), welcher für Lastkraftwagen ein Fahrverbot in der Zeit von 0.00 Uhr bis 22.00 Uhr vorschreibt .7 2.1.2.2. § 10 ArbZG § 10 Abs. 1 ArbZG enthält einen Ausnahmekatalog für Tätigkeiten, die vom Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen vorgenommen werden dürfen. Die aufgeführten Ausnahmen dienen dem Ausgleich zwischen dem Gebot der Sonn- und Feiertagsruhe und der von Artikel 12 Abs. 1 GG 4 ErfK/Wank, 19. Auflage 2019, ArbZG § 9 Rn. 1. 5 Ebd. 6 Koberski, Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2: Individualarbeitsrecht II, 4. Auflage 2018, § 185 Rn. 11. 7 Baeck/Deutsch, Kommentar zum Arbeitszeitgesetz, 3. Auflage 2014, § 9 Rn. 27. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 6 geschützten Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers.8 Die in Abs. 1 aufgezählten 16 Ausnahmetatbestände stehen ausnahmslos unter dem Vorbehalt, dass die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Diese Voraussetzung, dass die Arbeit nicht an Werktagen vorgenommen werden kann, ist nicht erst dann erfüllt, wenn die Arbeit aus rein technischen Gründen nicht auf Werktage verlagert werden kann, sondern auch dann, wenn die Vornahme dieser Arbeit an Werktagen für den Betrieb unverhältnismäßige wirtschaftliche oder soziale Nachteile zur Folge hätte.9 Arbeiten, die ohne Gefährdung des Betriebszwecks mit zumutbaren Gestaltungsmitteln auf einen Werktag verschoben werden können, sind somit unzulässig.10 Die in § 10 Abs. 1 ArbZG genannten Ausnahmetatbestände - wie beispielsweise die Arbeit in Krankenhäusern oder in den Energie- und Wasserversorgungsbetrieben - haben gemein, dass eine Unterbrechung der darin enthaltenen Arbeiten an Sonn- und Feiertagen der Gesamtgesellschaft erheblichen Schaden zufügen würde. Zwar sieht § 10 Abs. 1 ArbZG auch Ausnahmen vor, welche primär der individuellen Freizeitgestaltung dienen und als sogenannte „Arbeit für den Sonntag “11, etwa in der Hotel- und Gastronomiebranche, bezeichnet werden können (§ 10 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 sowie Nr. 7 ArbZG). Es soll allerdings durch § 10 Abs. 1 ArbZG sichergestellt werden, dass die Sonn- und Feiertagsbeschäftigung auf ein Mindestmaß reduziert wird.12 Dieser Grundsatz muss bei einer Erweiterung des § 10 Abs. 1 ArbZG daher stets Berücksichtigung finden. Nach § 10 Abs. 2 ArbZG dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen mit Produktionsarbeiten beschäftigt werden, wenn die infolge der Unterbrechung der Produktion nach § 10 Abs. 1 Nr. 14 ArbZG zulässige Beschäftigung der Arbeitnehmer mit Reinigungs-, Instandhaltungs- und Vorbereitungsarbeiten den Einsatz von mehr Arbeitnehmern als bei durchgehender Produktion erfordern würde. Mit der Regelung soll somit eine Verringerung der Zahl der von Sonntagsarbeit betroffenen Arbeitnehmer erreicht werden.13 Nach §10 Abs. 3 ArbZG dürfen Arbeitnehmer in Bäckereien und Konditoreien an Sonn- und Feiertagen für bis zu drei Stunden beschäftigt werden. Zudem sieht § 10 Abs. 4 ArbZG eine Ausnahme für Arbeitnehmer vor, die zur Durchführung des Eil- und Großbetragszahlungsverkehrs und des Geld-, Devisen-, Wertpapier- und Derivatehandels an den auf einen Werktag fallenden Feiertagen beschäftigt werden. Die Ausnahmevorschrift dient der Sicherung des Finanzstandorts Deutschland.14 8 BVerfG, Urteil vom 1.Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a; Koberski, Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2: Individualarbeitsrecht II, 4. Auflage 2018, § 185 Rn. 13. 9 ErfK/Wank, 19. Auflage 2019, ArbZG § 10 Rn. 2. 10 Ebd. 11 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 Rn. 156. 12 Siehe etwa OVG Münster, Beschluss vom 10. Juli 2015 – 4 B 792/15. 13 BT-Drs. 12/5888 S. 29. 14 BT-Drs. 13/10334 S. 42 f; ErfK/Wank, 19. Auflage 2019, ArbZG § 10 Rn. 27. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 7 2.1.2.3. Ausnahmen durch Rechtsverordnung der Bundesregierung (§ 13 Abs. 1 ArbZG) Die in § 10 ArbZG normierten Ausnahmetatbestände können durch auf § 13 ArbZG gestützte Verordnungen erweitert werden. § 13 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG enthält die Ermächtigung der Bundesregierung , durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats zur Vermeidung erheblicher Schäden unter Berücksichtigung des Schutzes der Arbeitnehmer und der Sonn- und Feiertagsruhe über die Ausnahmen nach § 10 ArbZG hinaus weitere Ausnahmen - abweichend von § 9 ArbZG - zuzulassen. Die Verordnungsermächtigung erfasst unter anderem die Zulassung weiterer Ausnahmen vom Verbot der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen für Betriebe, in denen die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 2a ArbZG). Diese Ausnahme des § 13 Abs. 1 Nr. 2a ArbZG betrifft das sogenannte Bedürfnisgewerbe.15 Dies sind die Betriebe, die an Sonn- und Feiertagen Arbeitnehmer beschäftigen müssen, um tägliche oder speziell an diesen Tagen besonders hervortretende Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen .16 Da eine Reihe von Bedürfnisbetrieben bereits durch § 10 Abs. 1 ArbZG vom Beschäftigungsverbot ausgenommen sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 7, 8, 11 ArbZG), ist die Verordnungsermächtigung dementsprechend nur für andere Beschäftigungsbereiche von Relevanz.17 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) liegt ein tägliches Bedürfnis der Bevölkerung vor, wenn Waren oder Dienstleistungen von einem wesentlichen Teil der Bevölkerung als täglich wichtig in Anspruch genommen werden und deren Fehlen als Mangel empfunden wird.18 Dagegen reicht es nach Auffassung des BVerwG nicht aus, wenn ein Angebot von Waren oder Dienstleistungen nur als wünschenswert angesehen wird. Erforderlich ist vielmehr ein allgemeines, generelles Bedürfnis.19 Die Bundesregierung hat von der Ermächtigung in § 13 Abs. 1 ArbZG zum jetzigen Zeitpunkt keinen Gebrauch gemacht und es bestehe für sie derzeit auch kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf .20 15 Baeck/Deutsch, Kommentar zum Arbeitszeitgesetz, 3. Auflage 2014, § 13 Rn. 15. 16 Ebd. 17 Ebd. 18 BVerwG, Urteil vom 14. November 1989 – 1 C 14/88. 19 Baeck/Deutsch, Kommentar zum Arbeitszeitgesetz, 3. Auflage 2014, § 13 Rn. 15. 20 BT-Drs. 18/3681 S. 6 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 8 2.1.2.4. Ausnahmen durch Rechtsverordnung der Landesregierung (§ 13 Abs. 2 ArbZG) § 13 Abs. 2 ArbZG enthält eine subsidiäre Verordnungsermächtigung der Bundesländer: Soweit die Bundesregierung von der Ermächtigung des Absatzes 1 Nr. 2a keinen Gebrauch gemacht hat, können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung entsprechende Bestimmungen erlassen (§ 13 Abs. 2 ArbZG). Zusätzlich müssen kumulativ dir Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sein, sodass die Zulassung weiterer Ausnahmen von § 10 ArbZG nur möglich ist, wenn dies zur Vermeidung erheblicher Schäden unter Berücksichtigung des Arbeitnehmerschutzes und der Sonn- und Feiertagsruhe und zur Befriedigung täglicher oder an Sonn- und Feiertagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung (Bedürfnisgewerbe) erforderlich ist. Die Bundesländer haben alle – bis auf Sachsen21 – von dieser Befugnis Gebrauch gemacht, da die Bundesregierung keine Regelung erlassen hat. Die Rechtsverordnungen der Länder sind an den Musterentwurf des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) angelehnt 22 und werden als Bedarfs- respektive Bedürfnisgewerbeverordnungen bezeichnet. Für die Zulässigkeit von Ausnahmen vom grundsätzlichen Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen qua Rechtsverordnung ist stets eine Güterabwägung erforderlich, wodurch praktische Konkordanz zwischen dem Sonntagsschutz für die breite Bevölkerung auf der einen Seite und dem Sonntagsschutz der betroffenen Arbeitnehmer auf der anderen Seite hergestellt werden soll.23 Die unternehmerische Freiheit der Arbeitgeber aus Artikel 12 GG fließt in die Abwägung dagegen nicht mit ein, da der Wortlaut ausdrücklich nur die Bedürfnisse der Bevölkerung aufgreift .24 Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist zudem das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit zu berücksichtigen. Demnach geht der Sonntagsschutz zugunsten der Arbeitnehmer grundsätzlich vor, wenn sich Wünsche nach einer bestimmten Freizeitgestaltung an Sonn- und Feiertagen durch vorausschauende Planung erfüllen lassen, da dann lediglich spontan auftretende Freizeitwünsche nicht befriedigt werden können.25 Nach Auffassung Wiebauers gehe es bei der Abwägung nicht um Erforderlichkeit im engeren Sinne, sondern um Zumutbarkeit, gemessen an den kollidierenden Grundrechten: Wenn Sonntagsarbeit durch zumutbare Vorkehrungen derjenigen, die sie in Anspruch nehmen, vermieden werden könne, genieße der Sonntagsschutz Vorrang.26 21 Wiebauer, Sonntagsarbeit und Bedürfnisse der Bevölkerung, NVwZ 2015, S. 543. 22 BeckOK ArbR/Kock, 51. Edition, 1. März 2019, ArbZG § 13 Rn. 4. 23 BeckOK ArbR/Kock, 51. Edition, 1. März 2019, ArbZG § 13 Rn. 4a. 24 Vgl. Wiebauer, NVwZ 2015, S. 543 (546). 25 BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 – 6 CN 1/13; Wiebauer, NVwZ 2015, S. 543 (546). 26 Wiebauer, NVwZ 2015, S. 543 (546). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 9 2.2. Ladenöffnungsgesetze Das Gesetz über den Ladenschluss (LadSchlG) in der Fassung vom 2. Juni 2003 dient sowohl der Verhinderung ungesunden Wettbewerbs als auch dem Arbeitnehmerschutz.27 Das LadSchlG des Bundes hat durch die 2006 erfolgte Föderalismusreform maßgeblich an Bedeutung verloren, da seitdem die Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss bei den Ländern liegt, die daraufhin jeweils eigene Ladenschlussgesetze erlassen haben. 28 Bis auf Bayern haben alle Bundesländer hiervon Gebrauch gemacht. In Bayern bleibt es somit nach Artikel 125a Abs. 1 GG bei der Geltung des bisherigen LadSchlG. Strittig ist allerdings, inwieweit die arbeitsrechtlichen Regelungen des LadSchlG des Bundes (vor allem § 17, welcher die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen regelt) von den Ländergesetzen abgelöst werden können.29 Die bisher erlassenen Ladenschluss- oder Ladenöffnungsgesetze der Bundesländer halten in den Grundzügen am Regelungskonzept des LadSchlG des Bundes fest, dass an Sonn- und Feiertagen keine Ladenöffnung erfolgt.30 Im Hinblick auf die Beschäftigung an Sonntagen haben die Bundesländer im Grundsatz am Regel-Ausnahmeverhältnis zwischen verkaufsfreien und verkaufsoffenen Sonntagen festgehalten. Für bestimmte Verkaufsstellen sowie für bestimmte Waren und bestimmte Orte, etwa an Bahnhöfen und Kurorten, gibt es zahlreiche, zum Teil über die Regelung des LadSchlG des Bundes hinausgehende Ausnahmen.31 Insbesondere ermöglichen die Regelungen für Kur- und Ausflugsorte in einigen Landesgesetzen eine weitergehende Ladenöffnung. So hat etwa das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern aufgrund § 10 S. 1 seines Ladenöffnungsgesetzes (LöffG M-V) eine Bäderverkaufsverordnung (BädVerkVO M-V)32 über erweiterte Ladenöffnungszeiten in Kur- und Erholungsorten, Weltkulturerbestädten sowie in anerkannten Ausflugsorten und Ortsteilen mit besonders starkem Fremdenverkehr erlassen, welche abweichend von § 3 Abs. 2 LöffG M-V an Sonntagen, die keine gesetzlichen Feiertage sind, den gewerblichen Verkauf bestimmter Waren zulässt. 27 BR-Drs. 324/99. 28 Vgl. Vogelsang in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 17. Auflage 2017, § 157 Rn. 18. 29 Vgl. zu diesem Meinungsstreit Erbs/Kohlhaas/Ambs, Strafrechtliche Nebengesetze, 223. EL. Januar 2019, Lad- SchlG § 17 Rn. 1. 30 Siehe etwa § 3 Abs. 2 des Ladenöffnungsgesetzes von Mecklenburg- Vorpommern (LöffG M-V). 31 Siehe etwa § 5 (Sonderöffnungszeiten) und § 6 (Verkauf an Sonntagen aus besonderem Anlass) LöffG M-V. 32 Mecklenburg Vorpommern, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit: https://www.regierungmv .de/Landesregierung/wm/Tourismus/Laden%C3%B6ffnung/ (letzter Abruf: 18. Juni 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 10 2.3. Sonn- und Feiertagsgesetze der Länder Die Bestimmung der Feiertage ist grundsätzlich den Ländern überlassen (Artikel 70 GG). Lediglich der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober wurde ausnahmsweise bundeseinheitlich im Rahmen eines Staatsvertrages festgelegt. Allen Regelungen gemein sind die einer Generalklausel ähnlichen Verbote öffentlich bemerkbarer Handlungen, die geeignet sind, die äußere Ruhe an diesen Tagen zu beeinträchtigen.33 Eine Handlung in diesem Sinne umfasst alle Betätigungen mit Wirkungen in der Umwelt. Öffentlich bemerkbar soll sie sein, wenn sie von einer unbestimmten Anzahl von Personen akustisch, optisch oder über ihre Bestimmung zum Kundenverkehr wahrgenommen werden kann.34 Die Beeinträchtigung ist nach der Rechtsprechung zur Störung der Sonntagsruhe geeignet, wenn die Handlung in einem Widerspruch zur Zweckbestimmung des Sonn- und Feiertags stehe, unabhängig davon, ob die Handlung generell oder im Einzelfall zu einer konkreten Gefährdung oder Störung der Sonntagsruhe führe.35 Ferner wurde durch diese Rechtsprechung das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des „typisch werktäglichen Lebensvorgangs“ eingeführt. Handlungen, die üblicherweise an Werktagen vorgenommen werden oder vorgenommen werden könnten, widersprächen danach der Zweckbestimmung des Sonntags als Nicht-Werktag und seien danach verboten .36 3. Mögliche Grenzen einer Erweiterung der Ausnahmen vom grundsätzlichen Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen 3.1. Stärkung des Sonntagsschutzes durch das Bundesverfassungsgericht In drei maßgeblichen Urteilen hat das BVerfG 196137, 200438 und 200939 den Sonn- und Feiertagsschutz gestärkt. 33 So etwa in § 3 Abs. 2 des Feiertagsgesetzes (FTG) von Brandenburg oder § 6 Abs. 1 des Feiertagsgesetzes (HFeiertags G) in Hessen. 34 Hoeren, Thomas/Mattner, Andreas, Feiertagsgesetze der Bundesländer: Synoptischer Kommentar, 1989, § 3 Rn. 12f. 35 So etwa Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 7. September 1981, Az. 1 C 43/78; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Februar 1983, Az. 4 A 871/82; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof , Beschluss vom 24. November 1987, Az. 21 B 87.02344. 36 Die soeben gemachten Ausführungen beruhen auf einer bereits vorgenommenen Ausarbeitung des Fachbereichs zu einer ähnlich gelagerten Thematik. 37 BVerfG, Urteil vom 29. November 1961 – 1 BvR 760/57. 38 BVerfG, Urteil vom 9. Juni 2004 – 1 BvR 636/02. 39 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 11 In dem Urteil des BVerfG aus 2009 – welches durchaus als wegweisend bezeichnet werden kann – hat das Gericht den Sonntagsschutz zuletzt bekräftigt, indem es die damalige Regelung des Berliner Ladenöffnungsgesetzes (§ 3 Abs. 1 BerlLadÖffG), wonach Läden an allen vier Adventssonntagen öffnen durften, als mit der grundgesetzlichen Sonntagsruhe unvereinbar verwarf. 3.1.1. Weltlich-soziale Bedeutung des Artikels 139 WRV Das BVerfG hat unter anderem hervorgehoben, dass Artikel 139 WRV neben seiner religiös-christlichen auch eine weltlich-soziale Bedeutung habe. Er sichere mit seinem Schutz eine wesentliche Grundlage für die Rekreationsmöglichkeiten des Menschen und zugleich für ein soziales Zusammenleben und sei damit auch Garant für die Wahrnehmung von Grundrechten, die der Persönlichkeitsentfaltung dienen.40 Darüber hinaus diene die Arbeitsruhe der physischen und psychischen Regeneration und damit der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 GG). Zudem diene die Statuierung gemeinsamer Ruhetage dem Schutz von Ehe und Familie (Artikel 6 Abs. 1 GG). Auch die Vereinigungsfreiheit lasse sich so effektiver wahrnehmen (Artikel 9 Abs. 1 GG).41 Zwar sei auch die Möglichkeit der Religionsausübung an Sonn- und Feiertagen vom Schutz des Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 139 WRV umfasst; die Regelung ziele in der säkularisierten Gesellschafts- und Staatsordnung aber auch auf die Verfolgung profaner Ziele wie die der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung.42 3.1.2. Artikel 139 WRV als Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips Weiterhin spricht sich das BVerfG dafür aus, dass dem Sonntag und den religiös-christlichen Feiertagen auch die Aufgabe zukomme, Schutz vor einer weitgehenden Ökonomisierung des Menschen zu bieten. Mit der Gewährleistung rhythmisch wiederkehrender Tage der Arbeitsruhe konkretisiere Artikel 139 WRV überdies das Sozialstaatsprinzip, denn der zeitliche Gleichklang einer für alle Bereiche regelmäßigen Arbeitsruhe sei ein grundlegendes Element für die Wahrnehmung der verschiedenen Formen sozialen Lebens. Das beträfe vor allem die Familien, insbesondere jene, in denen es mehrere Berufstätige gibt.43 Nach Auffassung des BVerfG ist der verfassungsrechtlich garantierte Sonn- und Feiertagsschutz nur begrenzt einschränkbar. Es betont jedoch zugleich den großen Gestaltungs-, Einschätzungs- und Wertungsspielraum des Gesetzgebers bei der Verwirklichung der ihm auferlegten Schutzpflicht.44 40 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a, NVwZ 2010, S. 570 Rn. 139. 41 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a, NVwZ 2010, S. 570 Rn. 143 f. 42 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a, NVwZ 2010, S. 570 Rn. 154. 43 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a, NVwZ 2010, S. 570 Rn. 145. 44 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a, NVwZ 2010, S. 570 Rn. 135. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 12 3.1.3. Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe sind zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich; in jedem Falle müsse der ausgestaltende Gesetzgeber aber ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes wahren.45 Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potentieller Käufer genügen – laut BVerfG – grundsätzlich nicht, um Ausnahmen von dem verfassungsrechtlich verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zu seelischer Erhebung an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen. Deshalb müssten bei einer flächendeckenden und den gesamten Einzelhandel erfassenden Freigabe der Ladenöffnung rechtfertigende Gründe von besonderem Gewicht vorliegen, wenn mehrere Sonn- und Feiertage in Folge über jeweils viele Stunden hin freigegeben werden sollen.46 Das BVerfG hält demzufolge für Verkaufsstellen dann die Sonntags- und Feiertagsöffnung für verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn es bei nach Tagen und Uhrzeit eingegrenzte Ausnahmen bleibt, die an ein hinreichend qualifiziertes Interesse geknüpft sind.47 3.2. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. November 2014 In seiner Entscheidung vom 26. November 201448 erklärte das BVerwG die bis dato geltende Hessische Bedarfsgewerbeverordnung teilweise für nichtig. Die hessische Landesregierung hatte – gestützt auf die Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2a ArbZG - eine hessische Bedarfsgewerbeverordnung erlassen, die die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zeitlich beschränkt zuließ, unter anderem in den Bereichen: Videotheken und öffentlichen Bibliotheken, Getränkeindustrie und – großhandel, Fabriken zur Herstellung von Roh- und Speiseeis, Buchmachergewerbe, Callcenter sowie Lotto- und Totogesellschaften. Das BVerwG hatte somit zu prüfen, ob die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen in den in der Rechtsverordnung aufgelisteten Bereichen im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 2a Arb ZG zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist. Bei der Prüfung setzte das Gericht die Vorgaben des BVerfG aus dem Urteil von 2009 um. Bedürfnisse der Bevölkerung, die an Sonn- und Feiertagen besonders hervortreten, seien insbesondere solche, die der Freizeitgestaltung dienen. Gleichzeitig solle an den Sonn- und Feiertagen 45 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a, NVwZ 2010, S. 570 Rn. 152. 46 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a, NVwZ 2010, S. 570 Rn. 157 f. 47 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a, NVwZ 2010, S. 570 Rn. 179 f. 48 BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 – 6 CN 1/13, NVwZ 2015, S. 590. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/19 Seite 13 grundsätzlich die Geschäftstätigkeit in Form der Erwerbstätigkeit, insbesondere der Verrichtung abhängiger Arbeit, ruhen, damit der Einzelne diese Tage allein oder in Gemeinschaft mit Anderen ungehindert von werktäglichen Verpflichtungen und Beanspruchungen nutzen könne.49 Zwischen diesen widerstreitenden Interessen nimmt das Gericht eine umfassende Güterabwägung vor. Jede Ausnahme muss danach durch einen sachlichen Grund, hier die Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung, gerechtfertigt sein. Dieser ist an den verfassungsrechtlichen Maßstäben zu messen. Die Anforderungen an diesen Sachgrund steigen zudem, je umfangreicher die vorgesehene Ausnahme ist. Gelegentliche Sonntagsarbeit für einzelne Arbeitnehmer ist also eher zulässig als die Freigabe einer Vielzahl von Sonntagen für eine gesamte Branche.50 Die Schäden, deren Vermeidung die Sonntagsarbeit diene, bestünden darin, dass Bedürfnisse der Bevölkerung nur unzureichend befriedigt werden würden. Werde die Freizeitgestaltung jedenfalls für beachtliche Teile der Bevölkerung beeinträchtigt, könne dies einen Schaden darstellen, zu dessen Vermeidung eine Ausnahme zugelassen werden könne. Im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 2a ArbZG „erforderlich“ sei die Befriedigung täglich oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung nur, wenn ihr Unterbleiben einen erheblichen Schaden darstellen würde.51 Demnach geht der Sonntagsschutz zu Gunsten der Arbeitnehmer vor, wenn Wünsche nach einer bestimmten Freizeitgestaltung durch vorausschauende Planung zu realisieren sind. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung zum Feiertagsrecht.52 Als Schaden bleibt dann nur, dass spontan auftretende Freizeitwünsche nicht befriedigt werden können. Der Gesetzgeber kann allerdings bei dem Ausgleich gegenläufiger Schutzgüter im Rahmen seines Gestaltungsspielraums auf eine geänderte soziale Wirklichkeit, insbesondere auf Änderungen im freizeitverhalten, Rücksicht nehmen.53 Allerdings bleibt bei jedweder geplanten Änderung auf gesetzlicher oder verordnungsrechtlicher Ebene der durch die Verfassung und durch die Rechtsprechung des BVerfG und BVerwG gezogene Rahmen zu beachten. *** 49 BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 – 6 CN 1/13, NVwZ 2015, S. 590 Rn. 35. 50 Die soeben gemachten Ausführungen beruhen auf einer bereits vorgenommenen Ausarbeitung des Fachbereichs zu einer ähnlich gelagerten Thematik. 51 BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 – 6 CN 1/13, NVwZ 2015, S. 590 Rn. 34. 52 BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 1995 – 1 B 241/94 und Urteil vom 19. April 1988 – 1 C 50/86. 53 BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 u.a, NVwZ 2010, S. 570 Rn. 155.