© 2016 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 078/16 24-Stunden-Pflege in Privathaushalten durch Pflegekräfte aus Mittelund Osteuropa Rechtslage in ausgewählten EU-Mitgliedsstaaten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 2 24-Stunden-Pflege in Privathaushalten durch Pflegekräfte aus Mittel- und Osteuropa Rechtslage in ausgewählten EU-Mitgliedsstaaten Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 078/16 Abschluss der Arbeit: 28. September 2016 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtslage in Deutschland 4 2.1. Vermittlungsformen 4 2.2. Beschäftigungsverhältnisse 4 2.3. Staatliche Förderungen bei Direkteinstellung 5 2.4. Kostentragung 5 2.5. Ausgaben im Staatshaushalt 6 2.6. Qualitätssicherungssysteme 6 2.7. Schutzrechte der Pflegekräfte und Kontrollmöglichkeiten der Beschäftigungsverhältnisse 6 2.8. Beratungsangebote 7 2.9. Kritik und Erfahrung 7 3. Rechtslage in ausgewählten anderen EU-Mitgliedsstaaten 8 3.1. Dänemark 8 3.2. Finnland 9 3.3. Frankreich 10 3.4. Österreich 10 3.5. Polen 11 3.6. Schweden 12 3.7. Spanien 13 3.8. Vereinigtes Königreich 14 4. Zusammenfassung 15 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick darüber geben, welche Modelle es in ausgewählten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) zum Umgang mit sogenannten 24-Stunden-Pflegekräften aus Mittel- und Osteuropa in Privathaushalten („Live-In“) gibt. 2. Rechtslage in Deutschland 2.1. Vermittlungsformen In Deutschland gibt es für die Vermittlung von 24-Stunden-Pflegekräften aus Mittel- und Osteuropa in Privathaushalte mehrere Modelle: Eine Vermittlung kann beispielsweise über den internationalen Personalservice der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit zur Direkteinstellung der Pflegekraft als Arbeitnehmer erfolgen.1 Möglich ist aber auch eine Vermittlung durch deutsche Pflegeunternehmen oder eine Entsendung durch ausländische Pflegeunternehmen über ausländische Vermittlungsagenturen.2 Die Pflegekräfte werden dann jeweils als Beschäftigte der Pflegeunternehmen vermittelt.3 Zudem können die Pflegekräfte als Selbstständige auftreten, allerdings müssen sie hierfür ein Gewerbe in Deutschland angemeldet haben und in mehreren Haushalten tätig sein, um nicht als scheinselbstständig zu gelten.4 2.2. Beschäftigungsverhältnisse Bei einer Direkteinstellung im Haushalt liegt der Tätigkeit ein Arbeitsvertrag zwischen der Pflegekraft und dem Bedürftigen oder dessen Angehörigen zugrunde. Der Pflegebedürftige tritt als Arbeitgeber mit allen Arbeitgeberpflichten, wie insbesondere Abführung von Sozialabgaben und Gewährleistung von Versicherungsschutz, auf.5 1 Knopp: Gesetzlicher Mindestlohn auch für osteuropäische Pflegehilfen – legale Modelle versus Schwarzmarkt, NZA 2015, S. 851 (852). 2 Brors / Böhnig: Rechtliche Rahmenbedingungen für 24-Stunden-Pflegekräfte aus Polen in Deutschland, NZA 2015, S. 846 (846). 3 Brors / Böhnig: Rechtliche Rahmenbedingungen für 24-Stunden-Pflegekräfte aus Polen in Deutschland, NZA 2015, S. 846 (846). 4 Deutscher Bundestag: Wissenschaftliche Dienste, Häusliche Pflege - Pflegekräfte aus Osteuropa / Ersatz für den Ersatzdienst, WD 9 – 3000-177/10/WD 3 – 3000-412/10, 11. Oktober 2010. 5 Bundesagentur für Arbeit, Zentrale Auslands- und Fachvermittlung: Hinweis - Vermittlung von europäischen Haushaltshilfen, 2015. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 5 Bei einer Vermittlung durch deutsche Pflegeunternehmen werden die bei ihnen angestellten ausländischen Pflegekräfte den Privathaushalten zur Verfügung gestellt.6 Es handelt sich dabei rechtlich um eine Arbeitnehmerüberlassung.7 Auch bei der Entsendung von Pflegekräften durch ausländische Agenturen wird zwischen dem Pflegebedürftigen und dem ausländischen Pflegeunternehmen ein Dienstleistungsvertrag über eine bei ihm angestellte Pflegehilfe, die im Haushalt des deutschen Kunden tätig werden soll, geschlossen.8 Da das Arbeitsverhältnis in beiden Fällen zwischen der vermittelten Pflegekraft und dem Unternehmen besteht, muss von den Unternehmen als Arbeitgeber zugesichert und nachgewiesen werden, dass sämtliche Sozialabgaben und Steuern ordnungsgemäß im jeweiligen Heimatland abgeführt werden (Vorlage einer A1-Bescheinigung zum Nachweis des Bestehens einer Sozialversicherung).9 Einer selbstständigen Tätigkeit der Pflegekraft liegt ein direkter Dienstleistungsvertrag zwischen dem Pflegebedürftigen und der Pflegekraft zugrunde. 2.3. Staatliche Förderungen bei Direkteinstellung Zur Förderung und Vereinfachung von Direkteinstellungen im Haushalt wurde die Beratung und Vermittlung durch den Personalservice der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit als gebührenfreie Dienstleistung eingeführt.10 2.4. Kostentragung Die Kosten einer häuslichen 24-Stunden-Pflege werden in Deutschland nur zum Teil durch die im Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) geregelte soziale und private Pflegeversicherung getragen . Voraussetzung dafür ist das Vorliegen einer Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14 ff. SGB XI. Im Übrigen müssen die Pflegebedürftigen für die Kosten selbst aufkommen. Dies beruht darauf, dass ausländische Pflegedienste und auch die Einzelkräfte in der Regel keinen Zulassungsvertrag mit den inländischen Pflegekassen haben und die Kosten daher nur über 6 Brors / Böhnig: Rechtliche Rahmenbedingungen für 24-Stunden-Pflegekräfte aus Polen in Deutschland, NZA 2015, S. 846 (850). 7 Brors / Böhnig: Rechtliche Rahmenbedingungen für 24-Stunden-Pflegekräfte aus Polen in Deutschland, NZA 2015, S. 846 (850). 8 Knopp: Gesetzlicher Mindestlohn auch für osteuropäische Pflegehilfen – legale Modelle versus Schwarzmarkt, NZA 2015, S. 851 (852). 9 Knopp: Gesetzlicher Mindestlohn auch für osteuropäische Pflegehilfen – legale Modelle versus Schwarzmarkt, NZA 2015, S. 851 (852). 10 Bundesagentur für Arbeit, Zentrale Auslands- und Fachvermittlung: Hinweis - Vermittlung von europäischen Haushaltshilfen, 2015. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 6 das dem Pflegebedürftigen zustehende Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen mitfinanziert werden können.11 Versicherte der sozialen Pflegeversicherung können dieses Pflegegeld gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI bei der Pflegekasse beantragen. Die Höhe des Pflegegeldes ist abhängig vom Grad der Pflegebedürftigkeit und der daraus folgenden Pflegestufe. Es liegt zwischen 244 Euro (Pflegestufe I, erhöht: 316 Euro) und 728 Euro (Pflegestufe III) monatlich. Für privat versicherte Pflegebedürftige ergibt sich der Anspruch auf Pflegegeld aus § 192 Abs. 6 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Verbindung mit dem zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag über eine private Pflegeversicherung und den zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Private Pflegeversicherung (MB/PVV 2015), die in § 4 Abschnitt A. Leistungen bei häuslicher Pflege vorsehen. 2.5. Ausgaben im Staatshaushalt Ausdrücklich sind im deutschen Staatshaushalt keine Ausgaben für eine häusliche 24-Stunde- Pflege durch mittel-und osteuropäische Pflegekräfte vorgesehen. Im Bundeshaushalt 2016 sind allerdings für Pflegevorsorge und sonstige soziale Sicherung 49.305.000 Euro bereitgestellt worden und 3.900.000 Euro für Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung Pflegebedürftiger.12 Durch das Erste Pflegestärkungsgesetz (PSG I) wurden zudem allgemein die Leistungen für die häusliche Pflege um insgesamt 1,4 Milliarden Euro erhöht.13 2.6. Qualitätssicherungssysteme Besondere Qualitätssicherungssysteme zum Schutz der Pflegebedürftigen bei einer solchen Pflege gibt es in Deutschland nicht. Findet allerdings eine Vermittlung über die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit statt, erfolgt die Bewerbergewinnung durch langjährige Kooperationen mit europäischen Arbeitsverwaltungen, so dass eine gewisse Qualifizierung und Geeignetheit vor der Vermittlung geprüft wird. 2.7. Schutzrechte der Pflegekräfte und Kontrollmöglichkeiten der Beschäftigungsverhältnisse Spezielle Kontrollmöglichkeiten dieser Beschäftigungsverhältnisse gibt es in Deutschland nicht. Es besteht aber, außer in den Fällen der Selbstständigkeit, eine arbeitsrechtliche Absicherung. Über die Kollisionsnormen Art. 8 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I VO) kommt beim Einsatz von ausländischen 24-Stunden-Pflegekräften 11 Husmann: Rechtliche Rahmenbedingungen bei grenzüberschreitender Haushalts- und Pflegearbeit, in: Scheiwe/Krawitez, Transnationale Sorgearbeit – Rechtliche Rahmenbedingen und gesellschaftliche Praxis, 2010, S. 29 (30). 12 http://www.bundeshaushalt-info.de/#/2016/soll/ausgaben/einzelplan/1502.html [12. Juli 2016]. 13 http://www.bmg.bund.de/themen/pflege/pflegestaerkungsgesetze/pflegestaerkungsgesetz [12. Juli 2016]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 7 als Arbeitnehmer deutsches Arbeitsrecht zur Anwendung.14 Über Art. 9 Rom I VO finden auch die zwingenden Mindestarbeitsbedingungen Anwendung (z.B. Mindestlohn). Über Art. 2 Nr. 4 Arbeitnehmer- Entsendegesetz (AentG) gilt deutsches Recht auch bei der Arbeitnehmerüberlassung . So müssen zwingende deutsche Schutzgesetze (z.B. über Mindesturlaub, Arbeitsschutz) beachtet werden, ebenso wie Bestimmungen über Höchstarbeitszeiten nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), wobei diese nicht für Pflegekräfte gelten, die mit den ihnen anvertrauten Personen in häuslicher Gemeinschaft leben.15 In diesen Fällen gibt es keine arbeitszeitlichen Einschränkungen . 2.8. Beratungsangebote Eine kostenlose staatliche Beratung pflegebedürftiger Personen oder deren Angehöriger erfolgt über die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit. Die Pflegekräfte können sich in ihrem Heimatland bei den mit der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung zusammenarbeitenden Agenturen informieren.16 2.9. Kritik und Erfahrung Es gibt nach wie vor keine klaren rechtlichen Regelungen zum Einsatz mittel- und osteuropäischer Pflegekräfte mit Ausnahme der allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften.17 In der Praxis arbeiten daher viele dieser Pflegekräfte ohne Rechtsgrundlage und somit ohne Arbeitsschutz, Kranken- oder Sozialversicherung.18 Bei einer Anstellung der Pflegekräfte als Selbstständige bewegen sich die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen häufig in einer rechtlichen Grauzone, da Grundlage für diese Form der Beschäftigung die Niederlassungsfreiheit für EU-Bürger ist, deren Voraussetzungen (Tätigkeit für mehrere Arbeitgeber und keine Weisungsgebundenheit) selten tatsächlich vorliegen.19 Die Pflegekräfte wohnen in der Regel 24 Stunden bei dem Pflegebedürftigen im Haus, sind daher nur für einen Arbeitgeber tätig und erhalten zudem von diesen auch Weisungen bezüglich ihrer Arbeit.20 Es handelt sich daher fast immer um eine Scheinselbstständigkeit. Die Vergütung bleibt in diesen 14 Brors / Böhnig: Rechtliche Rahmenbedingungen für 24-Stunden-Pflegekräfte aus Polen in Deutschland, NZA 2015, S. 846 (850). 15 Heinlein: Kein Mindestlohn und unbegrenzte Arbeitszeit für häusliche Pflegerinnen?, in Arbeit und Recht, Ausgabe 12, 2013, S. 469 – 475. 16 Haffert: Eine Polin für Oma – Der Pflegenotstand in unseren Familien, 2014, S. 68. 17 Knopp: Gesetzlicher Mindestlohn auch für osteuropäische Pflegehilfen – legale Modelle versus Schwarzmarkt, NZA 2015, S. 851 (853). 18 Deutscher Bundestag: Wissenschaftliche Dienste, Häusliche Pflege, Pflegekräfte aus Osteuropa – Ersatz für den Ersatzdienst, WD 9 – 3000-177/10/WD 3 – 3000-412/10, 11. Oktober 2010. 19 Haffert: Eine Polin für Oma – Der Pflegenotstand in unseren Familien, 2014, S. 68. 20 Haffert: Eine Polin für Oma – Der Pflegenotstand in unseren Familien, 2014, S. 70. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 8 Fällen auch deutlich unter dessen, was die Pflegekräfte als deutsche Arbeitnehmer verdienen würden. 3. Rechtslage in ausgewählten anderen EU-Mitgliedsstaaten21 22 3.1. Dänemark In Dänemark ist die Pflege Aufgabe der Kommunen. Sie müssen ihren Bürgern ein Programm für personelle Hilfe und Pflege auf Grundlage der Sozialgesetzgebung anbieten. Sie sind es auch, die in jedem Einzelfall entscheiden, wie viel Hilfe der einzelne Pflegebedürftige entsprechend seiner Bedürfnisse benötigt. Im dänischen System besteht grundsätzlich freie Auswahl hinsichtlich der Leistungserbringer im Pflegebereich. Die Kommunen legen innerhalb ihrer Gemeinden aber Servicestandards fest. Diese Standards bilden die Grundlage für die Anforderungen hinsichtlich Qualität und Preis der Pflegeleistungen . Um als Anbieter akzeptiert zu werden und von der Gemeinde als Leistungserbringer zugelassen zu werden, müssen diese Standards eingehalten werden. Die Zulassung erfolgt durch die Kommunen mittels Vertragsschluss. Sie müssen mit allen Leistungserbringern einen Vertrag schließen, die die Bedingungen des Servicestandards erfüllen. Potentiellen Anbietern müssen sie die Möglichkeit geben, Angebote für die Heimpflege zu unterbreiten. Um den Zulassungsprozess zu vereinfachen, können die Anbieter ein Formblatt ausfüllen, welches bestätigt, dass sie eine Vielzahl der allgemeinen Anforderungen (finanzielle Solvenz, Versicherung, Betriebs - und Arbeitnehmerinformationen etc.) erfüllen. Wenn ein Pflegebedürftiger wünscht, dass eine ganz bestimmte Person die Pflege und Hilfe erbringt , muss er bei der Kommune vorstellig werden, um dort diese Person als Pflegekraft anerkennen zu lassen. Auf diese Weise können auch Personen aus Mittel- oder Osteuropa als Pflegekräfte beschäftigt werden. Wenn eine Anerkennung dieser Person als Pflegekraft nicht möglich sein sollte, besteht die Möglichkeit einer Vereinbarung, dass der Pflegebedürftige die Person als private Hilfe selbst anstellt und von seiner Gemeinde eine Zuwendung für deren Entlohnung erhält . Jede Person mit erheblichen und dauerhaften Beeinträchtigungen der physischen oder mentalen Funktionen, die private Pflege benötigt und Unterstützungsbedarf für die tägliche praktische Hausarbeit von mehr als 20 Stunden der Woche nachweist, kann einen Zuschuss für jede von ihr beauftragte Unterstützung bekommen. Die Pflegekraft muss allerdings die Anforderung der Gemeinde hinsichtlich ihrer Ausbildung erfüllen. 21 Die Reihenfolge der vergleichenden Länderdarstellungen erfolgt nach Darstellung der Rechtslage in Deutschland in alphabetischer Reihenfolge ihrer deutschen Namen. Die Informationen wurden auf Anfrage von den nationalen Parlamenten zur Verfügung gestellt. 22 Zum Zwecke einer einheitlichen Darstellung werden im Folgenden meist die Begrifflichkeiten „Pflegekraft“ oder „Betreuungsperson“ verwendet, obwohl in einigen Ländern andere Bezeichnungen benutzt werden (z.B. “Personenbetreuungskraft“ in Österreich, „Haushaltshilfe“ in Frankreich, oder „Betreuer“ in Finnland, Polen, England und Spanien). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 9 3.2. Finnland In Finnland liegt die Verantwortung für die Pflege in Privathaushalten ebenfalls bei den Gemeinden . Es gibt dort keine speziellen Regelungen für Betreuungskräfte aus anderen Ländern. Es gibt auch keinen speziellen Vermittlungsservice für ausländische Pflegekräfte. Sie können, wie inländische Pflegekräfte auch, im öffentlichen Sektor oder bei einem privaten Pflegeunternehmen beschäftigt sein. Allerdings müssen sie dazu spezifische Kompetenzanforderungen erfüllen, da die nationale Aufsichtsbehörde für Soziales und Gesundheit das Recht auf Berufsausübung nur lizensierten oder beruflich anerkannten Kräften gewährt. Wenn eine Person eine Pflegekraft für eine 24-Stunden-Pflege in ihrem Haushalt haben möchte, muss sie einen direkten Arbeitsvertrag mit der Pflegekraft schließen. Diese Art der direkten Beschäftigung eines Betreuers ist in Finnland aber nicht üblich. Es gibt für einen solchen direkten Einsatz von 24-Stunden-Pflegekräften in Privathaushalten auch keine staatlichen Subventionen. Die Gemeinden sind vielmehr für die Organisation der Sozial- und Gesundheitsdienste zuständig . Sie organisieren daher auch die 24-Stunden-Pflege in privaten Haushalten. Sie haben laut Gesundheitsgesetz ihren Bewohnern häusliche Pflege und falls nötig, auch eine vorrübergehende häusliche Krankenpflege, ähnlich der Krankenhausversorgung, anzubieten. Darüber hinaus haben sie nach dem Sozialhilfegesetz ihren Bewohnern auch häusliche Dienstleistungen zu Verfügung zu stellen. Die Gemeinden können diese Dienste selbst oder in Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden anbieten, oder sie von anderen Gemeinden oder privaten Pflegeunternehmen ankaufen . Finanziert wird diese kommunale Versorgung durch zentrale Regierungstransfers und Steuern, die von den Gemeinden erhoben werden. Darüber hinaus gibt es Patientengebühren. Über die Höhe dieser Gebühren können die Gemeinden innerhalb der gesetzlichen Grenzen entscheiden. In der Regel stellen diese Gebühren etwa neun Prozent der Gesamtfinanzierung der Sozial- und Gesundheitsdienste dar. Bislang funktionieren diese Dienste für ältere Menschen sehr gut. Da Finnland allerdings eine der am schnellsten alternden Bevölkerung Europas hat, könnte es zukünftig eine steigende Nachfrage nach ausländischen Mitarbeitern im kommunalen Sozial- und Gesundheitssektor geben. Neben der „formellen Pflege“ gibt es in Finnland aber auch „informelle Pflege“, die staatlich unterstützt werden kann. Allerdings gibt es eine solche Unterstützung nur, wenn die Pflege einer älteren, behinderten oder kranken Person in deren eigenem Zuhause durch einen Verwandten oder einer anderen Person aus dem „Nähe-Verhältnis“ erbracht wird. Diese Unterstützung kann von einer Gemeinde zur anderen variieren. Sie erfolgt in erster Linie durch Zahlung eines Pflegegeldes , dessen Höhe nach dem Grad des Engagements und der Intensität der Pflege in verschiedenen Kategorien gestaffelt ist. Im Jahr 2016 lag der Mindestbetrag für „informelle Pflege“ bei 387,49 Euro pro Monat. Die Gemeinden entscheiden über die Anzahl der Kategorien und die Kriterien für eine solche Unterstützung innerhalb der gesetzlich festgelegten Grenzen des „Gesetztes zur Unterstützung informeller Pflege“. Das Familieneinkommen und das Vermögen haben keinen Einfluss auf die Höhe der Zahlung. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 10 3.3. Frankreich In Frankreich wird bei der häuslichen 24-Stunden-Pflege die Mehrheit der Verträge mit Selbstständigen privat geschlossen, oft sogar auf informelle Art und Weise, wenn die anzustellende Person aus dem näheren oder familiären Umfeld kommt. Die Vermittlung Unselbstständiger erfolgt in 80 Prozent der Fälle über Arbeits- oder Stellenvermittlungen. Der Rest verteilt sich zwischen privaten Unternehmen und den Arbeitnehmerverleihern. Anders als in Deutschland gibt es in Frankreich keine Behörde, die darauf ausgerichtet ist Pflegekräfte direkt im Ausland zu rekrutieren . Der Pflegebedürftige und die Pflegekraft können direkt einen einvernehmlichen Vertrag schließen . In der Mehrheit der Fälle handelt es sich jedoch um Bereitstellungen der Arbeitnehmer durch Stellenvermittlungen, die daher dann auch die einzigen Vertragspartner ihrer Klienten sind. Für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Haushalt einer Privatperson ist unabhängig vom Grad ihrer Pflegebedürftigkeit eine Steuerermäßigung um 50 Prozent, bis zu einer Grenze von 12.000 Euro pro Jahr, vorgesehen. Des Weiteren haben Pflegebedürftige im Alter von mindestens 60 Jahren einen Anspruch auf Beihilfe, deren konkrete Summe sowohl von den zur Verfügung stehenden Geldmitteln als auch von dem Hilfsplan abhängt, welcher vorgeschlagen wurde. Auch in Frankreich gibt es kein spezielles Schutzsystem, welches zugleich beide Vertragsparteien erfasst. Die Klienten können gegebenenfalls das Unternehmen, das ihnen die Pflegekraft zur Verfügung gestellt hat, bitten diese zu versetzen. In den anderen Fällen, in denen sie mit der Pflegekraft einen direkten Vertrag geschlossen haben, können sie diesen wegen fachlicher Mängel oder grober Vertragsverletzungen kündigen. Wie alle anderen französischen Arbeitnehmer können Pflegekräfte ihrerseits Konflikte im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses vor die Arbeitsgerichte bringen. Pflegekräfte, die bei spezialisierten Unternehmen angestellt sind, erhalten dort in der Regel eine Erstausbildung und unter Umständen sogar auch noch Weiterbildungen. Dies kompensiert die Tatsache, dass man in Frankreich als Zugang für diesen Beruf kein Diplom benötigt. 3.4. Österreich In Österreich regelt das Hausbetreuungsgesetz, welches am 1. Juli 2007 in Kraft getreten ist, im Wesentlichen die Tätigkeit der Betreuung pflege- und betreuungsbedürftiger Personen in Privathaushalten . Sie kann danach in Form einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit oder im Rahmen einer selbstständigen Gewerbetätigkeit ausgeübt werden. Für eine gewerbliche Tätigkeit der Vermittlung von selbstständigen Pflegekräften ist eine Gewerbeberechtigung nach der österreichischen Gewerbeordnung erforderlich. Über eine darüber hinaus bestehende Verordnung über „Standes- und Ausübungsregeln für Vermittlungsagenturen“ soll die Rechtsstellung sowohl der betroffenen Pflegebedürftigen, als auch der vermittelten Pflegekräfte verbessert werden und eine höhere Rechtssicherheit gewährleistet werden. Die Vermittlung von unselbstständigen Pflegekräften (Arbeitsvermittlung) unterliegt dem österreichischen Arbeitsmarktförderungsgesetz. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 11 Der selbstständigen Betreuungstätigkeit liegt in der Regel ein Werkvertrag zugrunde, bei einer unselbstständigen Tätigkeit ein Arbeitsverhältnis. Besteht das Arbeitsverhältnis zwischen der Pflegekraft und der zu pflegenden Person oder deren Angehörigen gilt neben dem Hausbetreuungsgesetz und dessen Regelungen zur Arbeitszeit das österreichische Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz mit seinen Strafbestimmungen. Bei Arbeitsverhältnissen zwischen den Pflegekräften und Trägerorganisationen ist die Arbeitsinspektion zur Kontrolle zuständig. Nach einem im österreichischen Bundespflegegeldgesetz normierten Förderungsmodell der 24- Stunden-Betreuung können Betreuungsverhältnisse dieser Art in Österreich grundsätzlich gefördert werden. Dieses Förderungsmodell deckt dann auch die Kosten für eine 24-Stunden-Betreuung . Für zwei unselbstständige Personenbetreuungskräfte beträgt die die Förderung 1100 Euro pro Monat, für zwei selbstständige Personenbetreuungskräfte 550 Euro pro Monat. Da die Kosten für eine solche Betreuung aber regelmäßig über den Forderungsbeträgen liegen, muss ein Teil der Kosten noch von den betroffenen Personen selbst getragen werden. Berufsrechtliche Rahmenbedingungen ergeben sich aus dem Hausbetreuungsgesetz, dem Gesundheits - und Krankenpflegegesetz und dem Ärztegesetz. Ferner kann die staatliche Förderungsleistung nur gewährt werden, wenn eine theoretische Ausbildung der Betreuungskraft vorliegt, eine sechsmonatige sachgerechte Betreuung durch die Pflegekraft nachgewiesen werden kann und eine Befugnis der Betreuungskraft nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz besteht. Die Qualitätssicherung wird ferner durch das Hausbetreuungsgesetz für alle Formen der Betreuung geregelt, zudem durch die Gewerbeordnung für selbstständige Beschäftigte. Das Sozialministerium sowie die in den Bundesländern eingerichteten Landesstellen des Sozialministeriumservice bieten online und telefonisch Beratungsleistungen sowie Informationsmaterialien an. Die Wirtschaftskammer Österreich bietet ein Beratungsangebot für selbstständige Personenbetreuungskräfte an. Insgesamt hat das eingeführte Förderungsmodell in Österreich zu einer legalen und qualitätsgesicherten Form der Hausbetreuung beigetragen. Derzeit beziehen 24.000 Personen eine solche Unterstützungsleistung . Dadurch ist auch eine volle sozialversicherungsrechtliche Absicherung der Betreuungskräfte sichergestellt. 3.5. Polen In Polen gibt es Betreuungspersonen, die im Rahmen des Gesetzes über Sozialhilfe beschäftigt sind und Betreuungspersonen, die privat von den Bürgern eingestellt werden. Nach dem Gesetz über Sozialhilfe sind Personen, die allein leben und Hilfe benötigen, berechtigt Hilfe in Form von Pflegedienstleistungen und speziellen Pflegeleistungen zu erhalten. Allerdings handelt es sich nur um Tagesbetreuungen. Personen, die eine Vollzeitpflege benötigen, sind berechtigt in Pflegeheimen unterzukommen. Die Pflegedienste werden von Sozialhilfezentren zugewiesen . Sie sind es auch, die über Umfang, Dauer und Ort der Leistung entscheiden. Der Gemeinderat legt die detaillierten Bedingungen für die Gewährung und Zahlung der Pflegedienste fest. Zugelassen sind nur spezialisierte Pflegedienste, die die Qualifikation ihrer Pflegekräfte gewährleisten . In der Regel werden bei der Einstellung von Pflegekräften für die häuslichen Pflegedienste durch die Sozialhilfezentren keine Menschen aus Mittel- und Osteuropa ausgewählt. Standards der Qualität der Versorgung können nur bei den Pflegekräften gewährleistet werden, Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 12 die von den kommunalen Sozialhilfezentren als Betreuer beschäftigt werden, weil nur dort sichergestellt ist, dass geschultes Personal beschäftigt wird. Pflegekräfte aus Mittel- und Osteuropa werden in Polen in der Regel nur privat von den Bürgern angeworben und arbeiten dann gewöhnlich ohne rechtliche Grundlage. Es gibt keine formellen Arbeitsverträge zwischen ihnen und ihren Arbeitgebern. Für eine legale Beschäftigung auf dem Gebiet Polens wäre eine Arbeitserlaubnis oder eine Erklärung des Arbeitgebers über die Absicht einem Ausländer eine Beschäftigung anzuvertrauen erforderlich. Entscheidet sich eine pflegebedürftige Person oder deren Familie eine Pflegekraft direkt im Haushalt einzustellen, so müssen sie für die dadurch anfallenden Gesamtkosten alleine aufkommen. Der Staat beteiligt sich nicht an dieser Form der Pflege. Pflegekräfte aus Osteuropa werden aber gleichwohl gesetzlich geschützt, basierend auf den allgemeinen Grundsätzen über die Einhaltung der Gesetze, insbesondere des Arbeitsrechts. Der Umfang des Schutzes hängt aber davon ab, ob sie legal oder illegal beschäftigt sind. Die nationale Arbeitsinspektion überwacht die Einhaltung der Arbeitsgesetze, sowie der Vorschriften über die Rechtmäßigkeit der Beschäftigungen und anderer Arbeitsformen. Sie überprüft auch gesondert die Arbeitsausübung durch Ausländer. Zudem überprüft auch der Grenzschutz die Rechtmäßigkeit und Legalität der Beschäftigung von Ausländern. Die nationale Arbeitsinspektion führt auch Aktivitäten durch, deren Ziel es ist, Informationen über die polnischen Arbeitsgesetze in den Regionen zu verteilen, aus denen verstärkt ausländische Arbeitnehmer nach Polen kommen, wie beispielsweise in der Ukraine. Darüber hinaus wurde eine Website für Migranten eingerichtet, die eine Vielzahl von Informationen zur Beschäftigung in Polen, sowohl zur legalen als auch zur illegalen, enthält. Da in Polen die Kosten für eine legale Beschäftigung einer 24-Stunden-Pflegekraft sehr hoch im Vergleich zu den finanziellen Mitteln sind, die den Pflegebedürftigen zur Verfügung stehen, auch wenn es sich um relativ „billige“ Betreuer aus Osteuropa handelt, wird diese Form der Pflege in der Mehrzahl der Fälle illegal ohne formale Registrierung ausgeübt. 3.6. Schweden Auch in Schweden liegt die Betreuung von älteren und behinderten Menschen im Verantwortungsbereich der Gemeinden. Sie führen die Bedürftigkeitsprüfungen durch und sind zuständig für die Finanzierung und Organisation der Langzeitpflege. Das Recht des Einzelnen kommunale Dienstleistungen zu erhalten ist im schwedischen Sozialgesetz festgehalten. Ältere Menschen können danach, wenn sie nicht mehr in der Lage sind die täglichen Anforderungen des Lebens zu bewältigen, in allen Bereichen öffentliche Dienstleistungen und Hilfe erhalten. Ältere Menschen mit Behinderungen können 24-Stunden-Hilfe erhalten. Bei schwer kranken Personen kann Gesundheits- und Sozialfürsorge in den eigenen vier Wänden erbracht werden. Spezielle Regelungen zur 24-Stunden-Pflege in Privathaushalten durch Pflegekräfte aus Mittelund Osteuropa gibt es nicht. In Schweden findet sich vielmehr eine Mischung aus öffentlichen und privaten Pflegeanbietern, die in der Regel alle öffentlich gefördert werden. Die Finanzierung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 13 erfolgt über Ertragssteuern, die die Gemeinden proportional erheben. Zudem gibt es staatliche Zuschüsse und in geringem Maße werden auch Gebühren von den Pflegebedürftigen erhoben. 3.7. Spanien In Spanien gibt es eine Vielzahl von Verordnungen und Gesetzten, die die Situation von Betreuungspersonen allgemein regeln. Allerdings gibt es keine spezifischen Bestimmungen welche die Situation von Pflegekräften aus Mittel- und Osteuropa regeln. Arbeitgeber können Betreuungspersonen direkt einstellen oder durch öffentliche Arbeitsverwaltungen oder Arbeitsagenturen vermittelt bekommen. Es gelten dabei die Grundsätze der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung. Wenn die Arbeitnehmer die Bedingungen für die Eignung erfüllen , dürfen öffentliche Einrichtungen aufgrund der Achtung des Grundsatzes der Gleichheit des Zugangs zur Beschäftigung keine Diskriminierungen aus Gründen der Herkunft zulassen. Auch Anzeigen von Personen, die häusliche Dienstleistungen suchen, dürfen keine Diskriminierungen enthalten. Bei Direkteinstellungen im Haushalt wird ein Arbeitsvertrag zwischen der Pflegekraft und der pflegebedürftigen Person oder einem ihrer Familienmitglieder geschlossen. Bei Pflegekräften, die bei einem Unternehmen beschäftigt sind, wird ein Dienstvertrag zwischen dem Pflegeunternehmen und der Pflegekraft geschlossen. Grundsätzlich ist eine pflegebedürftige Person berechtigt eine Reihe von Pflegeleistungen durch staatliche Sozialdienste, die durch die Selbstverwaltungsgemeinschaften organisiert werden, in Anspruch zu nehmen. In Ausnahmefällen kann eine pflegebedürftige Person bei einer privaten Direkteinstellung eine periodische wirtschaftliche Vergünstigung in Form von Zuschüssen erhalten , die aber nur gewährt werden, wenn der Zugang zu Pflegediensten öffentlicher oder subventionierter Art nicht möglich ist. Hierzu muss ein Verfahren bei dem entsprechenden Leistungsorgan der Selbstverwaltungsgemeinschaft am Wohnsitz der pflegebedürftigen Person durchgeführt werden, welches mit einem Beschluss endet, indem Umfang und Nutzen der Leistungen bestimmt werden zu welchem der Antragsteller nach seinem Grad der Abhängigkeit und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit berechtigt ist. Die Finanzierung wird zum Teil von der staatlichen Verwaltung und von den einzelnen Selbstverwaltungsgemeinschaften übernommen. Hinsichtlich der Unterstützungsleistungen beteiligen sich die Empfänger je nach Art und Kosten des Dienstes und ihrer persönlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ähnlich wie in Deutschland sind im spanischen Staatshaushalt keine speziellen Ausgaben für die Betreuung durch Pflegekräfte aus Mittel- oder Osteuropa vorgesehen. Ebenso gibt es auch keine besonderen Qualitätssicherungssysteme. Obwohl Rechte und Pflichten von Pflegekräften gesetzlich geregelt sind, gibt es keine besonderen Schutzregelungen zu Bedingungen und Konditionen der Beschäftigung. Beschäftigte bei Pflegeunternehmen können überprüfen, ob die gesetzlichen Bedingungen der Beschäftigung eingehalten werden. Außerdem hat jede Selbstverwaltungsgemeinschaft eine eigene Sozialdienstinspektion, die für die Überwachung und Einhaltung der geltenden Gesetzgebung bei der Ausführung sozialer Dienstleistungen zuständig ist. Inspektionen können an jederzeit erfolgen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 14 Für alle Beteiligten hat das Ministerium für Arbeit und soziale Sicherheit eine Website eingerichtet , auf der alle Arten von Ratschlägen öffentlich zugänglich sind. 3.8. Vereinigtes Königreich23 In England gibt es ebenfalls kein Äquivalent zur deutschen Zentralen Auslands- und Fachvermittlung . Pflegekräfte aus Mittel- und Osteuropa können dort aber Werbung über ihre Verfügbarkeit in privaten Anzeigen schalten, privaten Arbeitsvermittlungen mit Pflegeagenturen beitreten oder sich auf Stellen bewerben, die von lokalen Behörden ausgeschrieben sind. Sondervorschriften für Pflegekräfte aus Mittel- und Osteuropa gibt es nicht. Eine Pflegekraft kann mit dem Pflegebedürftigen einen direkten Arbeitsvertrag schließen. Bei dieser Vertragsform kommt der größtmögliche Arbeitnehmerschutz zum Tragen. Es müssen aber auch einige strenge gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sein, um diese Vertragsform überhaupt wählen zu können, insbesondere die Weisungsgebundenheit und wirtschaftliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers. Zudem gibt es auch die Möglichkeit des Abschlusses eines Dienstvertrages, der dem oben genannten Arbeitsvertrag ähnlich ist, aber nicht den gleichen strengen gesetzlichen Voraussetzungen genügen muss. Hier haben die Arbeiter weniger Arbeitnehmerrechte. Ihnen stehen aber meistens jedenfalls die europarechtlichen Arbeitnehmerrechte zu, sowie zumindest der nationale Mindestlohn. Die Pflegekraft kann auch als Agentur-Arbeiter von einer Zeitarbeitsagentur vermittelt werden. Hier wird der Arbeiter an den Endverbraucher, dem Pflegebedürftigen, zur Verfügung gestellt. Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers besteht in diesen Fällen mit der Agentur und nicht mit dem Endverbraucher. Die Pflegekraft kann aber auch als Selbstständiger tätig werden. Eine selbstständige Tätigkeit liegt vor, wenn die Pflegekraft auf eigene Rechnung tätig ist und ein Substitutionsrecht hat (d.h. wenn sie jemand anderes an ihrer Stelle zur Arbeitsverrichtung senden kann). Selbstständige unterfallen nicht dem arbeitnehmerrechtlichen Schutz. Wenn sich jemand dazu entscheidet eine Pflegekraft selbst zu beschäftigen, wird er auch deren Arbeitgeber und muss daher auch für die Zahlung der Steuern und Sozialabgaben aufkommen. Ebenso muss er die versicherungs- und rentenrechtlichen Voraussetzungen sicherstellen. Bekommt jemand eine finanzieller Unterstützung für die Kosten seiner Betreuung von seiner lokalen Behörde, dann sollte die Höhe der Unterstützung so hoch sein, dass sie die Kosten für Steuern und Renten abdeckt. Die Gewährung und Höhe einer solchen Unterstützung hängt von den finanziellen Mitteln ab, die der pflegebedürftigen Person zur Verfügung stehen. Das Ministerium für Gesundheit stellt Kriterien für die Bedürftigkeitsprüfung auf, die die örtlichen Behörden anwenden müssen, um zu bestimmen , ob jemand für eine Unterstützung durch sie in Betracht kommt. Für die Jahre 2016/2017 wurde beispielsweise festgelegt, dass in der Regel keine Unterstützung in Betracht kommt, wenn eine Person ein Vermögen von mehr als 23.250 Pfund hat (ohne den Wert des Hauses , bei häuslicher Pflege). Wenn jemanden schon finanzielle Unterstützung für häusliche Pflege erhält, kann ihm auch, sofern er mit seinen Ersparnissen dann über diesen Grenzwert kommt, nach Ermessen der örtlichen Behörde diese weiterhin gewährt werden. Die lokalen Behörden müssen bei ihrer Ermessensentscheidung - einem Leitfaden des Gesundheitsministeriums folgend - eine umfassende Abwägung in jedem Einzelfall vornehmen wie hoch die Unterstützung 23 Die Auskunft aus dem Vereinigten Königreich beschränkte sich auf die Darstellung der Situation in England. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 078/16 Seite 15 ausgestaltet sein soll, insbesondere hinsichtlich der Kosten ähnlicher Ganztagsbetreuungen, wie beispielsweise in Pflegeheimen. Auch in England gibt es keine spezifischen Bestimmungen zur staatlichen Finanzierung der 24- Stunden-Pflege durch mittel- und osteuropäische Pflegekräfte. Es gibt auch keine besonderen Qualitätssicherungssysteme. Dafür gibt es ein allgemeines Regulierungssystem für die soziale Versorgung: Die Care Quality Commission (CQC). Obwohl keine Standards für die einzelnen Mitarbeiter gefordert werden, ist es eine Voraussetzung für eine Eintragung bei der CQC, dass alle Gesundheits- und Sozialfürsorgeanbieter Verantwortung für die Eignung ihrer Mitarbeiter und deren Überprüfung übernehmen. Spezifische Verfahren zur genauen Überprüfung von Beschäftigungsbedingungen gibt es ebenfalls nicht. Die Betreuungsperson hat nur die Absicherung durch die allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften. Einen besonderen Beratungsdienst gibt es nicht. Personen, die häusliche Pflegedienstleistungen erhalten, die von ihrer örtlichen Behörde finanziert werden, können sich bei dieser über ihre Pflegekraft beschweren. Bei Vermittlung durch eine Agentur, könne Beschwerden an diese gerichtet werden. 4. Zusammenfassung In keinem der ausgewählten EU-Mitgliedsstaaten gibt es spezielle Regelungen zum Einsatz von Pflegekräften aus Mittel- und Osteuropa. In den wenigsten Mitgliedsstaaten gibt es eine staatlich vorgesehene und geförderte häusliche 24- Stunden-Pflege. Österreich und Finnland sind die einzigen Länder, die Regelungen zur Organisation häuslicher 24-Stunden-Pflege getroffen haben. In Schweden wird diese Pflegeform in Ausnahmefällen erbracht. Tagesbetreuungen werden hingegen in den meisten der dargestellten Länder bereits von staatlicher Seite auf kommunaler Ebene angeboten. Diese Angebote sollen auch vorrangig genutzt werden , da hier Qualitätssicherung und arbeitsrechtlicher Schutz am besten sichergestellt werden können. Gleichwohl wird eine selbst organisierte häusliche 24-Stunden-Pflege in fast allen Ländern (Dänemark, England, Finnland und Spanien) staatlich finanziell unterstützt. Hierfür müssen die Pflegekräfte aber regelmäßig ausreichend qualifiziert sein (Dänemark) oder aus dem Familienoder Nähe-Verhältnis kommen (Finnland), sodass die Beauftragung von meist unterqualifizierten Personen aus Mittel- und Osteuropa hiervon nicht umfasst ist und folglich diese in den häufigsten Fällen nur illegal, weil kostengünstiger, beschäftigt werden. In Polen erfolgt überhaupt keine Unterstützung bei dieser Form der privaten häuslichen Pflege. Einen Sonderfall stellt Frankreich dar. Dort wird staatliche Unterstützung in Form von Steuerermäßigung oder Beihilfe stets gewährt, wenn private häusliche Pflege erbracht wird. An die Person der Pflegekraft werden dabei keine qualitativen Anforderungen gestellt. Das System in Frankreich ähnelt damit der Situation in Deutschland. Hier ist die Leistung von Pflegegeld ebenfalls unabhängig von der Person der Pflegekraft und wird bei häuslicher Pflege aufgrund Pflegebedürftigkeit stets gewährt. Ende der Bearbeitung