© 2020 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 076/20 Überblick über die Künstlersozialversicherung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 076/20 Seite 2 Überblick über die Künstlersozialversicherung Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 076/20 Abschluss der Arbeit: 25. August 2020 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 076/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten 4 2. Versicherungspflichtiger Personenkreis 4 3. Finanzierung 5 3.1. Beitragsanteil der versicherten Künstler und Publizisten 5 3.2. Künstlersozialabgabe 5 3.3. Bundeszuschuss 6 4. Kontrolle der Einhaltung der Melde-, Beitrags- und Abgabepflichten 7 5. Probleme und Kritik 7 6. Aktuelle Entwicklungen 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 076/20 Seite 4 1. Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten Das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG)1 regelt seit dem 1. Januar 1983 die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Die Künstlersozialversicherung wird von der Künstlersozialkasse bei der Unfallversicherung Bund und Bahn in Wilhelmshaven durchgeführt. In diesem Rahmen ist die Künstlersozialkasse zuständig für die Beitragstragung zu den genannten Sozialversicherungszweigen. Die aus der Künstlersozialversicherung folgenden Leistungen werden bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen direkt von den Rentenversicherungsträgern bzw. den Kranken- und Pflegekassen erbracht. Insofern ist die Künstlersozialkasse kein Leistungsträger, sie tritt vielmehr an die Stelle der Arbeitgeber, die sonst den von versicherten Beschäftigten zu tragenden Beitragsanteil vom Lohn einbehalten und an die Sozialversicherung weiterleiten. 2. Versicherungspflichtiger Personenkreis Gemäß § 2 KSVG ist Künstler, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt und Publizist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. Eine alphabetische Aufzählung von hierunter fallenden Berufen und Tätigkeiten, zu denen durch den Gesetzgeber, die Rechtsprechung und die Verwaltungspraxis in der Vergangenheit entsprechende Entscheidungen ergangen sind, ist als Anlage 1 zu § 2 KSVG in den Gemeinsamen Rechtlichen Anweisungen der Deutschen Rentenversicherung enthalten. Anlage 2 zu § 2 KSVG enthält einen Negativkatalog von nicht abgabepflichtigen Berufen und Tätigkeiten.2 Im Jahr 2018 waren in der Künstlersozialversicherung 188.951 Künstler und Publizisten versichert . Davon entfielen auf den Bereich Wort 41.569 bildende Kunst 65.575 Musik 53.436 darstellende Kunst 28.371 Versicherte.3 1 Künstlersozialversicherungsgesetz vom 27. Juli 1981 (BGBl. I S. 705), das zuletzt durch Artikel 57 Absatz 10 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2652) geändert worden ist. 2 Anlage 1 abrufbar im Internet unter https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/Shared- Docs/rvRecht/04_GRA_Sonstige/KSVG/gra_ksvg_p_0002_a01.html, Anlage 2 abrufbar im Internet unter https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/rvRecht/04_GRA_Sonstige /KSVG/gra_ksvg_p_0002_a02.html, zuletzt abgerufen am 18. August 2020. 3 Information der Künstlersozialkasse, KSK in Zahlen, abrufbar im Internet unter: https://www.kuenstlersozialkasse .de/service/ksk-in-zahlen.html, zuletzt abgerufen am 18. August 2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 076/20 Seite 5 In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der Versicherten um rund 15 Prozent erhöht. 3. Finanzierung Gemäß § 14 KSVG werden die Mittel für die Künstlersozialversicherung zur einen Hälfte durch Beiträge der Versicherten und zur anderen Hälfte durch die Erhebung einer Künstlersozialabgabe sowie einen Zuschuss des Bundes aufgebracht. Im Jahr 2019 betrug das Haushaltsvolumen der Künstlersozialkasse 1,147 Mrd. Euro.4 3.1. Beitragsanteil der versicherten Künstler und Publizisten Der von den Versicherten zu tragende Beitragsanteil beträgt gemäß §§ 15 - 16a KSVG die Hälfte des üblicherweise zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlenden Beitrags und entspricht dem von abhängig Beschäftigten zu tragenden Arbeitnehmeranteil. Zur Beitragsbemessung wird nach den für die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung jeweils geltenden Regelungen das voraussichtliche Jahresarbeitseinkommens aus der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit zugrunde gelegt. Hiervon sind von den versicherten Künstlern und Publizisten aktuell insgesamt knapp 20 Prozent als Beitrag an die Künstlersozialkasse zu zahlen.5 3.2. Künstlersozialabgabe Bei der Künstlersozialabgabe handelt es sich um eine unter den Voraussetzungen der §§ 23 ff. KSVG von den Auftraggebern der selbständigen Künstler und Publizisten zu entrichtende Umlage für die Verwertung künstlerischer oder publizistischer Leistungen, die sich nach einem jährlich bestimmten Prozentsatz der Honorarzahlungen bemisst. Zurzeit sind 4,2 Prozent der an die selbständigen Künstler und Publizisten gezahlten Honorare als Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialkasse zu entrichten. Der Abgabesatz wird so festgesetzt, dass der Bedarf der Künstlersozialkasse zusammen mit den Versichertenbeiträgen und dem Bundeszuschuss gedeckt wird. Seit dem Jahr 2010 hat sich der Abgabesatz wie folgt entwickelt (Jahr/Prozent): 6 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 3,9 3,9 3,9 4,1 5,2 5,2 5,2 4,8 4,2 4,2 4 Vgl. Fn. 3. 5 Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung beträgt aktuell 18,6 Prozent. Der einheitliche Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung liegt aktuell bei 14,6 Prozent. Die gesetzlichen Krankenkassen können zusätzlich einen individuellen Zusatzbeitrag erheben. Der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung beträgt aktuell bei Elterneigenschaft 3,05 Prozent und für Kinderlose 3,30 Prozent. Für die Beitragsberechnung zur Künstlersozialversicherung sind diese Beitragssätze zur Hälfte zugrunde zu legen. 6 Vgl. Fn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 076/20 Seite 6 Die Abgabepflicht tritt für Kunst oder Publizistik verwertende Unternehmen gemäß § 25 Abs. 1 KSVG unabhängig davon ein, ob die beauftragten selbständigen Künstler oder Publizisten selbst zum versicherten Personenkreis der Künstlersozialversicherung gehören. Damit sollen Wettbewerbsnachteile der versicherten Künstler und Publizisten gegenüber nebenberuflich bzw. nicht berufsmäßig oder im Ausland künstlerisch oder publizistisch Tätigen vermieden werden. Die Künstlersozialabgabepflicht beruht auf dem Gedanken, denjenigen heranzuziehen, der sich in unmittelbarem Kontakt zum Künstler Eigentums- oder Nutzungsrechte an dessen Werken oder Leistungen verschafft und diese Leistungen oder Werke regelmäßig der Öffentlichkeit zugänglich machen will. Die Künstlersozialabgabe wird daher als „Quasi-Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung “ von allen abgabepflichtigen Unternehmern und Einrichtungen erhoben.7 Das KSVG unterscheidet drei Gruppen von Kunst oder Publizistik verwertenden Unternehmen, die zur Entrichtung der Künstlersozialabgabe verpflichtet sind: Die abgabepflichtigen Unternehmen, die typischerweise künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen verwerten, sind im Katalog des § 24 Abs. 1 Satz 1 KSVG aufgeführt . Hierzu gehören beispielsweise Verlage, Theater, Rundfunksender und Werbeagenturen . Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG gehören auch Unternehmen, die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen betreiben, zum Kreis der Abgabepflichtigen, wenn sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen . Hierbei handelt es sich um sogenannte Eigenwerber.8 Nach der Generalklausel des § 24 Abs. 2 KSVG sind zur Künstlersozialabgabe darüber hinaus auch die Unternehmen verpflichtet, die zwar nicht zu den typischen Verwertern von Kunst oder Publizistik gehören, die aber sonst für Zwecke ihres Unternehmens nicht nur gelegentlich im Zusammenhang mit der Nutzung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen Einnahmen erzielen. 3.3. Bundeszuschuss Der Zuschuss des Bundes beträgt gemäß § 34 KSVG 20 Prozent der Ausgaben der Künstlersozialkasse . Zudem übernimmt der Bund die Verwaltungskosten der Künstlersozialkasse. 7 Finke, Hugo/Brachmann, Wolfgang/Nordhausen, Willy, § 24 KSVG, Rn. 7 u. 8, Kommentar zum Künstlersozialversicherungsgesetz , 4. Auflage 2009, München: C.H. Beck. 8 Zu den Eigenwerbern sind auch Mitglieder des Deutschen Bundestages zu zählen, wenn sie im Rahmen ihrer Mandatsausübung Künstler oder Publizisten, beispielsweise Fotografen, Web-Designer oder Texter beauftragen. Vgl. Infobrief „Verpflichtung der Mitglieder des Deutschen Bundestages zur Zahlung der Künstlersozialabgabe“ Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, 2015, abrufbar im Internet unter: https://www.bundestag .de/resource/blob/409994/e20483ecd04d868d11c7eae1543ace8f/wd-6-069-15-pdf-data.pdf, zuletzt abgerufen am 19. August 2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 076/20 Seite 7 Seit dem Jahr 2010 hat sich der Bundeszuschuss wie folgt entwickelt (Jahr/Mio. Euro):9 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 146,7 157,1 163,6 170,9 173,6 186,8 191,0 202,1 210,9 222,9 4. Kontrolle der Einhaltung der Melde-, Beitrags- und Abgabepflichten Die Einhaltung der für die Künstlersozialversicherung maßgebenden Melde-, Beitrags- und Abgabepflichten wird im Rahmen der turnusmäßigen Betriebsprüfungen gemäß § 35 KSVG und § 28p des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) in Zusammenarbeit und enger Abstimmung mit der Künstlersozialkasse durch die Rentenversicherungsträger überwacht und gegebenenfalls säumige Beträge eingefordert. Die turnusmäßigen Prüfungen bei den Arbeitgebern sind mit dem Künstlersozialabgabestabilisierungsgesetz (KSAStabG) ab 1. Januar 2015 erheblich ausgeweitet worden, um den zuvor stetigen Anstieg des Abgabesatzes zu bremsen. Seitdem erfolgt die Prüfung über die rechtzeitige und vollständige Zahlung der Künstlersozialabgabe grundsätzlich zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag . Frühestens im Oktober 2020 soll der Abschlussbericht der im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik - ISG - in Köln vorgenommenen Evaluation des KSAStabG vorliegen.10 5. Probleme und Kritik Nicht nur bei Künstlern und Publizisten ergeben sich in der Praxis weitreichende Probleme bei der Abgrenzung von abhängig Beschäftigten und selbständig Tätigen. Der Begriff der selbständigen Tätigkeit wird im Sozialgesetzbuch nicht definiert. Deshalb ergibt sich das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit im Umkehrschluss nur dann, wenn eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV auszuschließen ist. Eine abhängige Beschäftigung ist hiernach die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Weder in § 7 SGB IV noch in den spezialgesetzlichen Vorschriften über die Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung werden die im Regelfall für das Bestehen bzw. Nichtbestehen einer Versicherungspflicht maßgeblichen Abgrenzungsmerkmale einer abhängigen Beschäftigung näher definiert. Die Rechtsprechung hat daher die 9 Vgl. Fn. 3. 10 Vgl. Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Sachstand „Evaluierungsvorhaben zur Künstlersozialversicherung “, abrufbar im Internet unter https://www.bundestag.de/resource /blob/627128/f130f0365bf44c584ea84ce9403372f6/WD-6-002-19-pdf-data.pdf, zuletzt abgerufen am 19. August 2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 076/20 Seite 8 Merkmale einer Beschäftigung und diejenigen einer selbständigen Tätigkeit sowie die Grundsätze , nach denen die festgestellten Tatsachen gegeneinander abzuwägen sind, in einer umfangreichen Rechtsprechung entwickelt.11 Im Einzelfall ist die Abgrenzung auch für die Künstlersozialversicherung schwierig. So ist beispielsweise die Aushilfstätigkeit eines Opernchorsängers als Ersatz für ein Ensemblemitglied erst nach einem langen Rechtsstreit nicht als abhängige Beschäftigung, sondern als selbständige Tätigkeit gewertet worden.12 Auch die Abgrenzung, ob eine selbständige Tätigkeit als künstlerisch oder publizistisch einzustufen ist, ist mitunter streitbefangen. So hatte das Bundessozialgericht unter anderem die Tätigkeitsfelder von Visagisten und Kosmetikern, Webdesignern und Programmierern sowie Werbefotografen und Fotografen mit vorgegebenen Motiven hinsichtlich der Künstlersozialversicherung zu prüfen.13 Zuweilen werden die den Unternehmen entstehenden Bürokratiekosten kritisiert. So fordert die Vereinigung der Hessischen Unternehmerverbände in einem Positionspapier die Reformierung oder Abschaffung der Künstlersozialabgabe.14 Die Aufwendungen der Verwerter zur Meldung und Zahlung der Künstlersozialabgabe sowie die Prüfungskosten der Rentenversicherung seien unverhältnismäßig. Vor allem kleineren bis mittleren Unternehmen verursache dies hohe Bürokratiekosten . Einer Untersuchung der IW Köln Consult GmbH aus dem Jahre 2008 zufolge müssten kleinere Unternehmen in etwa genauso viel für die Feststellung der Künstlersozialabgabe aufbringen wie sie an Beträgen zu leisten haben.15 Der Deutsche Journalisten-Verband (djv) hat den Bürokratievorwurf gegen die Künstlersozialversicherung zurückgewiesen. Die Regelungen zur Künstlersozialabgabe für selbständige Künstler und Publizisten seien erheblich einfacher als das Beitragsrecht für Angestellte.16 11 Vgl. Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung, § 7 SGB IV, abrufbar im Internet unter https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/Shared- Docs/rvRecht/01_GRA_SGB/04_SGB_IV/pp_0001_25/gra_sgb004_p_0007.html#doc1576228bodyText3, zuletzt abgerufen am 19. August 2020. 12 Urteil des Bundessozialgerichts vom 20. März 2018, Az. B 12 KR 3/17 R. 13 Urteile des Bundessozialgerichts vom 12. Mai 2005, Az. B 3 KR 39/04 R, vom 7. Juli 2005, Az. B 3 KR 37/04 R und vom 25. November 2010, Az. B 3 KS 1/10 R, entnommen dem Positionspapier der Vereinigung der Hessischen Unternehmerverbände, vgl. Fn. 14. 14 Vereinigung der Hessischen Unternehmerverbände, Positionspapier vom 12. August 2016 "Künstlersozialversicherung für Unternehmen entbürokratisieren – andernfalls abschaffen", abrufbar im Internet unter https://www.vhu.de/fileadmin/vhu/pdf-Dokumente/pdf-Dokumente_Bereich_THEMEN/Kuenstlersozialversicherung .pdf?_=1560864522, zuletzt abgerufen am 20. August 2020. 15 Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft vom 30. Mai 2013 „Subventionierte Kreativwirtschaft “, abrufbar im Internet unter https://www.iwd.de/artikel/subventionierte-kreativwirtschaft-113067/, zuletzt abgerufen am 20. August 2020. 16 djv-Pressemitteilung vom 30. August 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 076/20 Seite 9 Der Bund der Steuerzahler e.V. hat die Künstlersozialversicherung ebenfalls kritisch betrachtet und beanstandet, dass die Künstlersozialabgabe auch für beauftragte Künstler und Publizisten zu zahlen ist, die nicht in der Künstlersozialversicherung versichert sind. Die Klage eines Unternehmers gegen die Künstlersozialabgabe hat das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 2018 nicht zur Entscheidung angenommen, weil offenbar keine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts vorliege.17 Dieses Bekenntnis zur Künstlersozialkasse ist von den Journalistenverbänden begrüßt worden.18 Mit einer öffentlichen Petition an den Deutschen Bundestag wurde bereits in der 17. Wahlperiode die Auflösung der Künstlersozialkasse und die Abschaffung der Künstlersozialversicherung gefordert, weil diese Künstler bevorzuge und andere Selbständige diskriminiere, die ihre Versicherung allein aus eigenen Mitteln finanzieren müssten. Der Petitionsausschuss hat die Künstlersozialversicherung für eine einmalige und unverzichtbare Errungenschaft für die soziale Sicherung selbständiger Künstler und Publizisten in Deutschland gehalten und die Petition in seiner Sitzung am 5. Juni 2014 zurückgewiesen. In seiner Sitzung am 10. November 2016 hielt der Petitionsausschuss auch die Künstlersozialabgabe für sachgerecht und hat das Anliegen, diese abzuschaffen , nicht weiter unterstützt.19 Nach Angaben der Künstlersozialkasse liegt das Medianjahreseinkommen der in der Künstlersozialversicherung versicherten Künstler und Publizisten in den Bundesländern aktuell zwischen 8.650 in Sachsen-Anhalt und 12.000 Euro in Hamburg.20 Daraus ergibt sich nach den aktuellen Berechnungswerten allenfalls eine monatliche Rentenanwartschaft von rund 10 Euro. Auch nach jahrzehntelanger Beitragszahlung dürften damit für mehr als die Hälfte der in der Künstlersozialversicherung Versicherten im Alter nur sehr geringe Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwarten sein.21 17 Bund der Steuerzahler e.V., Presseinformation vom 15. Februar 2018, abrufbar im Internet unter https://www.steuerzahler.de/presse/detail/contra-kuenstlersozialabgabe-deshalb-hat-sich-unser-einsatz-gelohnt /, zuletzt abgerufen am 25. August 2020 und Meldung der Künstlersozialkasse zum Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Az. I BvR 2885/15, abrufbar im Internet unter https://www.kuenstlersozialkasse .de/die-ksk/meldungen.html, zuletzt abgerufen am 25. August 2020. 18 Pressemitteilung des Deutschen Presse Verbandes und der Bundesvereinigung der Fachjournalisten vom 16. Februar 2018, abrufbar im Internet unter https://neue-pressemitteilungen.de/dpv-und-bdfj-begruessen-bekenntnis -zur-kuenstlersozialkasse.html, zuletzt abgerufen am 20. August 2020. 19 Die Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses sind abrufbar im Internet unter https://epetitionen.bundestag .de/petitionen/_2013/_07/_17/Petition_44250.abschlussbegruendungpdf.pdf und https://epetitionen.bundestag .de/petitionen/_2016/_03/_03/Petition_64367.abschlussbegruendungpdf.pdf, zuletzt abgerufen am 20. August 2020. 20 Bundestagsdrucksache 19/21499, S. 2. 21 Eigene Berechnung nach dem vorläufigen Durchschnittsverdienst für 2020 aus der Anlage 1 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und dem seit 1. Juli 2020 geltenden aktuellen Rentenwert von 34,19 Euro. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 076/20 Seite 10 6. Aktuelle Entwicklungen Mit der Digitalisierung geht eine fortschreitende Internationalisierung und Verlagerung der Kultur - und Kreativwirtschaft auf Plattformen einher. Hierzu hat die Prognos AG in ihrer im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Jahre 2018 erstellten Studie „Digitale Verwertungsformen in der Kultur- und Kreativwirtschaft und ihre Auswirkungen auf die Künstlersozialversicherung “ vorgeschlagen, die gesetzliche Abgabepflicht auf Kunst oder Publizistik verwertende Plattformen im In- und Ausland auszuweiten. Dabei wäre an den urheberrechtlichen Begriff der öffentlichen Zugänglichmachung anzuknüpfen.22 Wegen der Covid-19-Pandemie wurden für Versicherte in der Künstlersozialversicherung unter anderem Zahlungserleichterungen oder ein Zahlungsaufschub eingeräumt. Ferner war für die laufende Beitragshöhe eine Minderung des voraussichtlichen Arbeitseinkommens ermöglicht worden. Auch ist die Versicherung bei nur noch geringfügigem Arbeitseinkommen aus künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit fortgesetzt worden. Für zur Künstlersozialabgabe Verpflichtete ist der Termin zur Meldung abgabepflichtiger Entgeltzahlungen des Jahres 2019 verlängert und Zahlungserleichterungen sowie eine mögliche Herabsetzung der monatlichen Vorauszahlung geregelt worden.23 *** 22 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Forschungsbericht 521, Dezember 2018, S. 155 ff., abrufbar im Internet unter https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/Forschungsberichte/fb521- digitale-verwertungsformen-in-der-kultur-und-kreativwirtschaft.pdf?__blob=publicationFile&v=1, zuletzt abgerufen am 20. August 2020. 23 Vgl. Aktuelle Meldungen der Künstlersozialkasse, abrufbar im Internet unter https://www.kuenstlersozialkasse .de/die-ksk/meldungen.html, zuletzt abgerufen am 20. August 2020.