© 2015 Deutscher Bundestag WD 6 - 3010 - 069/15 Verpflichtung der Mitglieder des Deutschen Bundestages zur Zahlung der Künstlersozialabgabe Infobrief Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 2 Verpflichtung der Mitglieder des Deutschen Bundestages zur Zahlung der Künstlersozialabgabe Aktenzeichen: WD 6 - 3010 - 069/15 Abschluss der Arbeit: 1. Juni 2015 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung 4 2. Hintergrund der Künstlersozialabgabe 4 3. Abgeordnete als abgabepflichtige Unternehmer 5 3.1. Abgeordnete als sogenannte Eigenwerber 6 3.2. Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Ausübung des Mandats 7 3.3. Nicht nur gelegentliche Auftragserteilung 7 3.4. Keine Berührung der Ausübung des freien Mandats 8 4. Der Abgabepflicht typischerweise unterliegende Aufträge durch Mitglieder des Deutschen Bundestages 8 5. Verfahren zur Erhebung der Künstlersozialabgabe 9 5.1. Meldepflicht und der Künstlersozialabgabe zugrunde liegende Entgelte 9 5.2. Zahlung der Künstlersozialabgabe 10 5.3. Aufzeichnungspflicht über die gemeldeten Entgelte 11 5.4. Verletzung der Meldepflichten 11 6. Kontrolle der Melde- und Abgabepflichten 11 6.1. Ausweitung der Prüfung zum 1. Januar 2015 11 6.2. Verjährung der Zahlungsverpflichtung 12 6.3. Prüfung bei den Mitgliedern des Deutschen Bundestages / Zentrale Betriebsnummer 12 Anlage Mustermeldeformular Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 4 1. Zusammenfassung Mitglieder des Deutschen Bundestages, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen, sind grundsätzlich zur Zahlung der Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialkasse in Höhe von zurzeit 5,2 % der Honorare verpflichtet. Seit dem 1. Januar 2015 gilt eine Bagatellgrenze von 450 Euro. Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten durch Mitglieder des Deutschen Bundestages liegen zum Beispiel vor, wenn freiberufliche Webdesigner die Internetseite der Abgeordneten erstellen oder pflegen, Texte redaktionell entworfen oder bearbeitet oder Fotos zur Veröffentlichung angefertigt werden. Zur Erhebung der Künstlersozialabgabe ist eine jährliche Meldung an die Künstlersozialkasse abzugeben . Die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe werden alle vier Jahre von der Deutschen Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung überwacht. 2. Hintergrund der Künstlersozialabgabe Das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) regelt seit dem 1. Januar 1983 die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Die Künstlersozialversicherung wird von der Künstlersozialkasse bei der Unfallversicherung Bund und Bahn in Wilhelmshaven durchgeführt. Zu diesem Zweck ist die Künstlersozialkasse zuständig für die Beitragstragung zu den genannten Sozialversicherungszweigen. Die aus der Künstlersozialversicherung folgenden Leistungen werden bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen direkt von den Rentenversicherungsträgern bzw. den Kranken- und Pflegekassen erbracht. Gemäß § 14 KSVG werden die Mittel für die Künstlersozialversicherung zur einen Hälfte durch Beiträge der Versicherten und zur anderen Hälfte durch die Erhebung einer Künstlersozialabgabe sowie durch einen Zuschuss des Bundes aufgebracht. Bei der Künstlersozialabgabe handelt es sich um eine unter den Voraussetzungen der §§ 23 ff. KSVG von den Auftraggebern der selbständigen Künstler und Publizisten zu entrichtende Umlage für die Verwertung künstlerischer oder publizistischer Leistungen, die sich nach einem jährlich bestimmten Prozentsatz der Honorarzahlungen bemisst. Zurzeit sind 5,2 % der an die selbständigen Künstler und Publizisten gezahlten Honorare als Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialkasse zu entrichten. Gemäß § 2 KSVG ist Künstler, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt und Publizist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. Eine alphabetische Aufzählung von hierunter fallenden Berufen und Tätigkeiten, zu denen durch den Gesetzgeber, die Rechtsprechung und die Verwaltungspraxis in der Vergangenheit entsprechende Entscheidungen ergangen sind, ist als Anlage 1 zu § 2 KSVG in den rechtlichen Arbeits- Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 5 anweisungen der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung sowie der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See auf deren Internetseite veröffentlicht. Anlage 2 zu § 2 KSVG enthält einen Negativkatalog von nicht abgabepflichtigen Berufen und Tätigkeiten.1 Die Abgabepflicht tritt für Kunst oder Publizistik verwertende Unternehmen gemäß § 25 Abs. 1 KSVG unabhängig davon ein, ob die beauftragten selbständigen Künstler oder Publizisten selbst zum versicherten Personenkreis der Künstlersozialversicherung gehören. Damit sollen Wettbewerbsnachteile der versicherten Künstler und Publizisten gegenüber nebenberuflich bzw. nicht berufsmäßig oder im Ausland künstlerisch oder publizistisch Tätigen vermieden werden. Die Künstlersozialabgabepflicht beruht auf dem Gedanken, denjenigen heranzuziehen, der sich in unmittelbarem Kontakt zum Künstler Eigentums- oder Nutzungsrechte an dessen Werken oder Leistungen verschafft und diese Leistungen oder Werke regelmäßig der Öffentlichkeit zugänglich machen will. Die Künstlersozialabgabe wird daher als „Quasi-Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung “ von allen abgabepflichtigen Unternehmern und Einrichtungen erhoben.2 3. Abgeordnete als abgabepflichtige Unternehmer3 Das KSVG unterscheidet drei Gruppen von Kunst oder Publizistik verwertenden Unternehmen, die zur Entrichtung der Künstlersozialabgabe verpflichtet sind: Die abgabepflichtigen Unternehmen, die typischerweise künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen verwerten, sind im Katalog des § 24 Abs. 1 Satz 1 KSVG aufgeführt . Hierzu gehören beispielsweise Verlage, Theater, Rundfunksender und Werbeagenturen . Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG gehören auch Unternehmen, die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen betreiben, zum Kreis der Abgabepflichtigen, wenn sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen . Hierbei handelt es sich um sogenannte Eigenwerber. Nach der Generalklausel des § 24 Abs. 2 KSVG sind zur Künstlersozialabgabe darüber hinaus auch die Unternehmen verpflichtet, die zwar nicht zu den typischen Verwertern von Kunst oder Publizistik gehören, die aber sonst für Zwecke ihres Unternehmens nicht nur gelegentlich im Zusammenhang mit der Nutzung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen Einnahmen erzielen. 1 Anlage 1 abrufbar im Internet unter http://www.deutsche-rentenversicherung-regional .de/Raa/Raa.do?f=KSVG_2ANL1, Anlage 2 abrufbar im Internet unter http://www.deutsche-rentenversicherung -regional.de/Raa/Raa.do?f=KSVG_2ANL2, zuletzt abgerufen am 12. Mai 2015. 2 Kommentierung zu § 24 KSVG, Rn. 7, 8; in Finke/Brachmann/Nordhausen, Kommentar zum Künstlersozialversicherungsgesetz , 4. Auflage 2009, München: C.H. Beck. 3 Vgl. (2015) Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch Mitglieder des Deutschen Bundestages. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Az. 3000-064/15 , Berlin: Deutscher Bundestag. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 6 Mandatsträger werden nicht vom Katalog der typischen Verwerter gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 KSVG erfasst. Sie fallen auch nicht unter die Generalklausel des § 24 Abs. 2 KSVG, da sie aus der Nutzung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen keine Einnahmen erzielen. Allerdings kommt für Abgeordnete im Zusammenhang mit der Ausübung des politischen Mandats die Verpflichtung zur Entrichtung der Künstlersozialabgabe als Eigenwerber gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG in Betracht. 3.1. Abgeordnete als sogenannte Eigenwerber Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Unternehmen, die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreiben, wie professionelle Vermarkter von künstlerischen oder publizistischen Leistungen tätig und zum 1. Januar 1988 in den Kreis der abgabepflichtigen Unternehmen einbezogen worden.4 Der Begriff des Unternehmers ist in diesem Zusammenhang weit zu verstehen. Unternehmer ist danach, wessen Tätigkeit einem der in § 24 KSVG genannten Zwecke dient, wobei es sich dabei nicht um den Hauptzweck seiner Tätigkeit handeln muss. Vielmehr dürfte der eigentliche Unternehmenszweck der Eigenwerber im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG regelmäßig außerhalb von Kunst und Medien liegen.5 Folglich kommen als Unternehmer neben natürlichen und juristischen Personen auch Behörden und andere Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, in Betracht; ihre Rechtsform ist dafür ohne Belang.6 Auch die Gemeinnützigkeit der Tätigkeit berührt die Unternehmereigenschaft nicht, solange künstlerische oder publizistische Leistungen für eigene Zwecke in Anspruch genommen oder verwertet werden.7 Einer unternehmerischen Tätigkeit im engeren Sinne, die auf Einnahmenerzielung abzielt, bedarf es für die Abgabepflicht der Eigenwerber im Gegensatz zur Generalklausel des § 24 Abs. 2 KSVG nicht. Unter eigenen Zwecken, für die Werbung betrieben wird, fällt unter anderem auch die Durchsetzung politischer Ziele.8 4 Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 8. April 1987, Az. 2 BvR 909/82; Gesetz zur finanziellen Sicherung der Künstlersozialversicherung vom 18. Dezember 1987, BGBl. I, S. 2794; Bundestags-Drucksache 11/862, S. 7 und 8. 5 Kommentierung zu § 24 KSVG, Rn. 18 bis 20; in Finke/Brachmann/Nordhausen, Kommentar zum Künstlersozialversicherungsgesetz , 4. Auflage 2009, München: C.H. Beck. 6 Mittelmann, Kommentierung § 9 Künstlersozialversicherung, Rn. 106; in: Plagemann, Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 4. Auflage 2013, München: C.H. Beck. Kommentierung zu § 24 KSVG, Rn. 16; in Finke/Brachmann/Nordhausen, Kommentar zum Künstlersozialversicherungsgesetz, 4. Auflage 2009, München: C.H. Beck. 7 Urteil des Bundessozialgerichtes vom 21.06.2012, B 3 KS 2/11 R. NZS 2012, 905, 906 Rn. 27. 8 Vgl. Informationsschrift Nr. 5 zur Künstlersozialabgabe. Herausgegeben von der Künstlersozialkasse. Abrufbar im Internet unter http://www.kuenstlersozialkasse.de/wDeutsch/download/daten/Verwerter/Info_05_-_Abgabepflicht _fuer_Eigenwerber_04.pdf, zuletzt abgerufen am 1. Juni 2015. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 7 Mitglieder des Deutschen Bundestages gehören als Abgeordnete aufgrund des sehr weiten Unternehmerbegriffs zum Kreis der Eigenwerber, wenn sie Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und so wie professionelle Vermarkter von künstlerischen oder publizistischen Leistungen tätig sind. Insoweit ist die Ausübung des Abgeordnetenmandats als Unternehmung im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG anzusehen. 3.2. Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Ausübung des Mandats Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG setzt die Verpflichtung zur Künstlersozialabgabe neben der Unternehmereigenschaft voraus, dass durch Werke oder Leistungen selbständiger Künstler oder Publizisten für das Unternehmen Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird. Hierzu gehört auch der Einsatz öffentlichkeitswirksamer Mittel zur Unterstützung der Verfolgung politischer Ziele.9 Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 21. Juni 2012 die Definition der Vorinstanz , wonach Werbung die „positive Darstellung eines Unternehmens in der Öffentlichkeit und seiner Leistungen zum Zwecke der Gewinnung von Kunden“ sei, nicht beanstandet.10 Zwar geht es Abgeordneten statt um die Gewinnung von „Kunden“ um die Gunst der Wähler – auch die darauf gerichtete Mandatsarbeit ist aber als Eigenwerbung zu verstehen und unterfällt aus diesem Grund dem § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG. Dies ist dann naheliegend, wenn Abgeordnete ihr Mandat bei der nächsten Bundestagswahl wiedererringen möchten und den Wahlberechtigten im Wahlkreis ihre Arbeit mit Blick auf die angestrebte Wiederwahl zu präsentieren suchen. Die Vermittlung der eigenen politischen Zielsetzungen und Arbeitsansätze dient aber auch der Ausfüllung des bereits erlangten Mandats. Insbesondere die Wahlkreisarbeit ist für die Ausübung des Mandats von tragender Bedeutung. In ihr findet die Bindung des gewählten Abgeordneten an seinen Wahlkreis, dessen Bevölkerung im Bundestag zu repräsentieren seine Aufgabe ist, Ausdruck. Indem sich Abgeordnete künstlerischer und publizistischer Leistungen und Werke bedienen, um mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten und sie über ihre parlamentarische Arbeit zu informieren , betreiben sie insoweit in Ausübung ihres Mandats Eigenwerbung. Damit haben die Mitglieder des Deutschen Bundestages für die Inanspruchnahme und Verwertung künstlerischer oder publizistischer Werke und Leistungen grundsätzlich die Künstlersozialabgabe zu entrichten. 3.3. Nicht nur gelegentliche Auftragserteilung Die Abgabeverpflichtung entfällt, wenn nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten erteilt werden. Dies ist gemäß § 24 Abs. 3 KSVG der Fall, wenn die Summe der Honorare innerhalb eines Kalenderjahres 450 Euro nicht übersteigt. 9 Kommentierung zu § 24 KSVG, Rn. 188; in Finke/Brachmann/Nordhausen, Kommentar zum Künstlersozialversicherungsgesetz , 4. Auflage 2009, München: C.H. Beck. 10 Urteil des Bundessozialgerichtes vom 21.06.2012, B 3 KS 2/11 R. NZS 2012, 905, 908, Rn. 38ff. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 8 Diese Bagatellgrenze wurde erst mit Inkrafttreten des Künstlersozialabgabestabilisierungsgesetzes (KSAStabG) am 1. Januar 201511 eingeführt. Bislang war eine Einzelfallbetrachtung dahingehend anzustellen, ob über mehrere Jahre hinweg Aufträge für künstlerische oder publizistische Leistungen mit gewisser Regelmäßigkeit oder Dauerhaftigkeit und in nicht nur unerheblichem wirtschaftlichem Ausmaß erteilt wurden.12 3.4. Keine Berührung der Ausübung des freien Mandats Der Einordnung von Bundestagsabgeordneten als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG steht auch der Grundsatz des freien Mandats aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG nicht entgegen . Dort heißt es, dass Abgeordnete als Vertreter des ganzen Volkes an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Die den Abgeordneten mit dem freien Mandat eröffnete Entscheidungsfreiheit soll dabei allgemein gelten und sich nicht nur auf Gewissensfragen beziehen.13 Allerdings bedeutet die Einräumung des freien Mandats lediglich Freiheit in der inhaltlichen Wahrnehmung der Mandatspflichten.14 Die Berufung auf sein Gewissen entbindet den Abgeordneten nicht von der Beachtung der Rechtsordnung, welche auch für ihn gilt.15 Einem Bundestagsabgeordneten die Einhaltung der im KSVG aufgestellten Regeln abzuverlangen ist schon deshalb nicht geeignet, den Schutzbereich des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG zu tangieren. 4. Der Abgabepflicht typischerweise unterliegende Aufträge durch Mitglieder des Deutschen Bundestages Wie erörtert, können Mitglieder des Deutschen Bundestages gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 KSVG abgabepflichtig sein, wenn sie im Rahmen der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für die Zwecke ihres Mandats Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen und die Summe der hierfür gezahlten Entgelte im Kalenderjahr 450 Euro übersteigt. Die im Folgenden beispielhaft aufgeführten Aufträge treten in der Mandatsarbeit typischerweise auf und können die Abgabepflicht auslösen: Anfertigung von Fotos für Wahlplakate, Informationsmaterial, Newsletter und die Abgeordnetenhomepage Inhaltliche Gestaltung von Flyern und Broschüren, zu veröffentlichenden Stellungnahmen , Newslettern, sonstigem Informationsmaterial und der Abgeordnetenhomepage 11 Gesetz zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes vom 30. Juli 2014, BGBl I S. 1311. 12 Mittelmann, Kommentierung § 9 Künstlersozialversicherung, Rn. 113; in: Plagemann, Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 4. Auflage 2013, München: C.H. Beck. 13 Butzer, Kommentierung zu Art. 38 GG, Rn. 94, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz , Stand: 1. Dezember 2014. 14 Butzer, Kommentierung zu Art. 38 GG, Rn. 95, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz , Stand: 1. Dezember 2014. 15 Butzer, Kommentierung zu Art. 38 GG, Rn. 96, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz , Stand: 1. Dezember 2014. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 9 Grafische Gestaltung von Flyern und Broschüren, Newslettern, sonstigem Informationsmaterial und der Abgeordnetenhomepage Musikalische und andere künstlerische Darbietungen auf Wahlkreisveranstaltungen oder generell zu Wahlkampfzwecken Anfertigung von Redemanuskripten Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 5. Verfahren zur Erhebung der Künstlersozialabgabe In einem ersten Schritt prüft die Künstlersozialkasse, ob eine Abgabepflicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einem im Katalog des § 24 Abs. 1 Satz 1 KSVG genannten Unternehmen, als Eigenwerber gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG oder nach der Generalklausel des § 24 Abs. 2 KSVG dem Grunde nach gegeben ist. Gegebenenfalls erteilt die Künstlersozialkasse über eine bestehende Abgabepflicht einen Feststellungsbescheid. In einem zweiten Schritt legt die Künstlersozialkasse die Höhe der zu leistenden Künstlersozialabgabe fest, indem die Bemessungsgrundlage mit dem für das betreffende Kalenderjahr geltenden Prozentsatz vervielfältigt wird. Als Bemessungsgrundlage dienen die von den Auftraggebern an die selbständigen Künstler und Publizisten gezahlten, als Entgelte bezeichneten Honorare. Über die Höhe der zu zahlenden Künstlersozialabgabe ergeht im Anschluss ein gesonderter Zahlungsbescheid . 5.1. Meldepflicht und der Künstlersozialabgabe zugrunde liegende Entgelte Unternehmer, die zum Kreis der Abgabepflichtigen gehören oder die regelmäßig Entgelte an Künstler oder Publizisten zahlen, sind gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 KSVG verpflichtet, sich selbst bei der Künstlersozialkasse zu melden. Diese übersendet auf Anforderung das gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 KSVG zu verwendende Meldeformular. Auf der Internetseite der Künstlersozialkasse stehen neben umfangreichem Informationsmaterial auch ein Anmelde- und Erhebungsbogen zur Prüfung der Abgabepflicht sowie Meldebögen für abgelaufene Jahre zum Abruf bereit.16 Ein ausgefüllter Mustervordruck ist zur Veranschaulichung als Anlage beigefügt. Dieser bezieht sich auf ein Mitglied des Deutschen Bundestages, das sein Mandat in der 18. Wahlperiode erstmals angenommen hat und einen freiberuflichen Web-Designer zur Gestaltung und Pflege der Internetseite beauftragt hat. Anlage Im Meldeformular der Künstlersozialkasse ist die Summe der im Vorjahr an selbständige Künstler oder Publizisten gezahlten Entgelte jeweils bis zum 31. März eines Jahres anzugeben. Eine 16 Abrufbar im Internet unter http://www.kuenstlersozialkasse.de/wDeutsch/download/Anmeldeunterlagen_Formulare _etc_Kb.php, zuletzt abgerufen am 12. Mai 2015. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 10 selbständige Tätigkeit liegt auch vor, wenn Künstler und Publizisten ihre Leistungen in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts anbieten. Grundsätzlich nicht abgabepflichtig sind dagegen Zahlungen an juristische Personen, z. B. eine GmbH, da der soziale Schutz des KSVG ausschließlich für selbständig Tätige besteht.17 Zum abgabepflichtigen Entgelt an selbständige Künstler oder Publizisten zählen gemäß § 25 Abs. 1 und 2 KSVG unabhängig von ihrer Bezeichnung alle zum Erhalt oder zur Nutzung der künstlerischen oder publizistischen Leistung aufgebrachten Mittel. Hierzu gehören also nicht nur sämtliche gezahlten Honorare, Gagen, Tantiemen, Lizenzen und Ankaufpreise, sondern auch der Ersatz von Aufwendungen und Nebenleistungen, z. B. Telefon-, Material- oder Personalkosten, sowie auch Sachleistungen bzw. Tauschgegenstände als geldwerter Vorteil. Dagegen ist die in der Rechnung des Künstlers bzw. Publizisten aufgeführte Umsatzsteuer nicht für die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe heranzuziehen und daher nicht im Meldeformular anzugeben . Ferner gehören Zahlungen an die urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften GEMA, VG Wort und VG Bild-Kunst nicht zum meldepflichtigen Entgelt. Gemäß § 25 Abs. 3 KSVG i.V.m. der Künstlersozialversicherungs-Entgeltverordnung18 sind in Anlehnung an steuerrechtliche Regelungen nachgewiesene Reise- und übliche Bewirtungskosten ebenfalls von der Meldepflicht ausgenommen. 5.2. Zahlung der Künstlersozialabgabe Die Höhe der Künstlersozialabgabe wird gemäß § 26 KSVG i. V. m. den entsprechenden Rechtsverordnungen jährlich nach einem Vomhundertsatz bestimmt und beträgt für die Kalenderjahre 2011 = 3,9 % 2012 = 3,9 % 2013 = 4,1 % 2014 = 5,2 % 2015 = 5,2 % der gemeldeten Entgelte.19 Gegebenenfalls sind für das laufende Kalenderjahr gemäß § 27 Abs. 2 bis 5 KSVG monatliche Vorauszahlungen zu leisten, die auf den abgabepflichtigen Entgeltzahlungen des Vorjahres beruhen. Die Vorauszahlungspflicht entfällt, wenn der vorauszuzahlende Betrag 40 Euro nicht übersteigt. In der Regel teilt die Künstlersozialkasse dem zur Abgabe Verpflichteten den von ihm zu zahlenden Betrag der Künstlersozialabgabe und die zu leistende Vorauszahlung gemäß § 27 Abs. 1a 17 Kommentierung zu § 25 KSVG, Rn. 25 ff.; in Finke/Brachmann/Nordhausen, Kommentar zum Künstlersozialversicherungsgesetz , 4. Auflage 2009, München: C.H. Beck. 18 Künstlersozialversicherungs-Entgeltverordnung vom 22. Januar 1991, BGBl. I S. 156. 19 Künstlersozialabgabe-Verordnung 2014 vom 19. September 2013, BGBl. I S. 3618 und Künstlersozialabgabe- Verordnung 2015 vom 8. September 2014, BGBl. I S. 1520. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 11 KSVG im gesonderten Zahlungsbescheid mit. Überzahlungen und Fehlbeträge aus den Vorauszahlungen werden im folgenden Kalenderjahr verrechnet. 5.3. Aufzeichnungspflicht über die gemeldeten Entgelte Über die zu meldenden Entgelte sind gemäß § 28 KSVG fortlaufende Aufzeichnungen zu führen, welche den Inhalt der Meldung an die Künstlersozialkasse nachvollziehbar machen und welche geeignet sind, bei Bedarf einen listenmäßigen Überblick über die gezahlten Entgelte zu verschaffen . Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entgelte fällig geworden sind, aufzubewahren. Dafür muss insbesondere auch dann Sorge getragen werden, wenn die Aufzeichnungen mit Hilfe technischer Einrichtungen erstellt oder verwaltet wurden. 5.4. Verletzung der Meldepflichten Die Künstlersozialkasse erfasst regelmäßig Unternehmen, die ihren Meldepflichten nicht nachgekommen sind. Hierzu werden Branchen- und Adressverzeichnisse ebenso wie Informationen der Künstler- und Unternehmerverbände ausgewertet. Unternehmer, die ihren Meldepflichten nicht rechtzeitig nachkommen, werden von der Künstlersozialkasse gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 KSVG nach branchenspezifischen Durchschnittswerten eingeschätzt. Die Verletzung der gesetzlichen Melde- und Aufzeichnungspflichten ist eine Ordnungswidrigkeit, die gemäß § 36 KSVG mit einem Bußgeld verfolgt werden kann. 6. Kontrolle der Melde- und Abgabepflichten Die Einhaltung der Melde- und Abgabepflichten nach dem KSVG wird regelmäßig im Rahmen der turnusmäßigen Betriebsprüfungen gemäß § 28p des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch die Rentenversicherungsträger geprüft. Erfolgt die Feststellung der Abgabepflicht im Rahmen einer Betriebsprüfung, erteilen die Rentenversicherungsträger als Prüfbehörden die entsprechenden Abgabe- und Zahlungsbescheide gemäß § 27 Abs. 1a KSVG. 6.1. Ausweitung der Prüfung zum 1. Januar 2015 Die Prüfung der Erfüllung der Melde- und Abgabepflichten nach dem KSVG ist zum 1. Januar 2015 mit dem Künstlersozialabgabestabilisierungsgesetz ausgeweitet und auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt worden. Danach obliegt es den Rentenversicherungsträgern gemäß § 28p Abs. 1a und Abs. 1b SGB IV festzustellen, ob Arbeitgeber ihren Meldepflichten nach dem KSVG und der Verpflichtung zur Entrichtung der Künstlersozialabgabe nachkommen. Gemäß § 35 Abs. 1 KSVG überwacht die Künstlersozialkasse die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe bei den Unternehmern ohne Beschäftigte und den Ausgleichsvereinigungen , zu denen sich abgabepflichtige Unternehmer gemäß § 32 KSVG zusammenschließen können. Allerdings kann sie gemäß § 35 Abs. 2 KSVG abweichend von § 28p Abs. 1a SGB IV zur Durchführung von branchenspezifischen Schwerpunktprüfungen und anlassbezogenen Prüfungen anstelle der Rentenversicherungsträger selbst prüfen, ob Arbeitgeber ihre Meldepflichten nach dem KSVG ordnungsgemäß erfüllen und die Künstlersozialabgabe rechtzeitig und vollständig entrichten. Das Nähere regelt die Verordnung über die Überwachung der Entrich- Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 6 - 3010 - 069/15 Seite 12 tung der Beitragsanteile und der Künstlersozialabgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz .20 Gemäß § 35 Abs. 4 KSVG arbeiten die Träger der Rentenversicherung und die Künstlersozialkasse bei der Prüfung der Melde- und Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz bei den Arbeitgebern eng zusammen und stimmen sich laufend ab. Die zur Abgabe Verpflichteten haben gemäß § 29 KSVG zur Prüfung sämtliche relevante Unterlagen und Aufzeichnungen in ihren eigenen Räumen oder bei den Rentenversicherungsträgern bzw. der Künstlersozialkasse vorzulegen. 6.2. Verjährung der Zahlungsverpflichtung Durch § 28p Abs. 1b Sätze 3 bis 5 SGB IV wird sichergestellt, dass auch kleine Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten über die Künstlersozialabgabe unterrichtet werden. Gemäß § 31 KSVG gilt für die Verjährung der Ansprüche auf Künstlersozialabgabe § 25 SGB IV entsprechend. Danach verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs , in dem sie fällig geworden sind. Anderes gilt, wenn die Beiträge vorsätzlich vorenthalten wurden. Gegebenenfalls beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre. Auf rückständige Zahlungen der Künstlersozialabgabe ist gemäß § 30 KSVG i.V.m. § 24 SGB IV die Erhebung eines Säumniszuschlags vorgesehen. 6.3. Prüfung bei den Mitgliedern des Deutschen Bundestages Aufgrund der zentralen Abwicklung der Zahlung der Entgelte und Sozialversicherungsbeiträge für Abgeordnetenmitarbeiter durch die Verwaltung wurde für alle Mitglieder des Deutschen Bundestages eine zentrale Betriebsnummer vergeben. Für die Betriebsprüfung ist für diese Betriebsnummer als Rentenversicherungsträger die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg zuständig. Aufgrund des vierjährigen Verjährungszeitraums kann gegebenenfalls eine nachträgliche Eintreibung der Künstlersozialabgabe ab dem Jahr 2013 in Betracht kommen. 20 KSVG-Beitragsüberwachungsverordnung vom 13. Oktober 1994, BGBl. I S. 2972, geändert durch Artikel 14 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. April 2015, BGBl. I S. 583. 3 2 2 2 5 9 0 7 Monika Musterabgeordnete, MdB Einzelunternehmer Platz der Republik 1 (oder Anschrift im Wahlkreis) 1 1 0 1 1 Berlin Berlin Politisches Mandat als Mitglied des Deutschen Bundestages jeweils Tag der Mandatsannahme, z. B. X Für den Hauptwohnsitz zuständiges Finanzamt xxx/xxx/xxx Monika Musterabgeordnete X 2 2 1 0 2 0 1 3 Anlage zum Info-Brief "Verpflichtung der Mitglieder des Deutschen Bundestages zur Zahlung einer Künstlersozialabgabe", Az. WD 6 - 3010 - 069/15 (Identische Betriebsnummer zur erstmaligen Anmeldung für alle Mitglieder des Deutschen Bundestages) ggf. X X X X X freiberufl. Web-Designer V X X X X X 1 2 3 4 5 6 7 8 2 0 1 3 5 0 0 0 1 2 0 0 Berlin, 1. Juni 2015 Monika Musterabgeordnete Bei Mandatsannahme vor der 18. Wahlperiode ggf. auch früher Reiner Zufall, Webdesigner 2013 Erstellung einer Internetseite 5.000 EUR 2013 nein Reiner Zufall, Webdesigner 2014 Pflege der Internetseite 1.200 EUR 2014 nein