© 2015 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 065/15 Kündigungsschutz im Rahmen des Mutterschutzes in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 065/15 Seite 2 Kündigungsschutz im Rahmen des Mutterschutzes in Deutschland EZPWD-Anfrage Nr. 2813 Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 065/15 Abschluss der Arbeit: 23. April 2015 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 065/15 Seite 3 In der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit 1952 ein Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter, das sogenannte Mutterschutzgesetz (MuSchG)1. Werdende Mütter dürfen in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigt werden , es sei denn, dass sie sich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären. (§ 3 Abs. 2 MuSchG). Bis zum Ablauf von acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten bis zum Ablauf von zwölf Wochen nach der Entbindung dürfen Mütter ebenfalls nicht beschäftigt werden (§ 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG). § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG normiert ein Kündigungsverbot gegenüber einer Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung. Eine Kündigung ist während dieses Zeitraums unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Das Überschreiten dieser Zwei-Wochen-Frist ist unschädlich, wenn die Frau den Grund für die Überschreitung nicht zu verantworten hat und die Mitteilung an den Arbeitgeber unverzüglich nachgeholt wird. Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG kann die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand einer Frau während der Schwangerschaft oder ihrer Lage bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung in Zusammenhang stehen, ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären. Die Vorschrift sichert der Arbeitnehmerin während der Dauer des Mutterschutzes ihren Arbeitsplatz und ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage und schützt die Gesundheit von Mutter und Kind vor seelischen Zusatzbelastungen durch einen Kündigungsprozess. Die Norm begründet ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt der arbeitgeberseitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses während der Mutterschutzzeiten. Das Verbot ist zwingend und auf seine Einhaltung kann die Arbeitnehmerin nicht im Voraus verzichten, doch sie kann jederzeit selbst kündigen.2 Alle Arten von Kündigungen durch den Arbeitgeber sind untersagt, auch die Änderungskündigung , die Kündigung im Rahmen von Massenentlassungen, Betriebsstilllegungen oder Insolvenz sowie die Kündigung vor Aufnahme der Beschäftigung. Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) und einer richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts wird nicht nur die Kündigungserklärung und ihr Zugang bei der Arbeitnehmerin während der Verbotsdauer untersagt, sondern auch die Vorbereitung für eine Kündigung wie beispielsweise die Suche nach einer dauerhaften Ersatzarbeitskraft.3 1 Mutterschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246) geändert worden ist. Abrufbar im Internet unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/muschg/gesamt.pdf (zuletzt abgerufen am 23. April 2015). 2 Schlachter, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht (ErfK), 15. Auflage 2015, § 9 MuSchG Rn 1. 3 ErfK/Schlachter, § 9 MuSchG Rn 4; EuGH, 11. Oktober 2007 Rs. C-460/06 (Paquay) Rn 33. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 065/15 Seite 4 Das Verbot greift, wenn der Zugang der Kündigungserklärung in den geschützten Zeitraum fällt, auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung kommt es nicht an.4 Das Kündigungsverbot nach § 9 Abs. 1 MuSchG bedeutet aber nicht, dass ausnahmslos jede Beendigung von Arbeitsverhältnissen verboten ist. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass die Mitteilung an eine Schwangere, ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht zu verlängern (Nichtverlängerungsmitteilung) keine Kündigung darstellt und damit nicht vom Kündigungsverbot nach § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG erfasst ist.5 4 ErfK/Schlachter, § 9 MuSchG Rn 8. 5 BAG, Urteil vom 23. Oktober 1991 - 7 AZR 56/91 - NZA 1992, 925.