© 2017 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 059/17 Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Öffentliche Petition 10 5.2. Entschließung des Bundesrates 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 059/17 Seite 4 1. Einleitung Nach § 24a Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung), haben nur Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr einen Anspruch auf eine Kostenübernahme von verschreibungspflichtigen empfängnisverhütenden Mitteln durch die gesetzliche Krankenversicherung. Frauen über 21 Jahren müssen diese Kosten selbst tragen. Der Gesetzgeber hat die Vorschrift durch das Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz) vom 27. Juli 1992 (BGBl. I 1398) in das SGB V eingefügt. Die Regelung ist mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG NZS 1993, 353 ff.). Eine Kostenübernahme bei einer Sterilisation erfolgt nach Vorschrift § 24b Abs. 1 SGB V, die ebenfalls durch das Schwangeren- und Familienhilfegesetz im Jahre 1992 eingeführt wurde, nur dann, wenn die Sterilisation (bei Frau oder Mann) wegen einer Krankheit erforderlich ist. Ein Anspruch auf eine Sterilisation als alleiniges Mittel der Empfängnisverhütung ohne jede medizinische Indikation ist nach der Gesetzesänderung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003 ausgeschlossen. Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgte auch eine vollständige Anbindung der sozialhilferechtlichen Gesundheitshilfen an das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung. Seither müssen die Kosten für verordnete Verhütungsmittel von Sozialleistungsbeziehern ab dem 21. Lebensjahr über den Regelsatz gedeckt werden. Nach § 5 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz1 werden gegenwärtig für die Abteilung 6 (Gesundheitspflege) aus der Sonderauswertung für Einpersonenhaushalte der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 für den Regelbedarf 15 Euro berücksichtigt. Der Sachstand erläutert die Rechtslage für Menschen, die Leistungen nach dem Zweiten (SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende) oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII – Sozialhilfe ) beziehen. 2. Kostenübernahmeregelungen für verordnete Verhütungsmittel seit 1975 Die Sozialhilfe, eine aus Steuermitteln finanzierte Leistung zur Sicherung des Existenzminimums , war zwischen dem 1. Juni 1962 und dem 31. Dezember 2004 durch das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geregelt. Durch § 5 des Gesetzes über ergänzende Maßnahmen zum 5. Strafrechtsreformgesetz (StREG) vom 28. August 1975 (BGBl. I S. 2289) wurde § 37b – Familienplanung - in das BSHG eingeführt. Danach wurden die Kosten für „ärztlich verordnete empfängnisregelnde Mittel“ vom Träger der Sozialhilfe übernommen. 1 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3159), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3159) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 059/17 Seite 5 § 36 BSHG – Hilfe zur Familienplanung – wurde im Juni 2001 (BGBl. I S. 1046) neu gefasst. Die Regelung entsprach weitgehend dem bisherigen § 37b BSHG. Weiterhin wurden - in Abweichung von § 24a Abs. 2 SGB V - die Kosten für ärztlich verordnete empfängnisverhütende Mittel über das 20. Lebensjahr hinaus übernommen. Gemäß § 4 Abs. 1 BSHG bestand auf die Hilfe ein Rechtsanspruch. In der Praxis bedeutete das, dass die Kosten für Beratung und Untersuchung von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wurden, die Kosten für das verordnete empfängnisverhütende Mittel vom Sozialhilfeträger. Durch das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene SGB II als Teil des vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, wurden die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für erwerbsfähige Menschen zusammengeführt. Nur nicht-erwerbsfähige bedürftige Menschen können seither Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII beziehen. Der Bezug von Sozialhilfe löst keine Krankenversicherungspflicht aus. Sofern ein Sozialhilfeempfänger bereits vor Beginn des Sozialhilfebezugs gesetzlich krankenversichert war, wird diese Versicherung als freiwillige Mitgliedschaft fortgeführt. Die zu zahlenden Beiträge werden i. d. R. vom Sozialhilfeträger übernommen (§ 32 SGB XII, § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V). Besteht eine Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen, werden nach § 32 Abs. 5 SGB XII die Aufwendungen übernommen, soweit sie angemessen sind. Hilfen zur Gesundheit im Rahmen der Sozialhilfe - so auch die Hilfe für Familienplanung nach § 49 SGB XII2 - haben somit kaum noch praktische Bedeutung, da die Leistungen ausgeschlossen sind, wenn anderweitiger Krankenversicherungsschutz besteht (Nachrang der Sozialhilfe, § 2 SGB XII). Ist der Hilfesuchende dennoch nicht krankenversichert, erhält er Hilfen zur Gesundheit nach §§ 47 bis 52 SGB XII. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII3 entsprechen die Hilfen nach den §§ 47 bis 51 SGB XII den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Nach Vollendung des 20. Lebensjahrs sind die Kosten über den Regelsatz zu finanzieren. Sollte der individuelle Bedarf eines Sozialhilfebeziehers hinsichtlich kostenpflichtiger Verhütungsmittel nicht über den üblichen Regelsatz zu finanzieren sein, könnte ggf. eine erhöhte Regelsatzfestsetzung möglich sein. Bezieher von Arbeitslosengeld II nach dem SGB II sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Sollte ein sog. Härtefall nach § 21 Abs. 6 SGB II vorliegen wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender , nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Das Vorliegen eines Einzelfalls im Hinblick auf die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln muss im konkreten Einzelfall geprüft werden. 2 § 49 SGB XII ist nach Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3022) als Teil des SGB XII zum 1. Januar 2005 in Kraft getreten. Die Vorschrift § 49 SGB XII entspricht dem Wortlaut nach vollständig dem früheren § 36 BSHG. 3 § 52 SGB XII ist nach Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3022) als Teil des SGB XII zum 1. Januar 2005 in Kraft getreten. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 059/17 Seite 6 3. Kostenübernahmeregelungen für Sterilisation seit 1975 Durch § 5 des Gesetzes über ergänzende Maßnahmen zum 5. Strafrechtsreformgesetz (StREG) vom 28. August 1975 (BGBl. I S. 2289) wurde § 37a - Hilfe bei Sterilisation - in das BSHG eingeführt . Nach der Vorschrift wurden bei einer nicht rechtswidrigen Sterilisation die ärztliche Behandlung und die Krankenhauspflege gewährt. § 36a BSHG – Hilfe bei Sterilisation – wurde im Juni 2001 (BGBl. I S. 1046) anstelle des alten § 37a BSHG neu gefasst. Die Regelung entsprach weitgehend dem bisherigen § 37a BSHG. § 51 SGB XII - Hilfe bei Sterilisation - ist nach Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3022) als Teil des SGB XII zum 1. Januar 2005 in Kraft getreten. Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen dem früheren § 36a BSHG. Allerdings wurde entsprechend § 34b SGB V im Zuge des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 19. November 2003 der Leistungsanspruch beschränkt auf eine durch Krankheit erforderliche Sterilisation. Auf die Ausführungen zu Hilfen zur Gesundheit unter Punkt 2 wird verwiesen. 4. Gegenwärtige Situation in den Bundesländern Der pro familia Bundesverband hat im Jahr 2015 Ergebnisse einer bundesweiten Erhebung zu bestehenden regionalen Kostenübernahmemodellen von Verhütungsmitteln für Menschen mit geringem Einkommen publiziert.4 Neben den pro familia Einrichtungen wurden ausgewählte Schwangerschaftsberatungsstellen, weitere Träger, darunter konfessionelle (Caritas, donum vitae, Diakonie) wie konfessionell ungebundene Träger (Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz) befragt . Ergänzend wurden zudem Beratungsstellen verschiedener Gesundheitsämter angesprochen. Danach gibt es in den östlichen Bundesländern keine Regelungen. In den anderen Bundesländern gibt es zum Teil regionale Unterschiede in der Zugänglichkeit der Angebote: „So sagen gut 52 Prozent der in Nordrhein-Westfalen tätigen Teilnehmenden, dass in ihrem Zuständigkeitsbereich Regelungen existieren, während knapp 48 Prozent die entsprechende Frage verneinen.“ Das folgende Schaubild zeigt die Ja-Antworten der teilnehmenden Beratungsstellen nach Bundesland zur Frage „Gibt es in Ihrer Kommune ein Kostenübernahmemodell?“ 4 Die Publikation ist abrufbar unter: pro familia Bundesverband, Regionale Kostenübernahmemodelle von Verhütungsmitteln für Menschen mit geringem Einkommen, Ergebnisse einer bundesweiten Erhebung bei Schwangerschaftsberatungsstellen vor Ort, Zitate/Schaubild S. 6 und 7, https://www.profamilia.de/fileadmin/profamilia /hintergrund_erhebung_verhuetungskosten_2015-9-30_web_geschuetzt.pdf (zuletzt abgerufen am 19. Oktober 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 059/17 Seite 7 Bei einer Verneinung der Frage (keine Kostenübernahmemodelle) wurden folgende Gründe genannt : „(…) Verhütung [sei] Privatangelegenheit, (…) entsprechende Leistungen würden bereits berücksichtigt, da Verhütungsmittel im Regelsatz enthalten sind. (…) Es sei Sache des Bundes, hier Regelungen zu treffen, nicht die der Kommune oder des Landes. In engem Zusammenhang damit steht der Verweis auf die fehlende gesetzliche Grundlage für kommunales Handeln. Als weiterer Grund wird die Kassenlage angesprochen, die Aufwendungen für freiwillige Leistungen nicht zulasse. Im Zusammenhang mit der Finanzlage steht auch die Befürchtung, mit den Folgen einer Kostenübernahme überfordert zu sein. Politische Kräfteverhältnisse werden ebenfalls genannt : Für eine Regelung findet sich keine Mehrheit, die betroffene Personengruppe hat keine Lobby.“ 4.1. Kostenübernahme für Verhütungsmittel in Berlin In Berlin kann eine Kostenübernahme durch das Zentrum für sexuelle Gesundheit und Familienplanung für Menschen mit einem nachgewiesenen geringen Einkommen (Arbeitslosengeld II- Empfänger, BAföG-Bezieher, Wohngeld-Bezieher, etc.) erfolgen. Der Senat von Berlin hat als Antwort auf eine schriftliche Anfrage vom Juni 2016 Ausführungen zur Kostenübernahme und zur Rechtsgrundlage gemacht.5 5 Abgeordnetenhaus Berlin, 17. Wahlperiode, Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anja Kofbinger (GRÜNE) vom 23. Juni 2016, Drucksache 17/18 790. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 059/17 Seite 8 Hinsichtlich der Ausgaben sind dort die folgenden Zahlen genannt (keine Aufschlüsselung der Kosten nach Art der Verhütungsmittel): Jahr Ausgaben 2008 2.311.568 € 2009 2.578.991 € 2010 2.939.759 € 2011 2.808.134 € 2012 2.453.839 € 2013 2.263.741 € 2014 2.095.005 € 2015 1.800.091 € Zur Rechtsgrundlage führte der Senat aus, dass trotz der durch das GKV – Modernisierungsgesetz vom 11. Dezember 2003 eingeführten strengeren Maßstäbe zur Leistungsgewährung, sich das Land Berlin im Interesse der Bürgerinnen und Bürger für eine Weitergewährung entschieden hätte. Mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts6 vom November 2012 könne diese Position rechtlich nicht aufrechterhalten werden. Eine Kostenübernahme solle jedoch aus gesundheits -politischen Gründen weiterhin möglich sein. 4.2. Kostenübernahme für Verhütungsmittel in München Seit dem 1. Januar 2015 können Personen, die älter als 20 Jahre sind, mit geringem Einkommen (auch Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr, Bundesfreiwilligendienst) in dem für sie zuständigen Sozialbürgerhaus einen Antrag auf Übernahme der Kosten ärztlich verordneter Verhütungsmittel stellen. Bei der Übernahme handelt es sich um eine zusätzliche, freiwillige Leistung der Stadt München, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Bei Verhütungsmitteln, die weniger als 100 Euro kosten, werden die Kosten erstattet, sobald die erforderlichen Unterlagen vorliegen. Bei einem Kostenumfang von mehr als 100 Euro muss die Kostenübernahme vor der Behandlung beantragt werden. Im Jahr 2016 bezogen „insgesamt ca. 20.000 weibliche Leistungsberechtigte im Alter von 20 bis 49/50 Jahren Leistungen zum Lebensunterhalt. Hierfür standen 1,6 Mio. Euro für Verhütungsmittel zur Verfügung. Im Rahmen der Haushaltsdiskussionen im Herbst 2015 wurde dieser Betrag 6 BSG, Urteil vom 15. November 2012, B 8 SO 6/11 R. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 059/17 Seite 9 auf 200.000,- Euro abgesenkt. (…). 2015 wurden 365 Anträge auf Kostenübernahme gestellt. Diese Anträge umfassten einen Gesamtbetrag von rund 46.800,- Euro (…). Zum 01.02.2016 erfolgte die Ausweitung dieser Leistung auf München-Pass-Inhaberinnen und -Inhaber. Dadurch werden die Fallzahlen voraussichtlich steigen, (…).“7 4.3. Kostenübernahme für Verhütungsmittel im Land Bremen Seit Juli 2016 übernimmt die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport im Rahmen eines Projekts die Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel für Bremerinnen, die Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Die Übernahme der Kosten ist eine freiwillige Leistung der Stadtgemeinde Bremen, ein Rechtsanspruch besteht nicht. Im Rahmen der Fragestunde der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) am 24. August 2017 konnten folgende Informationen zu Fallzahlen und der Rechtsgrundlage entnommen werden:8 „1. Wie häufig erfolgte die Kostenübernahme von ärztlich verschriebenen Verhütungsmitteln von Bremerinnen in besonders schwierigen Lebenslagen in den letzten 3,5 Jahren? In den letzten 3,5 Jahren erfolgte die Kostenübernahme in 952 Fällen. 2. Wie schätzt der Senat die Entwicklung in diesem Bereich auf Bundesebene ein und welche Möglichkeiten sieht der Senat, das Angebot der Kostenübernahme auch auf die Stadt Bremerhaven auszuweiten? Eine bundesgesetzliche Regelung für Frauen im Sozialhilfebezug ist bisher nicht abzusehen . In der Stadtgemeinde Bremerhaven können Frauen mit geringem Einkommen vom 20. Bis 27. Lebensjahr bei der Beratungsstelle pro familia einen Antrag auf Kostenübernahme für ärztlich verordnete Verhütungsmittel und Sterilisationen stellen. Das Projekt ist beim Gesundheitsamt Bremerhaven angebunden. In beiden Städten handelt es sich um eine freiwillige Leistung der jeweiligen Kommune. 3. Wie steht der Senat zu der Möglichkeit, das Angebot der Kostenübernahme von Verhütungsmitteln um die kostenlose Vergabe von Kondomen für Bremer zu erweitern? 7 Sozialreferat, Leitung der Bezirkssozialarbeit und der Sozialbürgerhäuser, Soziales, S-IV-LG/FL, Freiwillige Leistungen in den Sozialbürgerhäusern/Soziales sowie im Amt für Wohnen und Migration/Zentrale Wohnungslosenhilfe – Tätigkeitsbericht, Sitzungsvorlage Nr. 14-20 / V 02678, 4. Oktober 2016, https://www.ris-muenchen .de/RII/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/4182790.pdf (zuletzt abgerufen am 25. Oktober 2017). 8 Fragestunde der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) am 24.08.2017, Landtag Nr. 13, Antworten auf die Frage der/des Abgeordneten Sahhanim Görgu-Philipp, Sülmez Dogan, Dr. Maike Schaefer und Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN „Kostenlose Verhütungsmittel“ http://www.gruene-fraktion-bremen.de/fileadmin/media /LTF/fraktionbremen_de/homepage/0-BBue/Fragen/17-08-24_L-Antw_Frage_Kostenlose_Verhuetungsmittel .pdf (zuletzt abgerufen am 25. Oktober 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 059/17 Seite 10 Eine kostenlose Vergabe von Kondomen ist nicht geplant. Das Projekt lehnt sich an die Hilfen zur Familienplanung für Sozialleistungsberechtigte an. Diese Hilfen umfassen nur ärztlich verordnete empfängnisverhütende Mittel.“ 5. Positionen und Forderungen der Parteien, Petitionen 5.1. Öffentliche Petition Am 23. Februar 2015 reichte der pro familia Bundesverband eine öffentliche Petition (Petition 57650) beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ein: „Mit der Petition wird eine dauerhafte und bundesweit einheitliche Regelung mit Rechtsanspruch gefordert, durch die Leistungsberechtigte nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und weitere sozialhilfeberechtigte Personengruppen auch ab dem vollendeten 20. Lebensjahr von den Kosten für ärztlich verordnete Mittel zur Empfängnisverhütung vollständig entlastet werden.“9 Die Petition befindet sich noch in der Prüfung. 5.2. Entschließung des Bundesrates Das Land Niedersachsen hat am 1. September 2017 einen Entschließungsantrag für eine bundeseinheitliche Regelung zur Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für Frauen mit geringem Einkommen in den Bundesrat eingebracht (Bundesrat Drucksache 617/17). Der Antrag wurde am 22 September 2017 im Bundesrat vorgestellt und anschließend zur Beratung in die Ausschüsse überwiesen. *** 9 Die Petition ist abrufbar unter: Deutscher Bundestag, Petitionen, https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen /_2015/_02/_23/Petition_57650.html (zuletzt abgerufen am 25. Oktober 2017).