© 2016 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 059/16 Leistungsansprüche von ausländischen Personen nach dem SGB II und SGB XII Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 2 Leistungsansprüche von ausländischen Personen nach dem SGB II und SGB XII Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 059/16 Abschluss der Arbeit: 15. September 2016 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Mindestsicherung in den Staaten der EU 4 2. Migrationsbewegungen nach Deutschland 4 3. Inwiefern besitzt ein arbeitsuchender rumänischer Staatsbürger, der in Rumänien Leistungen zur Grundsicherung bezieht, nach erfolgtem Umzug nach Deutschland ein Anrecht auf Sozialleistungen? 10 3.1. Inwiefern verändert sich sein Rechtsanspruch auf Sozialleistungen durch die rechtliche Vormundschaft von Kindern unter 18 Jahren? 11 3.2. Inwiefern verändert sich sein Rechtsanspruch auf Sozialleistungen durch eine Ehe mit einer deutschen Staatsbürgerin? 11 3.3. Inwiefern verändert sich sein Rechtsanspruch auf Sozialleistungen durch eine Ehe mit einer Bürgerin aus einem anderen Land der Europäischen Union? 12 4. Wie viele EU-Bürger, bezogen auf den Jahresdurchschnitt 2015, erhielten Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII? 12 5. Anlagenverzeichnis 15 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 4 1. Mindestsicherung in den Staaten der EU Die Europäische Kommission – Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration – stellt eine regelmäßig aktualisierte Datenbank zur gegenseitigen Information über den sozialen Schutz (MISSOC) zur Verfügung. In diesem Rahmen werden auch Informationen über die jeweiligen Regelungen zur Mindestsicherung veröffentlicht. Beigefügt sind hier die entsprechenden Tabellen aus MISSOC zur Mindestsicherung in allen EU-Ländern. Sie enthalten Informationen zu Anspruchsvoraussetzungen , Höhe der Leistung, Dauer der Leistung und ggf. Sanktionen. Anlage 1 2. Migrationsbewegungen nach Deutschland Das Statistische Bundesamt veröffentlicht jährlich die Ergebnisse des Ausländerzentralregisters. Aktuell stehen die Daten für das Jahr 2015 zur Verfügung. Die Daten der Fachserie 1 Reihe 2 mit dem Titel „Bevölkerung und Erwerbstätigkeit - Ausländische Bevölkerung“ enthalten Informationen zu Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsstatus, Aufenthaltsdauer, Geschlecht, Alter, Familienstand sowie Daten für die einzelnen Bundesländer (auch Regierungsbezirke und Kreise).1 Informationen zur Religionszugehörigkeit werden hier nicht erfasst. Die beigefügte Tabelle enthält Angaben zur „ausländischen Bevölkerung am 31. Dezember 2015 nach Staatsangehörigkeit und ausgewählten Merkmalen“. Anlage 2 1 Statistisches Bundesamt, Fachserie 1 Reihe 2, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit - Ausländische Bevölkerung, erschienen am 29. März 2016, Korrektur am 03. August 2016 (Tabelle 17 – 19), Die Publikation ist abrufbar unter dem Link: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/MigrationIntegration/Auslaend Bevoelkerung2010200157004.pdf?__blob=publicationFile. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 5 Das Statistische Bundesamt hat zur Religionszugehörigkeit bezogen auf Deutschland insgesamt die folgenden Angaben veröffentlicht: Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 1000 evangelisch1 23 620 23 356 23 040 22 629 22 272 katholisch2 24 473 24 340 24 171 23 939 23 762 jüdisch3 103 102 101 100 100 1 Quelle: Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). 2 Quelle: Deutschen Bischofskonferenz (DBK). 3 Quelle: Zentralrat der Juden.2 Nach Angaben des Bundesministeriums des Innern (BMI) leben in Deutschland zwischen 3,8 und 4,3 Millionen Muslime. Das sind circa fünf Prozent der Gesamtbevölkerung und etwa ein Viertel der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Neueste Studien gehen von rund 2.350 islamischen einschließlich alevitischen Gemeinden aus.3 Zur Anzahl der Muslime in Deutschland gibt auch das Säulendiagramm auf der nächsten Seite Auskunft. 2 Statistisches Bundesamt, Bevölkerung auf Grundlage des Zensus 2011, Tabellenauszug „nach Religionszugehörigkeit “, https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Bevoelkerungsstand/Tabellen /AltersgruppenFamilienstandZensus.html. 3 Bundesministerium des Innern. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 6 „Hinweise und Anmerkungen * Der Stand der Angaben variiert zwischen 2005 und 2016. ** Nach einer Erhebung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für die Deutsche Islamkonferenz wird die Zahl der Muslime auf 4 bis 4,5 Mio. geschätzt. *** Angabe der Quelle: unter 10.000 Angehörige der Glaubensrichtung. **** Die Angaben des Verfassungsschutzes dürften laut Quelle auf Ermittlungen im Umfeld von öffentlichen Großveranstaltungen beruhen. Mitgliederzahlen der Moscheevereine sind vermutlich weit geringer. Die Abkürzung REMID steht für Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e.V. Werte wurden zum besseren Verständnis der Statistik gerundet.“4 4 Quelle: statista, http://de.statista.com/statistik/daten/studie/76744/umfrage/anzahl-der-muslime-in-deutschland -nach-glaubensrichtung/. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 7 Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) veröffentlicht monatlich die Statistik „Aktuelle Zahlen zu Asyl“. Die Ausgabe für August 2016 enthält unter anderem Daten zu Asylantragszahlen in unterschiedlichen Aufschlüsselungen (Bundesländer, Altersgruppen, Geschlecht, zugangsstärkste Herkunftsländer (Monat, Jahr).5 Zur Religionszugehörigkeit der Asylbewerber im Jahr 2015 gibt die Publikation „Das Bundesamt in Zahlen 2015“ Auskunft.6 Der relevante Auszug ist beigefügt. Anlage 3 Mit dem Zusammenhang Migration und Bildung beschäftigen sich insbesondere drei Publikationen : Das BAMF informiert im Rahmen einer BAMF-Kurzanalyse über „Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge in Deutschland - Qualifikationsstruktur, Arbeitsmarktbeteiligung und Zukunftsorientierungen “. Die Kurzanalyse zeigt u.a. folgende Ergebnisse: – „Etwa 70 % aller Befragten haben zwischen 5 und 14 Jahre lang Schulen besucht. Rund 13 % sind bei gemeinsamer Betrachtung von Schul- und formaler Berufsbildung als „Nichtqualifizierte “ einzustufen, knapp 10 % als „Höherqualifizierte“. – Frauen und Befragte aus dem Irak weisen eine vergleichsweise schlechte Bildungsposition auf. Den irakischen Männern gelingt aber trotzdem eine bessere Arbeitsmarktbeteiligung als anderen Herkunftsgruppen. – Etwas mehr als ein Drittel aller in der Studie befragten Personen sind erwerbstätig. Geflüchtete Frauen partizipieren nur in sehr geringem Ausmaß und deutlich seltener als Männer am deutschen Arbeitsmarkt. – Die ausgeübten Tätigkeiten sind auf einige Branchen und Berufe konzentriert und überwiegend auf einem geringen bis mittleren Qualifikationsniveau angesiedelt. Dem steht eine hohe Motivation der Flüchtlinge zur Arbeitsmarktteilnahme gegenüber.“7 5 Die Statistik ist abrufbar auf den Seiten des BAMF unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads /Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zu-asyl-august-2016.pdf?__blob=publicationFile. 6 Die Statistik „Das Bundesamt in Zahlen 2015“ ist abrufbar auf den Seiten des BAMF unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2015- asyl.pdf?__blob=publicationFile. 7 Worbs, Susanne, Bund, Eva (2016), BAMF-Kurzanalyse Ausgabe 1|2016, Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge in Deutschland Qualifikationsstruktur, Arbeitsmarktbeteiligung und Zukunftsorientierungen, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Kurzanalysen/kurzanalyse1_qualifikationsstruktur _asylberechtigte.pdf?__blob=publicationFile. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 8 Die Autorengruppe Bildungsberichterstattung hat den Bericht „Bildung in Deutschland 2016 - ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration“ veröffentlicht. Der relevante Auszug zum Thema Bildung und Migration ist beigefügt. Anlage 4 Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) hat aktuell „Eine vorläufige Bilanz der Fluchtmigration nach Deutschland“ veröffentlicht. Danach zeigt sich „bei der Allgemeinbildung der Geflüchteten (…) eine Polarisierung. Einer beträchtlichen Zahl von Personen, die eine Hochschule oder ein Gymnasium besucht haben, steht eine nennenswerte Gruppe gegenüber, die keine Schule oder nur eine Grundschule besucht haben. Rund 70 Prozent der arbeitssuchenden Flüchtlinge und ein Drittel der beschäftigten Personen aus den Asylherkunftsländern haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Angesichts des geringen Durchschnittsalters und der allgemeinbildenden Voraussetzungen eines Teils der Flüchtlinge besteht ein hohes Bildungspotenzial . Die Arbeitsmarktintegration wird allerdings längere Zeit in Anspruch nehmen.“8 Dem Bericht ist die folgende Tabelle entnommen: 8 IAB (2016), Eine vorläufige Bilanz der Fluchtmigration nach Deutschland, Aktueller Bericht 19/2016, Tabelle Seite 15, http://doku.iab.de/aktuell/2016/aktueller_bericht_1619.pdf. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 9 „Berufliche Qualifikation sozialversicherungspflichtig Beschäftigter und Arbeitssuchender sowie Anforderungsniveau der Tätigkeiten – Ausländer und Deutsche im Vergleich, 2016 Ante i le in Prozent Personen aus nicht-europäischen Asylherkunftsländern1) Geflüchtete7) Ausländer Deutsche Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, Januar2016 Berufl iche Bildungsabschlüsse der Beschäft igten Akademischer Abschluss Berufsbildender Abschluss Kein Abschluss Keine Angabe 15,3 18,2 31,8 34,7 Nicht erfasst Nicht erfasst Nicht erfasst Nicht erfasst 13,9 35,5 21,9 28,6 15,6 67,6 7,7 9,1 Anforderungsniveau der Tätigkeit 2) Experte3) 11,4 Nicht erfasst 9,9 13,6 Spezialist4) 4,7 Nicht erfasst 6,8 13,8 Fachkraft5) 39,9 Nicht erfasst 47,4 58,8 Helfer6) 43,5 Nicht erfasst 35,6 13,1 Keine Angabe 0,5 Nicht erfasst 0,3 0,7 Arbeitssuchende, Juli16 Berufliche Bildungsabschlüsse der Arbeitssuchenden Akademischer Abschluss 8,8 9,1 8,1 8,0 Berufsbildender Abschluss 4,2 4,7 13,5 51,0 Kein Abschluss 71,5 70,0 69,9 37,5 Keine Angabe 15,5 16,2 8,4 3,5 Anforderungsniveau der angestrebten Tätigkeit 2) Experte3) 3,7 3,5 4,0 6,8 Spezialist4) 1,5 1,5 2,1 5,7 Fachkraft5) 13,6 13,0 24,0 42,8 Helfer6) 58,6 58,1 57,8 37,6 Keine Angabe 22,6 23,9 12,1 7,0 1) Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien. 2) Das berufliche Anforderungsniveau ist ein Indikator für die Komplexität der ausgeübten Tätigkeit, die für einen bestimmten Be ruf typisch ist. Zur Einstufung werden neben den formalen Qualifikationsanforderungen Berufserfahrung und andere Kenntnisse herangezogen. 3) Dem Anforderungsniveau Experte werden die Berufe zugeordnet, deren Tätigkeitsbündel einen sehr hohen Komplexitätsgrad aufweis t. Dazu zählen z. B. Entwicklungs-, Forschungs- und Diagnosetätigkeiten, Wissensvermittlung sowie Leitungs- und Führungsaufgaben innerhalb eines (großen) Unternehmens. 4) Die Berufe mit Anforderungsniveau Spezialist sind gegenüber den Berufen, die dem Anforderungsniveau Fachkraft zugeordnet werd en, deutlich komplexer und mit Spezialkenntnissen und -fertigkeiten verbunden. Charakteristisch sind neben den jeweiligen Spezialistentätigkeiten Planungs - und Kontrolltätigkeiten, wie z. B. Arbeitsvorbereitung, Betriebsmitteleinsatzplanung sowie Qualitätsprüfung und -sicherung. 5) Berufe, denen das Anforderungsniveau Fachkraft zugeordnet wird, erfordern fundierte Fachkenntnisse und Fertigkeiten. 6) Berufe, denen das Anforderungsniveau Helfer zugeordnet wird, umfassen typischerweise einfache, wenig komplexe (Routine -)Tätigkeiten. Für die Ausübung dieser Tätigkeiten sind in der Regel keine oder nur geringe spezifische Fachkenntnisse erforderlich; in der Regel ist kein fo rmaler beruflicher Bildungsabschluss bzw. nur eine einjährige (geregelte) Berufsausbildung notwendig. 7) Gegenüber Personen aus nichteuropäischen Asylherkunftsländern werden hier ausschließlich Menschen im Kontext der Fluchtmigration er fasst. Genauer umfasst diese Personengruppe Asylbewerber, anerkannte Schutzberechtige und geduldete Ausländer. Diese Abgrenzung is t in der BA Statistik erst seit dem Berichtsmonat Juni möglich und daher noch nicht für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte verfügbar. “ Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 10 3. Inwiefern besitzt ein arbeitsuchender rumänischer Staatsbürger, der in Rumänien Leistungen zur Grundsicherung bezieht, nach erfolgtem Umzug nach Deutschland ein Anrecht auf Sozialleistungen? Gemäß § 2 Absatz 2 Nr. 1a Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz /EU)9 sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Der § 3 Freizügigkeitsgesetz/EU regelt die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Familienangehörigen von Unionsbürgern, Mit dem Portable Document U2 (früher Formular E 303) könnte ein rumänischer Staatsbürger, der in Deutschland auf Arbeitsuche ist und Leistungen aus der rumänischen Arbeitslosenversicherung bezieht, diesen Leistungsanspruch unter Umständen zur Arbeitsuche nach Deutschland mitnehmen. Die Mitnahme von Ansprüchen muss bei der Arbeitsverwaltung im Ausland beantragt werden und ist meistens nur möglich, wenn der Arbeitslose zuvor in seinem Heimatland für eine Vermittlung in Arbeit zur Verfügung gestanden hat. Die Leistungsmitnahme zur Arbeitsuche in andere Mitgliedstaaten ist grundsätzlich für die Dauer von 3 Monaten ab der Ausreise (Mitnahmezeitraum ) möglich. Dieser Zeitraum kann von der zuständigen Arbeitsverwaltung oder dem zuständigen Träger auf höchstens sechs Monate verlängert werden.10 Grundsicherungsleistungen, also Leistungen der Mindestsicherung sind an einen Wohnsitz oder Aufenthalt in Rumänien gebunden. Sie spielen für einen Leistungsbezug in Deutschland keine Rolle. EU-Ausländer, die noch nie in Deutschland beschäftigt waren, und sich als Arbeitsuchende in Deutschland aufhalten und ihre Familienangehörigen sind im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II) gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. „Ab dem vierten Monat des Aufenthalts in der Bundesrepublik besteht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU ausschließlich ein Aufenthaltsrecht als Arbeitssuchende und daher ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Der Ausschluss greift nicht, wenn gleichzeitig ein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen besteht.“11 Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung zu § 7 SGB II ausgeführt: „Darüber hinaus kommen dann für diese Personengruppe auch Leistungen des SGB XII wegen § 21 Satz 1 SGB XII nicht in Betracht, da sie dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist.“12 9 Freizügigkeitsgesetz/EU vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 1986), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2557) geändert worden ist. 10 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1), Artikel 64. 11 Schumacher, Jochen (2016), in Österreicher SGB II/SGB XII Kommentar, 77. Ergänzungslieferung, Verlag C.H. Beck, § 7 SGB II, Rn. 11e. 12 BT-Drs. 16/688, S. 13. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 11 Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied im September 2015 im Fall „Alimanovic“, dass der ausnahmslose Ausschluss von Unionsbürgern nach § 7 SGB II grundsätzlich europarechtskonform sei.13 Das Bundessozialgericht (BSG) bestätigte und erweiterte den Anwendungsbereich dieser Norm durch Urteil vom 3. Dezember 2015.14 Demnach gelte der Leistungsausschluss erst recht für diejenigen Unionsbürger, denen kein Aufenthaltsrecht zusteht. Darüber hinaus klärte das Gericht, inwieweit Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gewährt werden müssen: „Sofern sich der Aufenthalt in Deutschland verfestige, sei unter anderem wegen des staatlichen Auftrages zum Schutz der Menschenwürde sowie des sozialstaatlichen Geltungsauftrages das Ermessen bezüglich der Rechtsfolge des Anspruchs aus § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII auf Null reduziert, so dass regelmäßig zumindest Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe zu erbringen sei. Eine solche Verfestigung nahm das BSG wegen der insofern typisierten Dauer der Arbeitsuche ab einem Aufenthalt von sechs Monaten an. Dieser Aufenthaltsverfestigung könne ausländerbehördlich entgegengetreten werden.“15 3.1. Inwiefern verändert sich sein Rechtsanspruch auf Sozialleistungen durch die rechtliche Vormundschaft von Kindern unter 18 Jahren? Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bezieht sich sowohl auf den Arbeitsuchenden Unionsbürger als auch auf seine ausländischen Familienangehörigen (i.d.R. Kinder, Ehepartner).16 Anders zu beurteilen wäre ggf. die Sachlage, wenn das Kind und ein Elternteil aus anderen Gründen bereits aufenthaltsberechtigt sind und eine gemeinsame elterliche Sorge besteht. Das könnte der Fall sein, wenn der aufenthaltsberechtigte Elternteil beispielsweise ein materielles Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer hätte. In diesem Fall dürfte der rumänische Arbeitsuchende das Aufenthaltsrecht auch aus der Personensorge über das aufenthaltsberechtigtes Kind ableiten und Leistungen nach dem SGB II erhalten Das Aufenthaltsrecht ergäbe sich nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche.17 3.2. Inwiefern verändert sich sein Rechtsanspruch auf Sozialleistungen durch eine Ehe mit einer deutschen Staatsbürgerin? Durch eine Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen ist der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II für einen Arbeitsuchenden EU-Bürger nicht anwendbar. Auch hier greift 13 EuGH, Urteil vom 15. September 2015, Az: C-67/14, dazu Aktueller Begriff-Europa 5/15 vom 24. September 2015. 14 BSG, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R –juris. 15 Deutscher Bundestag, Aktueller Begriff Nr. 10/16 (16. Februar 2016). 16 Siehe hierzu auch Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. August 2016 – L 3 AS 376/16 B ER – juris, 17 Siehe hierzu auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Juni 2016 – L 25 AS 1331/16 B ER –, Rn. 5, juris. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 12 § 3 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU. Das Aufenthaltsrecht ergibt sich nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II könnte bestehen. 3.3. Inwiefern verändert sich sein Rechtsanspruch auf Sozialleistungen durch eine Ehe mit einer Bürgerin aus einem anderen Land der Europäischen Union? Wie zuvor ausgeführt, hängt auch in diesem Fall ein möglicher Leistungsanspruch davon ab, ob die Ehepartnerin zusammen mit dem Arbeitsuchenden nach Deutschland eingereist ist oder bereits ein eigenes Aufenthaltsrecht besitzt. Im ersten Fall sind Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Im zweiten Fall ist die Regelung nicht anwendbar. 4. Wie viele EU-Bürger, bezogen auf den Jahresdurchschnitt 2015, erhielten Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII? Das Statistische Bundesamt teilte mit, dass Statistiken zu den Empfängern/Bedarfsgemeinschaften von Hilfe zum Lebensunterhalt im Rahmen der Sozialhilfe bezogen auf EU-Bürger lediglich für das Jahr 2014 vorliegen. Daten für das Berichtsjahr 2015 werden voraussichtlich Mitte/Ende Oktober 2016 veröffentlicht. Die aufgeschlüsselte Staatsangehörigkeit wird erst ab dem Berichtsjahr 2017 erfasst. Der Familienstand wird nicht erfasst. Die Daten des Statistischen Bundesamtes sind nachfolgend dargestellt. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 13 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 14 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 059/16 Seite 15 5. Anlagenverzeichnis Anlage 1: Datenbankauswertung „Alle EU-Länder, Mindestsicherung“: Europäische Kommission – Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration, MISSOC vergleichende Tabellen zur sozialen Sicherheit,. Anlage 2: Tabelle 12 Ausländische Bevölkerung am 31.12.2015 nach Staatsangehörigkeit und ausgewählten Merkmalen: Statistische Bundesamt, Fachserie 1 Reihe 2, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit - Ausländische Bevölkerung, erschienen am 29. März 2016, Korrektur am 03. August 2016 (Tabelle 17 – 19), Die Publikation ist abrufbar unter dem Link: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung /MigrationIntegration/AuslaendBevoelkerung 2010200157004.pdf?__blob=publicationFile. Anlage 3: Religionszugehörigkeit der Asylbewerber im Jahr 2015: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Das Bundesamt in Zahlen 201, Seite 22, http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt -in-zahlen-2015-asyl.pdf?__blob=publicationFile. Anlage 4: Bildung und Migration: Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2016), „Bildung in Deutschland 2016 - ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration“, Gesamtherstellung und Verlag W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/BildungForschung Kultur/Bildungsstand/BildungDeutschland 5210001169004.pdf?__blob=publicationFile. Ende der Bearbeitung