© 2020 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 054/20 Versicherungs- und Abgabenpflicht in der Künstlersozialversicherung für künstlerisch oder publizistisch tätige Gesellschafter-Geschäftsführer Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 054/20 Seite 2 Versicherungs- und Abgabenpflicht in der Künstlersozialversicherung für künstlerisch oder publizistisch tätige Gesellschafter-Geschäftsführer Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 054/20 Abschluss der Arbeit: 19. Juni 2020 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 054/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Die Sozialversicherung der Künstler und Publizisten im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) 4 2. Ausnahme von der Sozialversicherungspflicht für Gesellschafter-Geschäftsführer 4 3. Künstlerische oder publizistische Tätigkeit von Gesellschafter-Geschäftsführern 5 4. Verpflichtung der GmbH zur Zahlung der Künstlersozialabgabe 6 5. Beitrags- und Abgabepflichten bei künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 054/20 Seite 4 1. Die Sozialversicherung der Künstler und Publizisten im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) Das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) regelt die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Die Künstlersozialversicherung wird von der Künstlersozialkasse bei der Unfallversicherung Bund und Bahn in Wilhelmshaven durchgeführt. Gemäß § 14 KSVG werden die Mittel für die Künstlersozialversicherung zur einen Hälfte durch Beiträge der Versicherten und zur anderen Hälfte durch einen Zuschuss des Bundes und die Künstlersozialabgabe aufgebracht. Bei der Künstlersozialabgabe handelt es sich um eine unter den Voraussetzungen der §§ 23 ff. KSVG von den Auftraggebern der selbständigen Künstler und Publizisten zu entrichtende Abgabe. Damit werden die Verwerter von Kunst und Publizistik an der Finanzierung der Künstlersozialversicherung beteiligt. Dies sind beispielsweise Verlage, Agenturen, Veranstalter, Rundfunksender, Galerien und andere. Die Künstlersozialabgabe bemisst sich nach einem bestimmten Prozentsatz der Honorarzahlungen . Zurzeit sind 4,2 Prozent der an die selbständigen Künstler und Publizisten gezahlten Honorare als Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialkasse zu entrichten.1 2. Ausnahme von der Sozialversicherungspflicht für Gesellschafter-Geschäftsführer Abhängig Beschäftigte unterliegen gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) aufgrund ihrer Schutzbedürftigkeit grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht. Eine abhängige Beschäftigung bei einer GmbH ist jedoch von vornherein ausgeschlossen, wenn Mitarbeiter aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung oder besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft haben. Bei in einer GmbH beschäftigten Gesellschafter-Geschäftsführern ist dies der Fall, wenn sie zu mindestens 50 Prozent an der Gesellschaft beteiligt sind oder über eine Sperrminorität verfügen. Für eine im sozialversicherungsrechtlichen Sinne selbständige Tätigkeit spricht auch eine Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB sowie Vereinbarungen im Geschäftsführervertrag, die keine Bindung des Gesellschafter-Geschäftsführers an Ort, Zeit und Dauer der Arbeitsleistung beinhalten. Die Beurteilung der Selbständigkeit ist unabhängig von der steuerrechtlichen und arbeitsrechtlichen Beurteilung. So steht dem Ausschluss einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen, wenn das Gehalt eines Gesellschafter-Geschäftsführers als Einnahme aus nicht selbständiger Tätigkeit versteuert wird. Gesellschafter-Geschäftsführer können auch dann sozialversicherungsrechtlich als Selbständige eingestuft werden, wenn sie arbeitsrechtlich als abhängig beschäftigte Arbeit- 1 Künstlersozialabgabe-Verordnung 2020 vom 12. August 2019, BGBl. I S. 1354. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 054/20 Seite 5 nehmer gelten. Gegebenenfalls unterliegen sie insoweit in der Regel nicht der Versicherungspflicht .2 Für künstlerisch oder publizistisch tätige Gesellschafter-Geschäftsführer kommt jedoch die Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung in Betracht. 3. Künstlerische oder publizistische Tätigkeit von Gesellschafter-Geschäftsführern Ist eine Person für eine GmbH als Gesellschafter-Geschäftsführer neben seinen administrativen oder kaufmännischen Aufgaben auch künstlerisch oder publizistisch tätig, ist von der Künstlersozialkasse zu prüfen, ob gemäß § 1 KSVG Versicherungspflicht in der Renten,- Kranken-und Pflegeversicherung besteht. Dies ist der Fall, wenn der künstlerische oder publizistische Anteil überwiegt. Gegebenenfalls sind als beitragspflichtige Einnahmen bei Künstlern und Publizisten gemäß § 12 KSVG das voraussichtliche Jahresarbeitseinkommen aus der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit, mindestens jedoch 3.900 Euro, heranzuziehen.3 Denkbar ist auch, dass eine GmbH mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer beschäftigt, die jeweils als selbständige Künstler oder Publizisten der Künstlersozialversicherung unterliegen können. Wird für die künstlerische oder publizistische Leistung kein gesondertes Honorar gezahlt, sondern erfolgt die Abgeltung mit dem laufenden Gehalt für die Geschäftsführertätigkeit, ist zu prüfen , inwieweit die künstlerischen oder publizistischen Leistungen im Vordergrund stehen.4 Das Bundessozialgericht hat hierzu ausgeführt, dass bei einem aus mehreren Tätigkeitsbereichen zusammengesetzten gemischten Beruf, für den ein einheitliches Entgelt gezahlt wird, von einem Entgelt für eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit nur dann ausgegangen werden kann, wenn die künstlerischen oder publizistischen Elemente das Gesamtbild der Tätigkeiten prägen. Nicht maßgeblich ist allein der zeitliche Aufwand für die einzelnen Aufgaben. Notwendige Geschäftstätigkeiten , die für die selbständige Ausübung eines Berufs typisch sind, wie Reisen, Organisation und Verwaltung, stehen einer Wertung als künstlerische oder publizistische Tätigkeit nicht entgegen.5 Kundenaquise, Kontrahierung oder Kostenabrechnung sind insoweit im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit zu sehen, die auch von anderen selbständigen Künstlern und Publizisten zu leisten sind.6 2 Vgl. Selbständige in der Rentenversicherung, Broschüre der Deutschen Rentenversicherung Bund, 11. Auflage, 7/2018, S. 300 ff. mit Verweis auf Anlage 3 - Anhang 1 des Gemeinsamen Rundschreibens der Sozialversicherungen "Statusfeststellung von Erwerbstätigen" (Fassungen aus 04/2010), Entscheidungshilfe zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH, abrufbar unter https://www.deutscherentenversicherung .de/SharedDocs/Downloads/DE/Fachliteratur_Kommentare_Gesetzestexte/summa_summarum /rundschreiben/2010/april_rs_selbstaendigkeit_anlagen.html, zuletzt abgerufen am 15. Juni 2020. 3 Vgl. § 234 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V), § 165 Abs. 1 Nr. 3 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 57 Abs. 1 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI). 4 Nordhausen, Willy, in: Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG Kommentar, § 25, Rn. 41 ff. 5 Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. April 1998, Az.: B 3 KR 7/97 R. 6 Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Juni 1999, Az.: B 3 KR 1/98 R. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 054/20 Seite 6 Überwiegt die künstlerische oder publizistische Leistung, mit der Folge der Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung, erfolgt bei pauschaler Vergütung eine einheitliche Berücksichtigung . Insoweit ist gegebenenfalls die gesamte Vergütung als beitragspflichtige Einnahme für die Beitragsbemessung maßgeblich.7 Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unterliegen Gesellschafter-Geschäftsführer der Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung, selbst wenn künstlerische oder publizistische Tätigkeiten auf abhängig Beschäftigte, und damit sozialversicherte Mitarbeiter der GmbH delegiert werden, wenn sie die Gesamtverantwortung für das zu erstellende Werk innehaben , also jedenfalls die Möglichkeit besitzen, jederzeit auf Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderung und sonstige inhaltliche oder grafische Gestaltung steuernd oder korrigierend Einfluss zu nehmen. Durch die verbleibende geistige Oberleitung geht die künstlerische oder publizistische Leistung insoweit nicht verloren.8 Maßgeblich für die Beurteilung, ob die Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers überwiegend als künstlerisch oder publizistisch einzustufen ist, sind nicht nur die vertraglichen Vereinbarungen , sondern in erster Linie die tatsächlichen Verhältnisse.9 4. Verpflichtung der GmbH zur Zahlung der Künstlersozialabgabe Die Künstlersozialabgabe setzt die Zahlung eines Honorars für künstlerische oder publizistische Leistungen an eine natürliche Person voraus und entspricht dem Grunde nach dem bei einer abhängigen Beschäftigung zu zahlenden Arbeitgeberanteil am Sozialversicherungsbeitrag. Soweit ein Auftraggeber künstlerische oder publizistische Leistungen eines als selbständig tätig zu betrachtenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH in Anspruch nimmt, ist daher nicht er selbst, sondern die GmbH als Verwerter gemäß § 24 KSVG abgabepflichtig. Die Höhe der Künstlersozialabgabe bemisst sich nach den an den Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlten Honoraren für die künstlerische oder publizistische Tätigkeit. Neben der Geschäftsführervergütung sind dies gegebenenfalls auch Boni, Tantiemen, weitere als geldwerter Vorteil gewährte Leistungen sowie Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung . Gewinnanteile, die an die Gesellschafter-Geschäftsführer wegen ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung gezahlt werden, sind dagegen keine Zahlungen für künstlerische oder publizistische Leistungen und bleiben bei der Bemessung der Künstlersozialabgabe außer Betracht.10 7 Information der Künstlersozialkasse: Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Gesellschaftern einer GmbH, KG, GmbH & Co.KG, OHG oder Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), 06/2019, abrufbar im Internet unter https://www.kuenstlersozialkasse.de/fileadmin/Dokumente/Mediencenter_Unternehmer_Verwerter /Informationsschriften/Sozialversicherungsrechtl._Beurteilung_von_Gesellschaftern_einer_GmbH.pdf, zuletzt abgerufen am 17. Juni 2020. Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. Juli 2003, Az.: B 3 KR 37/02 R. 8 Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. Juli 2003, Az.: B 3 KR 37/02 R. 9 Nordhausen, Willy, in: Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG Kommentar, § 25, Rn. 47 ff. 10 Vgl. Fn. 7, Information der Künstlersozialkasse. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 054/20 Seite 7 5. Beitrags- und Abgabepflichten bei künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit Die Beitrags- und Abgabepflichten bei künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit stellen sich vereinfacht wie folgt dar: Künstlerische oder publizistische Arbeit Künstlerische oder publizistische Arbeit Künstlerische oder publizistische Arbeit ↓ ↓ ↓ im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung Als freiberufliche selbständige Tätigkeit Als Gesellschafter- Geschäftsführer einer GmbH mit maßgeblichem Einfluss ↓ ↓ ↓ Versicherungspflicht in der Sozialversicherung Versicherungspflicht in der Sozialversicherung nach dem KSVG Versicherungspflicht in der Sozialversicherung nach dem KSVG, (bei pauschaler Abgeltung nur, wenn künstlerische oder publizistische Arbeit überwiegt ) ↓ ↓ ↓ Beitragszahlung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer Beitragszahlung durch den selbständig tätigen Künstler oder Publizisten Beitragszahlung durch den als Gesellschafter-Geschäftsführer tätigen Künstler oder Publizisten ↓ ↓ ↓ Keine Künstlersozialabgabe Künstlersozialabgabe durch den auftraggebenden Verwerter Künstlersozialabgabe durch die GmbH als auftraggebende Verwerterin ***