© 2021 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 052/21 Außerachtlassung von Zeiten eines Anderen Dienstes im Ausland in der gesetzlichen Rentenversicherung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 052/21 Seite 2 Außerachtlassung von Zeiten eines Anderen Dienstes im Ausland in der gesetzlichen Rentenversicherung Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 052/21 Abschluss der Arbeit: 9. Juli 2021 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 052/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Rentenrechtliche Berücksichtigung von Wehr-, Zivil- und Freiwilligendiensten 4 2. Anderer Dienst im Ausland als wenig reguliertes nicht aus Bundesmitteln gefördertes Programm 5 3. Keine Berücksichtigung des Anderen Dienstes im Ausland in der gesetzlichen Rentenversicherung 6 4. Kritik aus Wissenschaft und Politik an der Behandlung des Anderen Dienstes im Ausland bei dessen Berücksichtigung in der gesetzlichen Rentenversicherung. 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 052/21 Seite 4 1. Rentenrechtliche Berücksichtigung von Wehr-, Zivil- und Freiwilligendiensten Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für Beschäftigte erfasst gemäß § 1 S. 1 Nr. 1 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) auch Personen, die ein freiwilliges soziales oder freiwilliges ökologisches Jahr im In- oder Ausland nach dem Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (Jugendfreiwilligendienstegesetz – JFDG) oder den Bundesfreiwilligendienst nach dem Gesetz über den Bundesfreiwilligendienst (Bundesfreiwilligendienstgesetz – BFDG) absolvieren.1 Gegebenenfalls tragen die Arbeitgeber den von der Höhe des Taschengeldes und eines eventuell gewährten Sachbezugs abhängigen Beitrag in voller Höhe gemäß § 20 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB IV im Gegensatz zu gewöhnlichen Beschäftigten allein. Der Rentenversicherungspflicht unterlagen gemäß § 3 Nr. 2 SGB VI darüber hinaus als sonstige Versicherte unter anderem Personen, die Wehr- und Zivildienst aufgrund einer gesetzlichen Pflicht geleistet haben. Mit Änderung des Wehrpflichtgesetzes (WPflG) durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 (WehrRÄndG 2011) ist die Pflicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes seit dem 1. Juli 2011 ausgesetzt worden. Der neu eingeführte freiwillige Wehrdienst beruht zwar nicht mehr auf gesetzlicher Pflicht, dennoch bleibt der sozialversicherungsrechtliche Status für Wehrdienstleistende als sonstige Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 1 S. 2 SGB VI unverändert.2 Für geleisteten Wehrdienst werden gemäß §§ 70 Abs. 1, 166 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in Verbindung mit der Bezugsgröße aus § 18 SGB IV für die Rentenhöhe etwa 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten berücksichtigt. Im Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2019 waren nur etwa 60 Prozent des Durchschnittsverdienstes anzusetzen.3 Dies galt bis zur Aussetzung der Wehrpflicht entsprechend für Zivildienstleistende, die als anerkannte Kriegsdienstverweigerer einen Ersatzdienst nach dem Zivildienstgesetz (ZDG) zu leisten hatten. Die Beiträge für Wehr- und Zivildienstleistende trägt beziehungsweise trug gemäß § 170 Abs. 1 S. 1 SGB VI der Bund. 1 rvRecht - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung, Gemeinsame rechtliche Anweisungen, § 1 SGB VI: Beschäftigte, 2.1 Gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte, abrufbar im Internet unter https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung .de/SharedDocs/rvRecht/01_GRA_SGB/06_SGB_VI/pp_0001_25/gra_sgb006_p_0001.html, zuletzt abgerufen am 5. Juli 2021. 2 rvRecht - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung, Gemeinsame rechtliche Anweisungen, § 1 SGB VI: Beschäftigte, 7. Wehrdienstleistende (Satz 2). Abrufbar im Internet unter https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung .de/Sharedocs/rvRecht/01_GRA_SGB/06_SGB_VI/pp_0001_25/gra_sgb006_p_0001.html#doc1577458body Text36, zuletzt abgerufen am 5. Juli 2021. 3 rvRecht - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung, Gemeinsame rechtliche Anweisungen, § 166 SGB VI: Beitragspflichtige Einnahmen sonstiger Versicherter, 2. Wehr- und Zivildienst Leistende. Abrufbar im Internet unter https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/Shared- Docs/rvRecht/01_GRA_SGB/06_SGB_VI/pp_0151_175/gra_sgb006_p_0166.html#doc1577478bodyText5, zuletzt abgerufen am 5. Juli 2021. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 052/21 Seite 5 Die Ableistung eines anerkannten Anderen Dienstes im Ausland bleibt in der gesetzlichen Rentenversicherung dagegen unberücksichtigt. Gleiches gilt für den auf einer Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahre 2010 beruhenden Internationalen Jugendfreiwilligendienst.4 2. Anderer Dienst im Ausland als wenig reguliertes nicht aus Bundesmitteln gefördertes Programm 5 Der Andere Dienst im Ausland wird in einem Informationsblatt des Bundesministeriums für Familie , Senioren, Frauen und Jugend näher beschrieben:6 Danach sei der Andere Dienst im Ausland ein Angebot für einen in der Regel einjährigen Auslandsaufenthalt in allen Regionen der Welt, der dem Gedanken der Völkerverständigung und Völkerversöhnung folgt. Auch nach der Aussetzung der Wehrpflicht werde er als mit sehr wenigen staatlichen Vorgaben versehener und nicht aus Bundesmitteln geförderter Freiwilligendienst angeboten. Der Dienst wird unentgeltlich geleistet, wobei ein geringes Taschengeld gezahlt werden kann. Der Andere Dienst im Ausland richtet sich an Interessierte jeden Alters, denen eine Prüfung und Anerkennung durch die Bundesregierung wichtig ist. Der Dienst wird auf der Grundlage eines frei zu vereinbarenden privatrechtlichen Vertrags zwischen dem oder der Freiwilligen und dem anerkannten Träger durchgeführt. Der Träger ist verpflichtet, die Absicherung der Dienstleistenden gegen die sozialen Risiken Krankheit, Unfall und Pflegebedürftigkeit zu übernehmen. Durch die Ableistung eines Anderen Dienstes im Ausland konnte die Verpflichtung zum Zivildienst umgangen werden. Gemäß § 14b Abs. 1 ZDG wurde nicht zum Zivildienst herangezogen, wer sich gegenüber einem anerkannten Träger zur Leistung eines vor Vollendung des 23. Lebensjahres anzutretenden Dienstes im Ausland, der das friedliche Zusammenleben der Völker fördern will und der mindestens zwei Monate länger dauert als der Zivildienst, der sonst zu leisten gewesen wäre, vertraglich verpflichtet und diesen Dienst unentgeltlich geleistet hat. Über die Anerkennung eines Trägers, bei dem ein Anderer Dienst im Ausland geleistet werden kann, entscheidet gemäß § 14b Abs. 3 S. 2 ZDG das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju- 4 Vgl. Richtlinie zur Umsetzung des „Internationalen Jugendfreiwilligendienstes“ vom 20. Dezember 2010 im Gemeinsamen Ministerialblatt, S. 77 ff., abrufbar im Internet unter https://www.bmfsfj.de/blob/jump/96666/richtlinie -internationaler-jugendfreiwilligendienst-data.pdf, zuletzt abgerufen am 5. Juli 2021. 5 Für weitergehende Information vgl. „Der andere Dienst im Ausland“ (ADiA), Deutscher Bundestag- Wissenschaftliche Dienste, Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend), Az. WD 9 - 3000 - 065/21 vom 7. Juli 2021. 6 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Informationsblatt Anderer Dienst im Ausland nach § 5 des Gesetzes zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes (BFDG) -Stand: März 2021, abrufbar im Internet unter: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/96686/085fa4f699c3032658960f3a5e316b56/infoblatt-adiatraeger -data.pdf, zuletzt abgerufen am 6. Juli 2021. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 052/21 Seite 6 gend im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt unter Beachtung bestimmter Qualitätskennzeichen .7 § 14b ZDG wurde im Jahre 1986 eingefügt und gibt einer seit 1969 bestehenden Verwaltungspraxis eine gesetzliche Grundlage.8 Der Zivildienst wurde durch die Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 durch den Bundesfreiwilligendienst ersetzt, für dessen Ableistung keine gesetzliche Verpflichtung besteht. Gemäß § 5 BFDG können jedoch Interessierte mit erfüllter Vollschulzeitpflicht weiterhin einen Anderen Dienst im Ausland leisten und steuer- und sozialrechtliche Vorteile in Anspruch nehmen: Während der Dienstzeit besteht aufgrund der steuerlichen Berücksichtigung in § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. d Einkommensteuergesetz (EStG) gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ein weiterer Anspruch auf Kindergeld bis zum 25. Lebensjahr und seit dem 1. Juli 2015 für Waisen vom 18. bis zum 25. Lebensjahr gemäß § 48 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c SGB VI auch ohne sonst erforderliche Ausbildung Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Der Andere Dienst im Ausland wird nicht vom Bund finanziell gefördert und ist daher auch nicht im Einzelnen qualitativ geregelt. Bei Einführung des Bundesfreiwilligendienstes, der im Unterschied zum freiwilligen sozialen oder freiwilligen ökologischen Jahr nicht im Ausland abgeleistet werden kann, wurde der Andere Dienst im Ausland lediglich aus historischen Gründen weitergeführt und in § 5 BFDG gesetzlich normiert.9 Im Vergleich zu den weiteren Freiwilligendiensten wird der Andere Dienst im Ausland gegenwärtig nur wenig in Anspruch genommen. Im Jahr 2019 hat die Dachorganisation Netzwerk und Fachstelle für internationale Personelle Zusammenarbeit (AKLHÜ e.V., früher: Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee) lediglich 69 Freiwillige für einen Anderen Dienst im Ausland verzeichnet . Im Zeitraum von 2005 bis 2019 absolvierten insgesamt 3.399 Personen einen Anderen Dienst im Ausland.10,11 3. Keine Berücksichtigung des Anderen Dienstes im Ausland in der gesetzlichen Rentenversicherung Im Gegensatz zum Wehr- oder Zivildienst, den Jugendfreiwilligendiensten oder dem Bundesfreiwilligendienst ist die Ableistung eines Anderen Dienstes im Ausland keine rentenrechtliche Zeit 7 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Qualitätskennzeichen für den Dienst nach § 5 BFDG i.V.m. § 14b ZDG, abrufbar im Internet unter: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/96692 /5df267386e1ecb63f96691ddb5bb3f6d/qualitaetskennzeichen-adia-data.pdf, zuletzt abgerufen am 6. Juli 2021. 8 Bundestagsdrucksache 15/ 5416, S. 6. 9 Bundestagsdrucksache 17/4803, S. 16. 10 Freiwillige in internationalen Freiwilligendiensten - Statistische Übersicht 2019, erstellt vom AKLHÜ e.V. – Netzwerk und Fachstelle für internationale Personelle Zusammenarbeit, Bonn, Dezember 2020, S. 16, 17, 45 ff. abrufbar im Internet unter https://kef-online.org/sites/default/files/datei/statistische-erhebungen-internationaler -freiwilligendienste-erschienen-737.pdf, zuletzt abgerufen am 6. Juli 2021. 11 Freiwillige in internationalen Freiwilligendiensten - Statistische Übersicht 2014, erstellt vom AKLHÜ e.V. – Netzwerk und Fachstelle für internationale Personelle Zusammenarbeit, Bonn, Dezember 2015, S. 7, 13, abrufbar im Internet unter: https://www.entwicklungsdienst.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen_AK/_15/Erhebung _Int_FWD_2014.pdf, zuletzt abgerufen am 6. Juli 2021. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 052/21 Seite 7 im Sinne der §§ 54 ff. SGB VI. Einer Berücksichtigung als Beitragszeit steht entgegen, dass die Dienstzeit nicht auf einer gesetzlichen Pflicht beruht und eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung weder vorliegt noch aufgrund einer gesetzlichen Fiktion anzunehmen ist. Zwar wurde nicht zum Zivildienst herangezogen, wer einen anerkannten Anderen Dienst im Ausland geleistet hat und damit als Kriegsdienstverweigerer von der gesetzlichen Dienstpflicht entbunden , jedoch bestand für das Surrogat selbst keine gesetzliche Verpflichtung. Wohl wegen der Unentgeltlichkeit liegt beim Anderen Dienst im Ausland im Gegensatz zu den Jugendfreiwilligendiensten oder dem Bundesfreiwilligendienst keine versicherte Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV vor. Aus § 6 Abs. 1b Satz 5 SGB VI ergibt sich, dass für diese freiwilligen Dienste selbst bei nur geringfügiger Entlohnung durch Taschengeld und eventuellem Sachbezug keine sonst mögliche Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen kann. Zudem findet das deutsche Sozialversicherungsrecht in der Regel aufgrund des räumlichen Geltungsbereichs aus § 3 SGB IV ohnehin im Ausland keine Anwendung. Für ein freiwilliges soziales oder freiwilliges ökologisches Jahr im Ausland fingiert § 10 Abs. 1 SGB IV deshalb einen inländischen Beschäftigungsort. Für Entwicklungshelfer im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes sieht § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI eine Versicherungspflicht auf Antrag in der gesetzlichen Rentenversicherung vor. Auch aus der Übernahme der Rentenversicherungbeiträge durch die Träger oder Einsatzstellen für die in § 20 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB IV genannten freiwilligen Dienste, nicht aber für den Anderen Dienst im Ausland, ergibt sich, dass der Gesetzgeber von einer rentenrechtlichen Berücksichtigung desselben aufgrund einer Beitragszeit abgesehen hat. Die Berücksichtigung beitragsfreier Zeiten erfolgt in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund von Tatbeständen, die die Versicherten nicht selbst zu vertreten haben und im Zusammenhang mit der Erwerbsbiographie stehen. Die Ableistung eines nicht der Versicherung unterliegenden Anderen Dienstes im Ausland beruht auf eigener Entscheidung und kommt deshalb als anspruchsbegründende beitragsfreie Zeit nicht in Betracht. Eine Berücksichtigung der Zeit der Ableistung eines Anderen Dienstes im Ausland kann in der gesetzlichen Rentenversicherung insoweit nur erfolgen, soweit aufgrund der freiwilligen Versicherung gemäß § 7 SGB VI Beiträge gezahlt worden sind. 4. Kritik aus Wissenschaft und Politik an der Behandlung des Anderen Dienstes im Ausland bei dessen Berücksichtigung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Soweit ersichtlich, blieb die Nichtberücksichtigung des Anderen Dienstes im Ausland in der gesetzlichen Rentenversicherung abgesehen von einer Dissertation im wissenschaftlichen und politischen Raum bisher ohne kontroverse Diskussion.12 12 Zeihe, Wolfram. Der Andere Dienst im Ausland. Eine Analyse zur Rechtsstellung der Dienstleistenden nach § 14b ZDG, Nomos Universitätsschriften, Band 705, Baden-Baden, 2011. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 052/21 Seite 8 Die gesetzliche Rentenversicherung ist erster Linie ein Alterssicherungssystem für Erwerbstätige wie abhängig Beschäftigte und selbständig Tätige. Sonstige in § 3 SGB VI aufgeführte Versicherte sind unter anderem Personen, für die Dritte die Zahlung von Pflichtbeiträgen übernehmen, um Unterbrechungen in der Versicherungsbiographie der Erwerbstätigen zu vermeiden, beispielsweise für die Zeit der Erziehung eines Kindes, der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines Pflegebedürftigen oder des Bezugs von Krankengeld oder Arbeitslosengeld. Dagegen bleiben ehrenamtliche Tätigkeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Ausnahme der nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen in der Regel unberücksichtigt. Merkmal ehrenamtlicher Tätigkeiten ist, dass sie freiwillig, unentgeltlich und gemeinwohlorientiert sind.13 Die Ausübung von ehrenamtlichen Tätigkeiten ist damit weder als abhängige Beschäftigung noch als selbständige Tätigkeit anzusehen. Insofern gehören ehrenamtlich Tätige nicht zum versicherten Personenkreis. Zeiten eines ehrenamtlichen bürgerschaftlichen Engagements führen somit generell nicht zu höheren Rentenleistungen, weil die Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung im Wesentlichen darin besteht, ihren aufgrund einer beitragspflichtigen Erwerbstätigkeit versicherten Mitgliedern ein aus Altersgründen oder wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht mehr erzielbare Erwerbseinkommen zu ersetzen. Der Berücksichtigung ehrenamtlicher Tätigkeiten wie der Ableistung eines Anderen Dienstes im Ausland in der gesetzlichen Rentenversicherung steht somit grundsätzlich entgegen, dass unentgeltliches, freiwilliges, gemeinwohlorientiertes Engagement in die Nähe von Erwerbsarbeit gerückt würde. Von einer rentenrechtlichen Berücksichtigung von Zeiten bürgerschaftlichen Engagements wurde bisher abgesehen, da es sich bei den Rentenzahlungen letztlich um die Zahlung eines zeitlich versetzten Ersatzeinkommens handelt. Eine rentensteigernde Berücksichtigung von ehrenamtlichen Tätigkeiten würde bürgerschaftliches Engagement somit zeitlich versetzt entlohnen. Dies würde dazu führen, dass ehrenamtliche Tätigkeiten entgegen ihrer ursprünglichen Bedeutung wie Erwerbsarbeit zu betrachten wären. An der Gültigkeit dieser im Bericht der vom Deutschen Bundestag eingerichteten Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ vom 3. Juni 2002 enthaltenen Aussage hat sich bis heute nichts geändert.14 Hiervon abweichend erfolgte bei der Einführung des Freiwilligen Sozialen Jahres zum 1. April 1964 eine Anlehnung an die für Lehrlinge geltende Regelung, nach der die Arbeitgeber den vollen und nicht wie bei Beschäftigten sonst üblich, den hälftigen Rentenversicherungsbeitrag zu tragen haben. Hieran ist bis heute, auch für das in der Folgezeit eingeführte Freiwillige Ökologische Jahr und den Bundesfreiwilligendienst, festgehalten worden.15 Zwar stellen die Jugendfreiwilligendienste und der Bundesfreiwilligendienst weiterhin kein Arbeitsverhältnis im engeren 13 Petzke, Lydia. Ehrenamt und Rechtsordnung. Regelung ehrenamtlichen und freiwilligen Engagements. VWF, Berlin, 2004, S. 7 ff. 14 Bundestagsdrucksache 14/8900, S. 322 ff. 15 Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres vom 17. August 1964, BGBl. I, S. 641. Im Gesetzentwurf war zunächst nur die Berücksichtigung als beitragsfreie Ausfallzeit, heute Anrechnungszeit, vorgesehen, vgl. Bundestagsdrucksache 4/986, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 052/21 Seite 9 Sinne dar, sie sind aber hinsichtlich der Arbeitnehmerschutzrechte und der Rentenversicherungspflicht weitgehend einer Berufsausbildung gleichgestellt.16 Dies war wohl bei Einführung des Anderen Dienstes im Ausland nicht beabsichtigt. Eine Einbeziehung des Anderen Dienstes in die gesetzliche Rentenversicherung wird vereinzelt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben erwogen. So müssten die Dienstleistenden als Beschäftigte gelten, da ihnen sonst ohne sachlichen Grund der Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung vorenthalten würde. Wegen der auf sie gegebenenfalls zukommenden Beitragspflicht haben sich die Träger der Anderen Dienste im Ausland gegen die Einbeziehung der Dienstleistenden in die gesetzliche Rentenversicherung als Arbeitnehmer ausgesprochen.17 Möglicherweise könnte die unterschiedliche Behandlung des Anderen Dienstes im Ausland mit im Ausland geleisteten Jugendfreiwilligendiensten, für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht, den allgemeinen Gleichheitssatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG verletzen . Für den Anderen Dienst im Ausland gelten jedoch, anders als für das Freiwillige Soziale Jahr, das Freiwillige Ökologische Jahr und den Bundesfreiwilligendienst, schon wegen der geringen Regelungstiefe keine Altersbeschränkungen und keine vorgeschriebene Mindestdauer.18 Insoweit ist eine Anlehnung an die rentenrechtliche Situation von Auszubildenden hier nicht ausschlaggebend . Für die künftige Berücksichtigung des Anderen Dienstes im Ausland in der gesetzlichen Rentenversicherung wäre eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich. Hier scheint jedoch kein vordringlicher Bedarf zu bestehen. *** 16 Bundestagsdrucksachen 16/6519, S.15 und 17/4803, S. 18. 17 Zeihe, Wolfram, vgl. Fn. 9, S. 136 ff. 18 Vgl. Fn. 11, Freiwillige in internationalen Freiwilligendiensten - Statistische Übersicht 2014.,