© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 – 051/19 Überführung der in systemnahen Versorgungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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E-3er-Regelung nach dem AAÜG-Änderungsgesetz 8 8. Rückwirkende Anwendung der E-3er-Regelung und Erhöhung der Renten für Angehörige des Ministeriums für Staatssicherheit nach dem 2. AAÜG-Änderungsgesetz 9 9. Begrenzung nach dem 1. AAÜG-Änderungsgesetz 9 10. Fazit 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 – 051/19 Seite 4 1. Alterssicherung in der DDR In der DDR beruhte die Alterssicherung der Erwerbstätigen auf der Sozialpflichtversicherung, die durch die Zahlung von Beiträgen zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) aufgestockt werden konnte, sowie auf Zusatz- und Sonderversorgungssystemen für mit dem politischen und wirtschaftlichen System mehr oder weniger eng verbundene Berufs- und Beschäftigungsgruppen .1 Zusatzversorgungssysteme wurden eingerichtet für die technische und wissenschaftliche Intelligenz , Kombinatsleiter, Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften, Ärzte, Zahnärzte, Apotheker , Tierärzte, Künstler, Schriftsteller, Ballettmitglieder, Pädagogen sowie hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates, der Gesellschaft für Sport und Technik, gesellschaftlicher Organisationen , der Nationalen Front, des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) und der Blockparteien . Der Gesamtanspruch aus einer Zusatzversorgung und der Rente aus der Sozialpflichtversicherung sollte im Alter zumeist etwa 90 Prozent des letzten Nettoverdienstes erreichen. In der Bundesrepublik existierte mit der Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst eine ähnliche Einrichtung. Mit der Beamtenversorgung der Bundesrepublik vergleichbare Sonderversorgungssysteme bestanden für Angehörige der Nationalen Volksarmee, der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr , des Strafvollzugs, der Zollverwaltung und des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit /Amtes für Nationale Sicherheit. Die einzelnen Zusatz- und Sonderversorgungssysteme sind in den Anlagen 1 und 2 des Anspruchs - und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) aufgeführt. 2. Überlegungen im Vorfeld der Wiedervereinigung Im Zuge der Verhandlungen über die zum 1. Juli 1990 geschaffene Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion und den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland zum 3. Oktober 1990 wurde die Überleitung sämtlicher Alterssicherungssysteme in die gesetzliche Rentenversicherung vereinbart.2 Bereits der aus Vertretern der Opposition und der alten DDR-Regierung zusammengesetzte, in der Übergangszeit zwischen dem Zusammenbruch des SED-Regimes Ende 1989 und den ersten demokratischen Wahlen zur Volkskammer am 18. März 1990 regelmäßig tagende Zentrale Runde 1 Ritter, Gerhard A. (2012). Die Rentenversicherung im Prozess der deutschen Wiedervereinigung. In: Eichenhofer -Rische-Schmähl (Hrsg.). Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI. Köln, Luchterhand, Kapitel 3, Fn 8-10. 2 Eine ausführliche Darstellung der Rentenüberleitung enthält: Kerschbaumer, Judith (2011). Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung und die Deutsche Einheit. Wiesbaden, VS-Verlag. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 – 051/19 Seite 5 Tisch hat die Abschaffung privilegierter Staatsrenten für ehemalige Angehörige der Staatssicherheit thematisiert.3 Artikel 20 Abs. 2 Satz 3 des zwischen beiden deutschen Staaten geschlossenen Staatsvertrags vom 18. Mai 19904 enthält schließlich die Vorgabe, Leistungen aufgrund von Sonderregelungen mit dem Ziel zu überprüfen, ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen und überhöhte Leistungen abzubauen. Eine erste Begrenzung von Rentenzahlungen an Personen in systemnahen Versorgungssystemen erfolgte ab 1. Juli 1990, also noch vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik, mit dem Gesetz zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland und zu weiteren rentenrechtlichen Regelungen (Rentenangleichungsgesetz, RAnglG) vom 28. Juni 1990 und dem Gesetz über die Aufhebung der Versorgungsordnung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (AufhebG) vom 29. Juni 1990. § 23 Abs. 2 RAnglG sah für hauptamtliche Mitarbeiter von Parteien, gesellschaftlichen Organisationen und der Gesellschaft für Sport und Technik, für Mitarbeiter des Staatsapparats, Generaldirektoren der zentral geleiteten Kombinate und ihnen gleichgestellte Leiter zentral geleiteter Wirtschaftsorgane einen monatlichen Höchstbetrag des Gesamtrentenanspruchs aus der Sozialversicherung und der Zusatzversorgung von 2.010 DM vor. Alters- und Invalidenrenten aus der Sonderversorgung der Angehörigen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit wurden gemäß § 2 AufhebG auf monatlich 990 DM begrenzt. Zudem sahen § 27 RAnglG und § 5 AufhebG individuelle Kürzungen vor, wenn Berechtigte in schwerwiegendem Maße ihre Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hatten. 3. Überleitung der in der DDR erworbenen Anwartschaften und Ansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung Die Vorgabe aus Artikel 30 Abs. 5 und Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H - Gesetzliche Rentenversicherung - Abschnitt III Ziff. 9 Buchst. b) des Einigungsvertrags vom 31. August 19905, die erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit , Alter und Tod bis zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung zu überführen und das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf die neuen Länder überzuleiten, wurde mit dem Renten -Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 umgesetzt. Dabei waren ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen und überhöhte Leistungen abzubauen und darüber hinaus zu kürzen oder abzuerkennen, wenn Berechtigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder - wie bereits in der DDR geregelt - in schwerwiegendem Maße ihre Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hatten. 3 Ergebnisse der 11. Sitzung des Rundtischgesprächs am 5. Februar 1990. In: Herles, Helmut und Rose, Ewald (Hrsg.) (1990). Vom Runden Tisch zum Parlament, Bonn, Bouvier Verlag, S. 105. 4 Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, abrufbar im Internet unter https://www.gesetze-iminternet .de/wwsuvtr/WWSUVtr.pdf, zuletzt abgerufen am 12. April 2019. 5 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag), abrufbar im Internet unter http://www.gesetze-im-internet .de/einigvtr/, zuletzt abgerufen am 12. April 2019. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 – 051/19 Seite 6 In Artikel 3 RÜG wurde mit dem AAÜG die Überführung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme geregelt.6 Zeiten der Zugehörigkeit zu einem in Anlage 1 AAÜG aufgeführten Zusatzversorgungssystem oder in Anlage 2 AAÜG aufgeführten Sonderversorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, gelten gemäß § 5 AAÜG als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung. Für die Rentenhöhe ist gemäß § 259b SGB VI in Verbindung mit § 6 Abs. 1 AAÜG unabhängig von der Höhe der gezahlten Beiträge grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst bis zur Höchstgrenze des jeweiligen Jahres aus der Anlage 3 AAÜG heranzuziehen . Mit der Höchstgrenze wird eine Begrenzung auf die in der gesetzlichen Rentenversicherung in den einzelnen Jahren jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze sichergestellt. 4. Ursprüngliche Begrenzung nach dem Renten-Überleitungsgesetz Der im Einigungsvertrag vorgesehene Abbau ungerechtfertigter Leistungen durch eine Begrenzung der in systemnahen Versorgungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften führte unter dem Stichwort "Strafrecht im Sozialrecht" im politischen Raum zu anhaltenden Auseinandersetzungen.7 Dennoch sah das RÜG für leitende und damit systemnahe Funktionen eine pauschalisierende Begrenzungsregelung vor: Für Zeiten der Zugehörigkeit in einem der Zusatzversorgungssysteme oder den Sonderversorgungen der Angehörigen der Nationalen Volksarmee, der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr, des Strafvollzugs und der Zollverwaltung war gemäß § 6 Abs. 2 AAÜG in der Fassung des RÜG bereits eine Begrenzung auf den Durchschnittsverdienst vorgesehen, wenn der tatsächliche Verdienst über dem 1,4-Fachen des Durchschnittsverdienstes lag, da hier eine leitende und damit systemnahe Funktion unterstellt wurde. Für Angehörige der Sonderversorgung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit /Amtes für Nationale Sicherheit war gemäß § 7 AAÜG eine Begrenzung auf 70 Prozent des Durchschnittsverdienstes vorgesehen. 5. Nachfolgende Änderungsgesetze zu den Begrenzungsregelungen Bereits kurz nach dem Inkrafttreten des RÜG stellte sich heraus, dass sich die Begrenzungsreglungen in Teilbereichen als unzulänglich erwiesen. Deshalb wurden die Regelungen über die Begrenzung von Einkommen bei der Berechnung von Renten bestimmter Personengruppen entsprechend modifiziert. Die ursprünglich nur für leitende Positionen gedachten Typisierungen und Pauschalierungen betrafen in vollem Umfang auch Personengruppen in der mittleren Führungsebene . Für diese sollte die Einkommensbegrenzung jedoch nur noch in eingeschränktem Umfang wirken und nur für Spitzenfunktionäre die volle Wirkung erhalten bleiben.8 Weitere Änderungen waren Folge der umfänglichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . Auch wenn die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatz- und 6 Mit dem Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz (RÜ-ErgG) vom 24. Juni 1993 wurden später die Versorgungssysteme der DDR-Blockparteien und Anwartschaften der Carl-Zeiss-Stiftung Jena in das AAÜG aufgenommen. Die Gleichstellung des Pensionsstatuts der Carl-Zeiss-Stiftung Jena mit den Zusatzversorgungssystemen regelte das Zusatzversorgungssystem-Gleichstellungsgesetz - (ZVsG) vom 24. Juni 1993. 7 Vgl. u.a. Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages 12/35, S. 2935, 2938f., S. 2960f. 8 Gesetzesbegründung zum Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz, Bundestagsdrucksache 12/4810, S. 20. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 – 051/19 Seite 7 Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung in der Systementscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 letztlich nicht beanstandet wurde, waren mehrfach weitere Änderungen der Begrenzungsregelungen erforderlich geworden.9 Die Begrenzungsregelungen des AAÜG sind bisher durch folgende Gesetze wiederholt und grundlegend geändert worden: Gesetz zur Ergänzung der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz - Rü-ErgG) vom 24. Juni 1993, Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG-Änderungsgesetz - AAÜG-ÄndG) vom 11. November 1996, Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-Änderungsgesetz – 2. AAÜG-ÄndG) vom 27. Juli 2001, Erstes Gesetz zur Änderung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (1. AAÜG-Änderungsgesetz – 1. AAÜG-ÄndG) vom 21. Juni 2005.10 6. Begrenzung nach dem Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz § 6 Abs. 2 und 3 AAÜG in der Fassung des RÜ-ErgG regelte eine Begrenzung nur noch für von vornherein festgelegte systemnahe Funktionen und darüber hinaus für leitende Angehörige systemnaher Versorgungssysteme bei Überschreitung bestimmter Verdiensthöhen. Systemnahe Funktionen waren dabei unter anderem die Tätigkeiten als Richter oder Staatsanwalt und solche in Berufungs- oder Wahlfunktion im Staatsapparat. Zudem erfolgte eine Begrenzung auf den Durchschnittsverdienst unter anderem für bestimmte Direktoren oder Leiter, hauptamtliche Parteisekretäre sowie Professoren und Dozenten in einer Bildungseinrichtung einer Partei oder des FDGB. Als systemnahe Versorgungssysteme wurden festgelegt: Zusatzversorgungen der Generaldirektoren der zentral geleiteten Kombinate und ihnen gleichgestellte Leiter zentral geleiteter Wirtschaftsorganisationen, für verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft, 9 Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999, Az. 1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95, 1 Bvl 22/95, 1 BvL 34/95, 1 BvR 1926/96, 1 BvR 485/97, 1 BvL 33/95, 1 BvL 11/94, 1 BvR 1560/97. Vgl hierzu auch die Pressmitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999, abrufbar im Internet unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/1999/bvg99-052.html, zuletzt abgerufen am 12. April 2019; Außerdem: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 2004, Az. 1 BvL 3/98, 1 BvL 09/02, 1 BvL 2/03. 10 Verwirrend erscheint hier die Abfolge der Änderungsgesetze: Das spätere 1. AAÜG-ÄndG folgt dem vorherigen 2. AAÜG-ÄndG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 – 051/19 Seite 8 für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates, der Gesellschaft für Sport und Technik, gesellschaftlicher Organisationen, der Nationalen Front, der Gewerkschaft FDGB und der Blockparteien, Sonderversorgungen der Angehörigen der Nationalen Volksarmee, der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzugs und der Zollverwaltung der DDR. Begrenzungen waren nunmehr progressiv vorzunehmen, soweit der tatsächliche Verdienst über dem 1,6-Fachen des Durchschnittsverdienstes lag. Nur noch besonders hohe Verdienste führten zu einer Begrenzung auf den Durchschnittsverdienst. Bei Verdiensten zwischen dem 1,4- und 1,6-Fachen des Durchschnittsverdienstes erfolgte eine Begrenzung auf das 1,4-Fache des Durchschnittsverdienstes . Abgesehen von der der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze entsprechenden Höchstgrenze waren die Angehörigen der übrigen, letztendlich systemferneren Zusatzversorgungssysteme, beispielsweise die einen großen Personenkreis umfassende Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVI-Tech), aber auch die Zusatzversorgungen der Künstler, Mediziner, Pädagogen und anderen, nun in der Regel nicht mehr von den Begrenzungsregelungen des AAÜG betroffen . Für Angehörige der Sonderversorgung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit verblieb es dagegen auch nach dem RÜ-ErgG bei der Begrenzung auf 70 Prozent des Durchschnittsverdienstes. 7. E-3er-Regelung nach dem AAÜG-Änderungsgesetz Aufgrund der Einkommensstruktur in der DDR kam es auch nach Inkrafttreten des RÜ-ErgG zu Ergebnissen, die dem gesetzgeberischen Ziel nicht vollständig entsprachen und deshalb auch häufig auf Unverständnis stießen, weil Personen Einkommensbegrenzungen erfuhren, deren Tätigkeiten für das Bestehen oder die Stärkung der ehemaligen DDR nach innen oder nach außen nicht von besonderer Bedeutung waren. Mit der Neuregelung des § 6 Abs. 2 AAÜG durch das AAÜG-ÄndG war eine Begrenzung für Angehörige der oben genannten systemnahen Versorgungssysteme nur noch vorgesehen, wenn der für Hauptabteilungsleiter in der DDR vorgesehene Verdienst von jährlich rund 30.000 Mark überschritten wurde. Nach dieser wegen der tariflichen Einstufung sogenannten E-3er-Regelung erfolgte eine Begrenzung des tatsächlichen Verdienstes auf den Durchschnittsverdienst. Mit dem AAÜG-ÄndG erfolgte eine Konzentration der Begrenzungsregelungen auf einen engen Kernbereich der Spitzenfunktionäre in Staat, Parteien, Wirtschaft und Gesellschaft der ehemaligen DDR sowie auf die ehemaligen hauptberuflichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit.11 11 Gesetzesbegründung zum AAÜG-ÄndG, Bundestagsdrucksache 13/4587, S. 8-9. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 – 051/19 Seite 9 8. Rückwirkende Anwendung der E-3er-Regelung und Erhöhung der Renten für Angehörige des Ministeriums für Staatssicherheit nach dem 2. AAÜG-Änderungsgesetz Nach der Systementscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 199912 war die Begrenzungsregelung des § 6 Abs. 2 AAÜG in der Fassung des RÜ-ErgG nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Die E-3er-Regelung musste daher im Jahre 2001 durch das 2. AAÜG-ÄndG rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Außerdem war die Begrenzung für Angehörige der Sonderversorgung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit zu ändern . Nunmehr waren 100 anstelle von 70 Prozent des Durchschnittsverdienstes für die Rentenhöhe maßgebend. 9. Begrenzung nach dem 1. AAÜG-Änderungsgesetz Schließlich ist die Begrenzungsregelung in § 6 Abs. 2 AAÜG mit dem 1. AAÜG-ÄndG im Jahre 2005 nochmals geändert worden, nachdem das Bundesverfassungsgericht auch die E-3er-Regelung für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt hatte.13 Die zuvor generell für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem systemnahen Sonder- und Zusatzversorgungssystem bei Erreichen einer bestimmten Verdiensthöhe geltende und als E-3er-Regelung bezeichnete Begrenzung wird auf diejenigen Zeiten beschränkt, in denen insbesondere solche Funktionen im Parteiapparat der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), in der Regierung oder im Staatsapparat ausgeübt wurden, die auch eine Weisungsbefugnis gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit sowie dem Amt für Nationale Sicherheit umfassten. Ebenso werden auch Zeiten in Funktionen auf den höchsten Ebenen des sogenannten Kadernomenklatursystems der DDR einbezogen, da die Betreffenden - wie auch die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit - einkommens- und versorgungsseitig Teil eines Gesamtkonzepts der Selbstprivilegierung innerhalb des Staates waren.14 Von einer Begrenzung auf den Durchschnittsverdienst ist - abgesehen von Angehörigen der Sonderversorgung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit - seitdem nur noch betroffen , wer Mitglied, Kandidat oder Staatssekretär im Politbüro der SED, Generalsekretär, Sekretär oder Abteilungsleiter des Zentralkomitees der SED sowie als Mitarbeiter der Abteilung Sicherheit bis zur Ebene der Sektorenleiter oder als die jeweiligen Stellvertreter, Erster oder Zweiter Sekretär der SED-Bezirks- oder Kreisleitung oder Abteilungs- oder Referatsleiter für Sicherheit oder Abteilungsleiter für Staat und Recht, Minister, stellvertretender Minister oder stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat oder als ihre jeweiligen Stellvertreter, Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates, Vorsitzender des Staatsrats oder Vorsitzender des Ministerrats oder in diesen Ämtern ernannter Stellvertreter, 12 Vgl. Fußnote 9. 13 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 2004, Az. 1 BvL 3/ 98. 14 Gesetzesbegründung zum 1. AAÜG-ÄndG, Bundestagsdrucksache 15/5314, S. 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 – 051/19 Seite 10 Staatsanwalt in den für vom Ministerium für Staatssicherheit sowie dem Amt für Nationale Sicherheit durchzuführenden Ermittlungsverfahren zuständigen Abteilung I der Bezirksstaatsanwaltschaften , Staatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft der DDR, Mitglied der Bezirks- oder Kreis-Einsatzleitung oder Staatsanwalt oder Richter der I-A-Senate war. Die aktuell geltenden Regelungen des AAÜG sind bisher vom Bundesverfassungsgericht als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen worden.15 10. Fazit Nachdem nunmehr neben den Angehörigen der Sonderversorgung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit nur noch ein sehr begrenzter Personenkreis, der zum engeren Führungskreis der DDR zu zählen sein dürfte, von der Begrenzungsregelung betroffen ist, scheinen die Vorgabe des Einigungsvertrags, ungerechtfertigter Leistungen abzubauen, erfüllt und weitere Änderungen des AAÜG nicht mehr erforderlich zu sein. Eine tabellarische Übersicht über die bisherigen Begrenzungsregelungen des AAÜG liegt als Anlage bei. Anlage *** 15 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2010, Az. 1 BvL 9/06. Vgl. auch Pressemitteilung des Bundesverfassungsgericht vom 28. Juli 2010, abrufbar im Internet unter https://www.bundesverfassungsgericht .de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/bvg16-099.html, zuletzt abgerufen am 12. April 2019; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2016, Az. 1 BvR 1089/12, 1 BvR 455/16, 1 BvR 2368/14, 1 BvR 2483/13, 1 BvR 708/13, 1 BvR 363/13, 1 BvR 1090/12, vgl. auch Pressemitteilung des Bundesverfassungsgericht vom 28. Dezember 2016, abrufbar im Internet unter https://www.bundesverfassungsgericht .de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/bvg16-099.html, zuletzt abgerufen am 12. April 2019; Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 2017, Az. 1 BvR 1069/14, 1 BvR 2369/14, vgl. auch Pressemitteilung des Bundesverfassungsgericht vom 13. Dezember 2017, abrufbar im Internet unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/bvg16-099.html, zuletzt abgerufen am 12. April 2019.