© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 050/19 Selbständige in der Sozialversicherung Gesetzliche Grundlagen in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 050/19 Seite 2 Selbständige in der Sozialversicherung Gesetzliche Grundlagen in Deutschland Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 050/19 Abschluss der Arbeit: 20. März 2019 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 050/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Allgemeines 4 2. Arbeitslosenversicherung (SGB III) 4 3. Krankenversicherung (SGB V) 5 3.1. Pflichtversicherung 5 3.2. Freiwillige Versicherung 5 3.3. Familienversicherung 6 4. Rentenversicherung (SGB VI) 6 4.1. Pflichtversicherung der Selbständigen 6 4.2. Pflichtversicherung auf Antrag 6 4.3. Freiwillige Versicherung 6 5. Unfallversicherung (SGB VII) 7 5.1. Pflichtversicherung 7 5.2. Freiwillige Versicherung 7 6. Pflegeversicherung (SGB XI) 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 050/19 Seite 4 1. Allgemeines In Deutschland bildet die Sozialversicherung eine staatlich eng geregelte Fürsorge für wichtige Risiken des Daseins, insbesondere bei Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, Invalidität, Alter, Pflegebedürftigkeit und Tod. In der Sozialversicherung werden Personen durch Versicherungspflicht kraft Gesetzes oder Satzung oder aufgrund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung versichert . Die Beiträge werden bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze, die in der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2019 bei 54.450 Euro brutto liegt, bei abhängig Beschäftigten jeweils zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen. Selbständig Tätige, wie zum Beispiel Händler auf grünen Märkten, müssen ihre Beiträge in voller Höhe allein tragen. Rechtsgrundlage der Sozialversicherung sind die einzelnen Bücher des Sozialgesetzbuchs (SGB). In Deutschland gliedert sich die Sozialversicherung in fünf Zweige: – Arbeitslosenversicherung (SGB III) – Krankenversicherung (SGB V) – Rentenversicherung (SGB VI) – Unfallversicherung (SGB VII) – Pflegeversicherung (SGB XI) 2. Arbeitslosenversicherung (SGB III) Nach den Bestimmungen des SGB III besteht für selbständige Erwerbstätige keine Beitragspflicht zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung. Es ist jedoch unter bestimmten Voraussetzungen möglich , ein Versicherungsverhältnis auf besonderen Antrag einzugehen bzw. fortzusetzen. Alle gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigten Personen sind versicherungspflichtig . Mit wenigen Ausnahmen unterliegen damit alle Arbeitnehmer der Versicherungspflicht . Selbständige können nur dann versicherungspflichtig werden, wenn eine entsprechende Vorversicherung zur Arbeitsförderung bestand. Danach können Selbständige, die eine Tätigkeit im Umfang von mindestens 15 Wochenstunden ausüben, nach § 28a SGB III die freiwillige Weiterversicherung beantragen, wenn sie innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit mindestens zwölf Monate oder unmittelbar vor Aufnahme der Tätigkeit in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden oder eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen haben. Die Beiträge werden nach einem Prozentsatz, dem Beitragssatz, von der Beitragsbemessungsgrundlage erhoben. Der Beitragssatz beträgt drei Prozent. Die Beiträge zur Arbeitsförderung werden von den Versicherungspflichtigen und den Arbeitgebern grundsätzlich je zur Hälfte getragen. Selbständige tragen ihre Beitragslast allein. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 050/19 Seite 5 Neben dem freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung besteht in Deutschland die Möglichkeit, einen privaten Versicherer mit der Vorsorge bei Arbeitslosigkeit zu betrauen . Sinn dieser privaten Arbeitslosenversicherung ist es, dem Arbeitslosen im Falle von Arbeitslosigkeit eine Geldleistung zusätzlich zur staatlichen Arbeitslosenversicherung zur Verfügung zu stellen. 3. Krankenversicherung (SGB V) Alle Einwohner der Bundesrepublik Deutschland sind nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gemäß § 193 VVG verpflichtet, bei einem Krankenversicherungsunternehmen mit Geschäftssitz in Deutschland eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen und aufrechtzuerhalten , die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst . Diese gilt nicht für Personen, die bereits über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz zum Beispiel in der gesetzlichen Krankenversicherung nach den Vorschriften des SGB V verfügen. Wer nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, muss sich in der privaten Krankenversicherung versichern. Der gesetzlichen Krankenversicherung kann man als Pflichtversicherter (§ 5 SGB V), freiwillig Versicherter (§ 9 SGB V) und durch beitragsfreie Mitversicherung in der Familienversicherung (§ 10 SGB V) angehören. Nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung sind gemäß § 5 Abs. 5 SGB V Menschen, die hauptberuflich selbstständig beziehungsweise freiberuflich erwerbstätig sind sowie gemäß § 6 SGB V Beamte, Richter und Zeitsoldaten. Außerdem endet die Versicherungspflicht aus der gesetzlichen Krankenkasse für Angestellte, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen die jeweils geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet. 3.1. Pflichtversicherung Die Pflichtversicherung nach § 5 SGB V tritt ohne Rücksicht auf den eigenen Willen oder den des Arbeitgebers ein. Sie ist eine Zwangsversicherung; sie kann weder schriftlich noch durch mündliche Absprache zwischen den Beteiligten ausgeschlossen werden. Versicherungspflichtig sind danach im Wesentlichen Arbeitnehmer, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind sowie Rentner. Selbständige Erwerbstätige werden gemäß § 5 Abs. 5 SGB V nicht von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht erfasst. Der allgemeine Beitragssatz beträgt in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 241 SGB V 14,6 Prozent und wird je zur Hälfte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber getragen. 3.2. Freiwillige Versicherung Ein freiwilliges Versicherungsverhältnis ist – im Gegensatz zur Pflichtversicherung – weitgehend vom eigenen Willen des Versicherten abhängig. Zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist unter anderem nach § 9 SGVB V berechtigt, wer aus der Versicherungspflicht ausgeschieden ist und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert war oder wer aus der Familienversicherung nach § 10 SGB V ausgeschieden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 050/19 Seite 6 Hauptberuflich Selbstständige, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, zahlen ihren Beiträge nach dem allgemeinen Beitragssatz in voller Höhe allein. 3.3. Familienversicherung Nach § 10 SGB V sind in der gesetzlichen Krankenversicherung Familienangehörige wie der Ehepartner und Kinder beitragsfrei mitversichert, wenn sie ihren Wohnsitz in Deutschland haben und über kein eigenes regelmäßiges Einkommen verfügen. Wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist, kann nicht familienversichert werden. Die Familienversicherung begründet eine eigene Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung . 4. Rentenversicherung (SGB VI) Eine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung besteht in Deutschland für alle abhängig Beschäftigten mit einem Einkommen, das über 450 Euro pro Monat liegt. Auch selbständig Tätige gehören unter bestimmten Voraussetzungen zum Rechtskreis der in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Personen. Selbständige sind in drei möglichen Varianten in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Entweder als Pflichtversicherte, als Pflichtversicherte auf Antrag oder als freiwillig Versicherte. 4.1. Pflichtversicherung der Selbständigen § 2 SGB VI definiert Personengruppen, die einer Versicherungspflicht unterliegen. Darunter fallen unter anderem Lehrer, Künstler und Publizisten, Pflegepersonen und Hausgewerbetreibende sowie Selbständige, die im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind (arbeitnehmerähnliche Selbständige). Rentenversicherungspflichtige Selbstständige haben mindestens den halben Regelbeitrag zu zahlen. Bei einem niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommen kann der Existenzgründer die einkommensgerechte Zahlung beantragen. Die Versicherungspflicht tritt nicht ein, wenn die selbständige Tätigkeit nur im geringfügigen Maße ausgeübt wird. 4.2. Pflichtversicherung auf Antrag Für nicht versicherungspflichtige Selbständige ist eine Pflichtversicherung auf Antrag möglich, sofern sie nicht nur vorübergehend als Selbständige tätig sind und keine Versicherungspflicht durch das Gesetz vorliegt (§ 4 Abs. 2 SGB VI). Sie ist nur möglich, wenn das Erwerbseinkommen regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt. Es begründet sich durch die Pflichtversicherung auf Antrag derselbe Versicherungsschutz, den auch pflichtversicherte Selbständige haben. Der Antrag muss in den ersten fünf Jahren nach Beginn der Selbständigkeit gestellt werden. Das Versicherungsverhältnis endet erst bei Aufgabe der selbständigen Tätigkeit, ein vorheriger Austritt ist nicht möglich. 4.3. Freiwillige Versicherung Eine weitere Möglichkeit für nicht versicherungspflichtige Selbständige ist die freiwillige Versicherung nach § 7 SGB VI. Sie kann von selbständig Tätigen jederzeit begonnen und beendet wer- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 050/19 Seite 7 den, zudem kann der einzuzahlende Betrag selbst bestimmt werden. Der Mindestbeitrag berechnet sich aus dem aktuellen Beitragssatz für die gesetzliche Rentenversicherung, derzeit 18,6 Prozent . 5. Unfallversicherung (SGB VII) Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz nach den Vorschriften des SGB VII erstreckt sich auf verschiedene Personengruppen. Die weitaus größte Gruppe bilden die Arbeitnehmer und die ihnen gleichgestellten Personen. Bei den Versicherten der gesetzlichen Unfallversicherung wird unterschieden in Pflichtversicherte nach §§ 2 und 3 SGB VII und freiwillig Versicherte nach § 6 SGB VII. 5.1. Pflichtversicherung Pflichtversichert sind im Wesentlichen kraft Gesetzes gemäß § 2 SGB VII alle Beschäftigten unabhängig von der Höhe ihres Arbeitsentgelts. In einigen Berufsgenossenschaften besteht unter bestimmten Voraussetzungen eine Pflichtversicherung kraft Satzung für Unternehmer und ihre mitarbeitenden Ehegatten nach § 3 SGB VII. 5.2. Freiwillige Versicherung Der Unfallversicherung freiwillig beitreten können gemäß § 6 SGB VII auf Antrag Unternehmer, die nicht kraft Gesetzes oder Satzung versicherungspflichtig sind, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehe- oder Lebenspartner sowie Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften als Unternehmer selbständig tätig sind. Die freiwillige Versicherung muss schriftlich beantragt werden. Sie erlischt, wenn ein Beitrag nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gezahlt wird. Beitragspflichtig sind in der gesetzlichen Unfallversicherung nur die Unternehmer. Ihre Beiträge sind die einzige Finanzierungsgrundlage. Die gesetzliche Unfallversicherung wird finanziert durch Beiträge in Form von Umlagen der Mitgliedsunternehmen in einem nachträglichen Umlageverfahren (Jahresbeitrag) gemäß § 152 SGB VII. Die Höhe des Beitrags richtet sich nach § 153 SGB VII nach der Arbeitsentgeltsumme sowie nach der Gefahrklasse, zu der der Unternehmer veranlagt worden ist. Für die Ermittlung der Beitragshöhe der selbständig Tätigen wird als Berechnungsgrundlage der kraft Satzung bestimmte Jahresarbeitsverdienst gemäß § 154 SGB VII herangezogen. 6. Pflegeversicherung (SGB XI) Die Pflegeversicherung in Deutschland ist eine Pflichtversicherung zur Absicherung des Risikos , pflegebedürftig zu werden und ist im SGB XI gesetzlich geregelt. Danach ist eine umfassende Versicherungspflicht für die gesamte Bevölkerung in der sozialen Pflegeversicherung für gesetzlich Versicherte und in der privaten Pflegepflichtversicherung für die nicht gesetzlich Versicherten vorgesehen. Die Pflegeversicherung ist an dem Grundsatz „die Pflegeversicherung folgt der Krankenversicherung“ nach §§ 20 ff. SGB XI ausgerichtet. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 050/19 Seite 8 Der sozialen Pflegeversicherung gehören alle diejenigen an, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, also sowohl die Pflichtversicherten als auch die freiwillig Versicherten. Versicherte, die bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen das Krankheitsrisiko versichert sind, gehören nicht zu diesem Personenkreis. Sie sind jedoch gesetzlich verpflichtet, zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit einen privaten Versicherungsvertrag bei einer privaten Pflegekasse abzuschließen. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach dem Beitragssatz und den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder. Der Beitragssatz ist ein Vomhundertsatz, der, auf die beitragspflichtigen Einnahmen angewendet, den Beitrag zur Pflegeversicherung ergibt. Familienversicherte zahlen keinen Beitrag. Der Beitragssatz der Pflegeversicherung ist in § 55 Absatz 1 SGB XI festgesetzt und beträgt seit dem 1. Januar 2019 3,05 Prozent. Bei abhängig Beschäftigten, die auch in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, werden die Beiträge jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen . In der Krankenversicherung freiwillig Versicherte zahlen den vollen Beitrag zur Pflegeversicherung selbst. Für die Mitglieder der privaten Pflegepflichtversicherung gelten individuelle altersabhängige Beiträge . ***