WD 6 - 3000 - 047/17 (2. August 2017) © 2017 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. In der DDR war die Sozialversicherung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung für Arbeiter und Angestellte. Sie gewährte neben der Absicherung der Versorgung im gesundheitlichen Bereich, die Altersversorgung und war als Pflichtversicherung mit einem einheitlichen Beitragssatz konzipiert. Betriebe und Beschäftigte mussten jeweils 10 Prozent des Arbeitsverdienstes als Sozialversicherungsbeitrag leisten. Dies bedeutet, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der DDR - wie auch in Westdeutschland - während ihres beruflichen Lebens Beiträge von ihrem Erwerbseinkommen eingezahlt haben , um später eine Rente zu erhalten. Sie finanzierten somit im Umlageverfahren mit ihren Beiträgen die Renten für die aus dem Erwerbsleben ausgeschiedene Generation im Vertrauen darauf, im Alter durch die nachfolgende Generation ebenso versorgt zu werden. Auf der Grundlage des am 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik geschlossenen Einigungsvertrags wurde die Einheitssozialversicherung durch die von Januar bis Dezember 1991 übergangsweise existierende „Überleitungsanstalt Sozialversicherung“ ersetzt. Durch die Übernahme des Sozialversicherungsrechts der Bundesrepublik durch die DDR wurde das heute bekannte gegliederte System mit den gesetzlichen und getrennten Renten-, Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherungen etabliert. Zum Start der Währungsunion auf der Grundlage des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 wurde festgelegt, dass die DDR „sich an den Ausgaben ihrer Rentenversicherung mit einem Staatszuschuss zu beteiligen habe“ (Artikel 20, Abs. 6 des Vertrags). Die von der Bundesrepublik an die DDR geleistete Anschubfinanzierung in Höhe von 750 Millionen DM sowie das Betriebsmitteldarlehen von rund 2,4 Milliarden DM erfolgte aus Steuermitteln und nicht zu Lasten der westdeutschen Rentenversicherung.1 Nach dem Staatsvertrag wurden die Ostrenten zunächst auf das auf dem Grundsatz der Lohnund Beitragsbezogenheit beruhende westdeutsche Rentenversicherungsrecht umgestellt und mit 1 Vgl. Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit im Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. Juni 1995, Az. - 4 RA 102/94, Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Anschubfinanzierung der Rentenüberleitung Kurzinformation Anschubfinanzierung der Rentenüberleitung Fachbereich WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Beginn der Währungsunion in DM gezahlt. Artikel 18 Abs. 1 des Staatsvertrags sah die Finanzierung der Renten vor allem durch Beitragszahlungen vor. Dies hatte zur Folge, dass auch die Höhe der Beitragszahlungen in der DDR ab 1. Juli 1990 der Höhe nach der in Westdeutschland entsprach und die Sozialversicherungsbeiträge drastisch stiegen. Mit dem auf den Einigungsvertrag zurückgehenden Rentenüberleitungsgesetz, das am 1. Januar 1992 in Kraft trat, wurde anderthalb Jahre später ein gemeinsames Rentenrecht für Ost und West geschaffen. Die Altersbezüge werden seitdem im Grundsatz nach der gleichen Methode berechnet . Dazu gehört auch die regelmäßige Rentenanpassung, die es so in der DDR nicht gegeben hatte. Den Renten in Ostdeutschland sind allerdings wegen der geringeren Löhne und Gehälter bis heute niedrigere Berechnungswerte als in Westdeutschland zugrunde zu legen. Die Angleichung der Renten in Ost und West ist nach dem Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz vom 17. Juli 2017 bis zum Jahr 2020 vorgesehen. Eine Beteiligung an der Finanzierung ostdeutscher Renten durch die westdeutschen gesetzlichen Rentenversicherungen hat es also zum Zeitpunkt der Rentenüberleitung nicht gegeben. In den Folgejahren hat sich wegen der wirtschaftlichen Entwicklung mit deutlich höherer Arbeitslosigkeit und damit ausbleibenden Einnahmen der Rentenversicherung in Ostdeutschland ein West- Ost-Transfer von den westdeutschen Beitragszahlern zu den ostdeutschen Rentnern ergeben. Zudem sank die zum Ausgleich von Einnahme- und Ausgabeschwankungen gehaltene Reserve der gesetzlichen Rentenversicherung von 2,6 Monatsausgaben im Jahr 1992 auf 0,6 Monatsausgaben im Jahr 1996. Die Bundesmittel an die gesetzliche Rentenversicherung - unter anderem die Erstattung für die Aufwendungen durch die Überführung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR - stiegen indes von 1992 bis 1996 um rund 35 Prozent.2 Ohne Abbau der damaligen Schwankungsreserve und der höheren Beteiligung des Bundes wäre es wohl zu deutlichen Beitragserhöhungen gekommen. *** 2 Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Rentenversicherung in Zeitreihen, Oktober 2016, S. 247, 253.