© 2016 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 047/16 Einzelfragen zum niederländischen Gesetz über die Flexibilität am Arbeitsplatz Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 047/16 Seite 2 Einzelfragen zum niederländischen Gesetz über die Flexibilität am Arbeitsplatz Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 047/16 Abschluss der Arbeit: 24. Mai 2016 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 047/16 Seite 3 Am 1. Januar 2016 trat in den Niederlanden das Gesetz über Flexibilität am Arbeitsplatz1 in Kraft. Es enthält wesentliche Änderungen des Gesetzes über die Anpassung der Arbeitszeit2, die die Förderung der Flexibilität im Arbeitsleben zum Ziel haben. Der Termin für das Inkrafttreten der Änderungen, der ursprünglich für den 1. Juli 2015 vorgesehen war, wurde auf Antrag des Ministers für Arbeit und Soziales zurückverlegt, um den Arbeitgebern Zeit zu geben, sich auf die Rechtsänderungen vorzubereiten.3 Das Gesetzesvorhaben rief von Anfang an auch in Deutschland ein erhebliches Medienecho hervor , weil es unter anderem einen Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Telearbeit (im sogenannten „Home-Office“) enthalten sollte.4 Auch die Abgeordnete Kerstin Andreae (SPD) berief sich in einer Frage für die Fragestunde der 157. Sitzung des Deutschen Bundestages am Mittwoch, dem 24. Februar 20165 auf einen entsprechenden Bericht auf „Spiegel online“ und fragte nach diesbezüglichen Planungen der Bundesregierung, die in ihrer Antwort auf die niederländische Gesetzgebung aber nicht einging. Neu gefasst wurde vor allem Art. 2 des Gesetzes über die Anpassung der Arbeitszeit. Danach können unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitnehmer bei ihrem Arbeitgeber Änderungen der Arbeitszeit , der Lage der Arbeitszeit sowie des Arbeitsplatzes (z.B. Telearbeitsplatz) verlangen. Entsprechende Anträge sind schriftlich zu stellen. Einem Verlangen auf Veränderung der Arbeitszeit sowie der Lage der Arbeitszeit muss der Arbeitgeber nach Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes zustimmen, wenn dem nicht schwerwiegende betriebliche oder dienstliche Belange entgegenstehen: „De werkgever willigt het verzoek van de werknemer om aanpassing van de arbeidsduur of de werktijd in, voor zover het betreft tijdstip van ingang en de omvang van de aanpassing, tenzij zwaarwegende bedrijfs- of dienstbelangen zich daartegen verzetten.“ 1 Wet flexibel werken vom 9. Juni 2015, Statsblad Nr. 245/2015 vom 25. Juni 2015, S. 1, abrufbar im Internet unter : https://zoek.officielebekendmakingen.nl/dossier/32855/stb-2015-245?resultIndex=0&sorttype=1&sortorder =4 (letzter Abruf: 24. Mai 2016). 2 Wet aanpassing arbeidsduur vom 19. Februar 2000, vgl. die aktuelle Fassung unter: http://wetten.overheid .nl/BWBR0011173/2016-01-01 (letzter Abruf. 24. Mai 2016). 3 Vgl. Brief des Ministers für Arbeit und Soziales (Minister van sociale zaken en werkgelegenheit) an den Vorsitzenden der Zweiten Kammer vom 15. Juni 2015, Kamerstuk 32 889 vom 15. Juni 2015. 4 Vgl. z.B. Spiegel online vom 14. April 2015: http://www.spiegel.de/karriere/ausland/home-office-niederlandegarantieren -heimarbeit-per-gesetz-a-1028521.html, Wirtschaftswoche vom 15. April 2015: http://www.wiwo.de/erfolg/beruf/homeoffice-niederlaender-haben-ein-recht-auf-heimarbeit/11638898.html, Zeit online vom 28. April 2016: http://www.zeit.de/karriere/2015-04/homeoffice-arbeit-arbeitsrecht, Süddeutsche Zeitung vom 1. Juli 2015: http://www.sueddeutsche.de/karriere/homeoffice-na-faulenzen-sie-auch-zuhause -1.2540515, Deutschlandfunk vom 1. Juli 2016: http://www.deutschlandfunk.de/niederlande-recht-auf-heimarbeit -eingefuehrt.795.de.html?dram:article_id=324177 (letzter Abruf jeweils: 24. Mai 2016). 5 Bundestagsdrucksache 18/7603 vom 19. Februar 2016, S. 15: http://dip21.bundestag .de/dip21/btd/18/076/1807603.pdf (letzter Abruf: 24. Mai 2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 047/16 Seite 4 Art. 2 Abs. 9 bis 11 enthalten Regelbeispiele für schwerwiegende betriebliche oder dienstliche Belange im Zusammenhang mit der Verringerung (Art. 2 Abs. 9 lit. a bis c) oder Erhöhung der Arbeitszeit (Art. 2 Abs. 10 lit. a bis c) sowie einer Änderung der Verteilung der Arbeitszeit (Art. 2 Abs. 11 lit. a bis c). Ausdrückliche Beweislastregelungen trifft das Gesetz - soweit ersichtlich - nicht. Anträge auf Änderung des Arbeitsplatzes (z.B. Home-Office) kann der Arbeitgeber nach Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes dagegen abweisen, ohne schwerwiegende betriebliche oder dienstliche Belange dafür geltend machen zu müssen. Er ist aber verpflichtet, das Verlangen ernsthaft zu prüfen und mit dem Arbeitnehmer zu beraten: „De werkgever overweegt het verzoek van de werknemer om aanpassing van de arbeidsplaats en pleegt overleg met de werknemer indien hij het verzoek afwijst.“ Weitere Informationen dazu bietet in englischer Sprache ein Beitrag von Franssen, Edith (2015): New Dutch flexible work legislation, abrufbar bei Lexology, einem privaten britischen Informationsportal zu Rechtsfragen http://www.lexology .com/library/detail.aspx?g=59e9aaf0-5542-42d5-a2ed-15dd287a8cbd (letzter Abruf : 24. Mai 2016). Anlage Entgegen der in den Medien immer wieder in den Mittelpunkt gestellten Behauptung, die auch Eingang in Beiträge in Fachzeitschriften fand,6 enthält das niederländische Gesetz über Flexibilität am Arbeitsplatz zwar einen Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Zustimmung zu Änderungen der Arbeitszeit und ihrer Verteilung, jedoch keinen Anspruch auf Telearbeit. Insoweit ist der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber nach Erkenntnis dieses Fachbereichs auf die ernsthafte Prüfung seines Verlangens und Berücksichtigung seiner Interessen beschränkt. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, einem solchen Verlangen stattzugeben, enthält das Gesetz nicht. Ende der Bearbeitung 6 Vgl. Schwiering, Sebastian / Zurel, Burak: Das Homeoffice in der Arbeitswelt 2.0. Rechtliche Rahmenbedingungen für Telearbeit, in: ZD 1/2016, S. 17-21 (18); Oberthür, Nathalie: Telearbeit im Homeoffice, in: MDR 22/2015, S. 1269-1272 (1269).