© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 041/19 Einzelfragen zu Beschäftigung und Mitbestimmung in öffentlichen Betrieben Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Bedienstete der öffentlichen Verwaltung In der öffentlichen Verwaltung sind zwei Gruppen von Mitarbeitern zu unterschieden: Die Dienstverhältnisse der Beamten werden von den Beamtengesetzen des Bundes und der Länder unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes geregelt. Beamte unterliegen in den meisten Bereichen (z.B. Arbeitszeit - und Urlaubsrecht sowie Mutterschutz und Elternzeit) eigenen Regelwerken; zum Teil wird aber auch die analoge Anwendung allgemeiner arbeitsrechtlicher Bestimmungen angeordnet (vgl. z.B. § 79 BBG). Bei den sogenannten Tarifangestellten im öffentlichen Dienst handelt es sich demgegenüber um Arbeitnehmer, auf deren Dienstverhältnisse ausnahmslos das allgemeine Arbeitsrecht Anwendung findet. Ergänzt wird dies flächendeckend durch die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (TVöD) des Bundes und der Kommunen sowie der Länder. 1.2. Arbeitnehmer in öffentlichen Betrieben In privatrechtlich geführten Betrieben der öffentlichen Hand oder Betrieben mit staatlicher oder kommunaler Beteiligung1 sind in aller Regel keine Beamten tätig.2 Die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer sind auch nicht vom TVöD erfasst. Auf die Beschäftigungsverhältnisse sind uneingeschränkt alle arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen anwendbar. Viele öffentliche Betriebe haben aber Tarifverträge mit den zuständigen Gewerkschaften abgeschlossen , die vielfach günstigere als die gesetzlich bestimmten Arbeitsbedingungen festlegen. Die Tarifbindung ist jedenfalls in Betrieben mit mehrheitlicher Beteiligung der öffentlichen Hand höher als im Durchschnitt. Während 2017 insgesamt lediglich 23 Prozent der Betriebe - bei großen Unterschieden nach Branche und Betriebsgröße - tarifgebunden waren,3 lag der Anteil bei Betrieben in mehrheitlich öffentlichem Eigentum nach Auskunft des Instituts für Arbeitsmarkt- und 1 Vgl. z. B. für die Beteiligung des Bundes an privatrechtlichen Unternehmen den regelmäßig zu erstellenden Beteiligungsbericht des Bundesministeriums der Finanzen (BMF). Der aktuelle Beteiligungsbericht 2017 vom 20. Februar 2018 ist abrufbar im Internetauftritt des BMF: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content /DE/Standardartikel/Themen/Bundesvermoegen/Privatisierungs_und_Beteiligungspolitik/Beteiligungspolitik /Beteiligungsberichte/beteiligungsbericht-des-bundes-2017.pdf?__blob=publicationFile&v=7 (letzter Abruf: 27. März 2019); ähnliche Berichte werden auch von den Regierungen der Bundesländer veröffentlicht. 2 Vgl. zu Ausnahmen § 29 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG); Beamte unterliegen in diesen Fällen stets weiterhin allein den beamtenrechtlichen Vorschriften. 3 Kohaut, Tarifbindung - der Abwärtstrend hält an, in: IAB Forum, Mai 2018, abrufbar im Internetauftritt des IAB: https://www.iab-forum.de/tarifbindung-der-abwaertstrend-haelt-an/?pdf=7879 (zuletzt abgerufen am 27. März 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 041/19 Seite 5 Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)4 bei 61 Prozent. Tarifverträge erfassten danach in diesen Betrieben 80 Prozent der Arbeitnehmer gegenüber lediglich 55 Prozent im allgemeinen Durchschnitt. Betriebe mit einer Minderheitsbeteiligung der öffentlichen Hand unterscheiden sich dagegen nach den Feststellungen des IAB kaum von reinen Privatunternehmen. 2. Betriebliche Mitbestimmung 2.1. Öffentliche Verwaltung Grundlage der Mitbestimmung in Dienststellen der öffentlichen Verwaltung sind die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder, wonach als Vertretungen der Bediensteten gegenüber dem jeweiligen Dienstherrn in den Dienststellen Personalräte gebildet werden. 2.2. Öffentliche Betriebe Privatrechtlich geführte öffentliche Betriebe oder Betriebe mit staatlicher Beteiligung werden im Hinblick auf die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer rechtlich ebenso behandelt wie andere privatwirtschaftliche Betriebe.5 Es findet also das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Anwendung , das bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen in Betrieben mit mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern die Bildung von Betriebsräten als Vertretung der Arbeitnehmer vorsieht und die grundlegenden Bestimmungen für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber enthält. Die Zahl der Betriebsratsmitglieder bestimmt sich nach der Arbeitnehmerzahl im Betrieb. Dem Betriebsrat kommen gegenüber dem Arbeitgeber zahlreiche Rechte auf Information, Anhörung oder Beratung (Mitwirkungsrechte) sowie eine Reihe von Mitbestimmungsrechten bei der Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung, in sozialen Angelegenheiten sowie bei personellen Einzelmaßnahmen zu. Besondere Vorschriften für öffentliche Betriebe gibt es insoweit nicht. Es finden bei Vorliegen der Voraussetzungen auch die im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Einschränkungen, etwa für sogenannte Tendenzbetriebe (§ 118 BetrVG), Anwendung. 4 Angefragte Information des IAB vom 27. März 2019. 5 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) (Hrsg.): Mitbestimmung - eine gute Sache, Alles über Mitbestimmung und ihre rechtlichen Grundlagen, Bonn: 2018, Stand: Januar 2018, S. 40, abrufbar im Internetauftritt des BMAS: https://www.bmas.de/DE/Service/Medien/Publikationen/a741-mitbestimmung-ein-gutes-unternehmen .html (letzter Abruf: 27. März 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 041/19 Seite 6 3. Unternehmerische Mitbestimmung Auch hinsichtlich der unternehmerischen Mitbestimmung gibt es für privatrechtlich organisierte öffentliche Unternehmen oder Unternehmen mit Beteiligung der öffentlichen Hand keine besonderen Regelungen. Vielmehr gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Unternehmensmitbestimmung , die je nach Branche, Rechtsform bzw. Unternehmensgröße im Montan-Mitbestimmungsgesetz , im Drittelbeteiligungsgesetz oder im Mitbestimmungsgesetz geregelt ist,6 deren rechtlicher Rahmen im Folgenden kurz vorgestellt wird. Nach allen Gesetzen haben die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten dieselben Rechte wie die Vertreter der Anteilseigner. 3.1. Montan-Mitbestimmungsgesetz Das Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951 (Montan-MitbestG) ermöglicht die paritätische Mitbestimmung in den Aufsichtsräten von Unternehmen des Bergbaus und der Eisen- und Stahl erzeugenden Industrie, wenn sie als Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung geführt werden und in der Regel mehr als 1000 Beschäftigte haben. Es findet derzeit nur noch auf 18 Unternehmen Anwendung.7 Das einzige Bergbauunternehmen unter Bundesbeteiligung (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH) erreicht nicht die erforderliche Beschäftigtenzahl.8 „Das Montan-MitbestG sieht eine paritätische Besetzung des Aufsichtsrats mit Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern und eine neutrale Person im Aufsichtsrat vor. Der Aufsichtsrat besteht aus elf Mitgliedern, bei größeren Unternehmen kann diese Zahl auf 15 oder 21 erhöht werden […]. Einem aus elf Mitgliedern bestehenden Aufsichtsrat gehören je fünf Mitglieder der Anteilseignerseite und der Arbeitnehmerseite an. Unter den fünf Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmerseite müssen zwei Arbeitnehmer des Unternehmens sein, drei unternehmensexterne Vertreter werden dem Betriebsrat von den Spitzenorganisationen der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften vorgeschlagen. Sämtliche Arbeitnehmervertreter werden vom Betriebsrat in geheimer Wahl gewählt und der Anteilseignerversammlung zur Wahl in den Aufsichtsrat vorgeschlagen (§§ 6, 4 Montan-MitbestG). Die Anteilseignerversammlung ist an diese Wahlvorschläge gebunden.“9 Dem Geschäftsführungsorgan muss ein Arbeitsdirektor als Ressortchef des Personal- und Sozialwesens angehören, der nicht gegen die Stimmenmehrheit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat berufen oder abberufen werden kann (§ 13 Montan-MitbestG). 6 Die Frage, wie viele Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung den einzelnen Mitbestimmungsgesetzen unterfallen , wurde nicht untersucht. 7 Vgl. Kleinsorge, Georg, in: BMAS (Hrsg.): Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht, 12. Aufl. 2018, Rechtsstand: Januar 2018, Kap. 5, Rn. 34. 8 Vgl. BMF: Beteiligungsbericht 2017 (Fn. 1), S. 62. 9 Kleinsorge, Georg (Fn. 7), Kap. 5, Rn. 35. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 041/19 Seite 7 3.2. Drittelbeteiligungsgesetz10 Das Drittelbeteiligungsgesetz vom 18. Mai 2004 regelt die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit sowie Genossenschaften , sofern diese Gesellschaften in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit weniger als 500 Arbeitnehmern, die vor dem 10. August 1994 eingetragen wurden und keine Familiengesellschaften sind, werden ebenfalls erfasst. Mit Ausnahme des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit fallen alle diese Unternehmen unter das Mitbestimmungsgesetz, wenn sie regelmäßig mehr als 2000 Beschäftigte haben. Die Aufsichtsräte sind mit Vertretern der Arbeitnehmer und der Anteilseigner im Verhältnis 1:2 zu besetzen. Die Größe des Aufsichtsrats hängt von der Satzung ab, deren Gestaltungsspielraum sich nach den zugrunde liegenden gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen richtet. Mindestens zwei der Arbeitnehmervertreter müssen dem Unternehmen angehören. Die Bestellung eines Arbeitsdirektors in den Vorstand ist im Drittelbeteiligungsgesetz nicht vorgesehen . 3.3. Mitbestimmungsgesetz11 Auf Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften, die - allein oder zusammen mit ihren Konzerntöchtern - mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigen, findet das Mitbestimmungsgesetz von 1976 Anwendung, das wie bei der Montan-Mitbestimmung eine paritätische Besetzung des Aufsichtsrats durch Vertreter der Arbeitnehmer und der Anteilseigner vorsieht. Die Größe des Aufsichtsrats richtet sich nach der Zahl der Beschäftigten im Unternehmen. In größeren Aufsichtsräten ist einer Vertretung der Gewerkschaften vorgesehen; sie erhalten in einem zwölf- oder 16-köpfigen Aufsichtsrat zwei, in einem 20-köpfigen drei Sitze. Die übrigen Sitze der Arbeitnehmer sind Beschäftigten des Unternehmens vorbehalten. Dabei ist auch den leitenden Angestellten ein Sitz garantiert. Für die Wahl der Vorstandsmitglieder - einschließlich des Arbeitsdirektors - ist eine Zweidrittelmehrheit des Aufsichtsrats erforderlich. *** 10 Die Ausführungen hierzu folgen im Wesentlichen der Darstellung bei BMAS (Fn. 5), S. 69 ff. 11 Die Ausführungen hierzu folgen im Wesentlichen der Darstellung bei BMAS (Fn. 5), S. 71 ff.