© 2020 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 038/20 Regelungen für Saisonarbeitnehmer und nationale Maßnahmen im Bereich landwirtschaftlicher Rohstoffe und Lebensmittel aufgrund der COVID-19-Pandemie Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/20 Seite 2 Regelungen für Saisonarbeitnehmer und nationale Maßnahmen im Bereich landwirtschaftlicher Rohstoffe und Lebensmittel aufgrund der COVID-19-Pandemie Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 038/20 Abschluss der Arbeit: 6. Mai 2020 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Abschnitt 2 wurde vom Fachbereich WD 5 (Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bearbeitet. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Regelungen für Saisonarbeitnehmer 4 1.1. Arbeitsrechtliche Regelungen 4 1.2. Beschäftigung ausländischer Saisonarbeitnehmer 4 1.2.1. Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten 4 1.2.2. Drittstaatsangehörige 4 1.2.3. Sonderregelung aufgrund der COVID-19-Pandemie 5 1.3. Sozialversicherungspflicht 6 1.4. Besteuerung 6 2. Nationale Maßnahmen im Bereich landwirtschaftlicher Rohstoffe und Lebensmittel aufgrund der COVID-19- Pandemie 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/20 Seite 4 1. Regelungen für Saisonarbeitnehmer 1.1. Arbeitsrechtliche Regelungen Saisonarbeitsverhältnisse fallen als befristete Arbeitsverhältnisse unter den Anwendungsbereich des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG), das die befristete Beschäftigung als Ausnahme von der unbefristeten Beschäftigung regelt. Die saisonale Beschäftigung von Arbeitnehmern gilt als typischer Fall einer Befristung wegen eines nur vorübergehend bestehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG. Arbeitsrechtliche Sonderregelungen für die Beschäftigung von Saisonarbeitnehmern gibt es nicht. Neben dem Teilzeit- und Befristungsgesetz finden auf befristete Arbeitsverhältnisse alle allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen Anwendung. Inländische wie ausländische Saisonarbeitnehmer unterliegen denselben Arbeitsbedingungen wie sonstige Arbeitnehmer, insbesondere haben sie nach § 1 Abs. 1 des Mindestlohngesetzes (MiLoG) Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von derzeit 9,35 EUR brutto je Arbeitsstunde. 1.2. Beschäftigung ausländischer Saisonarbeitnehmer 1.2.1. Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten Für Saisonarbeitskräfte aus den EU-Mitgliedstaaten gibt es keine Zulassungsbeschränkungen mehr. Sie genießen grundsätzlich Arbeitnehmerfreizügigkeit; auch bei der saisonalen Beschäftigung sind gegenüber inländischen Arbeitnehmern keine Besonderheiten zu beachten. 1.2.2. Drittstaatsangehörige Saisonarbeitskräften aus Drittstaaten, die auf Grund einer Absprache der Bundesagentur für Arbeit mit der Arbeitsverwaltung des Herkunftslandes über das Verfahren und die Auswahl zum Zweck der Saisonbeschäftigung nach der Richtlinie 2014/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer (ABl. L 94 vom 28. März2014, S. 375) vermittelt worden sind, kann die Bundesagentur für Arbeit eine Genehmigung zur Ausübung einer saisonabhängigen Beschäftigung erteilen. Näheres regelt § 15a der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (Beschäftigungsverordnung). Nach Informationen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bestehen derzeit keine Vermittlungsabsprachen mit ausländischen Arbeitsverwaltungen zur Saisonbeschäftigung in der Landwirtschaft.1 1 BMEL, Beschäftigung und Mindestlohn, https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Foerderung-Agrarsozialpolitik /Agrarsozialpolitik/Saisonarbeitskraefte/saisonarbeitskraefte_node.html (letzter Abruf: 5. Mai 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/20 Seite 5 1.2.3. Sonderregelung aufgrund der COVID-19-Pandemie Am 25. März 2020 hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) angeordnet, dass Saisonarbeitskräften und Erntehelfern die Einreise nach Deutschland im Rahmen der bestehenden Grenzkontrollen bis auf weiteres nicht mehr gestattet wird. Die Anordnung gelte für Einreisen aus Drittstaaten, Großbritannien sowie EU-Staaten, die den Schengen-Besitzstand nicht voll anwenden (unter anderem Bulgarien und Rumänien) und für Staaten, zu denen Binnengrenzkontrollen vorübergehend wieder eingeführt wurden.2 Vorübergehende Binnengrenzkontrollen werden derzeit bezüglich des Land-, Luft- und Seeverkehrs aus Italien, Spanien, Österreich, Frankreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz durchgeführt. Da in der Landwirtschaft jedoch trotz Nutzung inländischer Ressourcen Saisonarbeitskräfte benötigt werden, haben sich am 2. April 2020 das BMI und das BMEL auf ein gemeinsames Konzept mit Ausnahmen von den geltenden Einreisebeschränkungen für Saisonarbeitskräfte verständigt.3 Ziel ist es, die derzeit notwendigen strengen Vorgaben des Infektionsschutzes mit den Bedarfen in der Landwirtschaft in Einklang zu bringen. Danach wird im April und im Mai 2020 jeweils bis zu 40.000 Saisonarbeitern die Einreise ermöglicht. Die ausländischen Saisonarbeiter sollen aus Infektionsschutzgründen ausschließlich auf dem Luftweg über festgelegte Flughäfen einreisen, um lange Busreisen durch Europa zu vermeiden. Die Arbeitnehmer werden am Flughafen durch den Betrieb abgeholt (keine Einzelanreise). Der Deutsche Bauernverband hat die Webseite https://saisonarbeit2020.bauernverband.de freigeschaltet . Auf dieser Seite müssen die Betriebe die konkreten Einreisedaten ihrer Saisonarbeiter anmelden, die mit dem Flugzeug nach Deutschland kommen. Diese Daten werden an die Bundespolizei weitergeleitet. Bei der Einreise wird ein von den Arbeitergebern veranlasster Gesundheitscheck durch medizinisches Personal nach standardisiertem Verfahren durchgeführt. Die Ergebnisse sind dem örtlichen Gesundheitsamt zuzuleiten. Neueinreisende müssen in den ersten 14 Tagen strikt getrennt von den sonstigen Beschäftigten leben und arbeiten. Auch dürfen sie in dieser Zeit das Betriebsgelände nicht verlassen (faktische Quarantäne bei gleichzeitiger Arbeitsmöglichkeit). Es gilt eine zwingende Unterkunfts- und Arbeitsteam-Einteilung in gleichbleibende Gruppen. Bei den Arbeiten sind Mindestabstände einzuhalten beziehungsweise (sofern nicht möglich) Mundschutz, Handschuhe oder Schutzscheiben/-folien zu tragen bzw. zu verwenden. Auch in den Unterkünften gelten strenge Hygienevorschriften. Bei begründetem Verdacht auf Infektion eines Arbeitnehmers mit dem Coronavirus ist dieser umgehend zu isolieren und ein Arzt zu kontaktieren, damit ein Virustest durchgeführt werden kann. Zusätzlich soll das gesamte Team isoliert und ebenfalls auf das Virus getestet werden. 2 BMI, Pressemitteilung vom 25. März 2020, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen /DE/2020/03/pm-saisonarbeiter.html (letzter Abruf: 5. Mai 2020). 3 BMI, Informationen zu Reisebeschränkungen und Grenzkontrollen, https://www.bmi.bund.de/Shared- Docs/faqs/DE/themen/bevoelkerungsschutz/coronavirus/reisebeschraenkungen-grenzkontrollen/reisebeschraenkungen -grenzkontrollen-liste.html (letzter Abruf: 6. Mai 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/20 Seite 6 1.3. Sozialversicherungspflicht Nach dem in § 3 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) geregelten Territorialitätsprinzip gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, grundsätzlich für alle Personen, die in Deutschland beschäftigt oder selbständig tätig sind. Ausländische Saisonarbeitskräfte, die in Deutschland beschäftigt werden, unterliegen insoweit grundsätzlich dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Welchem Recht Saisonarbeitskräfte aus den EU-Mitgliedstaaten während ihrer vorübergehenden Tätigkeit in Deutschland unterliegen und wie die Sozialversicherungsbeiträge in die entsprechenden Mitgliedstaaten abgeführt werden, richtet sich nach den Vorschriften des Gemeinschaftsrechts . Dabei ist zu unterscheiden, ob die Saisonarbeitskräfte in ihrem Wohnstaat als Beschäftigte oder als Selbständige tätig sind. Sofern für Saisonarbeitskräfte das deutsche Sozialversicherungsrecht anwendbar ist, sind die Voraussetzungen für eine geringfügige kurzzeitige Beschäftigung zu prüfen. Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV liegt eine geringfügige kurzzeitige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr im Voraus begrenzt ist und nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Geringfügige Beschäftigungen sind in der Arbeitsförderung und der Sozialversicherung gemäß § 27 Abs. 2 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III), § 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und § 5 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) versicherungsfrei. 1.4. Besteuerung Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), die der Arbeitgeber für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten hat (§ 38 des Einkommensteuergesetzes - EStG). Die Höhe der Jahreslohnsteuer bemisst sich grundsätzlich entsprechend den progressiv ansteigenden Einkommensteuertarifstufen (§ 32a EStG) nach dem Arbeitslohn, den der Arbeitnehmer im Kalenderjahr bezieht (Jahresarbeitslohn) und der Lohnsteuerklasse, in die der Arbeitnehmer eingereiht ist (§§ 38a und 38b EStG). Vorzulegen ist in der Regel eine von der Wohnsitzgemeinde ausgestellte Lohnsteuerkarte (§ 39 EStG). Bei Aushilfskräften in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, die nicht länger als 180 Tage im Jahr beschäftigt werden, kann der Arbeitgeber nach § 40 Abs. 3 EStG die Lohnsteuer mit einem verminderten Pauschalsatz von fünf Prozent erheben. Die Vorlage einer Lohnsteuerkarte ist nicht erforderlich. Schuldner dieser pauschalierten Lohnsteuer ist nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/20 Seite 7 2. Nationale Maßnahmen im Bereich landwirtschaftlicher Rohstoffe und Lebensmittel aufgrund der COVID-19-Pandemie Gefragt wurde, ob es aufgrund der COVID-19-Pandemie nationale Regelungen, Maßnahmen und/oder spezifische rechtliche Regelungen zur Protektion des Inlandsmarktes im Bereich landwirtschaftlicher Rohstoffe und Lebensmittel gebe, einschließlich Beschränkungen für deren Einund Ausfuhr oder andere Maßnahmen, wie z.B. Preisregulierungen. Aktuell gibt es im Agrarsektor aufgrund der COVID-19-Pandemie keine spezifischen rechtlichen Regelungen zum Schutz des Inlandsmarktes im Bereich landwirtschaftlicher Rohstoffe und Lebensmittel . Insbesondere gibt es derzeit keine Beschränkungen für die Ein- und Ausfuhr landwirtschaftlicher Rohstoffe und Lebensmittel. Die antiprotektionistische Haltung der Bundeslandwirtschaftsministerin wird auch aus der im Anschluss an eine Videokonferenz der G20-Agrarminister veröffentlichten Pressemitteilung des BMEL vom 21. April 2020 deutlich in der es heißt: „Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, warnte davor, den globalen Handel mit Lebensmitteln zu beschränken: >Freier Handel bedeutet auch und gerade in Krisenzeiten Ernährungssicherung.< Deshalb habe sich Deutschland auch dafür eingesetzt , dass sich alle G20-Staaten dazu bekennen, Exportrestriktionen nur im Ausnahmefall vorzunehmen.“ (https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/069- g20.html). Dem veröffentlichten Kommuniqué nach bekennen sich die G20-Agrarminister zu einem freien Handel mit Agrarprodukten und sprechen sich im Grundsatz gegen Exportbeschränkungen aus (https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Presse/pm69-kommunique-g20.html). Mit Schreiben vom 8. April 2020 hat Agrarministerin Klöckner aufgrund der besonderen Situation an EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski geschrieben und um Sondermaßnahmen wie Beihilfen für die private Lagerhaltung von Magermilchpulver gebeten (https://www.topagrar.com/rind/news/sorge-im-milchmarkt-das-schrieb-kloeckner-an-den-agrarkommissar -12033191.html). Die EU-Kommission hat am 22. April 2020 entsprechende Maßnahmen angekündigt (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_722). Sie wurden am 4. Mai 2020 im Amtsblatt der EU veröffentlicht (https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/?uri=OJ:L:2020:140:TOC). ***