© 2017 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 038/17 Mindestlohn bei nach Monaten bemessenen Zeitlohnabreden Konsequenzen bei Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/17 Seite 2 Mindestlohn bei nach Monaten bemessenen Zeitlohnabreden Konsequenzen bei Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 038/17 Abschluss der Arbeit: 13. Juni 2017 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Berechnung 4 3. Rechtsfolgen der Unterschreitung des Mindestlohns 5 4. Anpassung des Arbeitsvertrages 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/17 Seite 4 1. Einleitung Durch das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz - MiLoG) wurde die Verpflichtung zur Zahlung eines Mindestlohnes in Höhe von 8,50 Euro brutto je Zeitstunde ab dem 1. Januar 2015 begründet (§ 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Diese Festlegung des Mindestlohnes wird durch das in § 4 Abs. 1 MiLoG vorgesehene Verfahren regelmäßig überprüft und angepasst. Zum 1. Januar 2017 ist der gesetzliche Mindestlohn durch die Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns erstmals von 8,50 Euro auf 8,84 Euro brutto je Zeitstunde angehoben worden.1 Gemäß § 20 MiLoG sind Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Abs. 2 MiLoG spätestens zu dem in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MiLoG genannten Zeitpunkt zu zahlen. Zu prüfen ist vorliegend, ob im Rahmen von Arbeitsverträgen mit nach Monaten bemessenen, den Mindestlohn unterschreitenden Zeitlohnabreden für den Arbeitgeber eine Verpflichtung zur Anpassung des Arbeitsvertrages besteht. 2. Berechnung § 1 Abs. 1 MiLoG regelt, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber hat. In § 1 Abs. 2 MiLoG ist die Bemessungsmethode geregelt, die grundsätzlich auf einen nach Stunden berechneten Zeitlohn abstellt. Die Vereinbarung anderer Vergütungsformen als die der Vergütung pro Stunde bleibt möglich, solange gewährleistet ist, dass der Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden erreicht wird.2 Wird ein Zeitlohn nach anderen Zeitabschnitten vereinbart, etwa eine Vergütung pro Monat, so muss der Lohn auf die Maßeinheit des jeweiligen gesetzlichen Mindestlohns pro Stunde Arbeitszeit umgerechnet werden.3 Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn die für den Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem gesetzlichen Mindestlohn ergibt.4 1 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 54, ausgegeben zu Bonn am 18. November 2016, S. 2530, abrufbar im Internet unter: http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Gesetze/milov-anpassung-2016-11- 15.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (letzter Abruf: 12. Juni 2017). 2 Bundestags-Drucksache 18/1558, S. 34. 3 Franzen in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 17. Auflage 2017, Rn. 5. 4 BAG, Urteil vom 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 –, BAGE 155, 202-214, juris-Rn. 26. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/17 Seite 5 3. Rechtsfolgen der Unterschreitung des Mindestlohns Erreicht die vereinbarte Vergütung nicht den gesetzlichen Mindestlohn, ist die Vergütungsvereinbarung nach § 3 Satz 1 MiLoG unwirksam. Die arbeitsvertraglichen Regelungen im Übrigen bleiben bestehen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 3 Satz 1 MiLoG, wonach Vereinbarungen lediglich insoweit unwirksam sind, als sie den Mindestlohn unterschreiten.5 4. Anpassung des Arbeitsvertrages Erweist sich eine arbeitsvertragliche Vergütungsabrede gemäß § 3 Satz 1 MiLoG als unwirksam, wird die hierdurch entstandene Lücke durch Gesetzesrecht ausgefüllt, bis die Arbeitsvertragsparteien im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit eine neue Vereinbarung treffen. Um die Einhaltung des Mindestlohns gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 MiLoG wieder sicherzustellen, können die Parteien entweder die vereinbarte Arbeitszeit vermindern oder aber bei gleich bleibender Arbeitszeit die vertragliche Vergütung anheben. Der Arbeitsvertrag und ihn abändernde Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich keiner Form. Arbeitsvertragliche Vereinbarungen müssen also insbesondere nicht schriftlich abgeschlossen werden. Ein mündliches oder konkludentes Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ist möglich.6 Lediglich in bestimmten Konstellationen ist nach dem Gesetz die Einhaltung einer bestimmten Form vorgesehen, so z.B. für die Befristungsabrede nach § 14 Abs. 4 TzBfG oder im Geltungsbereich eines Tarifvertrages, der die Schriftform ausdrücklich anordnet. Auch die Parteien selbst können ein Formerfordernis vereinbart haben.7 Soweit dem Arbeitnehmer kein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, der die wesentlichen Vertragsbedingungen regelt, gilt gemäß § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz (NachwG), dass der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen hat. Diese Nachweispflicht bezieht sich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Nr. 7 NachwG auch auf die Höhe des Arbeitsentgelts und die vereinbarte Arbeitszeit. Im Falle einer Änderung der Höhe des Arbeitsentgelts oder der vereinbarten Arbeitszeit infolge eines Unterschreitens des Mindestlohnes entsteht eine Nachweispflicht im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG.8 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer die Änderungen gemäß § 3 Satz 1 NachwG innerhalb eines Monats nach Änderung schriftlich mitzuteilen. Schließlich können die Parteien trotz Bestehens eines schriftlichen, aber den Mindestlohn unterschreitenden Arbeitsvertrages eine mündliche oder konkludente neue Vergütungsabrede treffen, 5 Trümner in: Düwell/Schubert, Mindestlohngesetz, 2. Auflage 2017, juris-Rn. 11. 6 Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Auflage 2017, § 611 Rn. 314. 7 Müller-Glöge in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 611 Rn. 641 f. 8 Schaub in: Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Auflage 2016, Rn. 9. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 038/17 Seite 6 die dem Mindestlohn entspricht. Auch in einem solchen Fall trifft den Arbeitgeber die Nachweispflicht gemäß §§ 3 Satz 1, 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG. ***