© 2021 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 036/21 Fragen zur Sozialversicherung der Seeleute Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 036/21 Seite 2 Fragen zur Sozialversicherung der Seeleute Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 036/21 Abschluss der Arbeit: 29. April 2021 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 036/21 Seite 3 1. Versicherungspflicht der Seeleute in der Sozialversicherung Die soziale Sicherung von Seeleuten erfolgt in Deutschland über das normale Sozialversicherungssystem . So unterliegen Besatzungsmitglieder auf Schiffen unter deutscher Flagge, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, wie andere Arbeitnehmer regelmäßig der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung und sind in die Arbeitslosen-, Kranken-, Renten-, Unfall und Pflegeversicherung einbezogen. Hinsichtlich der Beitragszahlung und Leistungsgewährung gibt es keine Unterschiede zwischen Seeleuten und Arbeitnehmern an Land. Die Beiträge werden in der Regel paritätisch von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen. In der Seeschifffahrt haften Arbeitgeber und Reeder gegenüber den Trägern der Sozialversicherung als Gesamtschuldner . Durch zusätzliche Beitragszahlung der Seeschifffahrtsunternehmen und der Seeleute zur Seemannskasse können Seeleute bereits vor Erreichen der in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Altersgrenzen aus der Seefahrt ausscheiden. Sie erhalten unter bestimmten Voraussetzungen ab Vollendung des 56. Lebensjahres auf Antrag als sogenannte Seemannsrente ein Überbrückungsgeld in Höhe der Regelaltersrente.1 Die Durchführung der Sozialversicherung für Seeleute inklusive der Seemannsrente obliegt der Seekasse bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. 2. Zuschüsse zur Senkung der Lohnnebenkosten an Seeschifffahrtsunternehmen Es gibt keine besonderen Regelungen zur Befreiung von der Beitragspflicht zur Sozialversicherung , wie beispielsweise in Frankreich. Allerdings werden im Rahmen der finanziellen Fördermaßnahmen des Bundes für die deutsche Seeschifffahrt seit Ende 2001 jährlich Zuschüsse zur Senkung der Lohnnebenkosten sowohl für deutsche und EU-Seeleute auf unter der Bundesflagge betriebenen und im internationalen Seeverkehr eingesetzten Schiffen gewährt. Die Zuschüsse werden den Seeschifffahrtsunternehmen auf Antrag vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie erstattet.2 Hierzu erfolgt jährlich eine entsprechende Richtlinie des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Für das Kalenderjahr 2021 sind die Zuschüsse in der Richtlinie zur Senkung der Lohnnebenkosten in der Seeschifffahrt vom 19. August 2020 geregelt.3 1 Vgl. Information der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zur Seemannskasse, abrufbar unter https://www.kbs.de/DE/Seemannskasse/seemannskasse_node.html?submit=Suchen&template QueryString=%C3%Bcberbr%C3%Bcckungsgeld+aus+der+seemannskasse, zuletzt abgerufen am 26. April 2021. 2 Vgl. Information des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur für unter deutscher Flagge fahrenden Handelsschiffen, abrufbar unter https://www.deutsche-flagge.de/de/finanzen/lohnnebenkosten, zuletzt abgerufen am 26. April 2021. 3 Richtlinie zur Senkung der Lohnnebenkosten in der Seeschifffahrt vom 19. August 2020, abrufbar im Internet unter https://www.bundesanzeiger.de/pub/de/amtliche-veroeffentlichung?3, zuletzt abgerufen am 26. April 2021. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 036/21 Seite 4 Schiffe im Sinne dieser Richtlinien sind Handelsschiffe, die zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern oder Personen im internationalen Seeverkehr eingesetzt oder zu diesem Zweck gewerbsmäßig vermietet werden, sowie Kabelleger-, Nassbagger- und Schleppschiffe, wenn diese im Bewilligungszeitraum mehr als 50 Prozent der tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten im internationalen Seeverkehr erbringen. Eine Förderung von Seetouristikschiffen, Angelkutter-Fahrgastschiffen und Seebestattungsschiffen kommt nicht in Betracht. Voraussetzung ist, dass das Schiff in einem deutschen Seeschiffsregister eingetragen ist und eine förderfähige Flagge führt. Förderfähig sind die Bundesflagge sowie die Flaggen der Mitgliedstaaten der EU, Islands, Liechtensteins , Norwegens oder der Schweiz. Die Förderung erfolgt individuell pro Schiff auf Grundlage der einzubeziehenden Seeleute. Seeleute im Sinne der Richtlinie sind Deutsche und Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU, aus Island, Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz. Die individuelle Fördersumme errechnet sich aus der Summe der Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung, zu deren Aufbringung das Seeschifffahrtsunternehmen verpflichtet ist. Seeschifffahrtsunternehmen können einen Zuschuss von 100 Prozent der Lohnnebenkosten der einzelnen Seeleute erhalten. Der Bund übernimmt bei entsprechender Antragsstellung insoweit die Arbeitgeberanteile an der Sozialversicherung. Im Jahr 2020 wurden nach Information des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie aufgrund der Richtlinie insgesamt rund 44,7 Millionen Euro erstattet. 3. Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge der Covid-19-Pandemie Aus der Covid-19-Pandemie können für Arbeitgeber wie Seeschifffahrtsunternehmen besondere Belastungen erwachsen. Korrespondierend zu den Maßnahmen der Bundesregierung haben die Träger der Sozialversicherung im März 2020 eine vereinfachte Stundung der Sozialversicherungsbeiträge vereinbart. Danach konnten unmittelbar und nicht unerheblich durch die Covid- 19-Pandemie betroffene Arbeitgeber als Beitragsschuldner einen vom üblichen Verfahren abweichenden Antrag auf Stundung der Sozialversicherungsbeiträge stellen. Dabei war eine glaubhafte Erklärung über den erheblichen finanziellen Schaden durch die Pandemie abzugeben und die sonstigen Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen vorrangig in Anspruch zu nehmen. Von der Erhebung von Zinsen, Säumnis- oder Mahngebühren sowie von Sicherheitsleistungen wurde abgesehen . Das vereinfachte Stundungsverfahren sollte nur Anwendung finden, wenn alle anderen Maßnahmen aus den verschiedenen Hilfspakten und Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung ausgeschöpft worden sind. Die Beschäftigten sollten so in den Betrieben gehalten und Firmen vor einer möglichen Insolvenz bewahrt werden.4 *** 4 (2021) Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste: Pandemiebedingte vereinfachte Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen . Abrufbar im Internet unter https://www.bundestag.de/resource /blob/833804/28726db7e8172ea6e9760b0d54df30e0/WD-6-018-21-pdf-data.pdf, zuletzt abgerufen am 26. April 2021.