© 2014 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000-032/14 Fachkräfteengpässe und Fachkräftemangel in Deutschland Analysen, Prognosen und Handlungsempfehlungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 2 Fachkräfteengpässe und Fachkräftemangel in Deutschland Analysen, Prognosen und Handlungsempfehlungen Aktenzeichen: WD 6 - 3000-032/14 Abschluss der Arbeit: 6. März 2014 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 6 2. Demografische Entwicklung bis 2060 6 3. Bisherige Initiativen zur Fachkräftesicherung 8 3.1. Sicherung der Fachkräftebasis 8 3.2. Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse 11 3.3. Die Blaue Karte EU 12 4. Analysen, Prognosen und Handlungsempfehlungen 15 4.1. IAB-Handbuch Arbeitsmarkt 2013 15 4.2. BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen 21 4.3. Engpassanalyse der BA 22 4.4. Engpass-Studie für das Bundeswirtschaftsministerium 23 4.5. Handlungsempfehlungen der BA 23 4.6. Expertise des Sachverständigenrates 26 4.7. Berufe im Demografischen Wandel 28 4.8. Prognos-Projektion „Arbeitslandschaft 2035“ 29 4.9. MINT-Herbstreport 2013 IW Köln 31 4.10. DIHK-Arbeitsmarktreport 32 4.11. Studie des DIW 33 5. Rechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitsmigration 34 5.1. Regelungen im Aufenthaltsgesetz zur Arbeitsmigration 35 5.2. Das Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz 36 5.3. Die Beschäftigungsverordnung 37 6. Effekte der Zuwanderung 38 6.1. Zwölf gute Gründe für Zuwanderung (IW Köln) 39 6.2. Auswirkungen auf Arbeitsmarkt und Sozialstaat (Bertelsmann) 40 6.3. Finanzierungsbeitrag von Migranten (IZA) 42 7. Fazit 44 8. Literaturliste 45 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 4 Zusammenfassung Die demografischen Entwicklung in Deutschland zeigt zwei Tendenzen: die Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung. Während 2008 ca. 82 Millionen Menschen in Deutschland lebten, werden es 2060 voraussichtlich nur noch zwischen 65 und 70 Millionen sein. Die Bevölkerungszahl geht zurück, weil die Zahl der Gestorbenen die Zahl der Geburten übersteigt. Das führt zu einer starken Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung. Diese Entwicklung hat besonders deutliche Konsequenzen für die Erwerbsbevölkerung im Alter von 20 bis 65 Jahren. Derzeit gehören noch 50 Millionen Menschen dieser Gruppe an, diese Zahl wird aber nach 2020 deutlich zurückgehen und 2030 voraussichtlich bei 42 bis 43 Millionen Menschen liegen, im Jahr 2060 sogar nur noch bei rund 36 Millionen. Vor dem Hintergrund dieser Prognosen hat sich in den vergangen Jahren eine breite wissenschaftliche und gesellschaftspolitische Diskussion darüber entwickelt, ob der Rückgang des so genannten Erwerbspersonenpotenzials (EPP) zwangsläufig zu einem Mangel an Arbeits- und insbesondere an Fachkräften führen wird. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt darf aber nicht nur vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung betrachtet werden, sondern es müssen auch strukturelle Faktoren wie der Wandel von der Industrie- zur Wissens- bzw. Dienstleistungsgesellschaft berücksichtigt werden. Viele Institute gehen daher davon aus, dass die Nachfrage in den Arbeitsmarktsegmenten mit anspruchsvollen Tätigkeiten weiter ansteigt. Die Nachfrage nach produktionsnahen Tätigkeiten jedoch aller Voraussicht nach sinkt. Bei einer Gegenüberstellung von Nachfrage und Angebot zeigen sich jedoch Ungleichgewichte am Arbeitsmarkt, das heißt es kann zu einem Angebotsüberschuss oder aber zu einer Angebotsknappheit bei bestimmten Qualifikationen und Berufen kommen. Dieses Phänomen wird als Mismatch1 bezeichnet. Aussagen über Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage in der Zukunft werden auf der Basis von Prognosen getroffen. Prognosen sind immer Wenn-Dann-Aussagen, die nur unter den getroffenen Annahmen eintreten werden. Eine detaillierte Voraussage möglicher Mangelsituationen differenziert nach Qualifikationen und Berufen sollte daher mit Vorsicht und eher als trendmäßige Betrachtung gewertet werden. Außerdem ist zumindest langfristig mit Anpassungsreaktionen auf den Arbeits-, Kapital- und Gütermärkten sowie bei den Produktionsprozessen im Hinblick auf ein sinkendes Arbeitsangebot zu rechnen. Beachtet werden muss angesichts der vielfältigen Projektionen und Prognosen, die die wissenschaftliche Debatte bereichern, dass die verschiedenen Forschungseinrichtungen in ihren Analysen unterschiedliche Datenerhebungen und Methoden zugrundelegen. Aktuell sind sich die Experten einig, dass kein flächendeckender Fachkräftemangel in Deutschland beobachtet werden kann. Es gibt jedoch Berufe mit einer hohen Vakanzzeit, was auf einen 1 Mismatch meint ein Ungleichgewicht zwischen Arbeitskräftenachfrage und Arbeitskräfteangebot, das unter schiedliche Ursachen haben kann. In der Regel wird Mismatch mit Hilfe der sogenannten Beveridge-Kurve dargestellt . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 5 Mangel hinweist. Insbesondere in Ingenieurberufen, im Bereich der Information, im Eisenbahnbetrieb , in der Gesundheits- und Krankenpflege, in der Humanmedizin und in der Altenpflege fällt die Personalrekrutierung schwer. Einig sind sich die Experten auch darin, dass die demografische Entwicklung mittel- bis langfristig Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben wird und daher schon heute ein gezieltes Gegensteuern notwendig ist. Dabei werden verschiedene Handlungspfade verfolgt: Empfohlen wird unter anderem die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und eine Ausweitung ihres Arbeitsvolumens. Viele Frauen in Deutschland sind teilzeitbeschäftigt und haben eine vergleichsweise geringe Wochenarbeitszeit. Mit familienfreundlichen Arbeitszeiten und vermehrten Betreuungs- und Pflegeangebote für Kinder und Familienangehörige könnte Frauen eine längere Arbeitszeit ermöglicht werden. Viele erwerbstätige Frauen und Mütter wünschen sich, ihre Arbeitszeit auszuweiten bzw. überhaupt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auch ältere Arbeitnehmer bieten ein großes Potenzial. Es wird allgemein empfohlen, sie länger als bisher im Erwerbsleben zu halten. Auch hier können flexible Arbeitszeitmodelle und insbesondere gesundheitserhaltende Maßnahmen von Bedeutung sein. Hinzu kommen Investitionen in die berufliche und schulische Bildung. Die Abbrecherquoten unter Schülern und Auszubildenden sollten deutlich reduziert werden, auch vor dem Hintergrund , dass die Nachfrage nach gering Qualifizierten voraussichtlich sinken wird. Der Rückgang des EPP kann aber insbesondere durch Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte abgemildert werden. Daher wird neben der Mobilsierung der so genannten inländischen Potenziale insbesondere eine gesteuerte Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte gefordert. Es wird vielfach darauf hingewiesen, dass sich die Qualifikation der neu Zugewanderten im Vergleich zu früheren Zuwanderergruppen verbessert hat. Der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter mit tertiären Bildungsabschlüssen ist von 23 auf 43 Prozent deutlich gestiegen und der Anteil ohne beruflichen Abschluss von 41 auf 25 Prozent deutlich gesunken (2000-2009). Eine qualifizierte Zuwanderung habe insofern positive Effekte für den Arbeitsmarkt und den Sozialstaat, als die Migranten einen Beitrag zur Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte leisten. Mit dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) und der Blauen Karte EU wurde die Anerkennung beruflicher Abschlüsse von Ausländern bzw. die Zuwanderung von Ausländern aus Drittstaaten, die eine akademische oder berufliche Qualifizierung vorweisen können, in den vergangenen beiden Jahren erleichtert. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 6 1. Einleitung Die von der Wissenschaft vielfach prognostizierten und in manchen Branchen, Berufen und Regionen zu beobachtenden Fachkräfteengpässe und der im Gesundheits- und Sozialwesen bereits festgestellte Fachkräftemangel beschäftigen die Akteure auf dem deutschen Arbeitsmarkt. In diesem Zusammenhang gibt es eine Reihe von Handlungsempfehlungen aus dem wissenschaftlichen Bereich an Politik und Wirtschaft. Diese beziehen sich im Wesentlichen auf die Fragen, in welchen Berufen und Qualifikationen ein Fachkräftemangel möglicherweise zu erwarten und mit welchen Maßnahmen er zu verhindern bzw. zu mildern ist. Die vorliegende Ausarbeitung basiert auf dem Infobrief „Fachkräftemangel in Deutschland. Statistiken , Studien und Strategien“ vom 26. März 2012 und stellt eine Aktualisierung desselben dar. Zur Beschreibung des Problems werden Statistiken, Analysen, Studien und Handlungsempfehlungen verschiedener Forschungseinrichtungen herangezogen. Der Fokus liegt auf Analysen und Untersuchungen, die in den Jahren 2012 und 2013 veröffentlicht wurden. Aufgrund der Fülle der Literatur werden ausgewählte Studien und Analysen der vergangenen zehn Jahre berücksichtigt, die ein möglichst breites Spektrum abbilden sollen. Die Methoden und Ergebnisse der verschiedenen Analysen sind nicht einheitlich, sondern müssen differenziert betrachtet werden. Sie unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich der verwendeten Datensätze und der vorgenommenen Annahmen zur wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Entwicklung in Deutschland.2 Da in der Diskussion um einen möglichen Fachkräftemangel in Deutschland ebenfalls die Arbeitsmigration und die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland im Fokus stehen , werden auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für Zuwanderung nach Deutschland dargestellt . 2. Demografische Entwicklung bis 2060 Die 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes3 aus dem Jahr 2009 zeigt die Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2060. Die Vorausberechnung beruht auf Annahmen zur Geburtenhäufigkeit, zur Lebenserwartung und zum Saldo der Zuzüge nach und der Fortzüge aus Deutschland (Wanderungssaldo). Eine solche Bevölkerungsvorausberechnung kann zeigen, wie sich die Bevölkerungszahl und –struktur unter den getroffenen Annahmen verändern würden. Die Annahmen zu den Komponenten Geburtenhäufigkeit, Sterblichkeit und Wanderungen beruhen auf Untersuchungen der Verläufe dieser Komponenten im Zeit- und Ländervergleich sowie auf Hypothesen über die aus heutiger Sicht erkennbaren Entwicklungstrends. Diese langfristigen Berechnungen haben aber immer nur Modellcharakter, da der Verlauf der maßgeblichen Einflussgrößen mit zunehmender Vorausberechnungsdauer immer schwerer vorhersehbar ist.4 Das Statistische Bundesamt hat zu den drei Komponenten der demografischen 2 Neubecker, Nina (2014), S. 1. 3 Die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung erfolgt mit den Daten des Zensus 2011. Ergebnisse hierzu liegen nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes voraussichtlich Ende 2014 vor. 4 Statistisches Bundesamt (2009). S. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 7 Entwicklung jeweils unterschiedliche Annahmen getroffen und insgesamt 12 Varianten und drei Modellrechnungen aufgezeigt.5 Gemäß den Schätzungen und Erhebungen des Statistischen Bundesamtes nimmt die Bevölkerung in Deutschland seit 2003 ab. Ende 2008 lebten ca. 82 Millionen Menschen in Deutschland. 2060 werden es, so die derzeitige Prognose, zwischen 65 und 70 Millionen Menschen sein, abhängig von der tatsächlichen jährlichen Zuwanderung. Auch bei steigender Geburtenhäufigkeit, einem hohen Anstieg der Lebenserwartung und einem jährlichen Wanderungssaldo von 200.000 Menschen würden 2060 maximal 77 Millionen Menschen in Deutschland leben und damit rund fünf Millionen weniger als noch 2008. Die Bevölkerungszahl geht zurück, weil die Zahl der Gestorbenen die Zahl der Geborenen immer mehr übersteigt. Die Nettozuwanderung – der Saldo der Zuzüge nach und der Fortzüge aus Deutschland – kann die Lücke nicht schließen. Die abnehmende Zahl der Geburten und das Altern der gegenwärtig stark besetzten mittleren Jahrgänge führt auch zu starken Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung. Die klassische Alterspyramide mit starken jungen Jahrgängen und kleiner werdenden älteren Jahrgängen gibt es schon seit den 50er Jahren nicht mehr, was auf die beiden Weltkriege und die Wirtschaftskrise Anfang der 30er Jahre zurückgeht. Bis 2060 werden die stark besetzten Jahrgänge weiter nach oben verschoben, dabei schließlich ausdünnen und von zahlenmäßig kleineren ersetzt . Damit gehen deutliche Verschiebungen in der Relation der einzelnen Altersgruppen einher. Heute besteht die Bevölkerung zu 19 Prozent aus Kindern und jungen Menschen unter 20 Jahren, zu 61 Prozent aus 20- bis unter 65-Jährigen und zu 20 Prozent aus 65-Jährigen und Älteren. Im Jahr 2060 wird bereits jeder Dritte (34 Prozent) mindestens 65 Jahre alt sein und es werden doppelt so viele 70-Jährige leben, wie Kinder geboren werden.6 Die Bevölkerung im Erwerbsalter von 20 bis 65 Jahren ist von der Schrumpfung und Alterung besonders stark betroffen. Heute gehören knapp 50 Millionen Menschen dieser Altersgruppe an. Die Zahl wird nach 2020 deutlich zurückgehen und im Jahr 2030 bei etwa 42 bis 43 Millionen Menschen liegen. 2060 werden rund 36 Millionen Menschen im Erwerbsalter sein – also 27 Prozent weniger als heute - wenn jährlich 200.000 Menschen zuwandern. Fällt die Zuwanderung nur halb so hoch aus, beträgt das Erwerbspersonenpotenzial (EPP)7 nur 33 Millionen Menschen – das sind 34 Prozent weniger als 2008. Die Höhe der Zuwanderung beeinflusst das Ausmaß der Schrumpfung der Bevölkerung im Erwerbsalter. Zurzeit gehören 20 Prozent der Menschen im erwerbsfähigen Alter zur jüngeren Gruppe der 20- bis unter 30-Jährigen (9,9 Millionen), 49 Prozent zur mittleren Altersgruppe von 30 bis unter 50 Jahren (24,3 Millionen) und 31 Prozent zur älteren von 50 bis 65 Jahren (15,5 Millionen). Während die junge Gruppe zahlenmäßig auf etwa 6 bis 7 Millionen schrumpfen wird, bleibt ihr An- 5 Statistisches Bundesamt (2009), S. 23-38. 6 Statistisches Bundesamt (2009), S. 12-14. 7 Das Erwerbspersonenpotenzial ist die Summe aus Erwerbstätigen, Erwerbslosen sowie der Stillen Reserve und bildet damit nahezu die Obergrenze des Angebots an Arbeitskräften. Dieses potenzielle Arbeitskräfteangebot bestimmt sich rechnerisch aus der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und deren Erwerbsbeteiligung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 8 teil an allen Personen im Erwerbsalter fast konstant. Eine besonders einschneidende Veränderung wird es in zehn Jahren geben, zwischen 2017 und 2024. Das EPP wird jeweils zu 40 Prozent aus den 30- bis unter 50-Jährigen und aus den 50- bis unter 65-Jährigen bestehen. „Um das Jahr 2035, wenn die stark besetzten 1960er Jahrgänge das Rentenalter erreichen, wird die Zahl der Personen im Erwerbsalter um 9 bis 10 Millionen geringer als heute sein“.8 Die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter wird weiter sinken und in jedem Fall wird das EPP der Zukunft zu einem erheblichen Teil aus Menschen bestehen, die älter als 50 Jahre sind.9 Zum zukünftigen Wanderungssaldo werden vom Statistischen Bundesamt zwei Annahmen getroffen . Mittel- bis langfristig geht es von einer allmählichen Erhöhung des Saldos der Zu- und Fortzüge aus. Nach der ersten Annahme steigt der jährliche Wanderungssaldo bis zum Jahr 2014 auf 100.000 Personen und verharrt dann auf diesem Niveau. Nach der zweiten Annahme wird ein Anstieg des jährlichen Saldos auf 200.000 Personen bis 2020 und anschließende Konstanz unterstellt. Daraus ergibt sich ein Korridor, in dem sich das Wanderungsgeschehen nach Einschätzung des Statistischen Bundesamtes abspielen dürfte.10 3. Bisherige Initiativen zur Fachkräftesicherung 3.1. Sicherung der Fachkräftebasis Im Rahmen des Fachkräftekonzeptes der Bundesregierung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) den Fortschrittsbericht 2012 veröffentlicht. In dem Bericht wird auf die Demografiestrategie hingewiesen, die die damalige Bundesregierung im April 2012 beschlossen und insbesondere die Fachkräftesicherung in Deutschland zum Thema hat.11 In diesem Zusammenhang wurde eine übergreifende Arbeitsgruppe zum Schwerpunkt „Mobilisierung aller Potenziale zur Sicherung der Fachkräftebasis“ unter Leitung des BMAS und Ko-Vorsitz der Bundesagentur für Arbeit (BA) gegründet. Der Fokus in dieser Arbeitsgruppe liegt auf der Qualifizierung junger Erwachsener ohne Berufsabschluss und der Aktivierung der Erwerbspotenziale von Frauen bzw. der Stillen Reserve.12 8 Egeler, Roderich (2009). Statement anlässlich der Pressekonferenz „Bevölkerungsentwicklung in Deutschland bis 2060“ am 18. November 2009 in Berlin, S. 12. 9 Statistisches Bundesamt (2009), S. 17-18. 10 Statistisches Bundesamt (2009), S. 7. 11 Vgl. zum Beispiel das Dokument „Jedes Alter zählt“ der Bundesregierung. http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Demografiestrategie/Artikel/Anlagen/demografiestrate gie-langfassung.pdf?__blob=publicationFile (letzter Abruf am 25. Februar 2014). Vgl. auch die Internetseite des Bundesministeriums des Innern (BMI) zur Demografiestrategie der Bundesregierung . http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Gesellschaft- Verfassung/Demografie/Demografiestrategie/demografiestrategie_node.html (letzter Abruf am 25. Februar 2014). Vgl. auch das Demografieportal des Bundes und der Länder. http://www.demografie-portal.de/DE/Home/home_node.html (letzter Abruf am 25. Februar 2014). 12 BMAS (2013), S. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 9 Auch das BMAS sieht in dem Fachkräftemangel angesichts des demografischen Wandels vor allem eine mittel- und langfristige Herausforderung. Doch gebe es bereits gegenwärtig, regional unterschiedliche Arbeitsmarktengpässe in einigen Berufen und Branchen, die Auswirkungen auf den Arbeitskräftebedarf und die Arbeitskräftenachfrage hätten. Aufgrund der positiven Arbeitsmarktentwicklung seit dem Jahr 2010, also nach dem starken konjunkturellen Einbruch im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009, seien Unternehmen in Deutschland wieder verstärkt auf der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften. Hier zeigten sich, so das BMAS, zunehmende Engpässe, denn die Stellenbesetzungen dauerten länger und die Suchprozesse verliefen schwieriger.13 Das BMAS hat zur Gewinnung von Fachkräften fünf sogenannte „Sicherungspfade“ identifiziert, mit denen das Potenzial an qualifizierten Arbeitskräften für den deutschen Arbeitsmarkt mobilisiert werden soll. Es handelt sich im Einzelnen um: – Aktivierung und Beschäftigungssicherung – Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf – Bildungschancen für alle von Anfang an – Qualifizierung: Aus- und Weiterbildung – Integration und qualifizierte Zuwanderung In diesen fünf Bereichen sieht das BMAS schwerpunktmäßig Handlungsbedarf, um beispielsweise die Erwerbsquoten und die Arbeitszeit von Frauen und Älteren, aber auch von Langzeitarbeitslosen zu erhöhen, Müttern die Rückkehr in den Beruf zu erleichtern, mehr junge Menschen mit einem Berufsabschluss zu qualifizieren sowie die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte zu erleichtern . Unter anderem sieht das BMAS große Potenziale in der Arbeitszeit der Frauen, da viele von ihnen lediglich in Teilzeit und nicht Vollzeit arbeiten. Zudem arbeiten teilzeitbeschäftigte Frauen im europäischen Vergleich mit einer sehr geringen Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 18,5 Stunden. Demzufolge liegen erwerbstätige Frauen in Deutschland mit 30,5 Stunden in der Woche unter dem europäischen Durchschnitt von 33,7 Wochenarbeitsstunden. Das BMAS sieht hier ehebliche Potenziale zur Fachkräftesicherung, wenn das Arbeitsvolumen der erwerbstätigen Frauen angehoben würde, zumal viele Frauen sich eine längere Arbeitszeit wünschten. 14 Das IAB kommt in einer Analyse zu dem Ergebnis, dass fast die Hälfte der regulär teilzeitbeschäftigten Frauen die vereinbarte Arbeitszeit gerne ausweiten würde. Hier bestehe ein beachtliches Arbeitspotenzial, das bei entsprechenden Rahmenbedingungen, insbesondere einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, erschlossen werden könne.15 13 BMAS (2013), S. 8. 14 BMAS (2013), S. 21. 15 Wanger, Susanne (2011). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 10 Das BMAS betont im Fortschrittsbericht 2012, dass insbesondere auch erwerbstätige Mütter gerne länger arbeiten und nichterwerbstätige Mütter gerne eine Erwerbstätigung aufnehmen würden. Auch hier kommt das BMAS zu dem Ergebnis, dass nicht realisierte Wünsche nach Ausweitung der Arbeitszeit bei beschäftigten Frauen ein beachtliches Erwerbspotenzial darstelle. Der Bericht verweist auf die bedeutende Rolle, die in diesem Zusammenhang der Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige und familienbewusste Arbeitszeiten spielen. Die Bundesregierung werde „Zeitpolitik für Familien“ zu einem Schwerpunkt ihres Handelns machen; diese sei Teil der Demografiestrategie der Bundesregierung.16 Das BMAS macht in dem Fortschrittsbericht darauf aufmerksam, dass bei Personen mit Migrationshintergrund noch Defizite hinsichtlich ihrer Integration in den Arbeitsmarkt bestehen. Die Arbeitslosenquote von Ausländerinnen und Ausländern sei im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung hoch und die Potenziale von Erwerbspersonen mit Migrationshintergrund würden folglich nur unzureichend ausgeschöpft. Allerdings sei die Erwerbstätigenquote von 2006 bis 2011 von Personen mit Migrationshintergrund angestiegen.17 Im Bericht heißt es zum Sicherungspfad Integration und qualifizierte Zuwanderung: „Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass die Arbeitsmarktintegration deutlich verbessert werden muss, auch um angesichts der demografischen Entwicklung die vorhandenen Erwerbspotenziale besser auszuschöpfen und Dequalifizierungstendenzen zu stoppen. Daher verfolgt die Bundesregierung das Ziel, mit dem am 1. April 2012 in Kraft getretenen Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen des Bundes die qualifikationsadäquate Integration von Personen mit ausländischen Berufsabschlüssen in das Erwerbsleben zu fördern.“18 Daneben habe aber auch die qualifizierte Zuwanderung eine hohe Bedeutung für die Fachkräftesicherung , so das BMAS in seinem Bericht. Für die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten beispielsweise wurde die Blaue Karte EU geschaffen, die Änderungen im Aufenthalts- und Ausländerbeschäftigungsrecht zur Folge hatte. Diese sollen insbesondere ausländischen Studierenden und Studienabsolventen deutscher Hochschulen; Ausländern, die in Deutschland eine qualifizierte Berufsausbildung absolviert haben, sowie Selbständigen und Unternehmensgründern zugutekommen.19 Im Rahmen der sogenannten Fachkräfte-Offensive der Bundesregierung wurde das mehrsprachige Willkommensportal für internationale Fachkräfte www.make-it-in-germany.com gestartet. 16 BMAS (2013), S. 26-34. 17 BMAS (2013), S. 47. 18 BMAS (2013), S. 48. 19 BMAS (2013), S. 52. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 11 3.2. Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse Als Artikel 1 des Anerkennungsgesetzes ist am 1. April 2012 das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) 20 in Kraft getreten, mit dem die Feststellung und die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen verbessert werden soll. Die Folgeartikel des Anerkennungsgesetzes behandeln Änderungen in den Berufsgesetzen und Verordnungen der reglementierten Berufe wie z.B. im Berufsbildungsgesetz, in der Handwerksordnung , im Bundesbeamtengesetz oder im Steuerberatungsgesetz. Das BQFG ist diesen Berufsgesetzen untergeordnet. In den Geltungsbereich des BQFGs fallen 350 Ausbildungsberufe des dualen Systems, rund 40 reglementierte Berufe auf Bundesebene und etwa 100 reglementierte Handwerks-Meisterberufe. Landesrechtlich geregelte Berufe, Hochschulabschlüsse im nicht reglementierten Bereich sowie der gesamte Bereich der schulischen und akademischen Anerkennung unterfallen hingegen nicht dem Geltungsbereich des BQFG.21 Ziel des Gesetzes ist es, die wirtschaftliche Einbindung von Fachkräften mit Auslandsqualifikationen zu verbessern. Dadurch soll zum einen die Integration in Deutschland lebender Migrantinnen und Migranten gefördert und zum anderen die Eingliederung von neu Zuwandernden in den deutschen Arbeitsmarkt erleichtert werden.22 Bis dahin war die Anerkennung von Abschlüssen, die in Drittstaaten erworben wurden, in bestimmten Berufen nicht möglich. Mit dem Anerkennungsgesetz wurde ein Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren für alle Zugewanderten unabhängig vom Herkunftsland und dem Aufenthaltsstatus eingeführt.23 Auf der Grundlage einer Online-Befragung durch das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen (IAQ) konnten nähere Informationen über den Personenkreis gewonnen werden, der im Zuge des Anerkennungsverfahrens eine Beratung in Anspruch genommen hat. Zudem haben die Experten die Geschäftsstatistik der ausgewählten Beratungsstelle ausgewertet und leitfadengestützte Interviews geführt.24 Es wurde deutlich, dass die Beratung überwiegend Frauen in Anspruch genommen haben. In der Mehrheit stammten die Ratsuchenden aus Russland bzw. den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, gefolgt von Personen aus den mittel- und osteuropäischen Staaten. Im Durchschnitt waren die Ratsuchenden rund acht Jahre in Deutschland, fast die Hälfte kam zwischen 2000 und 2009. Die Beratungsstelle besuchten also nicht nur neu Zugewanderten, sondern auch Menschen, die bereits mehrere Jahre in Deutschland lebten. Über zwei Drittel der Ratsuchenden waren akade- 20 Gesetz zur Verbesserung des Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen vom 6. Dezember 2011 ( BGBl. I S. 2515, 2011). Vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 17/6260 vom 22. Juni 2011. 21 Braun, Daria (2013), S. 5. 22 BT-Drs. 17/6260, S. 39. Vgl. auch Drs. 17/7218 vom 28. September 2011, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. 23 Brussig, Martin u.a. (2013), S. 3ff. 24 Vgl. zur Datengrundlage und Methode der Befragung Brussig, Martin u.a. (2013), S. 5-6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 12 misch qualifiziert mit einer breiten Streuung der Fachrichtungen. Darunter waren 13 Prozent Ingenieure, aus den Gesundheitsfachberufen stammten 10 Prozent.25 Von denen, die eine berufliche Anerkennung beantragten, erlangte über die Hälfte eine volle Anerkennung . Insgesamt erhielten drei Viertel aller Antragsteller eine teilweise oder eine volle Anerkennung . Jeder achte Antragsteller erhielt eine Ablehnung. Unterschiede zwischen Herkunftsländern oder Fachrichtungen sind, so die Autoren, seien nicht eindeutig erkennbar. Für polnische Antragsteller hätten sich günstige Anerkennungschancen gezeigt, wobei aber nicht klar sei, an welchen Faktoren dies gelegen habe. Zudem seien Ingenieure mit etwas besseren Chancen auf die Anerkennung ihres Berufsabschlusses aufgefallen.26 Laut einer Sonderauswertung des Mikrozensus 2008 für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) lebten damals in Deutschland 2,9 Millionen Personen mit Migrationshintergrund , die ihren höchsten beruflichen Abschluss im Ausland erworben haben. Rund 300.000 Personen aus dieser Gruppe könnten damaligen Schätzungen zufolge nach der gesetzlichen Neuregelung eine Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation anstreben.27 Das Statistische Bundesamt hat am 15. Oktober 2013 erste Zahlen zum BQFG mitgeteilt. Demnach wurden im Jahr 2012 insgesamt 7.458 im Ausland erworbene berufliche Abschlüsse als vollständig oder eingeschränkt gleichwertig zu einer in Deutschland erworbenen Qualifikation anerkannt. 522 Anträge wurden negativ beschieden und 3.009 Anträge waren Ende 2012 noch nicht entschieden worden. Insgesamt gingen bei den zuständigen Stellen 10.989 Anerkennungsanträge nach dem BQFG ein.28 3.3. Die Blaue Karte EU Die Richtlinie 2009/50/EG des Rates30 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung wurde von Deutschland im Jahr 2012 mit dem Gesetz zur Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie der Europäischen Union in nationales Recht umgesetzt. Starke Impulse für die Einführung einer 25 Brussig, Martin u.a. (2013), S. 7. Zur Datengrundlage und Methode siehe die Seiten 5-6. 26 Brussig, Martin u.a. (2013), S. 8. 27 http://www.bmbf.de/de/15644.php (letzter Abruf am 23. Januar 2012). 28 Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 15. Oktober 2013, Nr. 347/13. https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2013/10/PD13_347_212.html (letzter Abruf am 19. Februar 2014). 30 Richtlinie 2009/50/EG des Rates vom 25. Mai 2009 (ABl. L 155 vom 18. Juni 2009, S. 17-29). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 13 Blauen Karte EU in der Bundesrepublik gingen auch von der Debatte um einen Fachkräftemangel in Deutschland aus.31 Gemäß der EU-Richtlinie dürfen hochqualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten zunächst für mindestens ein bis maximal vier Jahre in der EU arbeiten, wenn sie über einen Hochschulabschluss oder eine fünfjährige Berufsausbildung verfügen und einen Arbeitsvertrag oder die Zusage eines Arbeitsplatzes vorweisen können. Ihr Bruttoeinkommen muss mindestens um 50 Prozent über dem jeweiligen Landesdurchschnitt liegen. Die Entscheidung, ob eine so genannte Blue Card ausgestellt wird, ist den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen und jeder Mitgliedstaat entscheidet , ob er Arbeitsmigration zulässt. Das gilt auch dann, wenn ein Blue-Card-Inhaber beantragt , in einem anderen EU-Mitgliedsstaat zu arbeiten, was nach frühestens 18 Monaten möglich ist. 32 Durch die Einführung eines beschleunigten und einheitlichen Genehmigungsverfahrens für Hochqualifizierte aus Drittstaaten soll die Attraktivität der EU im internationalen Wettbewerb erhöht werden. Auf dem Arbeitsmarkt der EU werden seit dem Jahr 2000 vor allem Defizite im Bereich der Informationstechnologie beobachtet.33 Mit der Einführung der Blauen Karte EU wurde in Deutschland zum 1. August 2012 ein neuer und befristeter Aufenthaltstitel für Hochqualifizierte eingeführt. Der Bewerber für eine Blaue Karte benötigt gemäß. § 19a Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht nur einen anerkannten bzw. dem deutschen vergleichbaren Hochschulabschluss, sondern er muss einen Arbeitsplatz nachweisen , der der individuellen Hochschulqualifikation entspricht. Für eine Beschäftigung unterhalb der erworbenen Qualifikation wird die Blaue Karte nicht erteilt.34 Das BMAS kann durch Rechtsverordnung die Höhe des Gehalts bestimmen und die Berufe festlegen , in denen die einem Hochschulabschluss vergleichbare Qualifikation durch eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung nachgewiesen werden kann. Das Ministerium benennt außerdem diejenigen Staaten, deren Angehörigen die Erteilung einer Blauen Karte EU zu versagen ist, weil im Herkunftsland ein Mangel an qualifizierten Arbeitnehmern in diesen Berufsgruppen besteht (§ 19a Abs. 2 AufenthG). Zudem wurde 2013 die Beschäftigungsverordnung (BeschV) neu gefasst. Die Neuregelungen sind unter Punkt 5.3. dargestellt. Die Blaue Karte EU erhalten Drittstaatsangehörige, die über einen akademischen Abschluss sowie ein konkretes Arbeitsplatzangebot verfügen. Dabei müssen sie ein bestimmtes jährliches Bruttomindestgehalt erzielen, das grundsätzlich bei zwei Dritteln der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung liegt. Im Falle eines Regelberufes bedarf 31 Bünte; Knödler (2012), S. 1255. 32 Angenendt, Steffen; Parkes, Roderick (2010), S. 1. 33 Asensio, Cristina Martín (2010), S. 177. 34 Bünte; Knödler (2012), S. 1256-1257. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 14 die Erteilung einer Blauen Karte EU keiner Zustimmung. Bei Berufen, für die in Deutschland ein besonderer Bedarf besteht, genügt ein Mindestgehalt von 52 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (2012: 34.994 Euro; 2013: 36.192 Euro). Hier ist zwar die Zustimmung der BA erforderlich , allerdings ohne Vorrangprüfung. Die Blaue Karte EU wird gemäß § 19a Abs. 3 AufenthG erstmalig auf höchstens vier Jahre befristet erteilt. Wenn der Inhaber der Karte 33 Monate lang als Hochqualifizierter beschäftigt war und für diese Zeit in eine Altersversorgung eingezahlt hat, kann er eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erhalten. Diese Frist verkürzt sich auf 21 Monate, wenn er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt (§ 19a Abs. 6 AufenthG). Familienangehörige erhalten eine Aufenthaltserlaubnis, wenn die allgemeinen Voraussetzungen vorliegen. Mit- oder nachziehende Ehegatten müssen keine Deutschkenntnisse nachweisen und erhalten sofort uneingeschränkten Zugang zur Erwerbstätigkeit.35 Der Inhaber der Blauen Karte EU selbst ist in den ersten zwei Jahren seiner Beschäftigung nicht völlig ungebunden, denn für einen Arbeitsplatzwechsel benötigt er die Erlaubnis der Ausländerbehörde . Diese erhält er gemäß § 19a Abs. 4 Halbs. 2 AufenthG, wenn er die Voraussetzungen für die Blaue Karte auch im Hinblick auf den neuen Arbeitgeber erfüllt. Der Inhaber der Blauen Karte muss nach § 82 Abs. 6 Satz 1 AufenthG die Ausländerbehörde auch darüber informieren, wenn die Beschäftigung, für die die Karte erteilt wurde, vorzeitig beendet wird.36 Die Karte wird von der kommunalen Ausländerbehörde am Wohnsitz des ausländischen Arbeitnehmers im Bundesgebiet erteilt. Sollte der Bewerber neu einreisen, muss ein Visumsverfahren vorgeschaltet werden. In diesem Fall wird, wenn alle Voraussetzungen für den Erhalt der Blauen Karte erfüllt sind, das Einreisevisum gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der deutschen Auslandsvertretung erteilt. In Deutschland erhält er dann auf den Antrag hin die Blaue Karte von der Ausländerbehörde.37 Im ersten Jahr nach der Einführung der Blauen Karte EU (1. August 2012 bis 31. Juli 2013) wurde diese an 10.078 Personen erteilt. Davon entfielen 44 Prozent auf Mangelberufe und 56 Prozent auf Regelberufe. Zum 31. Juli 2013 hielten sich 9.820 Drittstaatsangehörige mit einer Blauen Karte EU in Deutschland auf. Davon waren 5.334 Fachkräfte, die erstmals eine hochqualifizierte Beschäftigung in Deutschland aufgenommen haben. 4.486 Personen hatten vor der Blauen Karte EU bereits einen anderen Aufenthaltstitel inne- meist zur Beschäftigung im Bundesgebiet. Bei diesen handelt es sich um sogenannte „Status-Wechsler“.38 Rechtssystematisch wurde mit der Blauen Karte EU ein eigener Aufenthaltstitel für hochqualifizierte Fachkräfte geschaffen, denn die Zuwanderung dieser Personengruppe wird nicht mehr von 35 Bundesministerium des Innern, Migrationsbericht 2012, S. 75ff. 36 Bünte; Knödler (2012), S. 1258. 37 Bünte; Knödler (2012), S. 1256. 38 Bundesministerium des Innern, Migrationsbericht 2012, S. 76-77. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 15 einem Ausnahmetatbestand in der BeschV abhängig gemacht. Da die BeschV als Gestaltungsrahmen des 1973 in Kraft getretenen Anwerbestopps verstanden wird, kann dies als ein „gewisses Abrücken vom Prinzip des Anwerbestopps“ bewertet werden. 39 Die Fachkräftezuwanderung wird nun als eines von mehreren wichtigen Instrumenten angesehen, den Fachkräftebedarf zu sichern und einem möglichen Fachkräftemangel entgegenzuwirken.40 Das Gesetz zur Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie der Europäischen Union beinhaltet weitere Erleichterungen für die Zuwanderung hochqualifizierter Fachkräfte. Diese gehen über die EU-Richtlinie hinaus und stehen in keinem Zusammenhang mit der Blauen Karte EU. Diese Neuerungen im AufenthG werden weiter unten ausführlich dargestellt (Punkt 5.1.). 4. Analysen, Prognosen und Handlungsempfehlungen 4.1. IAB-Handbuch Arbeitsmarkt 2013 Das IAB analysiert in seinem Handbuch41, welche Folgen der wirtschaftliche Aufschwung in den Jahren 2010 und 2011 und der künftige Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials (EPP) für den Fachkräftebedarf in Deutschland hatte bzw. haben wird. Dabei unterscheiden die Experten zwischen dem Phänomen des Mismatch – Engpässen bei der Rekrutierung von Arbeitskräften bei gleichzeitiger Arbeitslosigkeit – und dem langfristigen, demografisch bedingten Rückgang des EPP.42 Das IAB betont, dass es in Deutschland gegenwärtig keine „Fachkräftelücke“ gebe, denn die gesamtwirtschaftliche Arbeitsnachfrage übersteige das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften derzeit nicht. Die Unterbeschäftigung liege weit über der Zahl der offenen Stellen. Es gebe allerdings Engpässe bei der Personalrekrutierung in bestimmten Berufsfeldern. Unter Hochschulabsolventen herrsche derzeit nahezu Vollbeschäftigung, bei Absolventen einer beruflichen Ausbildung und vor allem bei Personen ohne Berufsausbildung übertreffe die Zahl der Arbeitslosen die Zahl der offenen Stellen hingegen sehr deutlich. Zudem beständen, so das IAB, regionale Engpässe in Teilen von Süd- und Westdeutschland, die die Folge des konjunkturellen Aufschwungs und der steigenden Auslastung des Produktionspotenzials seien. Der demografische Wandel spiele in diesem Zusammenhang noch keine Rolle. Allerdings werde der demografische Wandel in den kommenden Jahrzehnten zu einem deutlichen Rückgang des EPP führen. Um diese Schrumpfung zu kompensieren, komme es entschei- 39 Bünte; Knödler (2012), S. 1260. 40 Bünte; Knödler (2012), S. 1260. 41 Brücker, Herbert; Klinger, Sabine; Möller, Joachim; Walwei, Ulrich (Hrsg.) (2012). Handbuch Arbeitsmarkt 2013. Analysen, Daten, Fakten. (IAB-Bibliothek, 334), Bielefeld: Bertelsmann, 307 S. 42 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 207ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 16 dend darauf an, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu steigern, die Lebensarbeitszeit Erwerbstätiger insgesamt zu erhöhen und qualifizierte Zuwanderung zu forcieren.43 Nach Simulationen des IAB kann es in den kommenden Jahren zu einem Mismatch bei bestimmten Qualifikationen und Berufen kommen; vor allem bei Absolventen mit beruflicher Bildung könne es einen so genannten Nachfrageüberschuss geben. Die Experten sprechen von Ungleichgewichten am Arbeitsmarkt, was sie aber nicht als Prognose verstanden wissen wollen, weil es sowohl auf der Nachfrage- wie der Angebotsseite zu Anpassungen kommen könne.44 Dennoch empfiehlt das IAB verschiedene Strategien, um den Rückgang des EPP, der aufgrund der demografischen Entwicklung eintreten werde, zu kompensieren. Die Experten sehen sowohl in der Mobilisierung des inländischen Potenzials als auch in der Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften effektive Maßnahmen, mit denen den Folgen des demografischen Wandels begegnet werden könne. Eine hohe Zuwanderung, so das IAB, könne einen größeren Beitrag leisten als die Mobilisierung inländischer Potenziale. In dem Handbuch heißt es: „Unter den inländischen Potenzialen ist die Steigerung der Erwerbstätigkeit von Frauen, vor allem eine Ausweitung der Wochenarbeitszeiten, quantitativ am bedeutendsten. Auch eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer und die Verringerung der Arbeitslosigkeit kann die Zahl der Erwerbstätigen erheblich steigern. Vermehrte Investitionen in Bildung, Ausbildung und Weiterbildung spielen in all diesen Bereichen eine zentrale Rolle, weil die Erwerbsbeteiligung in allen Gruppen mit dem Bildungsniveau zunimmt. Zudem sind flächendeckende Kinder- und Altenbetreuungsangebote unerlässlich, um Eltern im allgemeinen und Frauen im besonderen dabei zu unterstützen, nach Erwerbsunterbrechungen wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Mit einem Anstieg der Nettozuwanderung auf 200.000 Personen p.a. ließe sich der Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials erheblich abmildern. Eine Nettozuwanderung in diesen Größenordnungen entspricht dem historischen Durchschnitt in Deutschland und ist angesichts hoher und lange anhaltender Einkommensdifferenzen in Europa und seinen Anrainerregionen sowie eines globalen Anstiegs der Wanderungsbereitschaft auch langfristig durchaus möglich . Dies setzt jedoch eine Reform der Einwanderungspolitik gegenüber Angehörigen von Drittstaaten voraus. Über eine Steuerung der Zuwanderung nach Humankapitalkriterien wie Bildung, Beruf und Alter ließen sich nicht nur der Umfang der Zuwanderung erhöhen, sondern auch die Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft erleichtern.“45 Die Wissenschaftlicher des IAB widersprechen in ihrer Analyse Studien, die einen strukturellen Fachkräftemangel im Sinne eines dauerhaften Überschusses der Arbeitsnachfrage über das Arbeitsangebot prognostizieren. Es sei damit zu rechnen, dass sich die Kapitalmärkte, Gütermärkte und auch die Arbeitsmärkte an den Rückgang des Arbeitsangebots anpassten, etwa durch einen abnehmenden Kapitalstock oder steigende Löhne.46 Nach Ansicht der IAB-Experten gibt es keinen zwingenden Zusammenhang zwischen einem sinkenden EPP und einer grundsätzlichen 43 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 207. 44 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 208. 45 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 208. 46 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 210. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 17 Veränderung des Verhältnisses von Arbeitsnachfrage zu Arbeitsangebot. Die demografische Entwicklung , die einen Rückgang des Arbeitsangebots bewirke, habe dennoch erhebliche Folgen für Arbeitsmarkt, Gesamtwirtschaft und Wohlfahrt und insbesondere für die sozialen Sicherungssysteme . Eine immer kleinere Zahl von Erwerbspersonen müsse eine immer größere Zahl von Personen , die nicht mehr im erwerbsfähigen Alter sind, finanzieren. Das IAB sieht es deshalb als zentrale Herausforderung an, das EPP zu erhöhen und besser auszuschöpfen.47 Das IAB ist der Auffassung, dass die aktuellen Probleme der Betriebe bei der Personalrekrutierung – nach der Erhebung des IAB-Betriebspanels konnten 20 Prozent der zusätzlichen Arbeitsnachfrage nicht gedeckt werden – ein konjunkturelles Phänomen seien. Stellenbesetzungsprozesse seien in wirtschaftlichen Aufschwüngen seit jeher schwieriger und eine generelle Verschärfung dieses konjunkturbedingen Musters lasse sich derzeit nicht beobachten. Differenziert nach Berufen sei zwar festzustellen, dass die Zahl der offenen Stellen die Zahl der Arbeitslosen bei den MINT-, Elektro- und Gesundheitsberufen deutlich übersteige. Auch bei Erziehern und Sozialarbeitern, Dienstleistungskaufleuten, Technikern und verschiedenen Berufen der Metallerzeugung und -bearbeitung sowie im Maschinenbau sei das Verhältnis von offenen Stellen zu Arbeitslosen relativ hoch. Hinter diesen Zahlen stünden jedoch unterschiedliche Trends. Zum einen gebe es strukturelle Engpässe wie geringe Studierendenzahlen beispielsweise im MINT-Bereich oder eine „nicht markträumende Entlohnung“ wie im Gesundheitsbereich, zum anderen einen konjunkturbedingen Anstieg der Arbeitsnachfrage, der vor allem in den exportorientierten Berufen der Metallverarbeitung, Metallbearbeitung und dem Maschinenbau zu Engpässen führe.48 Zur Darstellung möglicher zukünftiger Engpässe auf dem deutschen Arbeitsmarkt hat das IAB drei Szenarien mit unterschiedlichen Annahmen zur Zuwanderung und Erwerbstätigkeit entwickelt und die Entwicklung des EPP in die drei Einflussfaktoren Demografie, Verhalten und Migration gegliedert. Insgesamt zeigen die Szenarien, dass auch unter optimistischen Annahmen zur Erwerbsbeteiligung und zur Zuwanderung das EPP in Deutschland spätestens ab dem Jahr 2025 deutlich schrumpft. Die Altersstruktur der Erwerbspersonen werde sich bereits früher, mit der Alterung der geburtenstarken Jahrgänge, deutlich verschieben.49 Die IAB-Experten verweisen in diesem Zusammenhang kritisch auf Studien von McKinsey und dem Prognos-Institut, die mit einer größeren Fachkräftelücke von 2 bzw. 5,3 Millionen bis zum Jahr 2020 bzw. 2030 rechnen: „Diese Studien beruhen explizit auf der Annahme, dass bei einem rückläufigen Arbeitsangebot alle anderen volkswirtschaftlichen Größen mehr oder weniger konstant bleiben, sich also die Akteure am Arbeitsmarkt nicht auf den Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials einstellen werden. (…) Tatsäch- 47 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 280ff. 48 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 226. 49 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 228-231. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 18 lich ist jedoch davon auszugehen, dass der Lohn-Preis-Mechanismus komplexe Anpassungsreaktionen auf den Güter-, Kapital- und Arbeitsmärkten auslösen wird.“50 Ein aus demografischen Gründen schrumpfendes Arbeitsangebot führe letztlich auch zu einer rückläufigen Arbeitsnachfrage. Zudem beeinflusse der demografische Wandel das Konsum- und Sparverhalten der Bevölkerung. Aus dem Rückgang des Arbeitsangebots könne deshalb nicht einfach auf eine dauerhafte strukturelle Fachkräftelücke geschlossen werden. Nach eigenen Projektionen auf Grundlage des IAB-INFORGE-Modells, einem nach Produktionsbereichen und Gütergruppen tief disaggregiertem ökonometrischem Prognose- und Simulationsmodell für Deutschland, kommt das IAB bezüglich der Entwicklung von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage zu folgenden Prognosen51: Langfristig werde die Arbeitsnachfrage durch den sektoralen Strukturwandel, und innerhalb der Sektoren durch den Wandel der Nachfrage nach Qualifikationen und Berufen, bestimmt. Es zeige sich eine wachsende Nachfrage nach höher qualifizierten Arbeitskräften und es steige der Bedarf an Personen mit Fachhochschul- und Hochschulausbildung weiter an. Dieser Beschäftigungszuwachs beruhe auf der sektoralen Entwicklung, auf dem Trend zu immer anspruchsvolleren Berufen innerhalb der Wirtschaftszweige und darauf, dass auch das Anforderungsniveau innerhalb der Berufsfelder stetig zunehme. Der Bedarf an Fachkräften mit Abschluss einer betrieblichen Lehre bzw. Berufsfachschule bleibe annähernd konstant. Somit würden die duale Berufsausbildung bzw. die entsprechenden schulischen Alternativen die wichtigste Ausbildungsform in Deutschland bleiben. Zwar falle der Anteil der mittleren Qualifikationsebene an der gesamten Arbeitsnachfrage, denn sowohl die Wirtschaftszweigstrukturen selbst als auch die Berufsfeldstrukturen innerhalb der Wirtschaftszweige veränderten sich. Allerdings würden diese Verluste durch den Qualifikationseffekt ausgeglichen. Innerhalb der einzelnen Beruf würden mehr Arbeitsplätze mit Personen, die über einen beruflichen Ausbildungsabschluss verfügen, besetzt werden. Der Bedarf an Arbeitskräften ohne abgeschlossene Berufsausbildung werde weiter sinken, was vor allem auf die wachsende Bedeutung anspruchsvoller Tätigkeiten zurückzuführen sei, die der technische Wandel mit sich bringe. Durch das langfristige strukturelle Wachstum des Dienstleistungssektors sinke aber die Nachfrage nach gering Qualifizierten nicht, sondern in diesem Arbeitsmarktsegment steige die Nachfrage nach dieser Gruppe sogar. Zudem gehe die Nachfrage nach produktionsbezogenen Berufen deutlich zurück, absolut gesehen steige die Nachfrage nach Erwerbstätigen in den primären Dienstleistungsberufen wie „Berufe im Warenhandel und Vertrieb“; „Verkehrs-, Lager-, Transport-, Sicherheits- und Wachberufe“; „Gastronomie- und Reinigungsberufe“ sowie „Büro- und kaufmännische Dienstleistungsberufe“. 50 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 231. 51 Zu den Annahmen, die der Projektion zugrunde liegen: Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 235ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 19 Innerhalb der sekundären Dienstleistungsberufe dürfte die Nachfrage, so das IAB, in fast allen Berufshauptfeldern zunehmen, ausgenommen die „Lehrberufe“. Die steigende Nachfrage sei auf die organisatorischen bzw. strukturellen Änderungen im Produktionsprozess zurückzuführen. Insgesamt steige die Arbeitsnachfrage in den Arbeitsmarktsegmenten mit anspruchsvollen Tätigkeiten und Berufen weiter. Der massive Anstieg der Nachfrage in den Gastronomie- und Reinigungsberufen zeuge darüber hinaus von der weiter wachsenden Bedeutung von Freizeit- und Wellness-Angeboten, aber auch von Haushaltsdienstleistungen.52 Die Entwicklung des Arbeitskräfteangebots werde nicht automatisch mit der Entwicklung der Nachfrage übereinstimmen, sondern dürfte vielmehr aufgrund langfristiger Trends im Hinblick auf Qualifikation und Beruf erheblich von der Arbeitsnachfrage abweichen. Insbesondere in der Gruppe der Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung dürfte das Arbeitsangebot besonders stark zurückgehen. Im akademischen Bereich werde das Arbeitsangebot hingegen spürbar steigen. In den produktionsbezogenen Berufen, zu denen Berufshauptfelder wie die „Rohstoffe gewinnenden Berufe“; die „be-, verarbeitenden und instandsetzenden Berufe“ und die „Maschinen und Anlagen steuernden und wartenden“ Berufe gehören, werde das Arbeitsangebot drastisch zurückgehen . Dagegen werde das Arbeitsangebot in den Berufshauptfeldern des sekundären Dienstleistungsbereichs – wie „technisch-naturwissenschaftliche Berufe“; die „rechts-, Managementund wirtschaftswissenschaftlichen Berufe“; die „künstlerischen, Medien-, geistes- und sozialwissenschaftlichen Berufe“ sowie die „Gesundheits- und Sozialberufe, Körperpfleger“ bis 2025 zunehmen . Bei einer Gegenüberstellung von Arbeitsnachfrage und Arbeitsangebot werde nach Ansicht des IAB deutlich, dass mit erheblichen Ungleichgewichten zu rechnen sei, die sich insbesondere in Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung zeigen werden. Demnach dürften Personen, die über keinen Berufsabschluss verfügen und sich nicht mehr im Ausbildungssystem befinden, auch weiterhin Schwierigkeiten haben, eine Beschäftigung zu finden. Bei Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung hingegen werde das Angebot an Erwerbspersonen deutlich abnehmen, und zwar bereits Mitte dieses Jahrzehnts. Der Bedarf an diesen Personen werde aber leicht steigen . Erst 2020 werde auch in diesem Qualifikationsbereich die Nachfrage nach Arbeitskräften im Zuge der allgemeinen Anpassung der Volkswirtschaft an das schrumpfende EPP leicht zurückgehen . Diese unterschiedlichen Entwicklungen auf der Angebots- und Nachfrageseite würden unter unveränderten Bedingungen dazu führen, dass die Arbeitsnachfrage nicht mehr zu decken wäre und spürbare Fachkräfteengpässe auftreten würden. Bei Arbeitskräften mit tertiären Bildungsabschlüssen , also Universitäts- und Fachhochschulabsolventen, Meistern und Technikern ergebe sich dagegen ein Überangebot. Hier gebe es nur eine verhalten anwachsende Zunahme der Arbeitsnachfrage . Es wäre denkbar, so das IAB, dass ein Teil der Hochschulabsolventen die Lücken in den Segmenten mit mittleren Qualifikationen schließt. Zudem könnte es Anpassungsreaktio- 52 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 239. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 20 nen wie etwa die Umstellung von Produktionsprozessen oder Um- und Höherqualifizierung geben . Nach den Modellrechnungen des IAB, die auch die berufliche Flexibilität, also den Wechsel der Erwerbstätigen zwischen den Berufen berücksichtigt, ergibt sich an vielen Stellen Anpassungsbedarf . Besonders ausgeprägt sehen die Experten die Engpässe auf der Nachfrageseite in den Verkehrs -, Lager-, Transport-, Sicherheits- und Wachberufen; in den Gastronomie- und Reinigungsberufen sowie in den Gesundheits-, Sozial- und Körperpflegeberufen. Diesen Engpässen auf der Nachfrageseite stünden erhebliche Angebotsüberschüsse im Warenhandel und im Vertrieb sowie in den Büro- und kaufmännischen Dienstleistungen gegenüber. Weitgehend ausgeglichen hingegen stelle sich die Entwicklung in den produktionsnahen Berufen dar. Das IAB kommt anhand dieser Projektionen zu dem Ergebnis, dass der demografische Wandel die Ungleichgewichte zwischen Arbeitsnachfrage und Arbeitsangebot noch verschärfen werde, wenn es nicht zu entsprechenden Anpassungsreaktionen der Marktteilnehmer komme. Auch das IAB setzt zur Kompensation des demografiebedingten Rückgangs des EPP auf die vorhandenen inländischen Potenziale und eine gesteuerte Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte. Sowohl das Volumen als auch die Qualifikation und Produktivität des EPP müsse erhöht werden. Hierbei gehe es vor allem darum, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen und ihre Arbeitszeiten zu erweitern. Zudem müsse die Dauer der Erwerbstätigkeit von Älteren erhöht werden und verstärkt in Bildung und Ausbildung junger Menschen investiert werden. In quantitativer Hinsicht sei die Mobilisierung der inländischen Potenziale zwar wichtig, spiele jedoch eine deutlich geringere Rolle als die Ausweitung des EPP durch weitere Zuwanderung.53 Das IAB gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken: „Aus der empirischen Forschung (…) lassen sich zwei wichtige Befunde ableiten: Zum einen hat die Einwanderungspolitik den stärksten Einfluss auf die Qualifikationsstruktur der Migranten. Migranten in Ländern mit einer an Qualifikationskriterien ausgerichteten Einwanderungspolitik sind im Schnitt deutlich besser qualifiziert als in Ländern, die auf eine solche Politik verzichten. Zum anderen steigt die Qualifikation der Migranten mit der Lohnprämie für Qualifikation bzw. mit der Einkommensungleichheit in den Zielländern (…).“54 In den vergangenen Jahren sei das Qualifikationsniveau der Neuzuwanderer angestiegen und habe sich zugunsten qualifizierter Fachkräfte verschoben, wie aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes hervorgehe. Eine langfristig angelegte Einwanderungspolitik sollte für Fachkräfte, die sich flexibel an strukturelle Veränderungen anpassen können, die Schwellen für die Zuwanderung senken. Entweder mit Hilfe eines Punktesystems oder aber durch Systeme, die sich an realistischen Einkommensschwellen orientieren. Für Anfangsgehälter von Hochschulabsolventen nennen die Arbeitsmarkt- 53 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 245. 54 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 269 mit Anmerkungen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 21 experten 35.000 Euro Jahreseinkommen. Die Zuwanderung könnte wie in anderen Ländern an einen Arbeitsvertrag geknüpft werden, der die Kriterien der branchenüblichen Tarifverträge erfüllt . Aufenthaltsrechte könnten befristet erteilt werden, um die Risiken einer Zuwanderung in die Sozialsysteme zu begrenzen, wobei nach etwa drei Jahren und nach transparenten Kriterien ein Daueraufenthaltsrecht gewährt werden sollte.55 4.2. BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen Im Frühjahr 2010 hatten das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und das IAB in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für Angewandte Informationstechnik (Fraunhofer-IT) und der Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung eine erste Modellrechnung im Rahmen der Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen (QuBe-Projekt) vorgelegt. Die Ergebnisse der damaligen Projektion basierten auf den Jahren 2006 bzw. 2005.56 In einer zweiten Projektion, die bis zum Jahr 2030 reicht, wurde diesmal das Basisjahr 2010 zugrunde gelegt. Damit können zum einen die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise und die überraschend positiven Arbeitsmarktreaktionen in Deutschland (das sogenannte „Job- Wunder“) berücksichtigt werden. Zum anderen fließen zwei neue wichtige Entwicklungen mit in die Berechnungen ein: die erhöhte Erwerbsquote Älterer seit 2000 und die Erhöhung der Hochschulzugangsberechtigten innerhalb eines Jahrgangs auf 45 Prozent.57 Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die wissenschaftliche Methode der Prognose, also der Vorhersage der Zukunft, immer „Wenn-Dann“-Aussagen sind. Das heißt, eine Vorhersage kann nur eintreffen, wenn bestimmte, klar definierte Bedingungen gelten und über den prognostizierten Zeitraum Bestand haben. Das Instrument Prognose muss folglich mit Vorbehalten und Einschränkungen genutzt werden, denn selbst die aufwändigste wissenschaftliche Methodik zur Erstellung einer Prognose kann Unsicherheiten und Unschärfen beinhalten.58 In der zweiten Welle haben sich die Ergebnisse aus der ersten Welle in ihren Grundtendenzen bestätigt. Jedoch haben sich im Hinblick auf die zeitliche Dimension sowohl bei der Qualifikationsentwicklung als auch bei den Berufshauptfeldern Unterschiede ergeben: – Eintreten eines gesamtwirtschaftlichen Engpasses erst gegen 2030 und nicht schon 2025 – leichtes konstantes Überangebot an akademisch Ausgebildeten bei zeitgleich zunehmenden Engpässen bei Fachkräften mit mittleren Bildungsabschlüssen 55 Brücker, Herbert u.a. (2012), S. 271ff. Ergänzend zu den Darstellungen im IAB-Handbuch siehe auch: Brücker, Herbert u.a. (2013),„Fachkräftebedarf in Deutschland, IAB-Stellungnahme 1/2013. 56 Vgl. . Helmrich, Robert; Zika, Gerd (2010). Eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser ersten Projektion findet sich bei: Kolodziej, Daniela (2012), S. 13. 57 Helmrich, Robert; Zika, Gerd; Kalinowski, Michael; Wolter, Marc Ingo (2012), S. 3. ,58 Vgl. Helmrich, Robert; Zika, Gerd (2010), S. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 22 – Milderung der Engpässe in akademischen Berufen und solchen mit hohen eigenen Ausbildungsanteilen . Weiterhin gibt es eine hohe Arbeitsmarktanspannung im Bereich der Gesundheitsberufe.59 Die Experten kommen unter anderem zu dem Schluss, dass eine höhere Zuwanderung allein den Rückgang des Arbeitskräfteangebots nicht stoppen, sondern nur verzögern könne. Auch bei einem Zuwanderungssaldo von 200.000 statt 100.000 würde die Bevölkerung bis zum Jahr 2030 um rund 2,5 Millionen sinken. Potenziale in qualifikatorischer Hinsicht sehen die Experten bei der Ausbildungsbeteiligung. Hier böten sich vor allem in den Berufen, in denen bislang wenig oder nur in geringem Umfang ausgebildet werde, neue Potenziale. Neben höheren Erwerbsquoten sei aber auch das Arbeitsvolumen eine veränderbare Größe.60 4.3. Engpassanalyse der BA Ein wichtiger Indikator für die Ermittlung eines möglichen Fachkräfteengpasses ist für die BA die so genannte Vakanzzeit. Dies ist die Zeitspanne ab dem gewünschten Besetzungstermin durch einen Betrieb bis zum Abgang aus dem Bestand der gemeldeten Stellen bei der BA, also der Zeitraum , in dem eine Stelle nicht besetzt werden konnte. Die Vakanzzeit ist zu unterscheiden von der Laufzeit, die die gesamte Zeitspanne zwischen Meldung und Besetzung der Arbeitsstelle meint. Volkswirtschaftlich relevant ist nur die Vakanzzeit, denn sie signalisiert, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht genutzt wird und damit Wertschöpfung bzw. Einkommen und staatliche Einnahmen verloren gehen. Lange Vakanzzeiten signalisieren einen Engpass bei der Besetzung freier Stellen und können damit ein Hinweis auf Fachkräfteknappheit darstellen. Allerdings kann erst von einem Engpass gesprochen werden, wenn die Besetzung freier Arbeitsstellen deutlich länger dauert als „üblich“ oder als von den Betrieben für vertretbar gehalten wird. Die Ursache für solche Besetzungsprobleme sind in der Regel vielfältig - Fachkräftemangel stellt nur eine mögliche Ursache dar. Neben der abgeschlossenen Vakanzzeit werden auch die Anzahl der Arbeitsstellen, die länger als drei Monate im Bestand gemeldet sind und die Relation der registrierten Arbeitslosen zu den gemeldeten Arbeitsstellen als weitere Indikatoren für Engpass-Berufe herangezogen. Aktuell zeigt sich in den Statistiken der BA kein flächendeckender Fachkräftemangel, allerdings gibt es Engpässe in einzelnen technischen Berufsfeldern sowie in Gesundheits- und Pflegeberufen .61 Die Anzahl der Mangelberufe hat sich gegenüber früheren Analysen leicht erhöht und der Mangel zeigt sich zunehmend nicht nur bei akademischen, sondern auch bei nichtakademischen Fachkräften.62 59 Helmrich, Robert u.a. (2012), S. 9. 60 Helmrich, Robert u.a. (2012), S. 10. 61 Bundesagentur für Arbeit (2013), S. 3. 62 Die Aufzählung der Berufe finde sich bei: BA (2013), S. 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 23 Die Zahl der von Fachkräftemangel betroffenen Berufsgruppen hat sich im Jahr 2013 von 16 auf 20 erhöht. Neu hinzugekommen sind drei Berufsgruppen im Bereich des Eisenbahnverkehrs sowie im Feld der Gesundheitsberufe die Meister der Orthopädie-, Rehatechnik und Hörgeräteakustik .63 4.4. Engpass-Studie für das Bundeswirtschaftsministerium Das Institut für Wirtschaftsforschung Köln (IW) hat im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie eine Studie zu Fachkräfteengpässen in Unternehmen erstellt. Die Experten kommen zu dem Ergebnis, dass im August 2013 in insgesamt 114 Berufsgattungen mit mindestens 100 Arbeitslosen Engpässe zu beobachten waren. Damit sei jede fünfte Berufsgattung mit mindestens 100 Arbeitslosen von Engpässen betroffen gewesen. Mehr als die Hälfte der Engpassberufe sei bei Berufsgattungen aufgetreten, die eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzen. Für rund 25 Prozent der Engpassberufe seien Fortbildungsabschlüsse erforderlich. Knapp 19 Prozent der Berufsgattungen mit Engpässen seien Akademikern zuzuordnen gewesen. Insbesondere dort, wo sich Engpässe über einen längeren Zeitraum hinweg zeigten (so genannte Sockelengpassberufe), könne von einem Fachkräftemangel gesprochen werden. Auf Basis früherer Untersuchungen könne nachgewiesen werden, dass in bestimmten Ingenieurberufen und im Bereich der Ärzte und Krankenschwestern seit Jahren ein Fachkräftemangel bestehe. Zudem befänden sich 51 MINT-Berufe unter den Berufsgruppen mit Sockelengpässen. Das Ausmaß der aktuellen Engpässe und die große Zahl an Sockelengpassberufen mache deutlich , dass die schlechte Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal inzwischen zahlreiche Unternehmen - und im Gesundheitsbereich auch viele öffentliche und freie Träger,- vor immer größeren Herausforderungen stelle. „Um die Fachkräftebasis des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu sichern, sollten zum einen die im Inland verfügbaren Fachkräftepotenziale ausgeschöpft werden. So gibt es bei Frauen, älteren Personen oder An- Ungelernten noch Potenziale, die Unternehmen mit geeigneten Maßnahmen für sich gewinnen können. Zudem bieten internationale Fachkräfte Potenziale für den deutschen Arbeitsmarkt. Dazu zählen zum einen Menschen mit Migrationshintergrund, die bereits in Deutschland leben, aber noch nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind. Zum anderen können Unternehmen Fachkräfte direkt aus dem Ausland rekrutieren.“64 4.5. Handlungsempfehlungen der BA Die BA prognostiziert einen Rückgang des EPP um 6,5 Millionen Personen auf dann nur noch 38,1 Millionen Personen im Jahr 2025. Dementsprechend werde sich ein Fachkräftemangel vor allem bei den Ingenieurberufen einstellen. Nach Angaben der BA hat das Institut zur Zukunft der 63 Bundesagentur für Arbeit (2013), S. 6. 64 Seyda, Susanne; Bußmann, Sebastian (2014), S. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 24 Arbeit errechnet, dass bis zum Jahr 2020 rund 240.000 Ingenieure fehlen werden. 65 Die BA beruft sich auf Studien, die von 2 Millionen fehlenden Fachkräften bis 2020, bzw. einer Fachkräftelücke von 5,2 Millionen bis 2030 ausgehen.66 Die BA hält eine Doppelstrategie für die beste Lösung den Fachkräftemangel zu verhindern bzw. zu beseitigen. So solle sowohl die Anzahl qualifizierter Fachkräfte innerhalb Deutschlands erhöht , als auch die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte ermöglicht werden: – „Durch Qualifikation und Anreize sollten diese individuellen und gleichzeitig gesellschaftlichwirtschaftlichen Chancen erschlossen werden. Dies gilt vor allem für Personengruppen, deren Anteil am Fachkräfteangebot heute vergleichsweise gering ist: beispielsweise Personen über 55 Jahre, Frauen, Geringqualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund. Dafür den Rahmen zu schaffen durch gesetzliche und tarifliche Lösungen, durch Bildung und Ausbildung, durch Betreuungs- und Informationsangebote , erfordert das Zusammenspiel aller Arbeitsmarktakteure und Politikbereiche.“67 Die BA hat zehn Handlungsfelder definiert, um den Fachkräftemangel zu verhindern bzw. zu beseitigen: – Schulabgänger ohne Abschluss reduzieren und Übergänge in den Beruf verbessern, – Ausbildungsabbrecher reduzieren, – Studienabbrecher reduzieren, – Erwerbspartizipation und Lebensarbeitszeit von Menschen über 55 erhöhen, – Erwerbspartizipation und Arbeitszeitvolumen von Frauen steigern, – Zuwanderung von Fachkräften steuern, – Arbeitszeit von Beschäftigten in Vollzeit steigern, – Qualifizierung und Weiterbildung vorantreiben, – Arbeitsmarkttransparenz erhöhen, – Flankierende Maßnahmen im Steuer- und Abgabenbereich prüfen. In der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen sind bislang nur 56 Prozent beschäftigt, in Frankreich sind es 39, in Schweden 70 Prozent. Allerdings, so die BA, hat Deutschland mit 31 Prozent den höchsten Altersquotienten (Verhältnis der über 65-Jährigen zu den 15- bis 64-Jährigen) in ganz Europa. Eine hohe Erwerbstätigenquote bei Älteren wäre demzufolge eine wichtige Maßnahme zur Steigerung des Fachkräfteangebots. Nach Berechnungen der BA würde eine Steigerung der Erwerbstätigenquote von derzeit 56,2 Prozent auf 61,8 Prozent im Jahr 2025 eine Zunahme von einer halben Million Erwerbstätigen bedeuten (Vollzeitäquivalent). 65 Bundesagentur für Arbeit (2011a), S. 3 und S. 7. 66 Bundesagentur für Arbeit (2011a), S. 8. 67 Bundesagentur für Arbeit (2011a), S. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 25 Allerdings, so die BA, müssten die Arbeitsbedingungen den veränderten Bedürfnissen und Erfordernissen Älterer angepasst werden. Hilfreich wäre zum Beispiel die Einführung eines ganzheitlichen betrieblichen Gesundheitsmanagements wie Betriebssportgruppen, gesundes Kantinenessen , Rückenschulen oder Stressbewältigungsseminare. Im Jahr 2009 waren 71,4 Prozent Frauen in Deutschland erwerbstätig, allerdings in hohem Maße in Teilzeit. Nur 55 Prozent der erwerbstätigen Frauen waren vollzeitbeschäftigt. Hinzu kommt, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Teilzeitkräften in Deutschland derzeit bei 18,5 Stunden liegt. Führend in der EU ist Schweden mit 25 Stunden pro Woche. Würde der Anteil der Frauen, die wegen Kinderbetreuung Teilzeit arbeiten, um zehn Prozent sinken und durch Vollzeitkräfte ersetzt, entspräche dies nach Berechnungen der BA einem zusätzlichen Fachkräftepotenzial von 0,1 Millionenen Vollzeitäquivalenten. Eine Erhöhung der durchschnittlichen Arbeitszeit um zehn Prozent würde demgemäß ebenfalls eine Erhöhung von 0,1 Millionen Vollzeitäquvalenten bedeuten. In Summe berge die Erhöhung der Erwerbspartizipation von Frauen, die Senkung des Anteils der Frauen, die Teilzeit arbeiten und die Anhebung der Arbeitszeit laut Berechnungen der BA ein Gesamtpotenzial von 0,7 bis 2,1 Millionen Vollzeitäquivalenten. – „Ein zentraler Ansatzpunkt (…) sind Initiativen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Zusätzlich sind Maßnahmen auf Unternehmensebene denkbar, wie etwa der Ausbau von Betriebskindergärten, die Beteiligung von Arbeitgebern an Kinderbetreuungskosten oder die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle (z.B. Telearbeit, Mutter-Kind-Büros).“68 Die BA gibt zu bedenken, dass bislang unter den Zuwanderern, die nach Deutschland kommen, die qualifizierten Fachkräfte in der Minderheit gewesen seien. 2009 waren von 721.000 Zuwanderern nur 17.000 Fachkräfte (12.000 Hochschulabsolventen, 4.400 Mitarbeiter internationaler Unternehmen, 700 Hochqualifizierte). Wenn Deutschland ab 2015 auf 100 Prozent des langfristigen historischen Nettozuwanderungsniveaus von 200.000 Personen pro Jahr kommen würde, ließe sich bis 2025 ein zusätzliches Fachkräftepotenzial von 0,8 Millionen Vollzeitäquivalenten erschließen, so die Berechnungen der BA. Die BA schlägt vor, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zuwanderung von Fachkräften zu verändern, also rechtliche und bürokratische Hürden abzubauen und eine „Willkommenskultur “ auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu schaffen. Erster Ansatzpunkt wäre, so die BA, ein Verzicht auf die Vorrangprüfung bei Mangelberufen, die auf einer Positivliste vermerkt sind. Der Vorteil dieses Modells läge darin, dass es relativ leicht und schnell umzusetzen sei.69 Die BA spricht von einem Paradigmenwechsel hin zu mehr gesellschaftlicher Akzeptanz und Integration von Ausländern beginnend mit einer klaren Identifikation Deutschlands als Einwanderungsland . Neben der quantitativen Erhöhung des Erwerbspersonenpotenzials seien bei einer 68 Bundesagentur für Arbeit (2011a),, S. 34 69 Bundesagentur für Arbeit (2011a), S. 35-37. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 26 erhöhten Zuwanderung auch die positiven Effekte auf das Steuer- und Sozialsystem sowie auf das Beschäftigungsniveau der Volkswirtschaft insgesamt zu sehen.70 4.6. Expertise des Sachverständigenrates Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat im Mai 2011 eine Expertise zum demografischen Wandel im Auftrag der Bundesregierung vorgelegt. Ausgehend von einer Charakterisierung des demografischen Wandels – Alterung der Bevölkerung und Rückgang der Bevölkerungszahl – untersucht der Sachverständigenrat die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Güter- und Finanzmärkte, den Arbeitsmarkt, das Produktionspotential und die öffentlichen Haushalte. Dargestellt werden hier im wesentlichen die Analysen und Empfehlungen der Sachverständigen zum Arbeitsmarkt (S. 90-121), „der bei allen Überlegungen zum demografischen Wandel im Mittelpunkt steht.“71 Der Sachverständigenrat geht davon aus, dass die rückläufige Bevölkerungszahl zusammen mit der verstärkten Alterung zu einem noch stärkeren Rückgang der Anzahl der Erwerbspersonen führen werde. Dieser Rückgang könne vermieden werden, wenn die Erwerbstätigkeit von Frauen erhöht, das Eintrittsalter in eine Erwerbstätigkeit vorverlegt und das Renteneintrittsalter hinausgeschoben werde. Die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften könne ebenfalls eine Entlastung bewirken.72 Die 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes bildet den Ausgangspunkt für die Expertise. Der Sachverständigenrat betrachtet unter den insgesamt zwölf Varianten des Statistischen Bundesamtes hauptsächlich die Variante der „Mittleren Bevölkerung “. Diese stützt sich auf eine annähernd konstante Geburtenziffer von1,4 Kindern je Frau. Für die Migration (Wanderungssaldo) werden zwei Szenarien betrachtet. Zum einen wird eine jährliche Nettozuwanderung von 100.000 ab dem Jahr 2014 angesetzt und zum zweiten eine jährliche Nettozuwanderung von 200.000 Personen ab dem Jahr 2020. Die Sachverständigen weisen darauf hin, dass Aussagen über die erwartete Zu- und Abwanderung einer großen Unsicherheit unterliegen , da diese von politischen, wirtschaftlichen, sozialen und gesetzlichen Faktoren im Zu- und Abwanderungsland abhänge.73 Infolge der demografischen Veränderungen, so die Sachverständigen, werde das Arbeitsangebot bei realistischen Annahmen über die Entwicklung der Geburtenrate und des Wanderungssaldos erstmals in der Nachkriegsgeschichte deutlich zurückgehen.74 Während die Projektion des Arbeitsangebots im Wesentlichen von der demografischen Entwicklung abhänge, sei eine Projektion der Arbeitsnachfrage bis zum Jahr 2060 allerdings deutlich unsicherer. Eine exakte Prognose ist 70 Bundesagentur für Arbeit (2011a), S. 38. 71 Sachverständigenrat (2011), 5. 72 Sachverständigenrat (2011), S. III und S. 2. 73 Sachverständigenrat (2011), S. 24ff. 74 Sachverständigenrat (2011), S. 91. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 27 nach Meinung der Sachverständigen so gut wie unmöglich. Eine detaillierte Voraussage nach Qualifikationen und Berufen sollte mit großer Vorsicht und allenfalls als eine trendmäßige Betrachtung gewertet werden.75 Zur Beschreibung der Entwicklung des Arbeitskräfteangebots ziehen die Sachverständigen eine Basisvariante der 12. Bevölkerungsvorausberechnung heran, der zufolge das Arbeitsangebot trotz einer jährlichen Nettozuwanderung von 100.000 Personen zwischen dem Jahr 2010 und 2060 um fast 30 Prozent auf etwa 31 Millionen Personen zurückgehen wird. Mit dem Ausscheiden der so genannten „Baby-Boomer-Generation“ aus dem Erwerbsleben verringert sich das Arbeitsangebot ab dem Jahr 2015 um etwa 100.000 Personen bis auf fast 400.000 Personen im Jahr 2030. Ab dem Jahr 2040 pendelt sich diese Zahl auf 250.000 Personen jährlich ein. Neben dem Rückgang des Arbeitsangebots findet eine Alterung der Erwerbspersonen statt. Allerdings: Inwieweit diese Projektion der Basisvariante des Arbeitsangebots tatsächlich eintritt, hängt in der kurzen Frist hauptsächlich von der Entwicklung der Nettozuwanderung und in der mittel- bis längerfristigen Perspektive zusätzlich von der Geburtenrate ab. Eine Veränderung des Wanderungssaldos in der Arbeitsmigration würde, so die Sachverständigen, sofort das Arbeitsangebot verändern.76 Die Sachverständigen diskutieren angesichts der Analysen zum Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage ein Maßnahmenbündel, das sich auf die Bereiche Qualifizierung, Förderung bereits vorhandener Potentiale und Zuwanderung konzentriert. Eine Verbesserung der Qualifikation von Schülern könne zum Beispiel dadurch erreicht werden, dass Bildungsausgaben trotz abnehmender Kinderzahl konstant blieben und nicht gekürzt würden . Damit stiege die Ressourcenausstattung pro Schüler – zum Beispiel eine bessere Schüler- Lehrer-Relation. Eine Steigerung der Arbeitszeit – Steigerung der wöchentlichen Normalarbeitszeit oder Übergang von Teilzeit- in Vollzeitbeschäftigung – könnte den Rückgang des Arbeitsvolumens aufgrund der sinkenden Zahl der Erwerbstätigen dämpfen. Des Weiteren müsste die Erwerbstätigkeit der Frauen durch bessere Betreuungsangebote für Kinder und familienorientierte Arbeitszeitmuster erhöht werden. Bei älteren Beschäftigten stehe die Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze und lebenslanges Lernen im Vordergrund. Die Erwerbsquote von Personen mit Migrationshintergrund könnte durch eine erleichterte Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen erreicht werden. Die Erwerbslebensphase könnte durch einen früheren Eintritt und ein späteres Ausscheiden ausgeweitet werden. Nach Ansicht der Sachverständigen sollte im Kontext eines weiteren Anstiegs der Lebenserwartung über einen nochmaligen Anstieg des gesetzlichen Renteneintrittsalter nach dem Jahr 2029 nachgedacht werden. Ab dem Jahr 2012 beginnt eine stufenweise Heraufsetzung des gesetzlichen Renteneintrittsalters bis auf 67 Jahre im Jahr 2029. Schließlich befürwortet der Sachverständigenrat die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften . Dafür müsste die „restriktive Einwanderungspolitik gegenüber Arbeitsmigration aus Dritt- 75 Sachverständigenrat (2011), S. 99. 76 Sachverständigenrat (2011), S. 94ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 28 staaten aufgegeben und stattdessen eine gezielte Immigrationspolitik verfolgt werden, wie sie beispielsweise Australien und Kanada praktizieren“.77 4.7. Berufe im Demografischen Wandel Im Auftrag des BMAS haben Wissenschaftler der Universität Rostock unter Beteiligung des IAB und der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen eine Studie zur Alterung und Verfügbarkeit von Fachkräften in Deutschland durchgeführt. Für zwölf ausgewählte Berufe wurden Perioden- und Kohortenuntersuchungen durchgeführt, die nicht nur Veränderungen der Altersstruktur der Beschäftigten über die Zeit, sondern auch Verhaltensunterschiede über die Jahrgänge erfassen. Hintergrund ist die Frage, wie eine alternde und in der Tendenz schrumpfende Gesellschaft mit der Alterung der Erwerbsbevölkerung, dem Rückgang des Nachwuchses und den neuen Knappheiten an Fachkräften umgehen soll.78 Es wurden zwölf Berufsordnungen aus vier Bereichen untersucht: – Fertigungsberufe: Chemiebetriebswerker und Zerspanungsmechaniker (Dreher und Fräser) – Ingenieurtechnische und naturwissenschaftliche (MINT-)Berufe: Elektroingenieure, Sonstige Ingenieure (insbesondere Wirtschaftsingenieure), Chemiker und Chemieingenieure, Physiker, Physikingenieure und Mathematiker – Gesundheits- und Pflegeberufe (Krankenschwestern, Krankenpfleger und Hebammen, Helfer in der Krankenpflege, Erzieher und Kinderpfleger – Kaufmännische Berufe: Bankfachleute, Buchhalter In dem Zeitraum von 1993 bis 2011 sind alle Berufsordnungen gealtert - gemessen am Anteil der Beschäftigten, die 55 Jahre und älter waren. Lag der Anteil 1993 noch im Bereich von zwei bis zwölf Prozent, waren es 2011 bereits zwölf bis 24 Prozent. Für das Jahr 2020 zeige sich in der Projektion ein Anteil von 16 bis 35 Prozent. 1993 lag das Durchschnittsalter in nur drei der ausgewählten Berufe bei über 40 Jahren, 2011 in keinem darunter. Die für 2020 projizierten Werteliegen zwischen 42 und 48 Jahren. Ein Drittel bis Drei Viertel der Alterung gehen, so die Wissenschaftler , auf die demografischen Entwicklung zurück, der Rest sei auf strukturelle Faktoren wie beispielsweise Präferenzänderungen oder die Ausweitung der Frauenerwerbstätigkeit zurückzuführen .79 In den untersuchten Fertigungsberufen hätten sich 2007 bis 2011 wiederholt erhöhte Engpassrisiken gezeigt, die bei den Zerspanungsmechanikern auch tatsächlich zu Engpässen geführt hätten . MINT-Berufe seien hinsichtlich der Engpassrisiken deutlich zweigeteilt. Während es in den naturwissenschaftlichen Berufen (Chemiker, Physiker, Mathematiker) kaum Grund zur Sorge gebe, werde bei den Ingenieuren 2007 bis 2011 wiederholt ein erhöhtes Engpassrisiko sichtbar. Engpässe seien dann aber nur bei den Elektroingenieuren aufgetreten. Bei Krankenschwestern, 77 Sachverständigenrat (2011), S. 115ff. 78 Tivig, Thusnelda u.a. (2013), S. 5. 79 Tivig, Thusnelda (2013), S. 7-8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 29 Krankenpflegern und Hebammen zeigten sich von 2009 bis 2011 Engpässe. Diese Verfestigung der Engpässe deute auf einen echten Fachkräftemangel hin. Für Helfer in der Krankenpflege lagen keine Engpässe vor, es habe jedoch einen sich verengenden Markt gegeben. Auch für Erzieher und Kinderpfleger hätten sich keine Engpässe gezeigt, jedoch habe es in den Jahren 2010 und 2011 ein erhöhtes Risiko für Engpasssituationen gegeben. Die Ausweitung des gesetzlichen Anspruchs auf institutionelle Kinderbetreuung werde die Nachfrage nach Erziehern erhöhen, sodass mittelfristig hier keine Entspannung zu erwarten sei. Bei Bankfachleuten und Buchhalten sei im Beobachtungszeitraum 2007 bis 2011 kein Engpass aufgetreten. Zwar habe es gelegentlich Hinweise auf ein erhöhtes Engpassrisiko gegeben, die sich jedoch nie verdichtet hätten.80 Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass es verschiedene Maßnahmen gebe, einem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. In den Fertigungsberufen werde es der technische Fortschritt sein, denn dieser habe eine arbeitssparende Wirkung und könne zunehmend auch zur Unterstützung (Arbeitsassistenzsystem) genutzt werden. Bei den Elektroingenieuren sehen die Autoren das größte Potenzial in der gezielten Zuwanderung. Bei den Sonstigen Ingenieuren könnten wohl die Ausbildungspräferenzen und andere strukturelle Faktoren für eine ausreichende Ersatzquote sorgen . Für die Gesundheits- und Pflegeberufe stelle die Ausweitung der Arbeitszeit von Frauen das wichtigste Kompensationspotenzial zur Vermeidung von Fachkräfteengpässen dar.81 4.8. Prognos-Projektion „Arbeitslandschaft 2035“ Das Prognos-Institut hat die frühere Projektion „Arbeitslandschaft 2030“, die das Jahr 2004 zum Ausgangspunkt hatte, aktualisiert und kommt nun in Teilen hinsichtlich eines künftigen Arbeitskräftemangels in Deutschland zu veränderten Ergebnissen. Das Institut prognostiziert nun für das Jahr 2035 einen Arbeitskräftemangel von vier Millionen Personen, wenn keine geeigneten Maßnahmen getroffen werden. Dieser setze sich aus 2,2 Millionen Personen aus dem mittleren und 1,8 Millionen Personen aus dem hohen Qualifikationsniveau zusammen. Einen „Überschuss “ werde es an Personen ohne berufliche Ausbildung geben.82 In der vorangegangen Projektion hatte Prognos für das Jahr 2030 noch einen Arbeitskräftemangel von rund fünf Millionen prognostiziert, wenn nicht auf verschiedenen Handlungsfeldern gegengesteuert werde.83 In der aktuellen Untersuchung betont das Institut: „Die Arbeitslandschaft 2035 zeigt aber auch, dass bereits einiges geschehen ist und dass das Entstehen der Arbeitskräftelücke durch das Zusammenwirken der identifizierten Handlungsfelder vermieden werden kann. In der Vergangenheit ist insbesondere schon viel in den Bereichen der Erwerbsintegrati- 80 Tivig, Thusnelda u.a. (2013), S. 9-10. 81 Tivig, Thusnelda (2013), S. 10. 82 Prognos AG (2012), S. 1. Die neue Projektion nimmt das Jahr 2011 als Ausgangspunkt. 83 Prognos AG (2011), S. 1. Die frühere Projektion wird ausführlich in dem Infobrief „Fachkräftemangel in Deutschland. Statistiken, Studien, Strategien“ vom 26. März 2012 dargestellt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 30 on von Personen ohne berufliche Bildung (Agenda 2010) und der Erhöhung der Bildungsbeteiligung, insbesondere ein Anstieg der Studierendenquote gelungen.“ 84 Es habe sich nicht nur das Ausmaß der drohenden Fachkräftelücke leicht reduziert, sondern auch die Struktur der voraussichtlich fehlenden Arbeitskräfte habe sich verändert. So drohe nun insbesondere ein größerer Mangel unter den Personen mit einer beruflichen Ausbildung, sodass künftig verstärkt auf die berufliche Ausbildung geschaut werden müsse – sie müsse ausgebaut und gestärkt werden. Prognos hat der neuen Studie einen höheren Wanderungssaldo zugrunde gelegt. Ging das Institut in der vorangegangenen Studie von einer Nettozuwanderung von 150.000 Personen aus, so hat es jetzt durchschnittlich 200.000 Personen angesetzt. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung vieler Länder im Euroraum und der vergleichsweise guten Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt sei es realistisch, mittelfristig von einer vermehrten Zuwanderung auszugehen, so das Institut. Zudem bezieht sich Prognos in der aktuellen Studie auf die 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes und nicht mehr auf die 11. Bevölkerungsvorausberechnung wie noch in der vorangegangen Analyse.85 Differenziert nach Fachrichtungen zeige sich, dass ein absoluter Rückgang an Arbeitskräften allein bei den beruflichen Abschlüssen auftrete. Insbesondere in der Fachrichtung Baugewerbe, Hoch- und Tiefbau und auch im Bereich Feinwerktechnik, Gesundheitstechnik, Metalltechnik sei im Jahr 2035 ein deutlich negativer Saldo aus demografiebedingten Abgängen und neu ausgebildeten Zugängen zu verzeichnen. Während das Arbeitsangebot bei der unteren und mittleren Qualifikationsstufe im Jahr 2035 mit einigen wenigen Ausnahmen kleiner sein werde als 2011, zeige sich unter den Fachrichtungen, die einen Hochschulabschluss erfordern, ausnahmslos bis zum Jahr 2035 ein deutlich wachsendes Angebot an Fachkräften.86 Bei einer Gegenüberstellung der Arbeitskräftenachfrage und des Arbeitskräfteangebots zeige sich, dass der veränderten Nachfrage mit einem wachsenden Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften sowie an wissenschaftlichen und organisatorischen Tätigkeiten trotz der Erfolge der vergangene Jahre kein ausreichendes Angebot gegenüberstehe. Auf der anderen Seite bestehe die Gefahr , dass Arbeitskräften bestimmter Fachrichtungen als Folge des wirtschaftlichen Strukturwandels (Tertiärisierung)87 keine passende Beschäftigung mehr angeboten werden könne. Der demografische Wandel verstärke die Problematik eines drohenden Fachkräftemangels, doch zu einem Mismatch auf dem Arbeitsmarkt würde es auch ohne ihn kommen, so das Institut.88 Auch das Prognos-Institut identifiziert fünf Handlungsfelder: 84 Prognos AG (2012), S. 2. 85 Prognos AG (2012), S. 4-5. 86 Prognos AG (2012), S. 33. 87 Tertiärisierung meint den Umwandlungsprozess zu einer Dienstleistungsgesellschaft. 88 Prognos AG (2012), S. 47. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 31 – Beschäftigungschancen verbessern – Erwerbsbeteiligung erhöhen – Arbeitszeiten ausweiten – Bildungsoffensive starten – Zuwanderung gezielt gestalten 4.9. MINT-Herbstreport 2013 IW Köln Nach Aussage des Gutachtens des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln), das im Auftrag der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, des Bundesverbands der Deutschen Industrie, des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall und der Initiative „MINT Zukunft schaffen “89 angefertigt wurde, gab es im September 2013 in acht der zwölf MINT-Berufskategorien auf Expertenebene, in der Regel handelt es sich um Akademiker, mehr offene Stellen als Arbeitslose. In acht der zwölf MINT-Berufskategorien auf Spezialistenebene, in der Regel Meister und Techniker , hätten ebenso Arbeitskräfteengpässe vorgelegen wie in drei der zwölf MINT- Berufskategorien für fachlich ausgerichtete Tätigkeiten, wofür in der Regel ein Berufsbildungsabschluss benötigt wird.90 Insgesamt gebe es nach Ansicht der Autoren des MINT-Herbstreports in den von Engpässen betroffenen MINT-Berufskategorien insgesamt 121.000 nicht besetzbare Vakanzen (Stand September 2013). Davon entfielen 51.100 auf die Ebene der Expertentätigkeit, 22.800 auf die Ebene komplexer Spezialistentätigkeiten und 46.100 auf die Ebene der fachlich ausgerichteten Tätigkeiten.91 Das IW Köln kommt zu dem Ergebnis, dass sich die „guten Arbeitsmarktsignale“ der vergangenen Jahre positiv auf die MINT-Studienanfängerzahlen ausgewirkt hätten. Seit 2005 sei die Zahl der MINT-Studierenden deutlich von 131.200 auf 190.900 im Jahr 2012 gestiegen. Auch unter Berücksichtigung der sehr hohen Abbrecherquoten dürfte der Bedarf an MINT-Akademikern zukünftig nahezu vollständig gedeckt werden, so die IW-Experten. Eine besondere Herausforderung ergebe sich aber im beruflichen Segment, denn hier sinke aufgrund des demografischen Wandels das Arbeitskräfteangebot so stark, dass nicht einmal mehr der demografische Ersatzbedarf befriedigt werden könne. Eine weitere Expansion der Erwerbstätigkeit von MINT-Fachkräften sei bei den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht möglich. Insgesamt , so das IW Köln, dürften ohne Fachkräftesicherungsmaßnahmen am Ende des Jahrzehnts rund 1,4 Millionen MINT-Fachkräfte fehlen. Berücksichtige man lediglich den Ersatzbedarf, würden auch so immer noch 0,7 Millionen MINT-Fachkräfte fehlen. 89 Informationen finden sich auf der Homepage der Initiative: https://www.mintzukunftschaffen.de/index.php?id=1 (letzter Abruf am 5. März 2014). 90 Anger, Christina u.a. (2013), S. 7-8. 91 Vgl. Statement von Michael Hüther, Leiter des IW Köln, anlässlich der Pressekonferenz am 28. Oktober 2013 in Berlin zum MINT-Herbstreport, S. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 32 Die Autoren des MINT-Herbstreport 2013 empfehlen für den berufliche Bereich im MINT- Segment: „Zum einen sollten neue Wege zur Stärkung der Zuwanderung beschritten werden. Die Neuregelung der Beschäftigungsverordnung ist diesbezüglich ein Schritt. Darüber hinaus sollten junge Menschen aus dem Ausland stärker für eine Ausbildung in Deutschland gewonnen werden. (…) Zum anderen sind die Potenziale junger Erwachsener ohne abgeschlossen Berufsausbildung weiter zu erschließen. Deren Anteil konnte in den letzten Jahren bereits deutlich gesenkt werden, da viele Unternehmen bereits heute versuchen, durch Nachqualifizierungsangebote Fachkräftesicherung zu betreiben. Auch sollte das Potenzial der Schüler für eine MINT-Ausbildung verbreitert werden. Hierzu ist für MINT- Berufe im Rahmen der Berufsorientierung stärker zu werben. Die Anstrengungen zur Werbung für MINT-Berufe sind seitens der Wirtschaft noch einmal forciert worden. Dazu sollte der Technikunterricht an Schulen gestärkt werden.“92 4.10. DIHK-Arbeitsmarktreport Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat im Herbst 2012 im Rahmen einer Unternehmensumfrage zur Wirtschaftslage auch Fragen zu dem Thema Fachkräftesicherung gestellt . Mehr als 20.000 Unternehmen haben geantwortet, die vom DIHK ausgewertet wurden. Die Antworten stammen aus der Industrie (32 Prozent), aus der Bauwirtschaft (7 Prozent), aus dem Handel (22 Prozent) und aus den Dienstleistungen (39 Prozent).93 29 Prozent der befragten Unternehmen konnten offene Stellen zwei Monate und länger nicht besetzen , im Jahr 2011 galt diese für 37 Prozent der Unternehmen. Stellenbesetzungsprobleme zeigten sich besonderes häufig bei Zeitarbeitsbetrieben, Gesundheits- und Sozialdienstleistungen, in Ingenieurbüros, in Betrieben der Spitzentechnologie sowie bei IT-Dienstleistern, aber auch im Gastgewerbe und im Ausbaugewerbe. Fachkräfteengpässe waren über alle Qualifikationsniveaus hinweg feststellbar. Am häufigsten blieben Stellen für Fachkräfte im Bereich technischer Berufe unbesetzt, denn fast die Hälfte der Betriebe mit Stellenbesetzungsproblemen fand keine technisch ausgebildeten Fachkräfte. Neubesetzungen infolge des Ausscheidens Älterer waren das häufigste Motiv bei der Suche nach Fachkräften (51 Prozent). 43 Prozent der Betriebe sahen der Umfrage zufolge ihre Wachstumspotenziale in Produktion und Service gefährdet. Dies betraf vielfach technikorientierte Bereiche wie beispielweise den Maschinenbau.94 Auch im DIHK-Arbeitsmarktreport wird empfohlen, sowohl inländische Potenziale zu fördern, als auch Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften zu erleichtern. Unter anderem heißt es in dem Report: 92 Anger, Christina u.a. (2013), S. 10. 93 Hardege, Stefan; Hartig, Sandra (2013), S. 1. 94 Harde, Stefan; Hartig, Sandra (2013), S. 2-3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 33 „Auszubildende aus dem Ausland stellen für die Betriebe zunehmend eine Option dar. Neben der fachlichen Ausbildung sind dabei der Spracherwerb sowie die Integration wesentliche Schwerpunkte. Viele Betriebe unterstützen ihre ausländischen Azubis auch außerhalb des betrieblichen Umfelds. Gerade kleine Betriebe können eine solche Betreuung allerdings oft alleine nicht leisten. Entsprechende öffentliche Fördermöglichkeiten müssen deshalb betriebsnah und unbürokratisch umgesetzt werden.“95 4.11. Studie des DIW Der Wissenschaftler Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat im Jahr 2010 einen kurzfristigen Fachkräftemangel in naturwissenschaftlich-technischen Berufen verneint. Gegenstand der Analyse waren auch Facharbeiterqualifikationen, die vor allem in der Industrie benötigt werden. Untersucht hat Brenke die aktuelle Situation mit Blick auf die Ausbildung der nächsten vier bis fünf Jahre. Er kommt zu dem Ergebnis, dass in den nächsten fünf Jahren angesichts stark gestiegener Studentenzahlen noch nicht damit zu rechnen sei, dass in technisch -naturwissenschaftlichen Berufsfeldern ein starker Engpass beim Arbeitskräfteangebot eintrete . Mittel- und langfristige Trends waren nicht Gegenstand der Untersuchung.96 Gegen einen aktuellen Fachkräftemangel spreche zum einen, dass der in der Krise begonnene Arbeitsplatzabbau in der Industrie gerade erst zum Stillstand gekommen sei. Noch im August 2010 habe die Zahl der Beschäftigten in dem Sektor um gut 300.000 unter dem Vorkrisenniveau gelegen. Zudem habe sich seit 2008 die Arbeitsmarktsituation in den meisten technischnaturwissenschaftlichen Berufen verschlechtert. Dementsprechend sei fast bei allen Fachkräften die Zahl der Arbeitslosen höher als die Zahl der offenen Stellen. Die Absolventenzahlen in Ingenieurstudiengängen und in der betrieblichen Ausbildung ließen ebenfalls keinen Fachkräftemangel erkennen. Das gleiche gelte in anderen wichtigen Fächern wie der Humanmedizin, der Mathematik und den klassischen Naturwissenschaften, so Brenke. In all diesen Fächern sei die Zahl der Studenten deutlich stärker gewachsen als die Zahl der Studenten insgesamt. Hinsichtlich der Ausbildung von Facharbeitern vermutet der Autor der Studie, dass die Unternehmen nur deshalb nicht mehr ausbilden würden, weil sie dies wegen eines ausreichenden Fachkräfteangebotes nicht für erforderlich hielten. Lediglich im Gesundheitssektor zeichnet sich der Untersuchung zufolge momentan ein Fachkräftemangel ab: Bei Ärzten wie bei Krankenschwestern könnte demnach ein Engpass an Arbeitskräften entstehen. Abgesehen von Medizinern und einigen wenigen Fertigungsberufen gebe es jedoch keine Anzeichen für einen momentanen Fachkräftemangel. In einem Interview zu der Studie spricht der Autor stattdessen sogar in einigen Bereichen von einem möglichen Überangebot an Fachkräften. Brenke gibt zu Bedenken, dass konkrete Zahlen zum Fachkräftemangel nicht benannt werden könnten, da bislang keine geeigneten wissenschaftlichen Verfahren zur Berechnung einer Fachkräftelücke bekannt seien, die die Komplexität des Arbeitsmarktgeschehens und die Vielfalt der 95 Harde, Stefan; Hartig, Sandra (2013), S. 4. 96 Brenke, Karl (2010), S. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 34 Aspekte auf der Angebots- und der Nachfrageseite beachteten. Die verfügbaren amtlichen Daten reichten für eine korrekte Berechnung nicht aus. Brenke kritisiert in seinem Aufsatz insbesondere die Methodik des IW Köln.97 Diese Studie war sowohl innerhalb des DIW als auch unter anderen Arbeitsmarktexperten nicht unumstritten98. In einem Kommentar hob der damalige Präsident des DIW, Prof. Dr. Zimmermann hervor, dass bereits mittelfristig - schon aufgrund des unabwendbar zu erwartenden demografischen Einbruchs ab dem Jahr 2015 - der Fachkräftemangel zum bestimmenden Thema des Arbeitsmarktes werde. Die derzeit verfügbaren Arbeitsmarktindikatoren seien allerdings nur schlechte Sensoren für kurzfristige Arbeitskräfteknappheit.99 Prof. Dr. Zimmermann betonte in seiner Funktion als Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA)100 im Februar diesen Jahres erneut, dass es an wissenschaftlichen Instrumenten mangele , die eine detaillierte Ermittlung des tatsächlichen Fachkräftemangels möglich machten. In einer Stellungnahme vor dem Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales bemängelte er, dass aufgrund einer unzureichenden Datengrundlage und in Ermangelung belastbarer Indikatoren die bevorstehenden bzw. aktuell bereits auftauchenden Fachkräfte-Engpässe bislang nicht ausreichend präzise definiert werden könnten.101 5. Rechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitsmigration Grundsätzlich genießen Bürger der Europäischen Union und der EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein , Norwegen, Schweiz) Arbeitnehmerfreizügigkeit und können ohne Einschränkung in den EU-Mitgliedsländern arbeiten. Einreise und Aufenthalt für EU-Bürger regelt das Freizügigkeitsgesetz /EU (FreizügG/EU).102 Es gilt seit dem 1. Januar 2014 auch für Staatsangehörige der EU- Beitrittsländer Rumänien und Bulgarien. Angehörige so genannter Drittstaaten können nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Beschäftigung in Deutschland aufnehmen. Drittstaatsangehörige fallen in der Regel unter die Bestimmungen des AufenthG.103 97 Brenke Karl (2010), S. 3ff. Vgl. zu dem wissenschaftlichen Disput auch die Erwiderung des IW vom 18. November 2010. http://www.iwkoeln.de/LinkClick.aspx?fileticket=g7sOArRj62U%3D&tabid=252 (letzter Abruf am 23. Januar 2012). 98 Haas, Sibylle; Riedl, Thorsten (2010). Eine These, die nicht passt. Maulkorb für den Arbeitsmarktexperten des DIW: Süddeutsche Zeitung vom 17. November 2010. 99 Zimmermann, Klaus F. (2010). DIW-Wochenbericht, 46/2010. 100 Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann war bis Februar 2011 zugleich Präsident des DIW. 101 Zimmermann, Klaus F. (2011), S. 2. 102 Freizügigkeitsgesetz/EU vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 1986), das durch Artikel 14 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) geändert worden ist. 103 Schubert; Schaumberg, Kommentierung SGB III § 284, Rn 2, Rn 104. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 35 5.1. Regelungen im Aufenthaltsgesetz zur Arbeitsmigration Das AufenthG enthält die zentralen Regelungen zur Ein- und Ausreise, zur Erwerbstätigkeit und zur Förderung der Integration von Ausländern, die keine EU-Bürger sind. Gemäß § 1 AufenthG ist der Zweck des Gesetzes die Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen Deutschlands. Für Ausländer gilt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, dass sie eine Erwerbstätigkeit nur ausüben dürfen, wenn ihr Aufenthaltstitel sie dazu berechtigt. Ausländer dürfen nur beschäftigt oder mit anderen entgeltlichen Dienst- oder Werkleistungen beauftragt werden, wenn sie einen solchen Aufenthaltstitel besitzen (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Einem Ausländer, der keine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung besitzt, kann die Ausübung einer Beschäftigung nur erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung einer Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist ( § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Jeder Aufenthaltstitel muss erkennen lassen, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt ist. Es gibt vier Arten von Aufenthaltstiteln: Das Visum für die Einreise und den kurzfristigen Aufenthalt in Deutschland (§ 6 AufenthG), die befristete Aufenthaltserlaubnis für einen längerfristigen , aber zweckgebundenen Aufenthalt in Deutschland (§ 7 AufenthG), die unbefristete Niederlassungserlaubnis als inhaltlich weitgehend unbeschränktes Aufenthaltsrecht (§ 9 AufenthG), das insbesondere die Ausübung einer Tätigkeit erlaubt und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG (§ 9a AufenthG).104 § 18 AufenthG ist die zentrale Vorschrift, die den Arbeitsmarktzugang für Drittstaatsangehörige regelt.105 Demnach orientiert sich die Zulassung ausländischer Beschäftigter an den Erfordernissen des Wirtschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem deutschen Arbeitsmarkt (§ 18 Abs. 1 AufenthG). Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie der Europäischen Union sind weitere Regelungen für die Zuwanderung hochqualifizierter Fachkräfte aus Drittstaaten hinzugekommen . Gemäß § 18b AufenthG erhalten ausländische Absolventen deutscher Hochschulen bereits nach zwei Jahren eine Niederlassungserlaubnis, wenn sie über einen Aufenthaltstitel nach §§ 18 und 18a AufenthG zum Zwecke der Beschäftigung, nach § 19a AufenthG in Gestalt der Blauen Karte EU oder nach § 21 AufenthG für eine selbständige Tätigkeit verfügen. Zusätzlich müssen sie ei- 104 Bünte; Knödler (2008), S. 744. 105 Schubert; Schaumberg, Kommentierung SGB III § 284, Rn 108. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 36 nen Arbeitsplatz nachweisen, der ihrem Abschluss angemessen ist und mindestens 24 Monate Rentenversicherungsbeiträge entrichtet haben.106 § 18 c Abs. 3 AufenthG ermöglicht zudem einen bis zu sechs Monate dauernden Aufenthalt für Ausländer, die einen ausländischen oder inländischen Hochschulabschluss vorweisen können. In diesen sechs Monaten kann der Ausländer einen seiner Qualifikation angemessenen Arbeitsplatz suchen, wenn sein Lebensunterhalt gesichert ist. Mit dieser Regelung wird zum ersten Mal im Interesse einer Gewinnung von Fachkräften die Einreise nach Deutschland mit dem Ziel der Beschäftigung ermöglicht, ohne dass ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegen muss.107 Auch für Fachkräfte ohne Hochschulabschluss wurden Neuerungen im AufenthG eingeführt. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 27 Abs. 1 Nr. 4 BeschV besteht nun die Möglichkeit, dass jeder ausländische Arbeitnehmer, der in Deutschland eine betriebliche Ausbildung durchlaufen hat, in Deutschland ohne Vorrangprüfung eine seiner Qualifikation angemessene Beschäftigung aufnehmen kann. Wer eine betriebliche Ausbildung in Deutschland absolviert hat, kann seine Erwerbsbiographie in Deutschland fortsetzen. Auch hier ist, ähnlich wie bei den Studienabsolventen , gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ausbildungsabschluss eine Phase der Arbeitsplatzsuche von bis zu einem Jahr möglich.108 Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 AufenthG muss die Bundesagentur für Arbeit der Ausübung einer Beschäftigung zustimmen. Die Bundesagentur kann zustimmen, wenn sich durch die Beschäftigung von Ausländern keine nachteiligen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ergeben, kein anderer deutscher Arbeitnehmer oder ihm gleichgestellte andere Ausländer zur Verfügung stehen und der Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wird (§ 39 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a,b und § 39 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, so genannte Vorrangprüfung). Der im AufenthG geregelte Grundsatz der Zustimmungspflicht der Bundesagentur für Arbeit kann ausnahmsweise durch eine entsprechende Rechtsverordnung durchbrochen werden. In einer Rechtsverordnung, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Zustimmung des Bundesrates erlassen wird, kann bestimmt werden, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit möglich ist.109 5.2. Das Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz Seit dem 1. Januar 2009 gelten neue Regelungen für hochqualifizierte Arbeitskräfte und ihre Beschäftigung in Deutschland. In der Begründung des Arbeitsmigrationssteuerungsgesetzes 106 Bünte; Knödler (2012), S. 1258. 107 Bünte, Knödler (2012), S. 1258. 108 Bünte; Knödler (2012), S. 1259. 109 Bünte; Knödler (2008), S. 746. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 37 (AMStgG)110 heißt es, dass Deutschlands Position im internationalen Wettbewerb um hochqualifizierte Fachkräfte gestärkt werden soll. „Deutschland will vor allem die Potenziale derjenigen jungen Ausländer und Ausländerinnen nutzen, die durch Integration im Inland mit der deutschen Kultur vertraut sind und hier ihre Ausbildung absolvieren („Bildungsinländer und – inländerinnen“).“111 Ergänzend wurde § 18a neu in das AufenthG aufgenommen. Damit wird eine zusätzliche Option zur Anwerbung qualifizierter Fachkräfte gegeben. Geduldete Ausländer, die entweder eine Berufsausbildung oder ein Studium in Deutschland abgeschlossen haben, bereits mit einer entsprechenden Qualifikation eingereist sind oder die sich im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit in Deutschland qualifiziert haben, können eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn sie ein Arbeitsplatzangebot gemäß ihrer beruflichen Qualifikation haben.112 5.3. Die Beschäftigungsverordnung Mit Wirkung vom 1. August 2013 trat die neugefasst Beschäftigungsverordnung (BeschV) 113 in Kraft. Sie steuert die Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und bestimmt, unter welchen Voraussetzungen sie und die bereits in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer zum Arbeitsmarkt zugelassen werden können (§ 1 Abs. 1 BeschV). Die BeschV regelt insbesondere, in welchen Fällen ein Aufenthaltstitel, der einem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt, ohne Zustimmung der BA erteilt werden kann, in welchen Fällen dies mit Zustimmung der BA möglich und wann dies nur nach Durchführung einer Vorrangprüfung in Frage kommt.114 In ihrem zweiten Teil (§§ 2 bis 9) enthält die Verordnung Regelungen zur Zuwanderung von Fachkräften, die eine akademische oder – dieser Aspekt ist neu - berufliche Ausbildung haben. Unter anderem gilt für Hochqualifizierte, Inhaber der Blauen Karte EU und Hochschulabsolventen gemäß § 2 Abs. 1 BeschV: – Hochqualifizierte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 BeschV i.V.m. § 19 AufenthaltsG): Erteilung einer Niederlassungserlaubnis an Hochqualifizierte, insbesondere an Wissenschaftler mit besonderen fachlichen 110 Gesetz zur arbeitsmarktadäquaten Steuerung der Zuwanderung Hochqualifizierter und zur Änderung weiterer aufenthaltsrechtlicher Regelungen (Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz) vom 20. Dezember 2008 (BGBl I S. 2846). 111 BT-Drs. 16/10288 vom 22. September 2008, Entwurf eines Gesetzes zur arbeitsmarktadäquaten Steuerung der Zuwanderung hochqualifizierter und zur Änderung weitere aufenthaltsrechtlicher Regelungen (Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz ), S. 8. 112 Göbel-Zimmermann, Kommentierung § 18a AufenthG. In: Huber, Aufenthaltsgesetz, 1. Auflage 2010, Rn 1. 113 Beschäftigungsverordnung vom 6. Juni 2013 (BGBl. I S. 1499), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 31. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3903) geändert worden ist. 114 Mävers, Gunther (2013), S. 485. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 38 Kenntnissen oder Lehrpersonen in herausgehobener Funktion oder wissenschaftliche Mitarbeiter in herausgehobener Funktion. – Blaue Karte EU (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 BeschV): Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an Ausländer, die einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen und die ein Gehalt in Höhe von mindestens zwei Dritteln der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung erhalten. – Hochschulabsolventen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 BeschV): Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer der beruflichen Qualifikation angemessenen Beschäftigung an Ausländer mit einem inländischen Hochschulabschluss115 Ausländern, die im Inland eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf erworben haben, kann gGemäß § 6 Abs. 1 BeschV die Zustimmung zur Ausübung einer der beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung erteilt werden. Ausländern, die ihre Berufsqualifikation im Ausland erworben haben kann nach § 6 Abs.2 Nr. 2 BeschV ebenfalls eine Zustimmung zur qualifikationsangemessenen Beschäftigung erteilt werden , wenn die Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation mit einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung festgestellt wurde und die BA die Besetzung der offenen Stelle mit ausländischen Bewerbern für arbeitsmarkt- und integrationspoltisch verantwortbar hält. 6. Effekte der Zuwanderung Im Folgenden werden Studien und Analysen vorgestellt, die die Effekte der Zuwanderung für den deutschen Arbeitsmarkt und die deutschen Staatsfinanzen beschreiben. In diesem Zusammenhang ist auf die umfangreiche Integrations- und Migrationsforschung hinzuweisen, die sich neben vielen anderen Aspekten auch mit Integrationsdefiziten von Zuwanderern und ihren Auswirkungen beschäftigt. Dabei geht es naturgemäß auch um die Integration von Migrantinnen und Migranten in den deutschen Arbeitsmarkt und das deutsche Bildungssystem. Seit 2005 liegen aufgrund entsprechender Erhebungen des Statistischen Bundesamtes (Mikrozensus) Informationen über knapp 16 Millionen Personen mit Migrationshintergrund vor116. Auf die zahlreichen Studien und Analysen aus diesem Forschungsbereich kann hier nicht näher eingegangen werden. 115 Mävers, Gunther (2013), S. 485ff. 116 Vgl. Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/MigrationIntegration/MigrationInteg ration.html (letzter Abruf am 26. März 2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 39 6.1. Zwölf gute Gründe für Zuwanderung (IW Köln) Die Autoren eines „Policy-Papers“ des IW Köln befürworten eine gesteuerte Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte nach Deutschland. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und angesichts der Tatsache, dass sich die Struktur der Zuwanderer hinsichtlich Qualifikation und Herkunft von Zuwanderern aus den 1990er- Jahren, deutlich unterscheide, hat das IW Köln mehrere Gründe für eine gezielte Zuwanderung nach Deutschland aufgelistet. Unter anderem stärke Zuwanderung die Wirtschaft, weil sie das Potenzial an Fachkräften vergrößere , internationale Aktivitäten von Unternehmen erleichtere und die Innovationskraft und das Wachstum steigere. Zuwanderung stärke zudem die öffentlichen Haushalte, denn die Zugewanderten zahlten in die Sozialsysteme ein und vergrößerten damit die Einnahmen der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung und entlasteten die öffentlichen Haushalte insgesamt.“119 Zuwanderung reduziere Fachkräfteengpässe, so das IW Köln. Insbesondere im MINT-Bereich und in den Gesundheits- und Sozialberufen sei Deutschland aufgrund der demografischen Entwicklung und der damit einhergehenden „Verknappung der Arbeitsangebots“ auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. Ohne verstärkte Zuwanderung sei schon im Jahr 2020 mit einer Lücke von insgesamt 1,4 Millionen beruflich qualifizierten MINT-Fachkräften und 100.000 MINT- Akademikern zu rechnen.120 Zuwanderer stellten bereits heute ein bedeutendes Arbeitskräftepotenzial dar und könnten einen Beitrag zur Sicherung der akademischen Fachkräftebedarfs leisten. Sie seien im Schnitt jünger als die Gesamtbevölkerung, hätten häufiger einen Hochschulabschluss und seien inzwischen häufiger in Fach- und Führungspositionen tätig. Bislang seien aber nur wenige Fachkräfte mit Engpassqualifikationen im beruflichen Bereich zugewandert, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen sei, dass für beruflich Qualifizierte erst seit 2013 weitere Zugangswege eröffnet wurden und eine Zuwanderung über das Ausbildungssystem bislang eher die Ausnahme sei.121 Da der Bedarf an medizinischem Personal und Pflegekräften auch aufgrund der Alterung der Bevölkerung stark ansteigen werde, müsse die Zahl der Fachkräfte in Pflege- und Gesundheitsberu- 119 Geis, Wido; Kemeny, Felicitas (2014), S. 2. 120 Geis, Wido; Kemeny, Felicitas (2014), S. 6. Vgl. auch MINT-Herbstreport 2013 des IW-Köln, der unter Punkt 4.8. vorgestellt wird. 121 Geis, Wido; Kemeny, Felicitas (2014), S. 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 40 fen in den kommenden Jahren deutlichen ansteigen. Hierbei könne Zuwanderung eine zentrale Rolle spielen.122 Das IW Köln empfiehlt mehrere Schritte, um die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte nach Deutschland zu forcieren. Unter anderem müsse das Zuwanderungsrecht weiterentwickelt und die Arbeitssuche für beruflich Qualifizierte erleichtert werden. Zudem sei die Anerkennung ausländischer Berufe häufig mit substanziellen Kosten für die Zuwanderer verbunden und bei einer Teilanerkennung stehe nicht in jedem Fall eine passgenaue Weiterbildung zur Verfügung. 6.2. Auswirkungen auf Arbeitsmarkt und Sozialstaat (Bertelsmann) Der Autor der Studie weist zunächst auf einige grundlegende Veränderungen in der Qualifikationsstruktur von Zuwanderern, die seit dem Jahr 2000 zugewandert sind, hin. Demnach weisen die sogenannten Neuzuwanderer, die in den vergangenen zehn Jahren nach Deutschland gekommen sind, eine immer bessere Qualifikationsstruktur auf. In der Zeit von 2000 bis 2009 sei unter den Erwerbsfähigen im Alter von 15 bis 65 Jahren der Anteil an Personen mit tertiären Bildungsabschlüssen (Promotion, Universitäts- und Fachschulabschluss, Meister- und Technikerabschluss, Abschluss einer dreijährigen Ausbildung im Gesundheitswesen) von 23 auf 43 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum habe sich der Anteil von Personen ohne einen beruflichen Bildungsabschluss in dieser Gruppe von 41 auf 25 Prozent reduziert. Auch der Anteil der Studenten an den Neuzuwanderern in Deutschland sei deutlich gestiegen. Besuchten im Jahr 2000 noch 14 Prozent eine Universität oder Fachhochschule in Deutschland, so sei der Anteil bis zum Jahr 2009 auf 21 Prozent gestiegen.123 Die Neuzuwanderer seien damit am oberen Ende des Bildungsspektrums im Durchschnitt besser qualifiziert als die Bevölkerung in Deutschland insgesamt und die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund . Allerdings sei der Anteil von Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung und ohne höhere allgemeinbildende Schulabschlüsse mit 25 Prozent unter den Neuzuwanderern höher als in der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter insgesamt (16 Prozent) und in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (12 Prozent). Die Veränderung der Bildungsstruktur bei den Neuzuwanderern habe bislang wenig Einfluss auf die Zusammensetzung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Das Bildungsgefälle zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund sei in Deutschland nach wie vor hoch. Doch die Steigerung des Qualifikationsniveaus der neu zugewanderten Personen zeige einen signifikanten Trend zu einer höher qualifizierten Zuwanderung. Dies sei, so die Studie, auf vielfältige Ursachen zurückzuführen wie zum Beispiel einem generellen Anstieg des Bildungsniveaus in den Herkunftsländern, eine Verschiebung in der Struktur der Herkunftsländer der Migration 122 Geis, Wido; Kemeny, Felicitas (2014), S. 16. 123 Brücker, Herbert (2013b), S. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 41 zu Gunsten der mittel- und osteuropäischen Länder, die ein besonders hohes Bildungsniveau aufweisen und ein allgemeiner Trend zu einer höheren Mobilität unter den Hochqualifizierten.124 Die Studie untersucht die Wirkungen der Migration auf den Arbeitsmarkt und die Gesamtwirtschaft . In der Debatte um Zuwanderung stehe immer wieder auch die Befürchtung im Mittelpunkt , dass von einer Zuwanderung die Gefahr sinkender Löhne und steigender Arbeitslosenquoten ausgehe. Doch dies sei nicht zwingend der Fall, so die Studie. Denn Kapital-, Güter- und Arbeitsmärkte sowie Produktionsstrukturen passten sich einem veränderten Arbeitsangebot an. Dies können die Lohn- und Beschäftigungseffekte der Migration in offenen Volkswirtschaften neutralisieren.125 „Die Struktur der Zuwanderung ist (…) zentral, um die Auswirkungen der Migration auf die Verteilung von Arbeitseinkommen und Beschäftigungschancen einschätzen zu können. Sie kann auch auf gesamtwirtschaftlicher Ebene einen Einfluss auf die Arbeitslosenquote haben: Stellen wir uns einen zweigeteilten Arbeitsmarkt vor. Das eine Segment dieses Arbeitsmarktes zeichnet sich durch hohe Arbeitslosigkeit und geringe Lohnflexibilität aus, das andere durch niedrige Arbeitslosigkeit und hohe Lohnflexibilität. Wenn die Migration das Arbeitsangebot in dem flexiblen Segment erhöht, steigt die Arbeitsnachfrage und die Beschäftigung in dem inflexiblen Segment, so dass gesamtwirtschaftlich die Arbeitslosenquote sinkt. Im umgekehrten Fall steigt die Arbeitslosenquote. Hier liegt der rationale Kern einer Steuerung der Zuwanderung nach Qualifikation oder Berufen. (…) Die Zuwanderung führt zu einer größeren Diversität oder Vielfalt des Arbeitsangebotes, die nach dem Gesetz des komparativen Vorteils zu einem Anstieg der Produktivität und des technologischen Fortschritts führen kann. So können qualifizierte und hochqualifizierte Migranten den Pool des verfügbaren Wissens erweitern und durch ihren kulturellen Hintergrund neue Ideen in den Innovations- und Produktionsprozess einbringen, die die Rate des technischen Fortschritts erhöhen. Es sind jedoch nicht allein die qualifizierten und hochqualifizierten Migranten, die zu einer Beschleunigung des technologischen Wandels beitragen können. So kann die Zuwanderung von geringer Qualifizierten dazu führen, dass einheimische Arbeitskräfte stärker in Bildung und Ausbildung investieren, so dass Ressourcen für humankapitalintensive Aktivitäten freigesetzt werden, die wiederum die Rate des technischen Fortschritts erhöhen.“126 Mit Hilfe des so genannten Schätzansatzes werden in der Studie drei Szenarien dargestellt, die unterschiedliche Qualifikationsniveaus der Zuwanderer zugrundelegen: Das geringere Qualifikationsniveau der bereits in Deutschland lebenden Personen mit Migrationshintergrund, das verbesserte Qualifikationsniveau von 2008/2009 und ein sehr hohes Qualifikationsniveau. Insgesamt gesehen würden die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen der Migration in allen drei Szenarien recht gering ausfallen, so der Autor. Wichtiger als die aggregierten Effekte seien jedoch die Wirkungen auf die einzelnen Gruppen im Arbeitsmarkt. Bei einer vergleichbar geringen Qualifikation und bei verbesserter Qualifikation würden vor allem die bereits im Land lebenden Migran- 124 Brücker, Herbert (2013b), S. 14 125 Brücker, Herbert (2013b), S. 18. 126 Brücker, Herbert (2013b), S. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 42 ten verlieren. Ihre Löhne würden sinken und die Arbeitslosigkeit steige in dieser Gruppe deutlicher als bei Personen ohne Migrationshintergrund. Bei der Zuwanderung mit sehr hohem Qualifikationsniveau gewinne die Volkswirtschaft sehr deutlich durch den Rückgang der Arbeitslosenquote. Bei den beiden Gruppen mit und ohne Migrationshintergrund würden die Löhne nahezu unverändert bleiben und bei beiden Gruppen gehe die Arbeitslosenquote zurück.127 Die Bertelsmann-Studie gelangt zu dem Schluss, dass sich durch die verbesserte Qualifikationsstruktur der Neuzuwanderer die Wirkungen für den Sozialstaat verändern. Langfristig ergäben sich neutrale oder sogar positive Effekte für den Arbeitsmarkt und die Sozialversicherungssysteme . Ziel deutscher Zuwanderungspolitik müsse es daher sein, insbesondere qualifizierte Arbeitskräfte für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen. Wichtig sei eine gezielte Anwerbestrategie. Neben Sprachproblemen behinderten Unterschiede in den Bildungs- und Berufsausbildungssystemen, aber auch Informationsdefizite die Einstellung von Arbeitskräften aus dem Ausland. Die wenigen vorliegenden Erkenntnisse, so der Autor der Studie, sprächen nicht dafür, dass das neue Anerkennungsgesetz zu einem wesentlichen Anstieg der Zahl anerkannter Abschlüsse geführt hätte. Auch seien deutsche Unternehmen häufig schlecht über Inhalt und Qualität von Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen im Ausland informiert . Es werde deshalb eine Anwerbestrategie benötigt, an der Unternehmen und ihre Verbände , Auslandshandelskammern, die BA als internationaler Arbeitsvermittler, das Auswärtige Amt, Universitäten und Goethe-Institut zusammenwirken, um die Schwellen für die Migration und die Einstellung von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland zu senken.128 6.3. Finanzierungsbeitrag von Migranten (IZA) Der Wissenschaftler Holger Bonin hat versucht, mit einer Analyse des Finanzierungsbeitrags von Ausländern zu den deutschen Staatsfinanzen für das Jahr 2004, eine andere Perspektive in die Diskussion um Zuwanderung und Arbeitsmigration einzubringen. Bislang, so der Autor, sei die fiskalische Dimension von Zuwanderung und Integration zu sehr auf die Themen „Zuwanderung in die Sozialsysteme“ und die schwierige Arbeitsmarktlage vieler Zuwanderer und die daraus resultierende Belastung für die öffentlichen Haushalte verengt worden. Dass die in Deutschland lebenden Zuwanderer mehrheitlich gut in den Arbeitsmarkt integriert seien und folglich einen nennenswerten Finanzierungsbeitrag zu den öffentlichen Haushalten leisteten, gerate dabei aus dem Blickfeld. Der Autor befürwortet ein Punktesystem zur aktiven Auswahl von Zuwanderern und die Integration der Zuwanderer unter Arbeitsmarktaspekten, um den positiven Effekt der Arbeitsmigration zu steigern.129 Bonin hat in einer Studie für das Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) errechnet, dass in Deutschland lebende Ausländer im Jahr 2004 einen Finanzierungsbeitrag zu den öffentlichen 127 Brücker, Herbert (2013b), S. 25ff 128 Brücker, Herbert (2013b), S. 33ff. 129 Bonin, Holger (2007), S. 43ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 43 Haushalten von knapp 2.000 Euro pro Kopf geleistet haben. Auch wenn sich dieser Finanzierungsbeitrag langfristig aufgrund der Alterung der ausländischen Bevölkerung verschlechtern werde, so die Studie, werde er auch in Zukunft eindeutig positiv sein. Bonin weist allerdings einleitend auf eine Studie aus dem Jahr 2001 von Hans-Werner Sinn, Gebhard Flaig und Michael Werding hin, die zu dem gegenteiligen Ergebnis kommt. Danach seien Ausländer Nettoempfänger staatlicher Leistungen, die empfangenen Transferleistungen seien also höher als die von ihnen geleisteten Steuern und Beiträge. Die positive Bilanz der ausländischen Bevölkerungsgruppe ergebe sich, so die IZA-.Studie, aus ihrer Altersstruktur, die sich deutlich von der der Deutschen unterscheide. Der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter, nämlich der Anteil der 20 bis 60-jährigen, habe im Jahr 2004 genau 68,2 Prozent betragen und sei damit deutlich höher gewesen als der Anteil dieser Altersgruppe in der deutschen Bevölkerung mit 55,9 Prozent. Dagegen seien nur 9,1 Prozent der Ausländer in Deutschland älter als 60 Jahre und damit Nettoempfänger staatlicher Leistungen. Bei der Gruppe der Deutschen seien immerhin 22 Prozent im Rentenalter und damit Transferempfänger. Der Altersstruktureffekt verbessere also den Finanzierungsbeitrag der ausländischen Bevölkerung im relativen Vergleich. Ausländer zahlten insgesamt an Steuern und Beiträgen pro Kopf durchschnittlich 7.414 Euro, Deutsche zahlten pro Kopf durchschnittlich 10.831 Euro an Steuern und Beiträgen. Ausländer erhielten Transferleistungen in Höhe von durchschnittlich 5.460 Euro pro Kopf, Deutsche erhielten durchschnittlich 7.473 Euro Transferleistungen pro Kopf. Damit lag der Finanzierungsüberschuss von Ausländern bei 1.954 und von Deutschen bei 3.338 Euro pro Kopf. Der Finanzierungsbeitrag der Ausländer war damit zwar deutlich geringer als der der Deutschen, aber „eindeutig positiv“.130 Die hohe Arbeitslosigkeit unter den Ausländern zeige sich, so die Studie, anhand der massiv höheren Ausgaben pro Kopf für Arbeitslosengeld und Sozialhilfe. Bei den übrigen Sozialversicherungen profitierten Ausländer allerdings weniger von Leistungen als Deutsche. Bei der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung liege dies überwiegend am relativ günstigen Altersaufbau der ausländischen Bevölkerung. Allerdings sei auch die altersspezifische Inanspruchnahme der Sozialversicherungsleistungen tendenziell geringer. In der Krankenversicherung zeigten sich beispielsweise – mit Ausnahme der obersten Altersjahrgänge – seltenere Arztbesuche und kürzere Klinikaufenthalte. Ausländer erhielten zudem pro Kopf weniger Wohngeld, Mutterschaftsgeld und Leistungen nach dem BAföG. Wegen der höheren Geburtenrate erhielten sie etwas mehr Kindergeld als Deutsche.131 Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bei einem geschätzten positiven Finanzierungsbeitrag von rund 2.000 Euro pro Kopf im Jahr 2004 die von den rund 7,2 Millionen Ausländern geleisteten Steuern und Beiträge die empfangenen Transfers um 14,1 Milliarden Euro überstiegen haben. 130 Bonin, Holger (2006), S. 7-8. (Die Zahlen und Beträge dieser Untersuchung beziehen sich nur auf das Jahr 2004.) 131 Bonin, Holger (2006), S. 9ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 44 Auch unter Berücksichtigung des Alterungsprozesses der ausländischen Bevölkerung und einer Verringerung des Überschusses bleibe der Finanzierungsbeitrag auch zukünftig positiv.132 7. Fazit Ein flächendeckender Fachkräftemangel lässt sich in Deutschland nicht feststellen, aber in verschiedenen Branchen, Berufen und Regionen in Deutschland können bereits heute Fachkräfteengpässe beobachtet werden. Im Kontext der demografischen Entwicklung, Alterung sowie Schrumpfung der deutschen Bevölkerung, und des Strukturwandels der deutschen Wirtschaft (Stichwort Tertiärisierung) deutet vieles darauf hin, dass es in den kommenden Jahren zu einem qualifikatorische, beruflichen und regionalen Mismatch auf dem Arbeitsmarkt kommen wird. Ob sich zudem ein Fachkräftemangel insbesondere im mittleren und hohen Qualifikationsniveau entwickelt, hängt vom Erfolg der Strategien und Maßnahmen ab, mit denen einer solchen Entwicklung entgegengesteuert wird. Die verschiedenen Studien und Analysen unterscheiden sich in ihren jeweiligen methodischen Ansätzen und ihren Annahmen für einzelne Projektion. Deshalb kann hier nicht von einem einheitlichen Bild gesprochen werden, sondern die einzelnen Studien müssen für sich betrachtet und eingeordnet werden. Insbesondere ist hier der Hinweis des IAB zu beachten, dass die verschiedenen Parameter, die den Arbeitsmarkt beeinflussen, nicht starr seien, sondern zumindest langfristig Anpassungsprozesse von Kapital-, Güter- und Arbeitsmärkten sowie von Produktionsprozessen angesichts eines veränderten Arbeitsangebots zu erwarten seien. Das IAB spricht deshalb nicht von einem zu erwartenden Fachkräftemangel, sondern von einem Mismatch. Allerdings sind sich die Wissenschaftlicher weitgehend einig, dass die langfristigen Folgen des demografischen Wandels für den deutschen Sozialstaat mit Hilfe verschiedenen Maßnahmen gemildert werden müssen. Viele Handlungsempfehlungen für die Politik gehen von einer Doppelstrategie aus. So sollen einerseits die Potenziale der vorhandenen inländischen Arbeitskräfte stärker ausgeschöpft und andererseits bürokratische Hürden für die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland abgebaut werden. Vorgeschlagen wird insbesondere eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Beschäftigten, aber auch eine bessere Qualifizierung von Schülern und Auszubildenden. Hier machen die Forschungsinstitute eine Vielzahl von Vorschlägen, insbesondere zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zu flexiblen Arbeitszeitmodellen in den Unternehmen. Ein großes Reservoir bilden die Frauen, die zu einem großen Teil sehr gut ausgebildet sind, aber vor allem während der Familiengründungsphase dem Arbeitsmarkt nicht voll zur Verfügung stehen können. Die Teilzeitquote von Frauen in Deutschland liegt deutlich über dem EU- Durchschnitt. Zudem ist die Wochenarbeitszeit teilzeitbeschäftigter Frauen im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten mit 18,5 Stunden relativ gering. Eine Steigerung der Arbeitszeit in Teilzeitbeschäftigungen wird daher empfohlen. Mehr Betreuungsangebote auch für Kleinkinder, 132 Bonin, Holger (2006), S. 14. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000-032/14 Seite 45 sowohl staatliche wie betriebliche, und familienfreundliche Arbeitszeiten und Modelle wie Telearbeit könnten zu einer höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen auch in Vollzeit führen. Die Erfahrung und das Know-how älterer Mitarbeiter rückt vor dem Hintergrund der Diskussion über einen Fachkräftemangel zunehmend in den Blick der Wissenschaft. Um ältere Arbeitnehmer länger im Unternehmen zu halten, wird verstärkt über alters- und alternsgerechte Arbeitszeitmodelle nachgedacht. Auch der Erhalt der Gesundheit am Arbeitsplatz wird in diesem Zusammenhang thematisiert. Der Bereich Bildung und Qualifizierung in der schulischen und beruflichen Ausbildung spielt ebenfalls mit Blick auf die verstärkte Nutzung vorhandener Potenziale eine große Rolle. So soll sowohl die Zahl der Schul- als auch der Studien-bzw. Ausbildungsabbrecher verringert werden. Im Bereich der Hochschulabsolventen haben sich die Studierendenzahlen erhöht und die Experten legen nun den Blick verstärkt auf die beruflich Qualifizierung. Sie befürchten für die kommenden Jahre einen verstärkten Arbeitskräftemangel im Bereich der beruflich Ausgebildeten. Dies ist eine Veränderung im Hinblick auf frühere Studien. Insbesondere in den MINT-Berufen befürchteten Institute wie das IW Köln eine zu geringe Zahl von Hochschulabsolventen, die den zukünftigen Bedarf angesichts ausscheidender Fachkräfte nicht decken können. Hier hat sich in einer aktuellen Prognose der Fokus nun stärker auf die berufliche Ausbildung verlagert. Nicht verändert haben sich die Perspektiven von gering Qualifizierten. Auch in Zukunft haben sie weniger gute Chancen am Arbeitsmarkt als beruflich oder akademisch ausgebildete Personen. Weiterhin einig sind sich die Wissenschaftler, dass Zuwanderung nach Deutschland angesichts der dargestellten Entwicklungen ebenso unverzichtbar ist. Empfohlen wird häufig eine gesteuerte Arbeitsmigration, die sich an den Erfordernissen auf dem deutschen Arbeitsmarkt und den entsprechenden Qualifikationen der Zuwanderer orientiert. Die in den Jahren 2012 und 2013 umgesetzten Reformen im Zuwanderungsrecht und bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse werden vielfach als richtiger Schritt in die richtige Richtung gewertet, aber häufig als nicht ausreichend angesehen. Deutschland müsse auch weiterhin gegenüber Zuwanderern eine stärkere „Willkommenskultur“ und eine Strategie zur Anwerbung von Fachkräften im Ausland entwickeln. Ziel müsse es sein, bei Fachkräften im Ausland eine höhere Bereitschaft zu erreichen , in Deutschland zu leben und zu arbeiten. 8. Literaturliste Angenendt, Steffen; Parkes, Roderick (2010). Blue Card – (noch) kein Erfolg? Perspektiven der EU- Migrationspolitik für hochqualifizierte Arbeitskräfte. 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