© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 029/19 Arbeitsschutz nach dem Arbeitszeitgesetz Gesetzliche Regelungen mit Ausnahmen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 029/19 Seite 2 Arbeitsschutz nach dem Arbeitszeitgesetz Gesetzliche Regelungen mit Ausnahmen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 029/19 Abschluss der Arbeit: 28. Februar 2019 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 029/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Tägliche Höchstarbeitszeit 5 2.1. Grundregel 5 2.2. Ausnahmen 5 3. Wochenendarbeit 5 3.1. Samstagsarbeit 5 3.2. Sonn- und Feiertagsarbeit 6 4. Nachtarbeit 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 029/19 Seite 4 1. Einleitung Wie lange ein Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, ergibt sich zunächst aus dem Arbeitsvertrag bzw. im Fall der Tarifbindung aus einem Tarifvertrag.1 Die konkrete Ausgestaltung der Arbeitszeit obliegt somit den Arbeitsvertragsparteien und dem einseitigen Direktionsrecht des Arbeitgebers. Um die Arbeitnehmer vor Überanstrengung am Arbeitsplatz sowie vorzeitigem Verschleiß ihrer Arbeitskraft zu schützen, enthält das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) öffentlich-rechtliche Schutzvorschriften zur Begrenzung der Höchstdauer der Arbeitszeit.2 Das Arbeitszeitgesetz, das seine europarechtliche Grundlage in der EU-Arbeitszeitrichtlinie3 findet, erfasst mit wenigen Ausnahmen4 alle Arbeitnehmer in allen Beschäftigungsbereichen. Bei Schwangeren und stillenden Müttern wie auch jugendlichen und schwerbehinderten Arbeitnehmern sind darüber hinaus besondere arbeitszeitschutzrechtliche Vorschriften vom Arbeitgeber zu beachten. Hauptziele des Arbeitszeitgesetzes sind die Gewährleistung von Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für flexiblere Arbeitszeiten (§ 1 Nr. 1 ArbZG). Was die Gewährleistung des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer anbelangt , kommt der Staat mit § 1 Nr. 1 ArbZG seiner Schutzpflicht aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) nach, wonach er durch geeignete Schutzvorschriften die körperliche Unversehrtheit der Arbeitnehmer sicherzustellen hat.5 Zudem dient das Gesetz dem Schutz des Sonntages und der staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung der Arbeitnehmer (§ 1 Nr. 2 ArbZG).6 1 Krause, Rüdiger, Arbeitsrecht, 3. Auflage 2015, § 9 Rn. 25. 2 Waltermann, Raimund, Arbeitsrecht, 18. Auflage 2016, § 21 Rn. 444. 3 Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, ABl. EU L 299 vom 18. November 2003, S. 9. 4 Vgl. die Sonderreglungen der §§ 18 ff. ArbZG. 5 Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht (ErfK)/Wank, 19. Aufl. 2019, ArbZG § 1 Rn. 5. 6 Vgl. dazu Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 029/19 Seite 5 2. Tägliche Höchstarbeitszeit 2.1. Grundsatz Nach § 3 Satz 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten. Das ArbZG geht somit von einem Acht-Stunden-Tag bei einer Sechs-Tage Woche als Grundmodell für die Arbeitszeitgestaltung aus.7 § 5 Abs. 1 ArbZG schreibt für die Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit grundsätzlich eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden vor. Gemäß § 5 Abs. 2 ArbZG kann die Ruhezeit auf zehn Stunden verkürzt werden, wenn im Gegenzug eine andere Ruhezeit auf zwölf Stunden verlängert wird. 2.2. Ausnahmen Der Grundsatz des Acht-Stunden-Tages wird zum einen durch § 3 Satz 2 ArbZG durchbrochen. Hiernach kann die werktägliche Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Die Ausdehnung auf zehn Stunden ist an keine Voraussetzungen gebunden und erweitert die Möglichkeiten für eine flexiblere Arbeitsgestaltung.8 Zum anderen werden von diesem Grundsatz abweichende Regelungen durch die Tariföffnungsklausel des § 7 ArbZG ermöglicht, wonach in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung Ausnahmen zugelassen werden können. Auch von den Ruhepausen- und Ruhezeitregelungen der §§ 4 und 5 ArbZG kann danach durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung unter Umständen abgewichen werden. 3. Wochenendarbeit 3.1. Samstagsarbeit Als Werktag wird jeder Tag definiert, der nicht ein Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist.9 Mithin ist der Samstag ein normaler Werktag. Ein gesetzliches Verbot der Samstagsarbeit gibt es nicht. Jedoch sind Samstagsarbeitsverbote zum Teil in den Tarifverträgen vorgesehen.10 Im Übrigen ist § 87 Abs. 1 Nr. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zu beachten, wonach die Verteilung der 7 Löwisch, Manfred; Caspers, Georg; Klumpp, Steffen (Löwisch/Caspers/Klumpp), Arbeitsrecht, 10. Auflage 2014, Rn. 244. 8 ErfK/Wank, 19. Aufl. 2019, ArbZG § 3 Rn. 1. 9 ErfK/Wank, 19. Aufl. 2019, ArbZG § 3 Rn. 2. 10 Löwisch/Caspers/Klumpp, Arbeitsrecht, 10. Auflage 2014, Rn. 256 mit Fallbeispiel. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 029/19 Seite 6 Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage – und somit auch über die Samstagsarbeit – der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt. 3.2. Sonn- und Feiertagsarbeit Das im Grundgesetz verankerte Sonn- und Feiertagsarbeitsverbot (Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung) ist auf einfachgesetzlicher Ebene in § 9 Abs. 1 ArbZG geregelt. Danach dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. Auch von diesem Grundsatz gibt es in § 10 ArbZG weitreichende Ausnahmen, die allesamt voraussetzen , dass die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Die Ausnahmen betreffen zum einen das sogenannte Bedürfnisgewerbe, also „Betriebe, die tägliche oder an Sonnund Feiertagen besonders hervortretende Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigen, wie etwa Rettungsdienste , Krankenhäuser, Versorgungsbetriebe, das Gaststätten- und das Verkehrsgewerbe und der Sport (§ 10 Abs. 1 Nrn. 1-11 ArbZG).“11 Ausnahmen gelten aber auch für „Arbeiten, die kontinuierlich durchgeführt werden müssen: Bewachung der Betriebsanlagen, Reinigung der Betriebseinrichtung , Verhütung des Verderbens von Rohstoffen, kontinuierlich durchzuführende Forschungsarbeiten oder bei Gefahr des Misslingens von Arbeitserzeugnissen (§ 9 Abs. 1 Nrn. 12- 16 ArbZG).“12 Auch Arbeiten, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sind, können nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG an Sonn- und Feiertagen durchgeführt werden. „Der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen sämtliche Arbeiten zur Sicherung der öffentlichen Dienste, unter Umständen Bauarbeiten an Straßen, Brücken und Gebäuden , Kanalisations- und Wasserleitungsarbeiten, ferner Beseitigung von Störungen an Fernsprech - oder Fernmeldeanlagen und Rundfunksendern.“13 § 11 ArbZG schreibt allerdings einen Ausgleich für die Arbeitnehmer für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung vor. So sieht § 11 Abs. 3 ArbZG beispielsweise die Gewährung eines Ersatzruhetags vor. 4. Nachtarbeit Im Grundsatz gilt auch bei der Nachtarbeit, dass die Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten darf (§ 6 Abs. 2 Satz 1 ArbZG). Ausnahmsweise darf auch die Nachtarbeit auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden 11 Löwisch/Caspers/Klumpp, Arbeitsrecht, 10. Auflage 2014, Rn. 254. 12 Löwisch/Caspers/Klumpp, Arbeitsrecht, 10. Auflage 2014, Rn. 255. 13 Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze/Ambs, Werkstand: 222. EL Dezember 2018, § 10 ArbZG, Rn. 5; Beck’scher Online-Kommentar Arbeitsrecht/Kock, 50. Edition, Stand: 1. Dezember 2018, § 10 ArbZG, Rn. 8.1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 029/19 Seite 7 (§ 6 Abs. 2 Satz 2 ArbZG). Auch bei der Nachtarbeit ermöglicht § 7 ArbZG die Vereinbarung abweichender Regelungen in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs - oder Dienstvereinbarung. Außerdem kann eine längere Nachtarbeitszeit in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, zulässig sein (§ 14 ArbZG). ***