© 2020 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 028/20 Sozialrechtlicher Begriff der Beschäftigung und arbeitsrechtliche Arbeitnehmereigenschaft in Abgrenzung zur selbständigen Tätigkeit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 028/20 Seite 2 Sozialrechtlicher Begriff der Beschäftigung und arbeitsrechtliche Arbeitnehmereigenschaft in Abgrenzung zur selbständigen Tätigkeit Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 028/20 Abschluss der Arbeit: 12. Juni 2020 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 028/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Allgemeines 4 2. Sozialversicherungsrecht 4 2.1. Begriff 4 2.2. Abgrenzungskriterien 4 3. Arbeitsrecht 5 3.1. Begriff 5 3.2. Abgrenzungskriterien 5 4. Verhältnis von Arbeits- und Sozialversicherungsrecht 6 4.1. Allgemeines 6 4.2. Exemplarische Einzelfälle in der aktuellen Rechtsprechung 7 4.2.1. Honorarärzte 7 4.2.2. GmbH-Geschäftsführer 8 5. Fazit 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 028/20 Seite 4 1. Allgemeines Die Abgrenzung zwischen einer abhängigen Beschäftigung eines Arbeitnehmers und einer selbständigen Tätigkeit ist sowohl von sozialversicherungs- als auch von arbeitsrechtlicher Bedeutung . Trotz vieler Überschneidungen in der Praxis, erfolgt die Abgrenzung der Begrifflichkeiten im Arbeits- und im Sozialversicherungsrecht nicht deckungsgleich. Das ist zunächst Folge der im Gesetzestext unterschiedlich formulierten Abgrenzungskriterien. Zudem ist die Handlungsfreiheit in den beiden Rechtsgebieten unterschiedlich stark ausgeprägt. Das Sozialversicherungsrecht steht als Teil des öffentlichen Rechts nicht zur Disposition der Parteien. Die Privatautonomie wirkt sich insofern stärker in dem zum Zivilrecht gehörenden Arbeitsrecht aus. Des Weiteren sind die durch die Regelungen verfolgten Schutzzwecke zu beachten. Während im Arbeitsrecht der individuelle Arbeitnehmer geschützt wird, schützt das Sozialversicherungsrecht neben dem individuellen Beschäftigten auch die Solidargemeinschaft aller Versicherten. Die mitunter divergierende Auslegung der Begriffe hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass die mit der Auslegung der Gesetzestexte befassten Arbeits- und Sozialgerichte unterschiedlichen Gerichtszweigen zuzuordnen sind und somit auch unterschiedlichen Prozessmaximen unterliegen. 2. Sozialversicherungsrecht 2.1. Begriff Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften der Sozialversicherung (SGB IV) sind alle Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, in allen Zweigen der Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung ) versichert. Das Sozialversicherungsrecht unterscheidet begrifflich zwischen der Beschäftigung und der selbständigen Tätigkeit, um die Versicherungspflicht einer Person bestimmen zu können. Zur Klärung einer bestehenden Unsicherheit hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung , sieht § 7a Abs. 1 SGB IV die Möglichkeit eines klärenden Statusverfahrens vor. Nach der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. 2.2. Abgrenzungskriterien Ausdrücklich im Gesetz wiederzufinden sind als exemplarische Anhaltspunkte für eine Beschäftigung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. In Anlehnung an den Willen des historischen Gesetzgebers Industriearbeiter zu schützen, knüpft die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an das Kriterium der persönlichen Abhängigkeit des Beschäftigten vom Auftraggeber an. Von einer persönlichen Abhängigkeit ist auszugehen, sofern der Beschäftigte in fremdbestimmter Arbeit in einen Betrieb eingegliedert ist und aufgrund des Direktionsrechts des Auftraggebers von dessen Weisungen abhängig ist.1 Die persönliche Abhängigkeit bildet somit den Oberbegriff der in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV formulierten Kriterien. Um festzustellen, ob eine Beschäftigung vorliegt , kommt es insbesondere auf das Weisungsrecht des Auftraggebers, sowie die Eingliederung 1 In ständiger Rechtsprechung, unter anderem: Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. März 2018 - B 12 R 3/17 R - juris Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 028/20 Seite 5 des Auftragnehmers in dessen Betrieb an. Das Weisungsrecht ist in Abhängigkeit von der konkreten Tätigkeit unterschiedlich stark ausgeprägt und kann bei Diensten höherer Art zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein.2 Indizien für eine Beschäftigung sind vor allem die Fremdbestimmtheit hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und Art der Arbeit, sowie der Zusammenhang der Tätigkeit zu einer Betriebsorganisation.3 Auf eine selbständige Tätigkeit lassen nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dagegen vor allem die Übernahme des Unternehmerrisikos, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, sowie eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit schließen.4 Ob eine Beschäftigung vorliegt, ist anhand der tatsächlichen Gegebenheiten zu beurteilen. Der Wille der Parteien und die vertraglichen Regelungen sind lediglich subsidiär mit Indizwirkung heranzuziehen.5 Nur durch eine Gesamtabwägung aller Umstände im Einzelfall, kann festgestellt werden, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. 3. Arbeitsrecht 3.1. Begriff Das Arbeitsrecht kennt als Gegensatz zur Tätigkeit als Arbeitnehmer die selbständige Tätigkeit. Unter anderem das Kündigungsschutzgesetz sowie das Mindestlohngesetz knüpfen an die Arbeitnehmereigenschaft an. Wesensmerkmal des Arbeitsvertrags ist gemäß § 611a Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass eine Person im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener , fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet wird. Durch den am 1. April 2017 in Kraft getretenen § 611a BGB kodifizierte der Gesetzgeber die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Abgrenzung von Arbeitnehmern und selbständig Tätigen.6 3.2. Abgrenzungskriterien Von den in § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB genannten Kriterien der Weisungsgebundenheit, der fremdbestimmten Arbeit und der persönlichen Abhängigkeit kommt lediglich den ersten beiden eine eigenständige Bedeutung zu. Das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit bildet -wie im Sozialversicherungsrecht - den Oberbegriff der Kriterien Weisungsgebundenheit und fremdbestimmter Arbeit.7 Das bisher vom Bundesarbeitsgericht herangezogene Kriterium der „Eingliederung“ wird 2 Urteil des Bundessozialgerichts vom 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R - juris Rn. 21. 3 Überblick in: Zieglmeier in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 107. Ergänzungslieferung 12/2019, § 7 SGB IV, Rn. 117 ff. 4 Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R - juris Rn. 16. 5 Knospe in: Hauck/Noftz SGB IV 02/2016, § 7 SGB IV, Rn. 30 f. 6 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze, Bundestagsdrucksache 18/9232, S.18. 7 Preis, § 611a BGB - Potenziale des Arbeitnehmerbegriffes, NZA 2018, 817, 819. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 028/20 Seite 6 in § 611a BGB zwar nicht ausdrücklich erwähnt, findet aber weiterhin Beachtung in der Auslegung der Vorschrift durch Rechtsprechung und Literatur.8 § 611a Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt, dass das Weisungsrecht Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen kann. Die verwendete Formulierung „kann“ verdeutlicht, dass hier lediglich ein Orientierungsrahmen geschaffen wird, sodass auch Weisungen betreffend weiterer Bezugspunkte Einfluss auf die Qualifizierung als Arbeitnehmer haben können.9 Das Merkmal der Weisungsgebundenheit wird in § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB konkretisiert und bildet den Kern der Arbeitnehmereigenschaft. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die Fremdbestimmtheit einer Tätigkeit ist im Zusammenhang mit der Weisungsgebundenheit zu verstehen.10 Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt gemäß § 611a Abs. 1 Satz 4 BGB auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Dies verdeutlicht, dass die persönliche Abhängigkeit nicht als starres Kriterium betrachtet werden kann, sondern flexibel anhand der Besonderheiten der individuellen Arbeitsverhältnisse zu beurteilen ist.11 Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen, § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB. Gemäß § 611a Abs. 1 Satz 6 BGB kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an, wenn die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses zeigt, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt. 4. Verhältnis von Arbeits- und Sozialversicherungsrecht 4.1. Allgemeines Auch wenn die zur Bestimmung der sozialrechtlichen Beschäftigung und der arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerstellung heranzuziehenden Kriterien viele Überschneidungen aufweisen, können die Begriffe nicht gleichbedeutend verwendet werden. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nennt das Arbeitsverhältnis als Beispiel für eine Beschäftigung im Sinne der Norm. Damit ist jeder Arbeitnehmer im Sinne des § 611a BGB zugleich ein Beschäftigter im Sinne des § 7 SGB IV.12 Folglich ist der Beschäftigungsbegriff des Sozialversicherungsrechts weiter zu fassen als der Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsrechts. Das Beschäftigungsverhältnis ist insoweit umfassender als das Arbeitsverhältnis , als dass es auch bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gegeben ist und auch bei arbeitnehmerähnlichen Tätigkeiten bestehen kann.13 Im Kern der Definitionen von „Arbeitnehmer “ und „Beschäftigter“ steht die Pflicht zur Leistung weisungsgebundener Arbeit. Diese 8 Die Eingliederung weiterhin prüfend: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 4. Dezember 2019 – 8 Sa 146/19 - juris Rn. 215; Für ein Festhalten an dem Kriterium: Wank, Der Arbeitnehmerbegriff im neuen § 611a BGB, AuR 2017, 140, 143; Die Eingliederung im Kriterium der Fremdbestimmtheit wiederfindend: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Auflage 2020, § 611a BGB Rn. 41. 9 Preis, § 611a BGB – Potenziale des Arbeitnehmerbegriffes, NZA 2018, 817, 820. 10 Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Auflage 2020, § 611a BGB Rn. 41. 11 Preis, § 611a BGB – Potenziale des Arbeitnehmerbegriffes, NZA 2018, 817, 821. 12 Bundestagsrucksachen 18/11799 und 18/11982, S. 16. 13 Knospe in: Hauck/Noftz SGB IV 02/2016, § 7 SGB IV, Rn. 36. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 028/20 Seite 7 wird von Arbeits- und Sozialgerichten oft gleich ausgelegt.14 Sofern die Zweckrichtung der verschiedenen Rechtsgebiete spezifische Kriterien erfordern, kommt es zu abweichenden Ergebnissen .15 Insoweit umfasst der legal definierte sozialversicherungsrechtliche Begriff der Beschäftigung zwar das Arbeitsverhältnis, ist mit diesem jedoch nicht deckungsgleich. Entsprechend kann die sozialversicherungsrechtliche Bewertung einer bestimmten Tätigkeit für deren arbeitsrechtliche Beurteilung keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen.16 4.2. Exemplarische Einzelfälle in der aktuellen Rechtsprechung Die rechtliche Einordnung von Honorarärzten und GmbH-Geschäftsführern zeigt exemplarisch, dass Arbeits- und Sozialgerichte das Kriterium der Weisungsgebundenheit in Einzelfällen anders auslegen und dadurch zu voneinander unabhängigen und im Ergebnis divergierenden Entscheidungen kommen können. 4.2.1. Honorarärzte Honorarärzte wurden von den Arbeitsgerichten stets als Selbständige qualifiziert.17 Unabhängig von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, hat das Bundessozialgericht Honorarärzte als Beschäftige im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV eingeordnet und ausdrücklich auf die unterschiedliche Berücksichtigung der Parteivereinbarung im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht hingewiesen.18 Hervorgehoben hat das Gericht die regulatorischen Rahmenbedingungen in Krankenhäusern in Bezug auf die fachliche Qualifikation der Ärzte, sowie die Einbindung der Ärzte in die Qualitätssicherungs- und Kontrollmechanismen. Laut Bundessozialgericht führen diese regulatorischen Rahmenbedingungen im Regelfall zu einer Eingliederung der Honorarärzte in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses und lassen keinen Raum für eine selbständige Tätigkeit.19 In dieser Entscheidung werden Anzeichen für eine „Re-Emanzipation des Sozialrechts vom Arbeitsrecht“ gesehen.20 14 So unter anderem die Qualifizierung von honorarvertraglich tätigen Musiklehrern als Selbstständige: Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. März 2018 - B 12 R 3/17 R sowie Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Oktober 2017 - 9 AZR 792/16. 15 Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Auflage 2020, § 611a BGB, Rn. 15. 16 Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Juni 2019 - 5 AZR 178/18 mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 17. Oktober 1990 - 11 BAr 39/90, Rn. 17. 17 Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Juli 2015 - 9 AZR 484/14; LAG Düsseldorf Urteil vom 6. Februar 2018 - 3 Sa 632/17. 18 Urteil des Bundessozialgerichts vom 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R - juris Rn. 19. 19 A.a.O. Rn. 26. 20 Greiner, Grenzen des Fremdpersonaleinsatzes im Krankenhaus: Die „Honorararzt“ - Entscheidungen des Bundessozialgerichts, NZS 2019, 761, 763. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 028/20 Seite 8 4.2.2. GmbH-Geschäftsführer § 5 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) und § 14 Abs. 1. Nr. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schließen den GmbH-Geschäftsführer aufgrund seiner Organstellung von der Arbeitnehmereigenschaft aus. Auch nach Verabschiedung von § 611a BGB wird der Geschäftsführer einer GmbH in aller Regel nicht als Arbeitnehmer, sondern als in einem freien Dienstverhältnis stehend qualifiziert.21 Ausschlaggebend ist das Kriterium der Weisungsgebundenheit. Das rein unternehmerische Weisungsrecht steht der Gesellschaft gegenüber einem Geschäftsführer grundsätzlich und unabhängig von der Arbeitnehmereigenschaft zu. Bloß wenn der Geschäftsführer auch hinsichtlich der Umstände seiner Leistungserbringung weisungsgebunden ist, kann er als Arbeitnehmer qualifiziert werden.22 Dies kommt allerdings nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht.23 Demgegenüber sind Fremdgeschäftsführer, sowie Geschäftsführer, die weniger als 50% der Anteile am Kapital halten, Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs.1 SGB IV.24 Der Hintergrund ist, dass ein Mehrheitsgesellschafter, der Geschäftsführer ist, die Rechtsmacht besitzt, Gesellschafterbeschlüssse zu beeinflussen und somit nicht weisungsgebunden im sozialrechtlichen Sinne ist.25 5. Fazit Arbeitnehmer- und Beschäftigtenbegriff sind zwei selbständige Rechtsinstitute, bei deren Auslegung die Gerichte sich an denselben Kriterien orientieren und zumeist zu übereinstimmenden Ergebnissen gelangen. Lediglich in Fällen, in denen die unterschiedlichen Regelungszwecke von Arbeits- und Sozialversicherungsrecht dies erfordern, divergiert die Rechtsprechung. Von Bedeutung ist insbesondere, dass zentraler Zweck des Arbeitsrechts der Schutz des individuellen Arbeitnehmers ist, während das Sozialversicherungsrecht der Absicherung des einzelnen Beschäftigten , sowie der Solidargemeinschaft aller Versicherten dient. *** 21 Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Januar 2019 - 9 AZB 23/18 - juris Rn. 24. 22 Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Mai 1999 - 5 AZR 664/98 - juris Rn. 22. 23 Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24. November 2005 - 2 AZR 614/04 - juris Rn. 18. 24 Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R - juris Rn. 20, 21. 25 A.a.O. Rn. 22.