© 2018 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 026/18 Leistungen für erkrankte schwangere Arbeitnehmerinnen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 026/18 Seite 2 Leistungen für erkrankte schwangere Arbeitnehmerinnen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 026/18 Abschluss der Arbeit: 22. März 2018 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 026/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Beschäftigungsverbot und Mutterschutzlohn bei Gesundheitsgefährdung 4 3. Wegfall der Arbeitspflicht und der Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit 5 4. Abgrenzung im Einzelfall durch einen Arzt 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 026/18 Seite 4 1. Einleitung Leidet eine Arbeitnehmerin während ihrer Schwangerschaft an schwangerschaftsbedingten Beschwerden , stellt sich die Frage, welche Leistungen sie beanspruchen kann. Im Folgenden werden zunächst einerseits die spezifischen Regelungen, die sich aus dem Mutterschutz ergeben, sowie andererseits die allgemeinen Regelungen, die bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu beachten sind, dargestellt. Anschließend wird erläutert, welche Regelungen im Einzelfall Anwendung finden. 2. Beschäftigungsverbot und Mutterschutzlohn bei Gesundheitsgefährdung Für schwangere Arbeitnehmerinnen gilt neben den sonstigen arbeitsrechtlichen Regelungen zusätzlich das Mutterschutzgesetz (MuSchG)1. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Gesundheit der Frau und die ihres Kindes am Arbeitsplatz während der Schwangerschaft zu schützen. Der schwangeren Frau soll ermöglicht werden, ihre Beschäftigung ohne Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes fortzusetzen und Benachteiligungen entgegen zu wirken (§ 1 Abs. 1 MuSchG). Nach § 3 Abs. 1 MuSchG darf der Arbeitgeber eine schwangere Frau in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigen, soweit sie sich nicht ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit erklärt. Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau gemäß § 16 Abs. 1 MuSchG auch dann nicht beschäftigen, soweit nach einem ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit oder die ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Dieses Beschäftigungsverbot kann von jedem approbierten Arzt angeordnet werden. Er kann die Beschäftigung der Frau ganz oder nur teilweise untersagen. Eine Frau, die wegen eines solchen ärztlich verordneten Beschäftigungsverbots teilweise oder gar nicht beschäftigt werden darf, erhält von ihrem Arbeitgeber Mutterschutzlohn. Als Mutterschutzlohn wird das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft gezahlt (§ 18 MuSchG). Der Mutterschutzlohn wird der Arbeitnehmerin zeitlich unbefristet und ohne Einhaltung einer Wartezeit unmittelbar mit dem Beginn des Beschäftigungsverbots gezahlt. Die Krankenkassen erstatten dem Arbeitgeber den an die Arbeitnehmerin fortgezahlten Lohn nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG)2 im vollen Umfang. 1 Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium vom 23. Mai 2017 (BGBl. I S. 1228). Abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/muschg_2018/ (zuletzt abgerufen am 21. März 2018). 2 Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3686) zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Mai 2017 (BGBl. I S. 1228). Abrufbar unter https://www.gesetze -im-internet.de/aufag/ (zuletzt abgerufen am 21. März 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 026/18 Seite 5 3. Wegfall der Arbeitspflicht und der Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)3 gilt für alle Arbeitnehmer. Nach § 3 Abs. 1 EFZG hat jeder Arbeitnehmer, der wegen einer Krankheit an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert ist, gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Fortzahlung seines Entgelts. Der Arbeitgeber muss dem erkrankten Arbeitnehmer bis zur Dauer von sechs Wochen den Lohn in dem Umfang zahlen, den der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er nicht wegen seiner Krankheit an der Arbeitsleistung gehindert gewesen wäre (§ 4 Abs. 1 EFZG). Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses (§ 3 Abs. 3 EFZG) und sobald ein Arzt die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat. Die Krankenkassen erstatten dem Arbeitgeber den an den erkrankten Arbeitnehmer fortgezahlten Lohn nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG im Umfang von 80 %, sofern der jeweilige Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigt. 4. Abgrenzung im Einzelfall durch einen Arzt Sowohl das Beschäftigungsverbot (§ 16 Abs. 1 MuSchG) als auch die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit (§ 3 Abs. 1 EFZG) können von jedem Arzt festgestellt und für den Arbeitgeber verbindlich bescheinigt werden. Die Untersuchung und Bescheinigung eines bestimmten Facharztes , wie etwa die eines Gynäkologen, ist nicht erforderlich. Der Arzt hat zu entscheiden, ob es sich bei den Beschwerden der Schwangeren um eine Erkrankung handelt, die mit der Schwangerschaft nur zufällig zeitlich zusammenfällt, ob die nicht normal verlaufende Schwangerschaft Krankheitswert mit der Folge hierauf beruhender Arbeitsunfähigkeit hat oder ob die schwangere Arbeitnehmerin mit ihrer Arbeit aussetzen muss und deshalb die Erteilung eines ärztlichen Beschäftigungsverbotes angezeigt ist. Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung schließen einander aus. Entscheidend ist im Einzelfall zwischen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und dem ärztlichen Beschäftigungsverbot zu differenzieren. Ein vom Arzt ausgesprochenes Beschäftigungsverbot begründet nur dann einen Anspruch auf Mutterschaftslohn nach dem MuSchG, wenn ein normaler Schwangerschaftsverlauf vorliegt. Liegen jedoch während der Schwangerschaft krankhafte Störungen vor, die über dies übliche Maß hinausgehen, handelt es sich um eine Krankheit im arbeitsrechtlichen Sinne, die einen Anspruch nach dem EFZG auslöst. 3 Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Juli 2015 (BGBl. I S. 1211). Abrufbar unter https://www.gesetzeim -internet.de/entgfg/ (zuletzt abgerufen am 21. März 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 026/18 Seite 6 Diese Unterscheidung des Arztes wirkt sich praktisch auf die Dauer der Lohnfortzahlung für die schwangere Arbeitnehmerin und auf den Umfang der Erstattung für den betroffenen Arbeitgeber aus: Im Fall eines schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbots ist die Lohnfortzahlung zeitlich unbegrenzt. Der betroffene Arbeitgeber bekommt den fortgezahlten Lohn vollumfänglich erstattet . Im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit hat die Arbeitnehmerin gegenüber ihrem Arbeitgeber nur bis zur Dauer von sechs Wochen einen Anspruch auf Fortzahlung ihres Entgelts . ***