© 2018 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 023/18 Kostenübernahme für Sehhilfen im Rahmen des SGB II/SGB XII Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 2 Kostenübernahme für Sehhilfen im Rahmen des SGB II/SGB XII Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 023/18 Abschluss der Arbeit: 21. März 2018 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Sehhilfen als Teil des Regelsatzes 5 3. Verfassungsmäßige Ermittlung der Regelbedarfe 5 4. Leistungen für Gesundheitspflege nach dem Regelbedarfs- Ermittlungsgesetz 7 5. Ausgewählte aktuelle Rechtsprechung 8 5.1. Bundessozialgericht 8 5.2. Bayerisches Landessozialgericht 8 5.3. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 9 5.4. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz 9 6. Deprivation von SGB II-Empfängern hinsichtlich medizinischer Zusatzleistungen 9 7. Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch 10 7.1. Begründung 11 7.2. Ausgewählte Stellungnahmen der Verbände zum Gesetzentwurf 11 8. Regelsatzkürzung aufgrund von Sanktionen und Darlehen 12 9. Verfassungskonforme Auslegung im Existenzsicherungsrecht 12 10. Fazit 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 4 1. Einleitung Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. November 20031 hat der Gesetzgeber seit dem 1. Januar 2004 bestimmte Leistungen - so auch die Versorgung mit Sehhilfen - in die Eigenverantwortung der Versicherten übertragen. In der Gesetzesbegründung zu § 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) heißt es hierzu: „Auf der Grundlage des geltenden Rechts beträgt der Sachleistungsanteil der Krankenkassen bei der Versorgung mit Sehhilfen gegenwärtig im Durchschnitt rd. 50 Euro. Obwohl dieser Betrag eine medizinisch notwendige Versorgung finanziell vollständig abdeckt, sind Versicherte im Durchschnitt bereit, darüber hinaus schätzungsweise rd. 150 Euro für medizinisch nicht notwendige Leistungen (z. B. Entspiegelung und/oder Tönung der Gläser) auszugeben. Sie tragen damit aus nicht medizinischen Gründen schätzungsweise 70 bis 80 % der Gesamtkosten einer Sehhilfenversorgung. Vor diesem Hintergrund wird davon ausgegangen , dass die Leistungsausgrenzung erwachsene Versicherte grundsätzlich finanziell nicht überfordert. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich der Wettbewerb auf dem Markt für Sehhilfen durch die vorgenommene Ausgrenzung zum Vorteil der Konsumenten intensivieren wird. Dass dies möglich ist, zeigen die zahlreichen Angebote preisgünstiger Sehhilfen im In- und Ausland.“2 Seither besteht gemäß § 33 Abs. 2 SGB V für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, der Anspruch auf Kostenübernahme für Sehhilfen nur bei bestimmten gesetzlich festgelegten medizinischen Indikationen. Durch das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG) vom 4. April 2017 wurde der Versorgungsanspruch für Sehhilfen bei Vorliegen von schweren Sehbeeinträchtigungen erweitert.3 Empfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert und erhalten daher den gleichen Umfang an medizinischer Versorgung wie gesetzlich versicherte Patienten. Seit dem 1. Januar 2009 ist eine Ausnahme hiervon in § 5 Abs. 5a SGB V für Bezieher von Arbeitslosengeld II normiert, wenn sie unmittelbar vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren. Der Bezug von Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) löst dagegen keine Krankenversicherungspflicht aus. Sofern der Sozialhilfeempfänger bereits vor Beginn des Sozialhilfebezugs gesetzlich krankenversichert war, kann er eine freiwillige Mitgliedschaft fortsetzen. Die Mitgliedsbeiträge übernimmt in der Regel der Sozialhilfeträger. Hinsichtlich von Sehhilfen bedeutet dies, dass volljährige Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe die Kosten für Sehhilfen von ihrem Regelsatz bestreiten müssen. Lediglich die Kosten 1 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I 2190), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3445). 2 Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG), Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 15/1525, S. 85. 3 Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz - HHVG) vom 4. April 2017 (BGBl. I S. 778). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 5 für die Reparatur einer Sehhilfe werden nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (siehe Ausführungen unter Punkt 5.1) als Sonderbedarf nach § 24 SGB II (Abweichende Erbringung von Leistungen ) bzw. nach § 31 SGB XII (Einmalige Bedarfe) übernommen. In der Ausarbeitung soll die Frage geklärt werden, ob im Rahmen des SGB II/SGB XII eine Regelung zur Kostenübernahme (ggf. als Härtefallregelung) möglich wäre. 2. Sehhilfen als Teil des Regelsatzes Der Regelsatz für alleinstehende Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe beträgt seit dem 1. Januar 2018 416 Euro (Regelbedarfsstufe 1).4 Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, sofern diese den angemessenen Rahmen nicht übersteigen. Der Gesetzgeber hat einen monatlichen Betrag in Höhe von 15 Euro für Gesundheitspflege für Einpersonenhaushalte im Rahmen des Regelsatzes vorgesehen. Bei Bedarf müssten davon die Kosten für die Beschaffung einer Sehhilfe getragen werden. 3. Verfassungsmäßige Ermittlung der Regelbedarfe Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung zum menschenwürdigen Existenzminimum im Februar 2010 ausgeführt, dass dessen grundrechtliche Garantie aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG sowohl „die physische Existenz des Menschen , also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen“. Das BVerfG beanstandete in seiner Entscheidung nicht die Höhe der Regelleistung nach dem SGB II, aber die Art und Weise der Bemessung, und verpflichtete den Gesetzgeber, diese in einem verfassungsgemäßen Verfahren bis zum 31. Dezember 2010 neu zu regeln.5 Der Bundesgesetzgeber hat daraufhin mit Wirkung zum 1. Januar 2011 das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 verabschiedet. Das Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz - RBEG) wurde als Artikel 1 des Gesetzes beschlossen.6 4 Höhe des Regelsatzes gemäß „Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach den §§ 28a und 134 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2018“, die am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist. 5 BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, Rn. 135. 6 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3159), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3159) geändert worden ist; ersetzt das Gesetz 8601-5 v. 24.3.2011 I 453 (RBEG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 6 Seit dem 1. Januar 2011 wird daher gemäß § 28 Abs. 1 SGB XII die Höhe der Regelbedarfe durch das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz neu ermittelt, wenn die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) vorliegen. Die Daten werden in einem fünfjährigen Turnus erhoben. Nach § 28 Abs. 4 SGB XII werden nur Ausgaben als regelbedarfsrelevant berücksichtigt , soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII bestreiten. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 SGB XII erfolgt, werden die Regelbedarfsstufen gemäß § 28a SGB XII aufgrund der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung fortgeschrieben. Die Preisentwicklung geht dabei mit einem Anteil von 70 Prozent und die Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter mit 30 Prozent ein (Mischindex). Das Statistische Bundesamt bildet einen speziellen Preisindex für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen , der ausschließlich die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen berücksichtigt. Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ist nicht auf die unteren Einkommensschichten begrenzt. Am 23. Juli 2014 hat das BVerfG die ab Januar 2011 eingeführten gesetzlichen Neuregelungen für verfassungsgemäß erklärt. Das BVerfG hob dabei den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bemessung des Existenzminimums hervor und betonte die zurückhaltende Kontrolle durch das BVerfG. Das Grundgesetz selbst gebe keinen exakt bezifferten Anspruch vor. Deswegen könnten auch der Umfang dieses Anspruchs im Hinblick auf die Arten des Bedarfs und die dafür erforderlichen Mittel nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden. Die Kontrolle beziehe sich im Wege einer Gesamtschau auf die Höhe der Leistungen insgesamt und nicht auf einzelne Berechnungselemente, die dazu dienten, diese Höhe zu bestimmen. Zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dürften die Anforderungen des Grundgesetzes, tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge zu tragen, im Ergebnis nicht verfehlt werden. Fehle es an einer Deckung der existenzsichernden Bedarfe, so hätten die Sozialgerichte Regelungen wie § 24 SGB II (Abweichende Erbringung von Leistungen) verfassungskonform auszulegen. Gegen die Regelung in § 20 Abs. 1 Satz 4 SGB II, wonach Bedürftige Mittel zur Bedarfsdeckung eigenverantwortlich ausgleichen und ansparen müssen, sei aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich nichts einzuwenden. Ein solches Modell sei mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn die Höhe der pauschalen Leistungsbeträge für den monatlichen Regelbedarf es zulasse, einen Anteil für den unregelmäßig auftretenden oder kostenträchtigeren Bedarf zurückzuhalten. Doch müsse der Gesetzgeber darauf achten, dass der existenznotwendige Bedarf insgesamt gedeckt sei. Dies setze voraus, dass die Bemessung der Regelbedarfe hinreichend Spielraum für einen Ausgleich lasse.7 7 BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 7 4. Leistungen für Gesundheitspflege nach dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz Im Rahmen des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3159) hat der Gesetzgeber die monatlichen Leistungen für Gesundheitspflege in Höhe von 15 Euro festgelegt . Die Begründung des Gesetzentwurfs gibt Aufschluss über die Ermittlung der Höhe: „Betrag der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben in Abteilung 06 für Erwachsene: Gesundheitspflege Die Verbrauchsausgaben der Abteilung 06 für Gesundheitspflege gehören zum Grundbedarf, werden aber vor allem über die Krankenversicherung und bei nicht krankenversicherten Leistungsberechtigten nach dem SGB XII über die Hilfen zur Gesundheit (Fünftes Kapitel des SGB XII) abgedeckt und sind insoweit nicht regelbedarfsrelevant. Die Position ‚Praxisgebühren‘ (Regelbedarfsrelevante Position 42 aus dem RBEG 2011, BT-Drs. 17/3404, S. 58) wurde nicht mehr berücksichtigt, da diese Gebühren zum 1. Januar 2013 abgeschafft wurden. In der EVS 2013 wurden lediglich in geringem Maße Nachzahlungen dieser Gebühren erfasst. Die Verbrauchsausgaben der Position ‚Zahnersatz Materialkosten (einschließlich Eigenanteile)‘ werden für Leistungsberechtigte nach dem SGB II und dem SGB XII in vollem Umfang von der Krankenversicherung beziehungsweise den Hilfen zur Gesundheit abgedeckt und sind daher nicht regelbedarfsrelevant. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 8 Die Positionen ‚Orthopädische Schuhe (einschließlich Eigenanteile)‘, ‚Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen (einschl. Eigenanteile)‘ sowie ‚Miete von therapeutischen Geräten ‘ werden nicht als regelbedarfsrelevant berücksichtigt, da hierfür ein gesonderter Anspruch nach § 24 Absatz 3 Nummer 3 SGB II bzw. nach § 31 Absatz 1 Nummer 3 SGB XII besteht. Die übrigen Positionen werden vollständig für die Ermittlung des Regelbedarfs berücksichtigt. Daraus ergibt sich ein regelbedarfsrelevanter Gesamtbetrag der Abteilung 06 von 15,00 Euro.“8 Für therapeutische Mittel und Geräte, also auch für Sehhilfen, hat der Gesetzgeber einen monatlichen Betrag von 2,70 Euro festgelegt. 5. Ausgewählte aktuelle Rechtsprechung 5.1. Bundessozialgericht Der 14. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat im Oktober 2017 darüber entschieden, inwieweit die Reparatur einer Brille als Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II anzuerkennen ist. Der Gesetzgeber hat bei der Regelung die Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten vorgesehen. Nach Auffassung des BSG sind die Kosten für eine Brillenreparatur als Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II anzuerkennen. Der Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 SGB II sei eingeführt worden, um Bedarfe abzudecken, die nicht in die Ermittlung des Regelbedarfs im Rahmen des RBEG 2011 eingeflossen seien. Nicht eingeflossen seien die im Rahmen der zugrunde liegenden EVS 2008 erfassten "Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen". Nach den Ausfüllhinweisen des Statistischen Bundesamts zur EVS 2008 fielen unter die Wendung "therapeutische Geräte und Ausrüstungen" auch Brillen. Demgemäß sei die Reparatur einer Brille im Rahmen der EVS 2008 in eine Rubrik eingetragen worden, die nicht in die Regelbedarfsermittlung eingeflossen sei und deren Bedarfe durch den Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 SGB II abgedeckt werden müsse.9 5.2. Bayerisches Landessozialgericht Der 11. Senat des Bayerischen Landessozialgerichts war im Dezember 2017 der Rechtsauffassung, dass die Förderung der Anschaffung einer Brille aus dem Vermittlungsbudget bei Arbeitsplatzund Bildschirmbrillen in Betracht komme, nicht aber bei der Anschaffung einer für den Alltag erforderlichen Gleitsichtbrille.10 8 BT-Drs. 18/9984 vom 17. Oktober 2016, S. 41. 9 BSG, Urteil vom 25. Oktober 2017 – B 14 AS 4/17 R. 10 Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 4. Dezember 2017 – L 11 AS 761/17 NZB. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 9 5.3. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Nach einem Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen im Dezember 2014 könne die Übernahme der Kosten für eine Versorgung mit Brillengläsern auch bei einer besonderen Fehlsichtigkeit eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht aus einem Vermittlungsbudget beansprucht werden, da es insoweit an einer besonderen Berufsbezogenheit der Leistung fehle. Die Versorgung mit der erforderlichen Sehhilfe stehe nicht in der Zuständigkeit des Grundsicherungsträgers, sondern in der Zuständigkeit des Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung.11 5.4. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Nach einem Urteil des 5. Senats des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz im Juli 2015 bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Gleitsichtbrille als Sachleistung oder auf Kostenerstattung für eine solche unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe im Rahmen der Sozialhilfe (§ 54 SGB XII i.V.m. § 31 SGB IX), da keine medizinische Notwendigkeit vorliege. Ein Anspruch auf Gewährung einer Gleitsichtbrille als Sachleistung oder auf Kostenerstattung komme auch unter keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht. Auch ein ergänzendes Darlehen nach § 37 SGB XII scheide aus. Könne im Einzelfall ein von den Regelbedarfen umfasster und nach den Umständen unabweisbar gebotener Bedarf nicht auf andere Weise gedeckt werden , sollten nach § 37 Abs. 1 SGB XII auf Antrag hierfür notwendige Leistungen als Darlehen gewährt werden. Eine „ergänzende Auslegung“ des § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII scheide aus, weil die Wortlautgrenzen der Vorschrift überschritten seien.12 Nach § 42a SGB Abs. 2 SGB II werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt. 6. Deprivation von SGB II-Empfängern hinsichtlich medizinischer Zusatzleistungen Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) hat auf Anfrage mitgeteilt, dass sie keine statistischen Erhebungen in Bezug auf Sehhilfen für SGB II-Empfänger durchführe. In Ihrer Auswertung ,,Grundsicherung für Arbeitsuchende in Zahlen" weist die Statistik der BA sogenannte ,,weitere Zahlungsansprüche" aus. Darunter fallen die abweichend zu erbringenden Leistungen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB II, so auch die Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen (z.B. Brillen). Die jüngsten Zahlen für „weitere Zahlungsansprüche“ liegen für Oktober 2017 vor; pro Bedarfsgemeinschaft bestand ein Zahlungsanspruch in Höhe von 9,21 Euro. Nach Angaben 11 Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Dezember 2014 – L 2 AS 407/14. 12 Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Juli 2015 – L 5 SO 25/15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 10 der Statistik der BA kann dieser Zahlungsanspruch nicht hinsichtlich der Kostenübernahmen für Brillenreparaturen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB II aufgeschlüsselt werden.13 Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat die materiellen Lebensbedingungen von SGB II-Leistungsempfängern untersucht. Der Deprivationsansatz sei hierfür eine geeignete Methode. Für die Erhebung hat das IAB das Panel „Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung“ (PASS) verwendet. Es wurden fünf große Bereiche gebildet, die jeweils Unterpunkte hatten: Wohnung, Nahrung/Kleidung, Konsumgüter, finanzielle Möglichkeiten sowie soziale und kulturelle Teilhabe . Ein Unterpunkt im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten lautete: „Behandlungen in Anspruch nehmen können, die von der Krankenkasse nicht vollständig bezahlt werden, wie z. B. Zahnersatz oder Brille“. Das Vorhandensein beziehungsweise Nichtvorhandensein der einzelnen Güter wurde abgefragt. Die Untersuchung des IAB zeigte, dass 33,6 Prozent der Befragten die von den Krankenkassen nicht erstatteten medizinischen Leistungen nicht finanzieren können. Hingegen können Personen ohne SGB II-Bezug nur zu 4,8 Prozent diese Leistungen nicht finanzieren.14 Das Ergebnis sollte vor dem Hintergrund einer anderen Untersuchung des IAB zum Gesundheitszustand von SGB II-Beziehern betrachtet werden, die zeigte, dass nach eigener Einschätzung insgesamt mehr als 40 Prozent der Arbeitslosengeld II-Empfänger schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen aufwiesen. Nach Angaben der Betroffenen seien die gesundheitlichen Einschränkungen deutlich häufiger körperlicher als psychischer Natur. In der Praxis der Arbeitsvermittlung könne sich, so das IAB, der im Durchschnitt schlechtere Gesundheitszustand von Leistungsbeziehern als Vermittlungshemmnis darstellen.15 7. Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Im Rahmen des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 ist der Gesetzgeber dem Auftrag des BVerfG vom 23. Juli 2014 nachgekommen und hat den finanziellen Spielraum bei punktuellen Unterdeckungen überprüft.16 13 Bundesagentur für Arbeit Statistik, Grundsicherung für Arbeitsuchende in Zahlen, Blickpunkt Arbeitsmarkt Februar 2018, S. 18, https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/201802/iiia7/grusi-in-zahlen/grusiin -zahlen-d-0-201802-pdf.pdf (zuletzt abgerufen am 13. März 2018). 14 Christoph, Bernhard, Lietzmann, Torsten et al. (2016), Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Materielle Lebensbedingungen von SGB-II-Leistungsempfängern, Aktuelle Berichte 21/2016, S. 5-6, http://doku.iab.de/aktuell/2016/aktueller_bericht_1621.pdf (zuletzt abgerufen am 13. März 2018.). 15 Eggs, Johannes; Trappmann, Mark; Unger, Stefanie (2014), ALG-II-Bezieher schätzen ihre Gesundheit schlechter ein, IAB Kurzbericht 23/2014, http://doku.iab.de/kurzber/2014/kb2314.pdf (zuletzt abgerufen am 13. März 2018). 16 BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 11 7.1. Begründung Der Gesetzgeber hat hierzu ausgeführt:„… [es] wird keine Notwendigkeit ergänzender Regelungen zur Vermeidung von Bedarfsunterdeckungen im Einzelfall gesehen. (…) Darüber hinaus sind die Regelsatzdarlehen hinsichtlich ihrer Voraussetzungen und Rückzahlungsmodalitäten so ausgestaltet , dass ausreichender Spielraum verbleibt, um individuellen Überforderungssituationen bei der Darlehensrückzahlung gerecht werden zu können. So können Darlehen im Rechtskreis SGB II erlassen werden, sofern deren vollständige Tilgung während des Leistungsbezugs etwa aufgrund der Tilgungsrate oder aufgrund der Tilgungsdauer unbillig wäre. Hierbei sind finanzielle Überforderungssituationen ebenso zu berücksichtigen wie bei der Tilgung von Regelsatzdarlehen nach dem SGB XII: Diese sehen die Ausübung von Ermessen bei der Höhe der Tilgungsrate vor. Für Sehhilfen wird angesichts der vollständigen Berücksichtigung der Verbrauchsausgaben für therapeutische Mittel und Geräte (einschl. Eigenanteile) in Abteilung 6 im Regelbedarf (…) kein weitergehender Handlungsbedarf im System der staatlichen Fürsorgeleistungen gesehen.“17 7.2. Ausgewählte Stellungnahmen der Verbände zum Gesetzentwurf Der Deutsche Caritasverband e.V. ist der Auffassung, dass sich die Kosten für Sehhilfen nicht zufriedenstellend im Regelbedarf abbilden lassen und schlägt deshalb vor, dass die Kosten für notwendige Sehhilfen als einmalige Leistung nach § 24 Abs. 3 SGB II vom Jobcenter übernommen werden sollten. Alternativ sei auch eine Härtefallregelung für Sehhilfen im SGB V denkbar, die analog zur Regelung für Zahnersatz (§ 55 Abs. 2 SGB V) auszugestalten wäre. Der Caritasverband begründet seine Forderung damit, dass aufgrund der engen Voraussetzungen die gesetzliche Krankenversicherung in den seltensten Fällen für die Kosten der Sehhilfe aufkommen müsse und eine Härtefallregelung wie beim Zahnersatz bisher im Gesetz fehle. Bedürftige Empfänger von Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe müssten daher in der Regel ein Darlehen aufnehmen. Das führe dazu, dass ihnen über mehrere Monate nur ein gekürzter Regelbedarf zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehe, so dass sie monatlich weniger zur Verfügung hätten als andere Leistungsbezieher ohne Sehschwäche. Dies könne auch dazu führen, dass mit der Anschaffung einer neuen Brille abgewartet bzw. ganz darauf verzichtet werde.18 Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege plädiert ebenfalls dafür, dass die Kosten für notwendige Sehhilfen als einmalige Leistungen vom Jobcenter übernommen werden, soweit und solange sie nicht im Rahmen des SGB V als Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt werden. Arbeitslosengel II-Empfänger könnten Brillen in der Regel nicht aus 17 BT-Drs. 18/9984 vom 17. Oktober 2016, S. 26. 18 Die Stellungnahme ist abrufbar unter: https://www.caritas.de/cms/contents/caritas.de/medien/dokumente/stellungnahmen /stellungnahme-zum-ge7/dcv_stellungnahme_rbeg_18_9984_asylblg_18_9985_anhoerung_v3.pdf (zuletzt abgerufen am 15. März 2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 12 dem Regelbedarf bezahlen, da der unter der Position „therapeutische Geräte und Mittel“ dafür vorgesehene monatliche Betrag zu gering sei.19 8. Regelsatzkürzung aufgrund von Sanktionen und Darlehen Die Höhe des zur Verfügung stehenden monatlichen Leistungsanspruchs kann durch Sanktionen aufgrund von Pflichtverletzungen, Meldeversäumnissen oder Darlehen reduziert sein. Nach aktuellen Angaben der Statistik der BA für den Monat November 2017 bewirken Sanktionen bundesweit bei knapp 140.000 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit mindestens einer Sanktion eine durchschnittliche Kürzung des laufenden Leistungsanspruchs um 19 Prozent. Dies entspreche einer durchschnittlichen Kürzung um 108 Euro, wovon 95 Euro auf Kürzungen von Regel- bzw. Mehrbedarfen und 12 Euro auf Kürzungen von Kosten der Unterkunft entfielen.20 Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die BA gemäß § 24 Abs. 1 SGB II bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Ebenso werden Aufwendungen für eine Mietkaution und den Erwerb von Genossenschaftsanteilen gemäß § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II vom Leistungsträger als Darlehen erbracht. 9. Verfassungskonforme Auslegung im Existenzsicherungsrecht KNICKREHM hat sich anlässlich der Entscheidung des BVerfG vom 23. Juli 2014 (vgl. Punkt 3.) im Rahmen einer Festschrift mit der Bedarfsunterdeckung (u.a. von Brillen) und den Möglichkeiten sowie Grenzen der verfassungskonformen Auslegung im Existenzsicherungsrecht durch die Sozialgerichte befasst. Sie kommt zu dem Schluss, dass sich auch bei verfassungskonformer Auslegung innerhalb des SGB II keine Anspruchsgrundlage finde, um eine Bedarfsunterdeckung bei der Beschaffung von Sehhilfen zu vermeiden. Es sei insoweit mit der Gefährdung des Existenzminimums zu rechnen – einem Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG. Bei einer Sehhilfe sei zwar grundsätzlich ein Ausweichen auf die Leistungen nach dem SGB XII möglich, aber wenig praxistauglich. Soweit es sich um Bedarfe handele, die von dem Regelbedarf umfasst seien, sei es dogmatisch kaum begründbar für nach dem SGB II Leistungsberechtigte Leistungsansprüche aus dem SGB XII herzuleiten – einem System, dem sie ausdrücklich nicht zugewiesen seien. 19 Die Stellungnahme ist abrufbar unter: http://www.bagfw.de/gremien-themen/sozialkommission-i/detail/article /stellungnahme-der-bagfw-zum-entwurf-eines-gesetzes-zur-ermittlung-von-regelbedarfen-und-aenderungen/ (zuletzt abgerufen am 15. März 2018). 20 Bundesagentur für Arbeit Statistik, Sanktionen (Monatszahlen, https://statistik.arbeitsagentur .de/nn_1021952/SiteGlobals/Forms/Rubrikensuche/Rubrikensuche_Form.html?view=processForm&resource Id=210368&input_=&pageLocale=de&topicId=1023376&year_month=201711&year_month.GROUP=1&search =Suchen (zuletzt abgerufen am 19. März 2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 023/18 Seite 13 Daher sei das, was das BVerfG bereits angedeutet habe, die Schaffung einer entsprechenden Rechtsgrundlage durch den Gesetzgeber, der "Königsweg".21 10. Fazit Der Gesetzgeber hat es bisher nicht für notwendig erachtet, eine Kostenübernahme für Sehhilfen im Rahmen des Zweiten und Zwölftes Buches Sozialgesetzbuch einzuführen, obwohl das notwendige Existenzminimum im Einzelfall bereits durch Sanktionen oder Darlehen reduziert sein kann. Eine zusätzliche Regelung im Rahmen des Sonderbedarfs nach § 24 SGB II (Abweichende Erbringung von Leistungen) bzw. nach § 31 SGB XII (Einmalige Bedarfe) könnte erfolgen, da es sich bei Sehhilfen in der Regel um einen unabweisbaren - nicht regelmäßigen - Bedarf handelt, der aus dem Regelsatz aufgrund relativ hoher Ausgaben oftmals nicht finanziert werden kann. Der Gesetzgeber hat bisher auf diesem Wege die Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten geregelt. Diese Verbrauchsausgaben werden bei der Regelsatzbemessung nicht für den Regelbedarf berücksichtigt. Sofern eine vergleichbare Vorschrift für Sehhilfen eingeführt werden soll, dürften Sehhilfen ebenfalls nicht mehr in die Ermittlung des Regelbedarfs im Rahmen des RBEG einfließen (siehe Ausführungen des BSG unter Punkt 5.1). Die bisherige Kostenübernahme für die Reparaturen von Sehhilfen erscheint im Vergleich mit den zum Teil hohen Erstbeschaffungskosten für Sehhilfen eher unbedeutend. Dies mag auch der Grund sein, dass die BA diese Kosten nicht extra ausweist. Nach § 24 Abs. 3 SGB II bzw. § 31 Abs. 2 SGB XII werden Leistungen auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden , das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Regelung erfordert von den Leistungsträgern allerdings eine Prognose für die Zukunft, die gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar ist. Von einer (Härtefall)-Regelung im Rahmen des SGB V könnten neben Beziehern von Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII auch andere Bedürftige (z.B. Bezieher von Wohngeld, von Kinderzuschlag oder Geringverdiener etc.) profitieren. Eine strukturelle Besserstellung von Leistungsberechtigten nach dem SGB II bzw. SGB XII würde vermieden. *** 21 Knickrehm, Sabine (2016), Verfassungskonforme Auslegung im Existenzsicherungsrecht. Bedarfe nach "langlebigen Konsumgütern im Haushalt" und "Sehhilfen" in: Faber, Ulrich; Feldhoff, Kerstin et al., Gesellschaftliche Begegnungen – Recht unter Beobachtung und in Aktion, Festschrift für Wolfhard Kohte, S. 721-738.