© 2016 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 021/16 Die Auswirkungen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA auf die Arbeitsmärkte in den USA, Mexiko und Kanada Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsbearbeitung für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 021/16 Seite 2 Die Auswirkungen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA auf die Arbeitsmärkte in den USA, Mexiko und Kanada Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 021/16 Abschluss der Arbeit: 26. Februar 2016 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 021/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Beschäftigung 5 2.1. USA 5 2.2. Mexiko 6 2.3. Kanada 6 3. Arbeitnehmereinkommen 7 3.1. USA 7 3.2. Mexiko 8 3.3. Kanada 8 4. Migration 9 5. Fazit 9 6. Literaturverzeichnis 10 6.1. Überblicksstudien und Metastudien 10 6.2. Weitere Studien 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 021/16 Seite 4 1. Einleitung Am 1. Januar 1994 ist das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (North American Free Trade Agreement - NAFTA)1 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), Mexiko und Kanada in Kraft getreten. Mit dem Abkommen waren in allen Unterzeichnerstaaten hohe Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung des Wohlstands verbunden. So prognostizierte eine Studie des Institute for International Economics2 1992, „NAFTA werde den Handelsbilanzüberschuss gegenüber Mexiko vergrößern, und damit in den USA binnen zwei Jahren 170.000 neue Jobs schaffen. Auch die US-Farmer könnten durch Exporte ihr Einkommen erhöhen. Und Mexiko würde dank NAFTA zu einem stabilen und wohlhabenden Land der Ersten Welt aufsteigen, womit auch der Einwanderungsdruck auf die USA nachlassen würde.“3 Der tatsächliche Einfluss des NAFTA auf die Arbeitsmärkte der beteiligten Staaten ist seit dem Inkrafttreten des Abkommens in zahlreichen Studien untersucht worden. Die Wirkungen werden aber selbst über 20 Jahre danach im wissenschaftlichen Diskurs uneinheitlich bewertet. Die Ergebnisse vieler der vorliegenden Studien wurden in ausführlichen Überblicksstudien über alle drei Staaten verglichen. Hervorzuheben ist die deutschsprachige Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik aus dem Jahr 20044 sowie eine 2001 vom Economic Policy Institute in Washington veröffentlichte Studie5. Jüngere wissenschaftliche Studien setzen sich vor allem mit staatenspezifischen Effekten des Abkommens auseinander. So betrachten Bacon (2014)6 und Garduño -Rivera/Baylis (2010)7 die Entwicklung der Migration bzw. der Einkommensverteilung in Mexiko, während O’Leary et al. (2012)8 die Veränderungen des US-Arbeitsmarkts untersuchen. 1 Der Text des Abkommens ist in englischer, spanischer und französischer Sprache abrufbar im Internetauftritt des NAFTA-Sekretariats: https://www.nafta-sec-alena.org/Home/Legal-Texts/North-American-Free-Trade-Agreement (letzter Abruf: 25. Februar 2016). 2 Hufbauer, Gary Clyde / Schott, Jeffrey: North American Freetrade: Issues and Recommendations, Washington: Institute for International Economics, 1992. 3 Wallach, Lori M.: Zwanzig Jahre Freihandel in Amerika. In den USA, Mexiko und Kanada hat sich der versprochene Wohlstand nicht eingestellt. Le Monde diplomatique vom 11. Juni 2015, abrufbar unter: http://mondediplomatique .de/artikel/!5202410 (letzter Abruf: 25. Februar 2016); vgl. zu den Prognosen auch die Übersicht bei O’Leary, C. J. et al.: Effects of NAFTA on US Employment and Policy Responses, OECD Trade Policy Working Papers 131, OECD Publishing 2012. 4 Scheerer, Georg: Zehn Jahre NAFTA. Bilanz und Perspektiven, Diskussionspapier der Forschungsgruppe Amerika der Stiftung Wissenschaft und Politik, Oktober 2004. 5 Salas, Carlos et al.: NAFTA at Seven, Economic Policy Institute Briefing Paper, Juni 2001. 6 Bacon, David: Globalization and NAFTA caused migration from Mexico, in: The Public Eye. Magazin der Political Research Associates, 03/2014. 7 Garduño-Rivera, Rafael / Baylis, Catherine R.: Effect of NAFTA on Mexico’s Income Distribution in the presence of Migration, Präsentation zur Jahresversammlung der Agricultural & Applied Economics Association, 07/2010. 8 O’Leary, C. J. et al. (Fn. 3), S. 22 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 021/16 Seite 5 2. Beschäftigung Aufgrund dominierender makroökonomischer Entwicklungen, wie etwa des hohen Wirtschaftswachstums in den Vereinigten Staaten während der 1990er-Jahre oder der mexikanischen Finanzkrise 1994/95, sowie großer Import- und Exportzuwächse aufgrund des allgemein zunehmenden globalen Handels erweist sich die isolierte Quantifizierung der Arbeitsmarktauswirkungen von NAFTA den Studien zufolge als schwierig. Nachfolgend soll dennoch versucht werden, die studienübergreifenden Trends für alle drei Staaten zu skizzieren. 2.1. USA Der US-amerikanische Arbeitsmarkt wurde dem wissenschaftlichen Konsens zufolge entgegen den Erwartungen überwiegend negativ von NAFTA beeinflusst. Die vorliegenden Studien konstatieren einen Arbeitsplatzabbau, dessen Umfang je nach Berechnung allein im ersten Jahrzehnt nach Inkrafttreten auf rund 300.000 bis über einer Million9 beziffert wird. Von Arbeitsplatzverlusten betroffen seien überwiegend gering qualifizierte Beschäftigte in der Fertigungsindustrie gewesen. Dies sei vor allem auf das rasant wachsende Handelsdefizit zurückzuführen. Obwohl in den USA bereits seit den 1970er-Jahren ein stetig wachsendes Defizit verzeichnet worden sei, habe sich dieses durch NAFTA vergrößert: So wuchs der Import aus Kanada nach einer 2003 veröffentlichten Analyse des Economic Policy Institute in Washington um 61 Prozent, der aus Mexiko sogar um 195 Prozent. Mit diesen Wachstumsraten habe die Exportindustrie mit je 41 Prozent und 95 Prozent Zuwachs zulasten der Beschäftigung in der Produktion nicht Schritt halten können.10 Darüber hinaus habe die Öffnung des mexikanischen Arbeitsmarkts für US-Unternehmen zu einer Verlagerung von Produktionsstätten der amerikanischen Industrie ins billigere Nachbarland geführt.11 Entgegen dieser vorherrschenden Meinung kamen aber einzelne Studien zu dem Schluss, das NAFTA habe mehr Jobs generiert als gekostet, so etwa Hufbauer/Schott (2005) vom Institute for International Economics12, die nach zehn Jahren von einem Nettogewinn von 171.000 Arbeitsplätzen ausgehen. Gould (1998)13 stellte hingegen vier Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens fest, es hätten überhaupt keine Auswirkungen auf die Beschäftigung beobachtet werden können. 9 Burfisher, Mary E. et al.: The Impact of NAFTA on the United States, in: Journal of Economic Perspectives 15, 1/2001, S. 125-144 (130). 10 Scott, Robert: The High Price Of ‚Free‘ Trade, Economic Policy Institute Briefing Paper, 11/2003, S 3. 11 Vgl. z.B. Scheerer, S. 11. 12 Hufbauer, Gary Clyde; Schott, Jeffrey: NAFTA Revisited: Achievements and Challenges, Institute for International Economics, Washington 2005. 13 Gould, Daniel: Has NAFTA Changed North American Trade?, in: Economic Review, Federal Reserve Bank of Dallas Quarterly, 1/1998, S. 12-25 (12 ff.). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 021/16 Seite 6 Ab Mitte der 2000er-Jahre normalisierte sich den Studien zufolge die Lage am Arbeitsmarkt und die Zahl der Arbeitsplätze erreichte wieder das Niveau vor Inkrafttreten des NAFTA. Die exakte Bezifferung ist dabei jedoch offenbar Interpretationssache, da Veränderungen des Arbeitsmarkts an einer Fülle von Faktoren festgemacht werden können, die zum Teil auch unabhängig von den Auswirkungen des NAFTA wirken. 2.2. Mexiko Der mexikanische Arbeitsmarkt wird in den vorliegenden Studien übereinstimmend als Verlierer des Abkommens angesehen. Zwar wurden in den ersten zehn Jahren des NAFTA in Mexiko über acht Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen, doch fällt dieser Zuwachs einer Studie der Hemispheric Social Alliance zufolge gemessen an Exportsteigerungen von rund 300 Prozent im gleichen Zeitraum zu gering aus, um für alle neu in den Arbeitsmarkt eintretenden Erwerbstätigen Arbeitsplätze zu schaffen.14 Zudem stehe er einem erheblichen Abbau von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft gegenüber. Dieser sei vor allem darauf zurückzuführen, dass mexikanische Bauern nicht mehr mit den hochsubventionierten Produkten der US-Agrarindustrie konkurrieren konnten, was zu einer fatalen Verschiebung der mexikanischem Import-Export-Zusammensetzung geführt habe: Während in der Fertigungsindustrie für den US-Markt hauptsächlich prekäre Beschäftigungsverhältnisse entstanden seien, hätten sich die Exporte der die mexikanische Wirtschaft tragenden Landwirtschaft halbiert; zahlreiche Landwirte hätten aufgeben und eine Beschäftigung in der Industrie aufnehmen müssen. Die absolute Zahl neu geschaffener Arbeitsplätze trüge demnach, da dieser Zuwachs die Einbußen in der Agrarindustrie nicht habe ausgleichen können.15 Im wissenschaftlichen Diskurs herrscht im Übrigen Uneinigkeit darüber, ob NAFTA überhaupt für die festgestellten Beschäftigungszuwächse in der Industrie verantwortlich sei oder sich dies nicht vielmehr mit den normalen Schwankungen des US-Konjunkturzyklus erklären lasse, der sich stark auf die mexikanische Wirtschaft auswirke.16 2.3. Kanada Die Auswirkungen von NAFTA auf die Beschäftigungsentwicklung in Kanada sind nach übereinstimmender Einschätzung der vorliegenden Studien vergleichsweise gering, da die kanadische Wirtschaft eine gemäßigte Position zwischen der dominanten Wirtschaftskraft der USA und der schwächeren Wirtschaft Mexikos einnimmt und deshalb sowohl von positiven als auch negativen Effekten weitgehend unberührt blieb. Dennoch sei auch in Kanada zu beobachten, dass die 14 Arroyo Picard, Alberto: NAFTA in Mexico: Promises, Myths and Realities. In: Hemispheric Social Alliance: Lessons from NAFTA. The High Cost of “Free Trade”, Ottawa 2003, S. 5-22 (19). 15 Arroyo Picard (Fn. 14), S. 18 ff. 16 Scheerer (Fn. 4), S. 11. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 021/16 Seite 7 anfangs rasante Zunahme der Importe im Verhältnis zu Exporten zu Arbeitsplatzverlusten in der Fertigungsindustrie geführt habe, die nur langsam wieder ausgeglichen werden konnten. Die angeführten Zahlen erscheinen hier jedoch sehr widersprüchlich. Während Campbell (2001)17 beispielsweise von 870.000 neu geschaffenen und gleichzeitig 1.147.000 abgebauten Jobs spricht, gehen Dillon/Foster (2003)18 von einen Nettozuwachs von rund 2,7 Millionen Arbeitsplätzen innerhalb der ersten neun Jahre aus, allerdings seien in den ersten 13 Jahren des Freihandels nicht einmal halb so viele Vollzeitstellen geschaffen worden wie in den vorangegangenen 13 Jahren. Wissenschaftlicher Konsens abseits dieser Schätzungen ist aber, dass in Kanada ein Abbau von Normalbeschäftigung zugunsten prekärer Beschäftigungsverhältnisse stattfand, was sich vor allem negativ auf das Arbeitnehmereinkommen auswirkte (siehe dazu unten Punkt 3.3). 3. Arbeitnehmereinkommen Die Arbeitnehmereinkommen sind nach übereinstimmender Einschätzung der vorliegenden Studien in allen drei Staaten seit Geltung des NAFTA zunächst gesunken und haben in den USA und Kanada erst Jahre später wieder ihr Vorniveau erreichen können. Einzig für Mexiko gehen Audley et al. (2004) davon aus, dass die Löhne dauerhaft gesunken seien und heute sogar unter dem Niveau von 1980 lägen.19 Nachfolgend werden die Trends ausführlicher nach Staaten aufgeschlüsselt diskutiert. 3.1. USA In den ersten Jahren nach Inkrafttreten des NAFTA sank das Lohnniveau in den USA. Zum einen habe das NAFTA den amerikanischen Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, die Löhne ihrer Arbeiter mit Drohungen einer Produktionsverlagerung nach Mexiko niedrig zu halten.20 Zum anderen drängte aufgrund der oben (Punkt 2.1) angesprochenen Import-Export-Verschiebungen eine erhebliche Zahl durch NAFTA arbeitslos gewordener Arbeitskräfte in alternative Branchen, die diesen Arbeitnehmerüberschuss in Lohnsenkungen ummünzen konnten.21 Drittens wuchs zwar 17 Campbell, Bruce: False Promise. Canada and the Free Trade Era, in: Salas et al (Fn. 5), S. 21-29 (23). 18 Dillon, John; Foster, John W.: NAFTA in Canada: The Era of a Supra-Constitution, in: Hemispheric Social Alliance (Fn. 14), S. 50. 19 Audley, John et al.: NAFTA’s Promise and Reality. Lessons from Mexico for the Hemisphere, in: Publikationen der Carnegie Endowment for International Peace, 2004, S. 24 ff. 20 Ranney, David: NAFTA in the United States: An Assessment, in: Hemispheric Social Alliance (Fn. 14), S. 35-46 (37 ff.); so auch Scott, Robert E.: NAFTA’S Hidden Costs. Trade agreement results in job losses, growing inequality , and wage suppression for the United States, in: Salas et al. (Fn. 5), S. 3-11 (8). 21 Scott (Fn. 20), S. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 021/16 Seite 8 die Produktivität in den 1990er-Jahren erheblich, wegen des erhöhten Wettbewerbsdrucks passten die Unternehmen jedoch die Löhne nicht dementsprechend an, sodass sie weit hinter der Produktivitätsentwicklung zurückblieben.22 Erst Mitte der 2000er-Jahre stabilisierte sich dieser Abwärtstrend und die Realeinkommen erreichten erstmals wieder das Niveau der Zeit vor NAFTA: Zum 20-jährigen NAFTA-Jubiläum gab die US International Trade Commission bekannt , das inflationsbereinigte Lohnniveau für geringqualifizierte Arbeit habe sich über den gesamten Betrachtungszeitraum mit einem Wachstum von unter einem Prozent insgesamt so gut wie nicht verändert.23 Die eben erwähnte Produktivitätssteigerung habe zu einer erheblichen Vergrößerung der Einkommensungleichheit zwischen Arm und Reich geführt, da sie ausschließlich Unternehmern zugute kam und nicht ans Personal weitergegeben wurde: Die reichsten fünf Prozent hätten demnach in diesem Zeitraum ihren Anteil am Gesamtbevölkerungseinkommen beträchtlich vergrößern können , während das ärmste Bevölkerungsfünftel Einbußen habe hinnehmen müssen.24 3.2. Mexiko Direkt nach Inkrafttreten des NAFTA brachen die Arbeitnehmereinkommen in Mexiko ein. 1998 lag der Durchschnittslohn nach Salas (2001) 27 Prozent unter dem Vorniveau, die Kaufkraft verringerte sich sogar um 40 Prozent.25 Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, dass über die Hälfte aller neu geschaffenen Jobs dem Niedriglohnsektor zuzuordnen sei. Obwohl auch in Mexiko die Produktivität stark gestiegen sei, seien die Lohnkosten gesunken. Dies habe dazu beigetragen , dass auch in Mexiko die Schere zwischen Arm und Reich nach Inkrafttreten des NAFTA noch deutlicher auseinanderging. 3.3. Kanada Internationaler Wettbewerbsdruck sowie eine Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse führten nach Campbell (2001) auch in Kanada zu einem Rückgang des Lohnniveaus in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des NAFTA, wie Salas (2001) feststellt: Erst kurz vor der Jahrtausendwende habe das Arbeitnehmereinkommen wieder das Vorniveau erreichen und zu steigen beginnen können.26 Demnach sei die deutliche Produktivitätssteigerung auch in Kanada nicht an die 22 Scott (Fn. 10), S. 8 ff. 23 De La Cruz, Justino; Riker, David: The Impact of NAFTA on U.S. Labor Markets, Präsentation der United States International Trade Commission, 5. Juni 2014. 24 Scott (Fn. 10), S. 9 f. 25 Salas, Carlos: The Impact of NAFTA on Wages and Incomes in Mexico, in: Salas et al. (Fn. 5), S. 12-20 (16). 26 Campbell (Fn. 17), S. 21. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 021/16 Seite 9 produzierenden Arbeitnehmer weitergegeben worden, was zu einer Zunahme des gesellschaftlichen Ungleichgewichts geführt habe. 4. Migration Aufgrund seiner besonders nachteiligen wirtschaftlichen Entwicklung sei Mexiko der einzige der drei NAFTA-Staaten, in dem sich als Folge des Abkommens Migrationsströme beobachten ließen, resümiert Bacon (2014).27 Dies habe zu einer deutlichen Zunahme der legalen und illegalen Einwanderung insbesondere nach Kalifornien geführt. Innerhalb Mexikos hätten Urbanisierungsbewegungen stattgefunden, da die von Arbeitslosigkeit betroffene Landbevölkerung gezwungen gewesen sei, ihre Arbeitskraft in neu entstandenen Produktionsstätten in den Städten anzubieten.28 5. Fazit Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in allen drei Staaten das erste Jahrzehnt nach Inkrafttreten des Abkommens - einhergehend mit einem erheblichen Anstieg des zwischenstaatlichen Handels - von einer Minderung des Lohnniveaus, der Zunahme von Arbeitslosigkeit bzw. prekärer Beschäftigung sowie einem Auseinanderdriften von Arm und Reich geprägt war. Davon waren hauptsächlich die Exportindustrien Kanadas und der USA sowie die Agrarindustrie Mexikos betroffen. Erst während der 2000er-Jahre erreichten Lohnniveau und Beschäftigung der nordamerikanischen Staaten in den USA und Kanada wieder ihr Vorniveau und begannen, vom wirtschaftlichen Wachstum zu profitieren. In welchem Umfang NAFTA zu dieser Entwicklung tatsächlich beigetragen hat oder ob es eine wirtschaftlich günstigere Entwicklung sogar verhinderte, ist bis heute Gegenstand kontroverser Diskussion. Für Mexiko allerdings scheint sich die Hoffnung, seine Position als Motor der lateinamerikanischen Wirtschaft durch NAFTA zu festigen, bisher nicht erfüllt zu haben. 27 Bacon (Fn. 6). 28 Audley (FN 15), S. 21. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 021/16 Seite 10 6. Literaturverzeichnis 6.1. Überblicksstudien und Metastudien Arroyo Picard, Alberto et al.: Lessons from NAFTA. The High Cost of “Free Trade”, Hemispheric Social Alliance, Publikationen des Canadian Centre for Policy Alternatives, Ottawa 2003 [URL: https://www.citizen.org/documents/HSA_NAFTA_IMPACT_RPT_2003.pdf]. Hufbauer, Gary Clyde; Schott, Jeffrey: NAFTA Revisited: Achievements and Challenges, Institute for International Economics, Washington 2005. Salas, Carlos et al.: NAFTA at Seven, in: Economic Policy Institute Briefing Paper, Juni 2001 [URL: http://www.policyalternatives.ca/sites/default/files/uploads/publications/National_Office _Pubs/nafta_at_7.pdf]. Scheerer, Georg: Zehn Jahre NAFTA. 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