© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 020/19 Stellenausschreibungen im öffentlichen Dienst Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 020/19 Seite 2 Stellenausschreibungen im öffentlichen Dienst Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 020/19 Abschluss der Arbeit: 21. Februar 2019 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 020/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Stellenausschreibung 4 2.1. Anforderungsprofil 5 3. Auswahlverfahren 6 3.1. Bestenauslese 6 3.1.1. Eignung 7 3.1.2. Befähigung 7 3.1.3. Fachliche Leistung 7 3.2. Auswahlentscheidung 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 020/19 Seite 4 1. Einleitung An die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages wurde die Fragestellung herangetragen , inwieweit in Stellenausschreibungen des öffentlichen Dienstes eine bevorzugte Berücksichtigung von Bewerbern, die ehrenamtlich tätig sind, zulässig ist. Ein Ehrenamt ist im ursprünglichen Sinn ein Engagement in öffentlichen Funktionen. Im Allgemeinen wird darunter altruistisches Handeln verstanden, bei dem eine Einzelperson oder eine Gruppe freiwillig und unentgeltlich Arbeit leistet. Grundsätzlich ist die Ausübung eines Ehrenamts in Deutschland durch das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auf Basis des Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und die daraus abgeleitete Allgemeine Handlungsfreiheit sowie durch das Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützt.1 Ehrenamtliche Tätigkeiten sind bisher nicht eindeutig von anderen Verrichtungen wie zum Beispiel familiären oder nachbarschaftlichen Arbeiten abgegrenzt worden. Gemeinsames Merkmal ehrenamtlicher Tätigkeiten ist, dass sie freiwillig, unentgeltlich und gemeinwohlorientiert sind.2 Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. Öffentliche Ämter im Sinne des GG sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen die von Arbeitnehmern besetzt werden können. Dem Bewerber um ein Amt im öffentlichen Dienst steht ein sogenannter Bewerbungsverfahrensanspruch zu, aus dem ein subjektives Recht eines jeden Bewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und somit auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren folgt. 3 2. Stellenausschreibung Es gibt weder eine tarifvertragliche noch eine gesetzliche Pflicht, Arbeitnehmerstellen öffentlich, also extern auszuschreiben. Insbesondere lässt sich eine solche Pflicht auch nicht aus Art. 33 Abs. 2 GG herleiten. Vorbehaltlich der Mitwirkungsrechte der Personalvertretungen ist es daher ausschließlich Angelegenheit des Arbeitgebers, ob er vor einer Einstellung eine freie Stelle auf dem Stellenmarkt anbietet.4 1 Diesem Sachstand liegen zum Teil frühere Beiträge der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zur selben Thematik zugrunde. 2 Petzschke in: Ehrenamt und Rechtsordnung, Regelung ehrenamtlichen und freiwilligen Engagements, Berlin, VWF 2004, S. 7 ff. 3 Poeche in: Küttner Personalhandbuch 2018, 25. Auflage 2018, Bewerbung, Rn. 8. 4 Langer in: Wichmann/ Langer, Öffentliches Dienstrecht, 8. Auflage 2017, Rn. 478. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 020/19 Seite 5 Im Bereich des Beamtenrechts gibt es keine einheitlichen Regelungen für die Ausschreibung von freien Stellen. Für den Bereich des Bundes ist jedoch nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) jede (auch intern) zu besetzende Stelle auszuschreiben und die externe Ausschreibung bei der Einstellung von Bewerbern ausdrücklich vorgeschrieben. Dabei ist zu beachten, dass die Stellen sowohl für (künftige) Beamte als auch für (künftige) Arbeitnehmer auszuschreiben sind, es sei denn, der hoheitliche Charakter der Stelle gebietet eine Ausschreibung ausschließlich für (künftige) Beamte.5 Welche Merkmale eine Stellenausschreibung enthalten muss, ist nicht geregelt. Jedoch sind die gesetzlichen Bestimmungen des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG) sowie des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu beachten, wonach eine Stellenausschreibung nicht zu einer geschlechtsbedingten, aber auch nicht zu einer sonstigen Benachteiligung führen darf. Jede Ausschreibung ist also grundsätzlich geschlechtsneutral und auch sonst benachteiligungsfrei abzufassen . Ein Fehler in der Stellenausschreibung kann nach § 15 AGG einen Schadensersatzanspruch eines abgelehnten Bewerbers wegen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot auslösen. Der Inhalt einer Stellenausschreibung gestaltet sich in der Praxis häufig wie folgt: Kurzbeschreibung der zu besetzenden Position, Anforderungsprofil, die Arbeitsaufgaben, der Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme und die Angabe der Entgeltgruppe. 2.1. Anforderungsprofil Im öffentlichen Dienst ist zwingend für zu besetzende Stellen ein Anforderungsprofil zu erstellen . Hier werden die Kriterien für die Bewerberauswahl im Voraus definiert und gelten auch für die gesamte Dauer des Auswahlverfahrens. Dem Anforderungsprofil kommt somit im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens eine besondere Bedeutung zu. Im Anforderungsprofil werden die formalen Anforderungen (sogenannte „harte“ Kriterien wie Schulbildung oder Berufsausbildung), fachlichen Anforderungen (Berufserfahrung, besondere Kenntnisse, bisherige Tätigkeit) und persönlichen Anforderungen (sogenannte „weiche“ Kriterien wie methodische, soziale und persönliche Kompetenzen), die an den zukünftigen Stellenin- 5 Conze in: Personalbuch Arbeits- und Tarifrecht öffentlicher Dienst, 5. Auflage 2017, Stellenausschreibung, Rn. 2814-2820. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 020/19 Seite 6 haber gestellt werden, festgelegt und dokumentiert. Es gibt Auskunft über die gewünschten Fähigkeiten , die ein Mitarbeiter für die zu besetzende Stelle benötigt. Als „weiches“ Kriterium könnte zum Beispiel auch eine ehrenamtliche Tätigkeit aufgeführt werden, soweit sich ein Bezug zu der zu besetzenden Stelle herstellen lässt. Im Idealfall wird das Anforderungsprofil auf der Grundlage einer vorhandenen Stellenbeschreibung erstellt. Die im Anforderungsprofil genannten leistungsbezogenen Auswahlkriterien müssen in einem engen Zusammenhang mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen. Fehler im Anforderungsprofil führen grundsätzlich zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, da sich dann die Entscheidung im Auswahlverfahren nicht am Leistungsgrundsatz sondern an sachfremden Erwägungen orientiert.6 Generell gilt, dass der Arbeitgeber bei der Erstellung des Anforderungsprofils in einer Stellenausschreibung des öffentlichen Dienstes zwar einen Ermessensspielraum bei der Festlegung der Anforderungen hat, jedoch müssen diese sachlich nachvollziehbar sein und sich an den Merkmalen Eignung, Befähigung und fachliche Leistung orientieren7 und somit der Bestenauslese dienen. Anforderungen, die zur Erfüllung der Aufgaben nicht erforderlich und sinnvoll sind, dürfen nicht gestellt werden. Vielmehr darf das Anforderungsprofil ausschließlich an die Tätigkeit anknüpfen und nicht an persönliche Merkmale des Bewerbers.8 3. Auswahlverfahren Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Arbeitgeber gleichzeitig die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen. Aufgrund des Anforderungsprofils sollen einerseits geeignete Bewerber gefunden, andererseits ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden. Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes sind dabei an das Prinzip der Bestenauslese gebunden. 3.1. Bestenauslese Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Jede Bewerbung muss nach diesen Kriterien beurteilt werden. Die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Dies gilt nicht nur für Einstellungen , sondern auch für den beruflichen Aufstieg innerhalb des öffentlichen Dienstes. Das Prinzip der Bestenauslese ist damit ein grundrechtsgleiches Recht auf chancengleiche, faire und transparente Beteiligung aller Bewerber am Einstellungsverfahren.9 Es dient dem Interesse der Allgemeinheit , nur die jeweils am besten qualifizierten Bewerber in öffentliche Ämter zu berufen. Der 6 BAG vom 10. Februar 2015 – 9 AZR 554/13 – juris Rn. 15. 7 Wulfers in: Böhle – Kommunales Personal- und Organisationsmanagement, 1. Auflage 2017, § 5, Rn. 12. 8 Langer in: Wichmann/ Langer, Öffentliches Dienstrecht, 8. Auflage 2017, Rn. 478. 9 BAG vom 10. Februar 2015 – 9 AZR 554/13 – juris Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 020/19 Seite 7 Grundsatz der Bestenauslese soll verhindern, dass andere Bewertungskriterien als Eignung, Befähigung und fachliche Leistung (wie zum Beispiel politische oder persönliche Verbundenheit) für Personalentscheidungen bestimmend sind. Zudem sichert das Prinzip der Bestenauslese das öffentliche Interesse an der bestmöglichen Besetzung aller Stellen im öffentlichen Dienst zum Wohle einer funktionsfähigen, effizienten und engagierten Verwaltung. 3.1.1. Eignung Eignung umfasst nach der gerichtlichen Auslegung die körperliche (gesundheitliche), geistige und charakterliche Eignung. Hierunter fallen anlage- und entwicklungsbedingte Persönlichkeitsmerkmale wie Begabung, physische und psychische Kräfte, emotionale und intellektuelle Voraussetzungen der Persönlichkeit im Allgemeinen.10 3.1.2. Befähigung Die Befähigung umfasst die Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten und sonstigen Eigenschaften, die für die dienstliche Verwendung wesentlich sind. Befähigung bezeichnet die beruflich-fachliche Seite der Eignung im weiteren Sinne. Damit sind insbesondere die Laufbahnbefähigung, die Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten und sonstige Eigenschaften, die beruflich-fachlich unter dem Gesichtspunkt dienstlicher Anforderungen relevant sind, und die allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsamen Eigenschaften wie Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung gemeint.11 3.1.3. Fachliche Leistung Die fachliche Leistung besteht insbesondere in den nach den dienstlichen Anforderungen bewerteten Arbeitsergebnissen, der praktischen Arbeitsweise, dem Arbeitsverhalten und bei Vorgesetzten dem Führungsverhalten, ist also auf Grund praktischer Tätigkeit zu beurteilen. Es handelt sich um eine Leistungsbeurteilung dazu, in welchem Maße die Anforderungen eines oder mehrerer Dienstposten durch die Arbeitsergebnisse erfüllt worden sind. Dieses Kriterium ist von besonderer Bedeutung bei der Beförderung und bei der Anstellung von anderen Bewerbern.12 3.2. Auswahlentscheidung Bei der Endauswahl haben Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes das Prinzip der Bestenauslese zu beachten. Die Entscheidung darf ausschließlich aufgrund von Kriterien getroffen werden, die mit der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des ausgewählten Bewerbers in Verbindung stehen. Dies sind in erster Linie die Kriterien des Anforderungsprofils. Der am besten geeignete Bewerber für die ausgeschriebene Stelle hat einen Anspruch auf Besetzung.13 10 Battis in: Battis, Bundesbeamtengesetz Kommentar, 5. Auflage 2017, § 9 BBG, Rn. 7. 11 Battis in: Battis, Bundesbeamtengesetz Kommentar, 5. Auflage 2017, § 9 BBG, Rn. 9. 12 Battis in: Battis, Bundesbeamtengesetz Kommentar, 5. Auflage 2017, § 9 BBG, Rn. 10. 13 BAG vom 11. Juni 2013 – 9 AZR 668/11 – juris Rn. 16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 020/19 Seite 8 Neben den sogenannten „harten“ Kriterien des Anforderungsprofils dürfen nach der Rechtsprechung vom Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes auch die „weichen“ Kriterien, wie zum Beispiel soziale Kompetenz, im Rahmen der Endauswahl berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, dass die auszuübende Tätigkeit diese persönlichen Kriterien erfordert. Völlig neue im Anforderungsprofil nicht genannte Kriterien dürfen indes nicht zur Auswahl herangezogen werden – mögen sie auch noch so aussagekräftig und sinnvoll für eine Auswahlentscheidung sein. Will der Arbeitgeber sein Auswahlverfahren auf neue im Anforderungsprofil nicht genannte Kriterien stützen, muss er das Stellenbesetzungsverfahren abbrechen und neu ausschreiben.14 Im Übrigen bedarf es einer konkreten und einzelfallbezogenen, die Gesamtpersönlichkeit des Bewerbers in Blick nehmende Würdigung. Daher kommt dem Dienstherrn auch ein Beurteilungsspielraum zu, der nur in dem herkömmlichen gerichtlichen Rahmen überprüft werden kann. Verletzt ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes das Prinzip der Bestenauslese, drohen ihm Ansprüche der abgelehnten Bewerber. Diese reichen von der Verpflichtung zur Durchführung einer erneuten Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung des übergangenen Bewerbers bis hin zu Schadensersatzansprüchen und zu Einstellungsansprüchen.15 Eine Bevorzugung von schwerbehinderten und diesen gleichgestellten Menschen ist nur im Rahmen des Prinzips der Bestenauslese zulässig. Auch verfassungsrechtlich anerkannte Förderpflichten des öffentlichen Arbeitgebers können nur in Abwägung mit dem Gebot der Bestenauslese Berücksichtigung finden. Die Pflicht, den am besten geeigneten Bewerber auszusuchen, erlaubt daher die Bevorzugung Schwerbehinderter und diesen gleichgestellten Bewerber nur bei gleicher Eignung.16 Ebenso ist eine Bevorzugung von Frauen gegenüber männlichen Bewerbern bei der Stellenbesetzung nach § 8 BGleiG nur bei gleicher Eignung zulässig. *** 14 Wulfers in: Böhle – Kommunales Personal- und Organisationsmanagement, 1. Auflage 2017, § 5, Rn. 48. 15 Wulfers in: Böhle – Kommunales Personal- und Organisationsmanagement, 1. Auflage 2017, § 5, Rn. 109. 16 BAG vom 7. April 2011 – 8 AZR 679/09 – juris Rn. 50.