© 2018 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 019/18 Maßnahmen der Europäischen Union zur Förderung behinderter Kinder und Jugendlicher im Bereich Bildung in Ungarn und Polen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 019/18 Seite 2 Maßnahmen der Europäischen Union zur Förderung behinderter Kinder und Jugendlicher im Bereich Bildung in Ungarn und Polen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 019/18 Abschluss der Arbeit: 8. März 2018 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 019/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Akademisches Netzwerk für europäische Behindertenpolitik 4 2.1. Länderbericht Ungarn 4 2.2. Länderbericht Polen 5 3. Europäische Agentur für sonderpädagogische Förderung und inklusive Bildung 5 4. Programm der Europäischen Union für Beschäftigung und soziale Innovation 5 4.1. Ungarn 6 5. Allgemeine und berufliche Bildung 2020 6 6. „Türen zum Lernen öffnen“ - Maßnahme des Europäischen Sozialfonds 6 6.1. Ungarn: Von der Schule in den Arbeitsmarkt – Initiative für Kinder mit besonderem Förderbedarf 7 6.2. Polen: Ich spreche obwohl ich nicht spreche – alternative Kommunikationsmöglichkeiten für Schüler in Toruń 7 7. Europäische Plattform für Investitionen in Kinder 8 7.1. Ungarn: Vorschulerziehungspflicht ab drei Jahren 8 7.2. Polen: Anhaltende Bemühungen zur Erhöhung der Geburtenrate und Optimierung der Lebensbedingungen von Familien 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 019/18 Seite 4 1. Einleitung Artikel 26 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU)1 ist richtungsweisend für legislative und politische Maßnahmen in der EU zur Förderung einer vollständigen Inklusion von Kindern mit Behinderungen. Zu nennen ist hier vor allem die „Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020: Erneuertes Engagement für ein barrierefreies Europa “, in der die Inklusion von Kindern mit Behinderungen in das Regelschulsystem ausdrücklich genannt wird.2 Der Sachstand konzentriert sich ausschließlich auf Maßnahmen der EU zur Förderung von Bildung , Kultur und Sport in Ungarn und Polen. 2. Akademisches Netzwerk für europäische Behindertenpolitik Das Akademische Netzwerk für europäische Behindertenpolitik (Academic Network of European Disability Experts - ANED) wurde 2008 von der Europäischen Kommission gegründet, um wissenschaftliche Unterstützung und Beratung im Rahmen der Behindertenpolitik zu leisten. Das Netzwerk unterstützt insbesondere die Entwicklung der Europäischen Strategie für Menschen mit Behinderungen 2010-2020 und die praktische Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in der EU. Für jedes der angeschlossenen 35 Länder gibt einen Länderbericht. 2.1. Länderbericht Ungarn Der Bericht ist abrufbar unter: http://www.disability-europe.net/country/hungary Der Bericht kritisiert, dass in den nationalen Programmen Maßnahmen gegen Ausgrenzung und soziale Benachteiligung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit häufig mit Maßnahmen für behinderte Menschen kombiniert werden. Aufgrund dieser Verschmelzung ließen sich EU-Fördermaßnahmen für behinderte Schüler (Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf) nur schwer entflechten. 1 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Artikel 26, Integration von Menschen mit Behinderung: „Die Union anerkennt und achtet den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft.“ 2 Die Strategie ist abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:0636:FIN:de:PDF. Im Februar 2017 hat die Europäische Kommission ihren Zwischenbericht zur Umsetzung der Europäischen Behindertenstrategie 2010-2020 vorgestellt. Der „Progress Report on the implementation of the European Disability Strategy (2010-2020)” ist abrufbar unter: http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1137&langId=de&furtherPubs=yes (zuletzt abgerufen am 6. März 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 019/18 Seite 5 2.2. Länderbericht Polen Der Bericht ist unter dem folgenden Link abrufbar: http://www.disability-europe.net/country/poland Im Januar 2016 trat das Gesetz „Integrated qualification system (IQS)“ in Kraft. Durch das Gesetz sollen die formale Bildung und die Qualität nicht formaler Qualifikationen gefördert werden. Derzeit sei es jedoch schwierig, die Auswirkungen auf die Bildung behinderter Schüler und Studenten einzuschätzen. 3. Europäische Agentur für sonderpädagogische Förderung und inklusive Bildung Die Europäische Agentur für sonderpädagogische Förderung und inklusive Bildung (Europaen Agency for Special Needs and Inclusive Education - EASNIE) unterstützt die Mitgliedsländer in Bezug auf die Verbesserung der inklusiven Bildung und Erziehung. Die Agentur ist eine unabhängige Einrichtung, die den Mitgliedsländern als Plattform für die Zusammenarbeit dient. Die 1996 gegründete Agentur wird durch die Bildungsministerien der Mitgliedsländer, von der Europäischen Kommission und vom Europäischen Parlament finanziell unterstützt. Nach Angaben der Agentur haben sich Ungarn und Polen an dem dreijährigen Projekt „Inklusive frühkindliche Bildung“ (Laufzeit 2015 bis 2017) beteiligt.3 Das Projekt beschäftigt sich mit der Frage, wie verschiedene europäische Länder den Zugang und die Ausgestaltung von frühkindlicher Bildung für Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf organisieren. Darüber hinaus beteiligten sich Ungarn und Polen an dem Projekt "Die Leistung aller Lernenden im Rahmen des integrativen Unterrichts steigern" (Laufzeit 2014 bis 2017).4 Für das Jahr 2018 gibt es nach Angaben der Agentur keine Projekte in den beiden Ländern. 4. Programm der Europäischen Union für Beschäftigung und soziale Innovation Das Programm der Europäischen Union für Beschäftigung und soziale Innovation (Employment and Social Innovation - EaSI) 2014-2020 ist ein europäisches Finanzierungsinstrument, das direkt von der Europäischen Kommission verwaltet wird. Es soll zur Umsetzung der Strategie Europa 2020 beitragen, indem es finanzielle Unterstützung zur Förderung hochwertiger und nachhaltiger Beschäftigung, zur Gewährleistung eines angemessenen und fairen sozialen Schutzes, zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bereitstellt. 3 Weitere Informationen zum Projekt sind abrufbar unter: https://www.european-agency.org/projects/iece (zuletzt abgerufen am 6. März 2018). 4 Weitere Informationen zum Projekt sind abrufbar unter: https://www.european-agency.org/projects/raisingachievement -all-learners-inclusive-education (zuletzt abgerufen am 5. März 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 019/18 Seite 6 4.1. Ungarn „‘Sure Start‘-Kinderzentren und die ‚TANODA‘-Studierräume sind (…) wichtige Instrumente. Die ‚Sure Start‘-Zentren sollen die Früherkennung von Entwicklungsproblemen bei Kindern verbessern , die Integration in Kindergärten und Schulen fördern und zum Aufbau von Elternkompetenzen beitragen. ‚TANODA‘ Studierräume gleichen Benachteiligungen mit einem umfassenden außerschulischen Entwicklungsprogramm aus. Dazu zählen die Hinführung zum selbständigen Lernen , Persönlichkeitsentwicklung, Berufsberatung, Ausflüge, Besichtigungen und Programme zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen.“5 5. Allgemeine und berufliche Bildung 2020 Das Programm „Zusammenarbeit in der EU auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung (Education and Training - ET 2020)“ unterstützt unter anderem die Mitgliedstaaten bei der Beseitigung von rechtlichen und organisatorischen Barrieren auf dem Weg zu allgemeiner Bildung . Die Länder erhalten Rat und Unterstützung für politische Reformen.6 Maßnahmen für behinderte Menschen werden nicht ausdrücklich erwähnt. Der Länderbericht für Ungarn ist abrufbar unter: https://ec.europa.eu/education/sites/education/files/monitor2017-hu_en.pdf Der Länderbericht für Polen ist abrufbar unter: https://ec.europa.eu/education/sites/education/files/monitor2017-pl_en.pdf Auf der Grundlage der Ergebnisse der Bestandsaufnahme in den Ländern hat die Kommission sechs neue Prioritäten für 2016 - 2020 vorgeschlagen. Ein neuer prioritärer Bereich ist die „inklusive Bildung, Chancengleichheit, Gerechtigkeit, Nichtdiskriminierung und die Förderung von Bürgerkompetenz“.7 6. „Türen zum Lernen öffnen“ - Maßnahme des Europäischen Sozialfonds Unter der Überschrift: „Türen zum Lernen öffnen“ fördert der Europäische Sozialfonds (ESF) Projekte für junge Menschen, so dass diese für das Berufsleben notwendige Qualifikationen erwerben können. Außerdem soll durch ESF-Mittel ein breiterer Zugang zu hochwertiger Bildung 5 Informationen unter: Europäische Kommission, An Bedingungen gebundene Geldtransfers und ihre Auswirkungen auf Kinder, Synthesebericht Ungarn, 8.-9. Oktober 2015, file://parlament/Benutzer/verlohmannan/_unverschluesselt /Benutzerprofil/Desktop/KE-BF-16-001-DE-N.pdf (zuletzt abgerufen am 8. März 2018). 6 Weitere Informationen sind abrufbar unter: http://ec.europa.eu/education/policy/strategic-framework_de (zuletzt abgerufen am 6. März 2018). 7 Amtsblatt der Europäischen Union, C 417/25, 15. Dezember 2015, Gemeinsamer Bericht des Rates und der Kommission 2015 über die Umsetzung des strategischen Rahmens für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung (ET 2020), Neue Prioritäten für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung, http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52015XG1215(02)&from=EN (zuletzt abgerufen am 7. März 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 019/18 Seite 7 sichergestellt werden, etwa indem Kindern aus benachteiligten Gruppen und von Minderheiten grundlegende Bildungsabschlüsse ermöglicht werden. 6.1. Ungarn: Von der Schule in den Arbeitsmarkt – Initiative für Kinder mit besonderem Förderbedarf Die mit Mitteln des ESF finanzierte Initiative zielt darauf ab, die Schulleistung von Kindern mit besonderem Förderbedarf vom Kindergartenalter bis ins Erwachsenenalter zu erhöhen, um ihnen bessere Berufschancen zu eröffnen. Die soziale Integration der Kinder soll durch die Entwicklung von Programmen gefördert werden, die den Kindern helfen, nach ihren jeweiligen Fähigkeiten zu lernen. Mehrere hundert Schüler und ihre Eltern, die in der Region Miskolc leben, haben an dem Projekt teilgenommen, das sich auch mit der Ausbildung von Lehrern für neue, integrative Unterrichtsmethoden befasst und die Vernetzung und Teamarbeit fördert. Das Projekt legt besonderen Wert auf die Einbeziehung der Eltern und der Allgemeinheit, um die Akzeptanz für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu erhöhen. Dreihundert Eltern und Akteure aus der Zivilgesellschaft und 100 angehende Lehrkräfte haben an den sechs bisherigen Programmen teilgenommen. Der insbesondere auf die Bedürfnisse dieser Kinder ausgerichtete Schulbedarf kann von den Familien gemietet werden. Das Projekt hat auch neue Ausbildungsmethoden entwickelt und die institutionelle Zusammenarbeit gestärkt. Der ESF förderte die Maßnahme mit 2,5 Millionen Euro. Es können rund 500 Kinder teilnehmen. Die Projektlaufzeit ist nicht festgelegt. 6.2. Polen: Ich spreche obwohl ich nicht spreche – alternative Kommunikationsmöglichkeiten für Schüler in Toruń Die Maßnahme “I talk though I don’t speak – alternative methods of communication for pupils of school No 26 in Toruń” lief von August 2008 bis Oktober 2009.8 Mittels spezieller Lesestoffe und computergestützter Sprachgenerierung konnten 69 Schüler mit sprachlichen und geistigen Behinderungen durch piktografische Symbole von Personen, Objekten, Handlungen und Situationen kommunizieren. Im Rahmen der ESF-Maßnahme „Türen zum Lernen öffnen“ gibt es für behinderte Kinder und Jugendliche in Polen keine aktuelle Projektförderung. 8 Weitere Informationen zum Projekt können abgerufen werden unter: http://ec.europa.eu/esf/main.jsp?catId=46&langId=en&projectId=324 (zuletzt abgerufen am 8. März 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 019/18 Seite 8 7. Europäische Plattform für Investitionen in Kinder Die Europäische Plattform für Investitionen in Kinder (EPIC) unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der im Februar 2013 von der Europäischen Kommission erlassenen Empfehlung „Investitionen in Kinder – Den Kreislauf der Benachteiligung durchbrechen“.9 Die Empfehlung unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Kinderarmut und sozialer Ausgrenzung, beispielsweise durch Fördermaßnahmen und Sozialleistungen für Familien, für hochwertige Kinderbetreuung und frühkindliche Erziehung. In der Empfehlung heißt es u.a.: „Es sollte sichergestellt werden, dass der Schwerpunkt auf Kindern liegt, die aufgrund einer Mehrfachbenachteiligung stärker gefährdet sind, wie etwa Roma-Kinder, Kinder aus Migrantenfamilien oder ethnischen Minderheiten, Kinder mit spezifischen Bedürfnissen oder mit Behinderungen , Kinder in alternativer Betreuung und Straßenkinder, Kinder von Strafgefangenen sowie Kinder aus besonders armutsgefährdeten Haushalten (zum Beispiel Alleinerziehende oder Großfamilien ). (…) Die Inklusion aller Lernenden sollte sichergestellt werden, gegebenenfalls durch die gezielte Fokussierung von Ressourcen und Angeboten auf die stärker Benachteiligten, und die Ergebnisse sind in geeigneter Weise zu überwachen. (…) Die Leistung von Lernenden mit geringen Grundkompetenzen sollte gefördert werden, indem besonderer Nachdruck auf die Fähigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen sowie auf grundlegende mathematisch-naturwissenschaftliche Kenntnisse gelegt und die frühzeitige Erkennung leistungsschwacher Lernender sichergestellt wird.“ 7.1. Ungarn: Vorschulerziehungspflicht ab drei Jahren Seit September 2015 besteht in Ungarn eine Kindergartenpflicht für alle Kinder ab drei Jahren. Zuvor war nur das letzte Jahr des Kindergartens Pflicht. Die Änderung wurde vorgenommen, um die institutionelle Betreuung gefährdeter Kinder zu fördern. Untersuchungen hätten gezeigt, dass zum Zeitpunkt des Eintritts in die Grundschule die Unterschiede zwischen Kindern aus verschiedenen sozialen Bereichen erkennbar sind und sich langfristig auf benachteiligte Kinder auswirkten .10 Es werden jedoch keine Maßnahmen speziell für behinderte Kinder gefördert. 9 Die Empfehlung ist abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013H0112&from=EN (zuletzt abgerufen am 1. März 2018). 10 Informationen sind abrufbar unter: Europäische Kommission Beschäftigung, Soziales und Integration, Länderprofil – Ungarn, http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1248&langId=de&intPageId=3644 (zuletzt abgerufen am 1. März 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 019/18 Seite 9 7.2. Polen: Anhaltende Bemühungen zur Erhöhung der Geburtenrate und Optimierung der Lebensbedingungen von Familien „Zu den Hauptzielen der aktuellen politischen Maßnahmen zur Unterstützung von Familien in Polen zählen die Erhöhung der niedrigen Geburtenrate (1,32 Kinder pro Frau im Jahr 2015) und die Optimierung der Lebensbedingungen von Familien, wobei der Schwerpunkt auf Familien mit behinderten Kindern liegt. Um diese Ziele zu erreichen, setzt die polnische Regierung sukzessive sozialpolitische Maßnahmen um und erweitert diese. In den Jahren 2016-2017 wurden ein neues Elterngeld eingeführt sowie ein Mutterschaftsgeld für arbeitslose Mütter, Studentinnen oder Landwirtinnen und eine große Bandbreite an Unterstützungsmöglichkeiten für Familien mit behinderten Kindern. (…) Im April 2016 wurde eine neue Geldleistung namens ‚Familie 500 Plus‘ eingeführt. Bei dieser Leistung handelt es sich um eine universelle monatliche Zahlung von 500 Złoty (ca. 118 €) für das zweite Kind und alle nachfolgenden Kinder. Familien mit niedrigem Einkommen, deren monatliches Nettoeinkommen pro Kopf unter 800 Złoty (ca. 189 €) liegt, können die Zahlung auch für ihr erstes Kind erhalten. Für einkommensschwache Familien mit einem behinderten Kind wird die Einkommensschwelle für das erste Kind auf 1.200 Złoty pro Haushaltsmitglied (ca. 283 €) angehoben. Seit November 2017 beziehen 2,6 Millionen Familien (rund 4 Millionen Kinder ) die Leistung. Im November 2016 wurde für Eltern von behinderten Kindern eine neue einmalige Geldleistung in Höhe von 4.000 Złoty (ca. 944 €) eingeführt. (…) Seit Januar 2016 ist in öffentlichen Schulen und Kindergärten, die von behinderten Kindern besucht werden, die Einstellung von zusätzlichem Personal vorgeschrieben. Seit November 2016 fördert die Regierung die Aufnahme von Kindern mit Behinderungen in die Kinderbetreuung, indem sie zusätzliche finanzielle Unterstützung für die Einrichtungen bereitstellt, die diese aufnehmen . (…) Kinder mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen haben das Recht, öffentliche Kindergärten und Schulen zu besuchen. Ihre Ausbildung sollte entsprechend der individuellen Entwicklung und des individuellen Bildungsbedarfs erfolgen. Auch behinderte Kinder haben ein Recht auf unterstützende Maßnahmen außerhalb des Gesundheitssystems . Für sie kann eine Erstattung von gekauften orthopädischen Geräten oder eine Bezuschussung von Rehabilitationsaufenthalten beantragt werden. Im November 2016 wurde eine neue Maßnahme namens ‚Za zyciem (Fürs Leben)‘ angekündigt. Anhand dieses Programms soll der Zugang zur Gesundheitsversorgung für schwangere Frauen und ihre Kinder, insbesondere für Kinder mit Behinderungen, verbessert und erweitert werden. Im Rahmen des Programms ist vorgesehen, die Qualität und den Zugang zu Diagnose und Behandlung /Therapie von Behinderungen, die sich in der Zeit nach der Geburt herausgebildet haben , zu optimieren. Zudem wird durch die Schaffung von 380 neuen Einrichtungen, die umfassende Betreuung und Therapie anbieten, ein besserer Zugang zu Physiotherapie, Kinderbetreuung und Bildung für behinderte Kinder geboten. Vorgesehen ist die Erhöhung der Anzahl von Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 019/18 Seite 10 Kindern mit Behinderungen, die Vorschulen besuchen, die Erleichterung der Beteiligung am Arbeitsmarkt von Eltern behinderter Kinder, die Sicherung erschwinglicher Wohnungen und der Zugang zu Beratungs- und Hilfsdiensten.“11 *** 11 Europäische Kommission Beschäftigung, Soziales und Integration, Länder-profil – Länderprofil Polen, http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1248&langId=de&intPageId=3652 (zuletzt abgerufen am 1. März 2018).